Liebe trotz Leiden

Dezember 2012 | Partnerschaft & Sexualität

Wenn eine Krankheit das Sexleben beeinträchtigt
 
Diabetes, Herz- und Hauterkrankungen, Depressionen, Krebs, Rheuma: Es gibt gesundheitliche Probleme, die das ganze Leben auf den Kopf stellen – Sexualität inklusive.
Für MEDIZIN populär informiert eine Expertin über mögliche Wege zu einem erfüllten Liebesleben trotz Leiden.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

„Ein erfülltes Sexualleben zu haben, ist nicht nur wunderschön, es sorgt auch für eine gute Lebensqualität“, betont die Wiener Sexualmedizinerin Dr. Elia Bragagna. Das ist gerade auch dann wichtig, wenn eine chronische Krankheit die Lust am Leben – und am Sex trübt. Wie Bragagna und ihre Kollegen der Sexualmedizin diesen Patienten helfen können? „Im Wesentlichen besteht die Behandlung in drei Schritten“, sagt sie. Zuerst wird die Ursache für die sexuelle Beeinträchtigung gesucht. Begleiterscheinungen der eigentlichen Krankheit, aber auch Nebenwirkungen von Medikamenten können schuld daran sein, dass es mit dem Sex nicht mehr klappt. Ist die Ursache gefunden, wird sie je nach der Problemlage bekämpft. „Trotz aller Hilfen funktioniert das Sexualleben aber nicht immer wieder genauso wie vor der Erkrankung“, sagt Bragagna. „Deswegen biete ich auch Gesprächstherapien an.“ Diese dienen dazu, die Betroffenen und gegebenenfalls ihre Partner in ein neues, anders gestaltetes Sexualleben zu begleiten. „Mit diesem Gesamtpaket kann ich meine Patienten erfahrungsgemäß zufriedenstellen“, weiß Elia Bragagna. Für MEDIZIN populär erklärt die Expertin, was bei sechs häufigen gesundheitlichen Problemen meistens dazu führt, dass es mit dem Sex nicht mehr klappt, und was wieder zu einem erfüllten Liebesleben führen kann:

Diabetes Typ 2

Das Problem
„Diabetes Typ 2 führt oft zu Sexualstörungen“, weiß Bragagna. Der immer wieder im Übermaß vorhandene Zucker im Blut schädigt die Blutgefäße und erschwert die Durchblutung des gesamten Körpers, so auch jene der Geschlechtsorgane. Bragagna: „Bei Männern führt das zur erektilen Dysfunktion, also Erektionsstörungen, die den Geschlechtsverkehr häufig unmöglich machen.“ Durch die Durchblutungsstörung werden zudem Nerven geschädigt. Auch das verhindert oft, dass der Penis steif genug wird, um in die Scheide eingeführt werden zu können. „Frauen empfinden durch die Nervenschädigungen und die Durchblutungsstörungen im Bereich der Geschlechtsorgane weniger genitale Erregung und Lust“, sagt Bragagna. „Zusätzlich verändert sich das Scheidenmilieu.“ Die Scheide wird trockener, das kann den Geschlechtsverkehr schmerzhaft machen, zudem sind die Betroffenen anfälliger für krankmachende Keime: Sie fangen sich häufig den Liebestöter Scheidenpilz ein.

Die Lösung

„Wenn die Zuckerkrankheit selbst gut behandelt wird, ist das schon sehr hilfreich“, sagt Bragagna. „Frauen können zusätzlich mit speziellen Mitteln das Scheidenmilieu gesund halten und verhindern, dass die Scheide trocken wird.“ Männern können Potenzmittel in Form von Zäpfchen, Pillen etc. helfen.

Herz-Kreislauferkrankungen

Das Problem
„Erektionsstörungen können ein Vorbote für einen Herzinfarkt sein, denn sie sind wie Herz-Kreislauferkrankungen oft auch die Folge von Schäden an den Blutgefäßen“, erklärt Bragagna. Die Durchblutung der Blutgefäße und Nerven funktioniert bei den Erkrankten nicht mehr so gut wie bei Männern mit einem gesunden Herzen. Bragagna: „Daher funktioniert auch die Erektion nicht mehr gut.“ Männer und auch Frauen nach einem Herzinfarkt haben zudem oft Angst, ihr Herz beim Sex zu sehr zu belasten und einen zweiten Herzinfarkt zu erleiden. „Eine Angst, die eher unbegründet ist, denn während oder nach dem Sex kommt es extrem selten zu Herzinfarkten“, so Bragagna. Bei Frauen können Herz-Kreislauferkrankungen zumindest eine lustmindernde Wirkung haben: Denn sind ihre Geschlechtsorgane weniger gut durchblutet, ist auch deren Empfindsamkeit gemindert.

