Stepptanzen wird immer beliebter. In zahlreichen Tanzschulen kann man legendären Tänzern wie Gene Kelly oder Fred Astaire nacheifern. Sportmediziner freuen sich über diesen Trend, denn Stepptanzen ist gut für Herz, Kreislauf, Gedächtnis und Venen – vor allem aber macht es Spass!
Von Mag. Alexandra Wimmer
Klackerdiklack. Klackerdiklackerdiklack. Wer schon immer seine Füße als Instrumente benutzen und das Musizieren mit körperlichem Training verbinden wollte, ist beim Stepptanzen goldrichtig: Der Rhythmus, wie er beim Springen, Tanzen, Kicken, Hüpfen entsteht, hat eine starke musikalische Komponente. „Steppen ist wie ein Perkussionsinstrument, das man tanzt und nicht spielt“, erzählt die Profi-Stepptänzerin und Physiotherapeutin Sabine Hasicka, die in ihrem Wiener Studio gerade eine altersmäßig bunt gemischte Gruppe Fortgeschrittener unterrichtet: Neben Teenagern „klackern“ hier Mittdreißiger genauso wie Senioren.
Altersgrenze nach oben gebe es bei der Ausübung des schweißtreibenden Tanzsports keine. „If you can walk, you can tap“, zitiert Sabine Hasicka ihre Tanzlehrerin: Wer gehen kann, kann auch steppen bzw. es erlernen. „Meine ältesten Schüler sind zwischen 65 und 70 Jahre alt, einige haben erst im Alter von 60 begonnen und sind seit Jahren mit sehr viel Spaß dabei.“ Und das ideale Einstiegsalter? Ab dem 10. Lebensjahr empfiehlt Sabine Hasicka das Steppen, „weil man dafür schon eine gewisse Disziplin aufbringen muss.“
Trainiert Herz, Kreislauf und Koordination
Ob jung oder alt – die Tänzer kommen beim Training ordentlich ins Schwitzen. „Das Stepptanzen ist ein sehr wirksames Herz-Kreislauftraining“, erklärt Prim. Univ. Prof. DDr. Josef Niebauer, Internist, Kardiologe und Sportmediziner am Universitätsinstitut für präventive und rehabilitative Sportmedizin der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg. „Wenn man den Herzfrequenzanstieg oder den Sauerstoffverbrauch der Tänzer untersucht, sieht man, dass sie dabei eine enorme Leistung erbringen.“ Weiters sei auch die Koordination „ständig gefordert“, so der Arzt, angefangen beim Rhythmus, den man einhalten muss, über die schnellen Fuß- und Beinbewegungen.
Dabei gilt es außerdem, die Füße zu koordinieren, damit sie trotz der vielen verschiedenen Schritte und Sprünge nicht umknicken. Profitänzerin Hasicka ergänzt: „Man springt die ganze Zeit sehr kleine, zarte Sprünge, die die Beinachsen trainieren.“
Worauf sollten Interessierte aus Sicht des Sportmediziners achten? „Gerade ältere Tänzer oder bis dato sportabstinente Ein- oder Wiedereinsteiger sollten sich vorher einem Herz-Kreislauf-Check mit Ruhe- und Belastungs-EKG unterziehen“, betont Josef Niebauer. „Bei bestehenden Erkrankungen des Bewegungsapparates sollte darauf geachtet werden, dass schmerzfrei getanzt wird.“
Stärkt Gehirn und Körpergefühl
Neben Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination fördert das Training auch den Geist. „Es kombiniert körperliche Anstrengung und intellektuelle Beanspruchung“, so Sabine Hasicka. „Weil man sich intensiv auf Inhaltliches wie Schrittfolgen und Sound konzentrieren muss, wird das Gehirn beim Steppen genauso beansprucht wie beim Musizieren. Die intensive Rhythmusschulung stärkt außerdem in hohem Maß das Körpergefühl.“ Genaue Vorgaben gebe es nur hinsichtlich der Schritte und Schrittfolgen – der Rest des Körpers genießt „Bewegungsfreiheit“. „Arme, Oberkörper, Kopf arbeiten daran, die Beinarbeit auszugleichen“, verdeutlicht Hasicka. Über die Haltung von Armen & Co und über die Körperspannung erzielen die Tänzer auch die unterschiedlichen „Sounds“. „Der ganze Körper arbeitet daran, den Rhythmus und die Melodie zu erzeugen“, veranschaulicht Hasicka. „Wenn ich zum Beispiel sehr hell klingen will, nehme ich die Arme in natürlichen Bewegungen hoch.“ Nicht immer braucht es dazu Musik von der CD. „Da die Schuhe von alleine klingen, steppen wir auch a cappella.“
Um die getanzten, rhythmischen Klänge zu erzeugen, sind diese Utensilien unverzichtbar: mit Metallplättchen beschlagene Steppschuhe, die am besten – und gelenkschonend – auf Schwingböden, z. B. Holzböden, zum Einsatz kommen.
