Daniela Loisl, 44 Jahre alt, aus Feldkirchen an der Donau in Oberösterreich, lebt seit nunmehr 24 Jahren mit rheumatoider Arthritis. Im Interview mit MEDIZIN populär erzählt sie, wie alles begonnen hat, wie die Krankheit verlief, und wie sie gelernt hat, damit zu leben.
Von Mag. Sabine Stehrer
MEDIZIN populär
Frau Loisl, Sie leiden seit 24 Jahren an rheumatoider Arthritis bzw. chronischer Polyarthritis. Wie haben Sie die Krankheit bemerkt?
Daniela Loisl
Ich bin eines Tages aufgewacht, und ein Finger war leicht geschwollen und gerötet und hat beim Bewegen weh getan. Das ist dann zwar eine Zeit lang so geblieben, aber ich habe mir nichts dabei gedacht. Mit 20 Jahren denkt man sich da höchstens, dass das schon wieder von selbst verschwinden wird.
Das war aber dann nicht so …
Nein, es sind immer mehr Finger angeschwollen und rot geworden und haben geschmerzt, und als das über zwei, drei Monate in Schüben immer wieder gekommen ist, bin ich zum Hausarzt gegangen. Der hat zwar gleich die richtige Diagnose gestellt, chronische Polyarthritis. Aber die einzige Therapie, die er mir damals anbieten konnte, waren Schmerzmittel. Die haben mir zumindest ermöglicht, weiter zu arbeiten. Ich war im Verkauf tätig.
Der Krankheitsfortschritt konnte nicht aufgehalten werden?
Es ist im Gegenteil immer schlimmer geworden. Aus den geschwollenen, schmerzenden Fingern wurden geschwollene, schmerzende Hände, dann fing es an den Knien und Füßen an. Was früher funktioniert hatte, hat auf einmal nicht mehr funktioniert. Ich hatte manchmal Schwierigkeiten, mir die Schuhe anzuziehen. An anderen Tagen habe ich mich damit abgequält, mir die Zähne zu putzen, die Haare zu bürsten und mich anzuziehen. Oft war es sogar so schlimm, dass ich trotz der Schmerzmittel morgens vor lauter Schmerzen nicht aufstehen konnte.
War das das Schlimmste, ganze Tage im Bett verbringen zu müssen?
Am schlimmsten war für mich, dass ich mein Hobby aufgeben musste. Ich war ja Springreiterin und Pferdetrainerin. Aber ab einem gewissen Zeitpunkt konnte ich nicht mehr aufs Pferd steigen und habe mich auch nicht mehr getraut, da die Sturzgefahr zu groß war.
Was haben Sie unternommen, um Ihr Leiden zu lindern?
Fünf Jahre nach der Diagnose habe ich in der Rheumaambulanz in Linz die erste Basistherapie bekommen. Da waren auch Cortison-Tabletten dabei. Dank des Cortisons war ich wieder schmerzfrei und habe mich von einem Tag auf den anderen wie neu geboren gefühlt. Das Cortison habe ich 15 Jahre lang genommen, die Nebenwirkungen waren für mich zweitrangig. Dabei habe ich Osteoporose bekommen und Grauen Star an beiden Augen. Gleichzeitig ist auch die Krankheit fortgeschritten und hat meine Gelenke nach und nach zerstört. Inzwischen habe ich nach 15 Operationen zwei künstliche Hüftgelenke, zwei künstliche Kniegelenke, ein künstliches Handgelenk, und meine Halswirbelsäule wurde mit zwölf Schrauben verplattet.
Erst vor drei Jahren konnte ich das Cortison absetzen, weil ich eine andere Basistherapie bekommen habe, mit Biologicals, die aus einem biotechnisch hergestellten Antikörper bestehen. Damit habe ich die Erkrankung endlich im Griff.
Wenn Sie Ihren Krankheitsverlauf mit jenem anderer vergleichen …
… dann ist meiner sicher besonders schwer und besonders aggressiv.
Wie sieht derzeit Ihr Alltag aus, müssen Sie oft zu Untersuchungen?
Zu den Kontrolluntersuchungen beim Rheumatologen gehe ich alle drei Monate, und dazwischen hole ich mir beim Hausarzt mein Medikament. Das injiziere ich mir einmal in der Woche selbst. Wie mein Alltag sonst aussieht? Leider musste ich nicht nur wegen der Erkrankung, sondern auch, weil das Postamt geschlossen wurde, das ich nach einem Jobwechsel geleitet habe, in Pension gehen. Nun führe ich so gut wie möglich den Haushalt für meinen Mann und mich, mache für unsere Firma die Buchhaltung, gehe so oft wie möglich mit unserem Hund spazieren und bin ehrenamtlich tätig.
Sie sind Präsidentin der Österreichischen Rheumaliga und Mitglied der Selbsthilfegruppe für Rheumakranke in Wels.
Ich mache diese ehrenamtlichen Tätigkeiten, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, dass man den rheumatischen Schmerz jemandem, der ihn nicht erlebt, nicht erklären kann. Mit anderen Betroffenen kann man besser über die Krankheit sprechen, das hilft. Außerdem möchte ich erreichen, dass sich das Image der Krankheit wandelt. Rheuma gilt nach wie vor als Krankheit der Omas und Opas, kein Prominenter bekennt sich dazu. Aus diesem Grund haben wir auch Probleme, unsere Patientenorganisation zu finanzieren.
Infotipp
Die Österreichische Rheumaliga ist eine Interessensgemeinschaft von Rheumakranken und Selbsthilfegruppen. Sie bietet auf www.rheumaliga.at Hilfe und Informationen für Betroffene und Angehörige.
E-Mail: info@rheumaliga.at, Telefon 0699/155 41 679.
Ein Service für berufstätige Rheumakranke bietet die Initiative „fit for work europe“ auf der deutschsprachigen Website www.rheuma-job-coach.at.