Die Lösung
„Männer und Frauen nach einem Herzinfarkt, die Angst haben, ihr Sexualleben wieder aufzunehmen, sollten ihren Arzt danach fragen, ob diese Angst begründet“, rät Bragagna. Männern mit Erektionsstörungen kann mit Potenzmitteln geholfen werden. „Diese sollten sie jedoch nur nach Rücksprache mit ihrem Arzt nehmen, denn manche Herzmedikamente, die die Gefäße erweitern, vertragen sich nicht mit bestimmten Potenzmitteln“, so der dringende Appell der Expertin: „Beides zugleich einzunehmen, kann lebensgefährlich werden.“

Neurodermitis, Psoriasis & Co

Das Problem
Nicht nur Erkrankungen der Schleimhaut im weiblichen Genitalbereich, die für Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sorgen, sondern vor allem die viel häufigeren chronischen Hautkrankheiten wie Neurodermitis, Psoriasis oder Akne können Liebestöter sein. „Wenn die Haut von Pusteln und Papeln übersät ist, sich schuppt oder entzündet ist, meinen viele, dass sich der Partner oder die Partnerin vor ihnen ekelt“, weiß Bragagna. „Sie meiden dann Sexualkontakte, oft sogar schon Berührungen und ziehen sich zurück.“  

Die Lösung
Bragagna: „Der wichtigste Bestandteil der Therapie ist die Behandlung der Hautkrankheiten, die heute meist so erfolgreich ist, dass die Betroffenen nach einiger Zeit ein schönes Hautbild bekommen und es auch behalten können.“ Dann wird meist auch wieder die Lust geweckt. Manchmal empfiehlt sich, zeitgleich mit der Hautbehandlung eine Gesprächstherapie mit dem Paar zu beginnen. „Dabei stellt sich oft heraus, dass die Partner entgegen der Meinung der Patienten gar kein Problem mit der Hautkrankheit haben.“

Depressionen


Das Problem

„Da sich bei Depressiven der Gehirnstoffwechsel verändert hat und nicht mehr genug Nervenbotenstoffe ausgeschüttet werden, die Freude empfinden lassen, freut Menschen mit Depressionen gar nichts mehr“, sagt Bragagna. So verlieren sie auch die Lust am Sex. Hinzu kann eine unerwünschte Nebenwirkung der Therapie kommen, weiß die Expertin: „Manche Antidepressiva helfen zwar gegen die Depressionen, verstärken aber die sexuelle Lustlosigkeit.“

Die Lösung
„Heute gibt es Antidepressiva, die nicht lustlos machen, und auf die kann man sich manchmal umstellen lassen“, sagt Bragagna. „Danach sollte man den Arzt gezielt fragen.“

Krebs

Das Problem

Eine Krebserkrankung beeinträchtigt das Sexleben oftmals gleich aus mehreren Gründen. Bragagna: „Die Diagnose ist immer ein Schock, und allein um diesen Schock zu verarbeiten, braucht man so viel Kraft, dass das Bedürfnis nach Sex reduziert ist oder verloren geht.“ Oft verändert sich durch die Erkrankung auch die Persönlichkeit eines Menschen, er wird depressiv und damit generell lustlos. Dem Sex hinderlich sind auch oft Nebenwirkungen der Therapie: „Hormonblocker, die zum Beispiel gegen Brustkrebs genommen werden, reduzieren die Libido und machen den Sex daher schwierig. Eine Strahlentherapie kann wiederum das Bindegewebe so verändern, dass eine Erektion unmöglich wird“, weiß die Expertin.

Die Lösung

Bragagna: „Männern wie Frauen hilft in dieser Zeit viel Körperkontakt, Berührungen sind wichtig, und dass man auf sich und seinen Körper schaut.“ Kehrt die Lust auf Sex wieder, können Männern mit Erektionsstörungen Potenzmittel helfen.

Rheuma


Das Problem

„Rheumatische Gelenksveränderungen können sehr schmerzhaft sein, und wenn man permanent mehr oder weniger starke Schmerzen im Bewegungsapparat hat, freut einen auch der Sex nicht mehr“, sagt Bragagna.

Die Lösung
„Zunächst braucht man eine gute Therapie, die den Schmerz lindert, die Lust auf Sex aber nicht mindert“, so Bragagna.  Begleitend dazu gilt es, die Scheu zu überwinden und dem Partner mitzuteilen, welche Stellungen beim Sex Schmerzen bereiten und deswegen durch andere ersetzt werden sollten.

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