Mehl, aber welches?

Dezember 2014 | Ernährung & Genuss

So treffen Sie eine gesunde Wahl
 
Von Dinkel bis Weizen, von Einkorn bis Kamut, von Bio bis Vollkorn: Dass Mehl längst nicht gleich Mehl ist, zeigt die immer größer werdende Vielfalt in den Supermarktregalen. Für welche Sorte soll man sich entscheiden? MEDIZIN populär hilft bei der gesunden Wahl.
 
Von Mag. Alexandra Wimmer

Glatt oder griffig? Lange Zeit war dies die einzig entscheidende Überlegung beim Mehlkauf. Heute beschert uns das große Angebot jede Menge Alternativen, wirft aber auch Fragen auf. „Korn ist nicht gleich Korn“, schickt die Tiroler Gesundheitswissenschafterin, Diaetologin und Köchin Mag. Angelika Kirchmaier voraus.
Wer die Angaben auf den Mehlpackungen studiert, stellt fest: Der Inhalt kann aus heimischem, aber auch aus weit gereistem Korn stammen, z. B. Weizen aus Österreich oder dem weltgrößten Exportland China. Auch Anbau und Verarbeitung des Getreides könnten in die Kaufüberlegungen mit einfließen: Stammt das Korn aus konventionellem oder aus biologischem Anbau? Wurde nur der Mehlkörper (Weiß- bzw. Auszugsmehl) oder das ganze Korn (Vollkornmehl) verarbeitet?

Schale, Mehlkörper, Keimling   

Den größten Anteil der kleinen Kraftpakete jedenfalls machen Kohlenhydrate aus, die in Form von Stärke im Mittelteil, dem Mehlkörper, stecken. „Getreide ist damit ein wichtiger Energielieferant für unseren Körper, für Gehirn und Nervenzellen“, erklärt Mag. Gabriele Homolka, Ernährungswissenschafterin bei „die umweltberatung“ in Wien. Daneben beinhaltet das Getreidekorn weitere wertvolle Bestandteile: den Keimling, auch als „Kraftkammer des Korns“ bezeichnet, und die Schale. „Die Schale enthält Ballaststoffe, Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente“, betont Homolka, „der Keimling neben Ballaststoffen ungesättigte Fettsäuren.“ Der gemeinsame Nenner, die Ballaststoffe, sind vielseitige Wohltäter: „Sie regen die Verdauung an, wirken vorbeugend gegen Darmkrebs und senken den Cholesterinspiegel“, berichtet Homolka. In diesen Genuss kommt man bei Weißmehl allerdings nicht: Da bei weißem Mehl Keimling und Schale entfernt werden, gehen fast alle gesunden Wirkstoffe, inklusive der Ballaststoffe, verloren. In der Folge lassen Weißmehlprodukte den Blutzuckerspiegel rasch steigen und wieder sinken, während beim Vollkornmehl, dank der enthaltenen Ballaststoffe, der Blutzuckerspiegel konstant hoch bleibt, aber nie so hoch hinaufschießt wie bei Weißmehl. Damit lässt sich Heißhunger und Figurproblemen vorbeugen.

Neue alte Sorten

Die Entscheidung zwischen Weiß- oder Vollkornmehl ist also eindeutig; immer schwieriger wird die Wahl indessen bei den Getreidesorten, denn das Angebot wächst und wächst. Neben den Klassikern Weizen, Roggen, Hafer hat auch der Dinkel heute einen Fixplatz im Mehlregal. „Für jene, die ihre Vielfalt an Getreidesorten erweitern möchten, ist er ein ideales Einstiegsgetreide“, sagt Gabriele Homolka. Dinkel enthält hochwertiges Eiweiß und „schmeckt ähnlich wie Weizen, wenn auch etwas nussiger und voller“, findet die Ernährungswissenschafterin. Ein weiteres „Einstiegskorn“ ist Kamut, der neben Einkorn und Emmer zu den wieder entdeckten Urgetreidesorten zählt. Kamut wurde in den Pyramiden als Grabbeigabe gefunden, seit Jahren wird er auch in Österreich wieder angebaut. Kamut wächst in großen Körnern heran und eignet sich für Mehlspeisen, aber auch für Brot.
Ein anderes ursprüngliches Getreide: Einkorn. „Es ist in Sachen Geschmack und Inhaltsstoffe großartig“, schwärmt die Ernährungswissenschafterin. „Einkorn ist reich an Betacarotin, daher haben Speisen aus Einkorn eine eher gelbe Farbe.“ Das Korn eignet sich „hervorragend für alle Gerichte der österreichischen Mehlspeisküche“, für Kaiserschmarrn, Palatschinken und vieles andere mehr. Emmer wiederum ist ebenfalls reich an Eiweißen und Mineralstoffen und lässt sich u. a. gut zu Keksen „verbacken“ (siehe Rezeptteil).     
Nicht direkt ihrer Backeigenschaft, sicher aber ihrer wertvollen Nährstoffe wegen tut sich die Hirse hervor: „Goldhirse etwa enthält viele B-Vitamine und Betacarotin, das für den Nervenaufbau sehr wichtig ist“, erläutert Gabriele Homolka. Hirse ist außerdem reich an Eisen, Magnesium und Kieselsäure, sie ist jedoch „kein typisches Brotgetreide“, wie Homolka betont. „Hirse eignet sich aber ähnlich gut für Beilagen wie Reis, sie schmeckt in Aufläufen und Laibchen.“
    
