Munter- oder Krankmacher? So gesund ist Kaffee wirklich

Oktober 2012 | Ernährung & Genuss

Ob zum Frühstück, nach einem opulenten Mahl oder zum Stück Kuchen am Nachmittag: Mit rund drei Tassen Kaffee versüßen sich die Österreicherinnen und Österreicher jeden Tag. Damit ist der wohlriechende Sud aus Wasser und Bohnen unser unbestrittenes Lieblingsgetränk. Schaden oder nützen wir damit unserer Gesundheit? MEDIZIN populär informiert über Wirkungen und mögliche unerwünschte Nebenwirkungen.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Er bringt uns in der Früh auf Touren, hilft über das vormittägliche Energietief hinweg, rundet das Mittagessen ab und macht in Begleitung eines Stücks Kuchen die Pause am Nachmittag erst so richtig zum Hochgenuss: Der Kaffee in seinen vielen Facetten vom kleinen Braunen über die Melange bis hin zum Verlängerten ist das Lieblingsgetränk der Österreicher. Durchschnittlich zweieinhalb Tassen Kaffee trinken Frauen hierzulande einer Umfrage des Marktforschungsinstituts „marketmind“ zufolge am Tag, Männer um eine Tasse mehr. Das ist zwar nicht wenig, aber auch kein Rekord, denn Angehörige anderer Nationen kommen auf noch größere oder zumindest ähnliche Mengen: Der wohlriechende Sud aus Wasser und gerösteten sowie gemahlenen Bohnen vom Kaffeestrauch erfreut sich eben weltweit äußerst großer Beliebtheit. Und das, obwohl dem Muntermacher bereits seit seiner Verbreitung aus dem arabischen Raum über Europa und die ganze Welt der Ruf nachhängt, ein Krankmacher zu sein.

Die Dosis macht das Gift

Mit der Frage, wie gesund oder ungesund Kaffee nun wirklich ist, haben sich bereits viele Forscher auf der ganzen Welt beschäftigt. So auch die Wissenschafter vom Institut für Ernährungswissenschaften an der Universität Wien. Dort hat man Kaffee vor zwei Jahren auf den Prüfstand gestellt und fand grundsätzlich eines heraus: Der alte Spruch „Die Dosis macht das Gift“ trifft auch auf Kaffee zu. Univ. Prof. Dr. Jürgen König, einer der Forscher und selbst leidenschaftlicher Kaffeetrinker, sagt: „Bei der Menge von bis zu dreieinhalb Tassen, die hierzulande durchschnittlich pro Tag getrunken wird, haben Gesunde bestimmt keine negativen Wirkungen zu befürchten.“ Und selbst bei Mengen, die über den durchschnittlichen liegen, beschränken sich unerwünschte Nebenwirkungen normalerweise darauf, dass man sich für ein bis zwei Stunden nach dem letzten Schluck aufgekratzt fühlt, mehr als sonst schwitzt oder etwas fahrig ist – was aber letztlich alles harmlos ist.

Durch lange Röstung bekömmlicher

Was die Forscher noch herausfanden: Wo die Kaffeesträucher stehen, von denen die Bohnen stammen und wie die Sträucher gepflegt wurden, hat, so König, „keinen messbaren Einfluss auf den Gesundheitswert des Kaffees“. Nicht ganz so unbedeutend ist hingegen die Dauer der Röstung. So wurde festgestellt, dass Kaffee von Bohnen, die lange geröstet wurden, also dunkel sind und z. B. für Espresso verwendet werden, für Menschen mit empfindlichem Magen bekömmlicher sind. Der Grund: Durch die lange Röstung werden bestimmte Inhaltsstoffe der Bohnen zersetzt, die die Magenschleimhaut reizen können. Die sonstige Zubereitung habe, so König, aber keinen gesundheitlich relevanten Einfluss. Es ist also egal, ob der Kaffee im Automaten entsteht, in der Kaffeemaschine zubereitet wird, mit der Espressomaschine, der französischen Presse oder wie zu Omas Zeiten ganz langsam mithilfe der Karlsbader Kanne. Nur beim Verfeinern des fertigen Suds heißt es ein bisschen aufpassen, zumindest für jene, die übergewichtig sind und abnehmen möchten. König: „Wer abnehmen will, sollte bedenken, dass ein Kaffee mit viel Zucker und viel Milch oder Obers auch viele Kalorien hat.“  

Power für Geist und Körper

Wer sich diesbezüglich mäßigt, kann nach den Erkenntnissen der vergangenen Jahre jedenfalls davon ausgehen, dass Kaffee in normalen Mengen genossen nicht der Saulus unter den Getränken ist, sondern eher ein Paulus. Das hielt jüngst sogar die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA fest – zumindest sinngemäß. Sie reihte Kaffee 2011 unter jene Lebensmittel ein, die die Gesundheit fördern. Die Begründung lautete: Kaffee erhöht die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit. Wie das geht? „Das Koffein im Kaffee wirkt auf bestimmte Nerven im Zentralnervensystem ein und sorgt so unter anderem dafür, dass der Blutdruck steigt, das Gehirn und der gesamte Körper besser durchblutet werden, die Atmung intensiver wird und Reize schneller weitergeleitet werden.“ All das macht uns wacher, aufmerksamer, erhöht die Konzentrationsfähigkeit und vertreibt nebenher auch gleich körperliche Müdigkeit. Ein bisschen, so räumt König ein, beruht diese Wirkung von Kaffee wohl auch auf dem sogenannten Placebo-Effekt: „Schon allein, wenn man überzeugt davon ist, dass man einen Muntermacher zu sich nimmt, wird man munterer.“