Kräftigt die Venen
Wer auf dem richtigen Boden trainiert – für das Üben zuhause genügt es, eine Holzplatte aufzulegen – und passende Schuhe anhat, sollte auch keine Probleme oder gar Schmerzen vom Tanzen bekommen; höchstens in der Anfangszeit müsse man mit Muskelkater rechnen. „Es braucht Zeit, bis man richtig steht, und in der Phase kommt es bei vielen zu einem Wadenmuskelkater“, erklärt Hasicka.
Aus sportmedizinischer Sicht ist die intensive Fuß- und Beinarbeit jedenfalls günstig, kräftigt sie doch die Beinvenen und eignet sich damit zur Vorbeugung von Venenerkrankungen. „Die Anspannung der Wadenmuskulatur beim Tanzen führt dazu, dass das Blut in Richtung Herz fließt. Das wirkt nicht nur prophylaktisch, sondern im günstigen Fall verhindert es auch, dass die Krampfadern sich vermehren und die Venenerkrankung fortschreitet“, berichtet Niebauer.
Bringt Entspannung und Erdung
Gibt es – neben der Freude an der Bewegung – weitere positive Auswirkungen auf die Seele? „Viele Schülerinnen und Schüler berichten, dass sie sich durch das Steppen wieder geerdet fühlen“, berichtet die Profitänzerin. „Für viele ist es zudem sehr entspannend, in eine ganz andere Welt einzutauchen, indem sie sich intensiv auf die Bewegungsabläufe, die Choreographie und den Rhythmus konzentrieren.“
Die Effekte lassen sich auch an den Gesichtern der Tänzer aus Sabine Hasickas Kurs ablesen: Am Ende der Stunde sind die meisten zwar schweißgebadet, aber – trotz der abendlichen Stunde – fröhlich und entspannt.
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Wie Steppen jung hält
Mit dem kombinierten Training von Körper und Geist lässt sich so manchem Altersproblem ein Schnippchen schlagen. Das Merken schwieriger Schrittfolgen und die Konzentration auf komplexe Choreographien etwa stärken das Gehirn. „Wie bei allem, was man neu erlernt, wird das Gehirn gefordert und gefördert“, bestätigt der Sportmediziner Prim. Univ. Prof. DDr. Josef Niebauer. „Das Training hilft, geistig agil zu bleiben.“
Mit der intensiven Fuß- und Beinarbeit wird außerdem der Gleichgewichtssinn trainiert. Das hilft Stürzen vorzubeugen, was im Alter besonders wichtig ist. „Beim Stepptanzen steht man immer wieder nur auf einem Bein, man muss mit Schwung auf dem anderen Bein landen, das Körpergewicht abfangen und austarieren“, schildert der Mediziner. „Fähigkeiten wie diese kommen einem auch im Alltag zugute – ob man über Stock und Stein wandert oder über vereiste Gehwege geht.“
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Wie Stepptanz entstand
Das kongeniale Filmpaar Fred Astaire und Ginger Rogers, der im Regen s(w)ingende Gene Kelly, die eindrucksvollen Tanzshows wie „Riverdance“ des irischstämmigen Michael Flatley: Prominente Tänzer wie sie mach(t)en das Stepptanzen, das in verschiedene Varianten praktiziert wird, auch für Hobbytänzer zunehmend attraktiv.
Entstanden ist der Stepptanz im 19. Jahrhundert, als sich ausgehend von New York verschiedene europäische Volkstänze – irische, schottische, englische, spanische – künstlerisch mit dem afrikanischen „Gummistiefeltanz“ verbanden. „Ursprünglich waren die Steppschuhe ein Ersatz für Trommeln“, weiß die Wiener Stepptänzerin Sabine Hasicka. Dank der mit Metallplättchen beschlagenen Schuhe werden die Tänzer (auch) zu Perkussionsmusikern.