Pseudogetreide mit Mehrwert

Neben dem „echten“ gibt es auch Pseudogetreide (z. B. Quinoa, Amaranth) – Sorten, die botanisch nicht zum Getreide zählen, in der Küche aber ähnlich verwendet werden. „Quinoa, ein Gänsefußgewächs, sticht mit ihrem besonders hochwertigen Eiweiß hervor. Sie enthält außerdem sehr viel Eisen, Magnesium und Vitamin E“, sagt Expertin Homolka. Amaranth, ein Fuchsschwanzgewächs, enthält ähnlich wie Quinoa Eiweiß von hoher biologischer Wertigkeit, daneben Eisen, Magnesium und reichlich ungesättigte Fettsäuren.  
Die neue Mehl-Vielfalt sorgt nicht nur kulinarisch für Abwechslung, sondern im Fall einer Unverträglichkeit auch für schmackhafte Alternativen: „Bei einer Unverträglichkeit gegen ein bestimmtes Weizeneiweiß etwa kann ein anderes Getreidekorn, zum Beispiel Dinkel, sehr gut vertragen werden“, gibt Angelika Kirchmaier ein Beispiel. „Bei einer Glutenunverträglichkeit hingegen muss man alle glutenhaltigen Getreidesorten wie Weizen, Dinkel, Einkorn meiden.“ Für diesen Fall gibt es glutenfreie Alternativen wie Hirse, Quinoa, Amaranth, Mais oder Reis.

Die beste Wahl Ob man Brot, Kuchen oder Kekse backen möchte: Die beste Wahl für Gesundheit und Umwelt trifft, wer zu heimischem Vollkorngetreide aus biologischem Anbau greift, sind sich die Expertinnen einig. „Vollkornmehl aus Weizen, Dinkel, Emmer oder Einkorn eignet sich für alle Backwaren und Süßspeisen“, betont Angelika Kirchmaier, und Gabriele Homolka ergänzt: „Jedes Rezept funktioniert auch mit Vollkornmehl, mit dem Unterschied, dass man eventuell etwas mehr Flüssigkeit verwendet, da die enthaltenen Ballaststoffe Flüssigkeit zum Quellen brauchen.“ Ein Tipp, wie der Umstieg vom Weiß- auf Vollkornmehl gelingen kann? Homolka: „Man sollte sich und die Familie nicht überfordern, anfangs vielleicht ein Fünftel Vollkornmehl untermischen und den Anteil nach und nach steigern.“    

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Type, griffig, glatt:
Was bedeutet das?

Der Nähr- bzw. Mineralstoffgehalt von Mehl wird mit der „Mehltype“ angegeben; er hängt vom Ausmahlungsgrad der Körner ab: je höher der Ausmahlungsgrad, desto höher die Typenzahl – und umso mehr Nährstoffe sind im Mehl enthalten. Ein Beispiel: Weizenmehl Type 450 bedeutet, dass in 100 Gramm Mehl 450 Milligramm Mineralstoffe enthalten sind. Vollkornmehl wird nicht „typisiert“, weil immer das ganze Korn vermahlen wird und es in Sachen Mineralstoffe „nach oben keine Grenze gibt“, erklärt Ernährungswissenschafterin Mag. Gabriele Homolka.
Die Bezeichnungen „glatt“ bzw. „griffig“ geben Hinweis auf die Körnung des Mehls: Griffiges Mehl besteht aus gröberen Mehlpartikeln und eignet sich besonders gut für Gerichte, bei denen der Teig anquellen soll (z. B. Nockerln). Glattes Mehl mit seiner besonders feinen Körnung eignet sich für feine Backwaren (z. B. Biskuit-, Mürb- oder Germteig). Universalmehl ist eine Mischung aus glattem und griffigem Mehl.


Acht Keksrezepte aus Vollkornmehl
von Mag. Angelika Kirchmaier zum Gratis-Download.

Buchtipp:
Kirchmaier
Schnelle Kekse. Backen für Eilige
ISBN 978-3-85431-683-1
208 Seiten, € 19,99
Pichler Verlag, Verlagsgruppe Styria, 2014

Stand 12/2014

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