Stimmungskick und Seelenschmeichler

Kaffee steht auch für Pause, Gemütlichkeit, Geselligkeit: Man legt sich daheim auf die Couch und gönnt sich einen guten Kaffee oder verabredet sich mit Freunden im Kaffeehaus. Im Wesentlichen beruht wohl auch auf dem, was wir mit Kaffee verbinden, was der dunkle Sud sonst noch zu leisten imstande ist: Kaffee hebt die Stimmung. König: „Wenn wir Kaffee trinken, trinken wir nicht einfach Kaffee, sondern wir fühlen uns gut dabei.“ Für viele ist das regelmäßige Kaffeetrinken, ob allein oder in Gesellschaft, außerdem ein Ritual. Und auch Rituale zu pflegen, schmeichelt der Seele. Noch ein Quäntchen mehr froh und glücklich macht die dunkle Flüssigkeit vermutlich, weil das Koffein, das in den Bohnen steckt, ein wenig die Ausschüttung des sogenannten Glückshormons Serotonin anregt.

Hilfe für die Verdauung

Es kommt nicht von ungefähr, dass für viele nach dem Essen, besonders nach einem üppigen, ein Espresso oder ein Mokka ein Muss ist. „In Kaffee steckt nicht nur Koffein, sondern er enthält auch eine Vielzahl anderer Substanzen, die zum Teil erst bei der Röstung der Bohne entstehen“, erklärt König. So z. B. Chlorogensäure, die die Produktion von Magensäure anregt. Je mehr Magensäure zur Verfügung steht, desto schneller wird der Nahrungsbrei im Magen zersetzt, und das Völlegefühl schwindet früher.
Weil einer der vielen Inhaltsstoffe der Kaffeebohnen dazu führt, dass die Nieren mehr leisten, bewirkt unser Lieblingsgetränk, dass wir nach dem Konsum von Kaffee öfter auf die Toilette müssen als nach dem Konsum anderer Getränke. Dass Kaffee demzufolge dehydrierend wirkt, dem Körper also übermäßig Wasser entzieht und uns auf diese Art und Weise schadet – das hat man lange Zeit fälschlich angenommen. „Daher kam auch die Empfehlung, zum Kaffee immer ein Glas Wasser zu trinken“, sagt König. „Das ist aber nicht unbedingt nötig, um den Flüssigkeitshaushalt im Gleichgewicht zu halten, denn Kaffee wird vom Körper fast wie Wasser verwertet.“ Wenn es darum geht, auf die ratsame Trinkmenge von täglich etwa eineinhalb bis zwei Liter Flüssigkeit zu kommen, kann man Kaffee also getrost dazurechnen.

Beugt Kaffee Volksleiden vor?

Zu den Inhaltsstoffen von Kaffee zählen auch Kalium und Niacin, alles Substanzen, die dem Herzkreislaufsystem gut tun. Beim Rösten der Bohnen entsteht außerdem die Substanz N-Methylpyridinium (NMP), die antioxidativ wirkt und so zum Schutz der Zellen vor vielen krankmachenden Veränderungen beiträgt. Auch beobachtete man, dass Menschen, die moderat Kaffee trinken, etwas weniger oft an Volksleiden wie Herz- und Kreislauferkrankungen, Krebs, Diabetes, Asthma, Osteoporose, Parkinson oder Alzheimer-Demenz leiden. Ob Koffein und die übrigen Inhaltsstoffe von Kaffee aber wirklich vor diesen Krankheiten schützen? „Wissenschaftlich erwiesen ist das nicht“,  sagt König.

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Bitte Vorsicht, wenn…

…man einen empfindlichen Magen hat. Betroffene sollten Kaffee nur in kleinen Mengen genießen und am besten davor ein Glas Wasser trinken. Der Grund: Inhaltsstoffe im Kaffee regen die Produktion von Magensäure an, und ein Zuviel davon könnte Empfindliche belasten.

…man zu Sodbrennen neigt. Denn durch die erhöhte Produktion von Magensäure, die Kaffee bewirkt, steigt das Risiko für das lästige und oft auch sehr schmerzhafte Leiden.

…man bestimmte Medikamente nimmt wie Schmerzmittel oder Antibiotika: Sie können die anregende Wirkung von Kaffee verstärken. Umgekehrt wirken manche Medikamente wie z. B. Antirheumatika nicht so gut, wenn viel Kaffee getrunken wird.

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