Sich Abkühlung holen und nebenbei Schmerzen davonschwimmen – das ist eine der vielen Sonnenseiten des Sommers. Doch welcher Schwimmstil ist für wen der beste?
Von Mag. Sabine Stehrer
Nur Radfahren ist hierzulande noch beliebter. Dicht darauf folgt auf Platz zwei das Schwimmen auf der Liste der beliebtesten Sportarten der Österreicher. Sportmediziner wie Dr. Robert Fritz freuen sich über dieses Ranking, denn: „Schwimmen ist ein tolles Training, das viel für die Gesundheit bringt.“ Nicht nur als Arzt, auch als begeisterter Schwimmer kennt der Mediziner die vielen Vorteile des Wassersports. Egal, welche Technik man wählt: Schwimmen kräftigt die Muskeln des gesamten Bewegungsapparats, und zwar nicht nur die großen, sondern auch die kleinen, tieferliegenden. „Dadurch wird der Körper stabilisiert, was Fehlhaltungen und damit verbundenen Verspannungen und Schmerzen vorbeugt“, weiß Fritz, der in der Sportordination Wien tätig ist.
Hat man bereits Probleme, kann die Kräftigung der großen und kleinen Muskeln dafür sorgen, dass Schmerzen und Verspannungen verschwinden. Zudem werden durch die Ertüchtigung im kühlen Nass verschiedene Gelenke mobilisiert – von den Schultern über die Hüften bis zu den Knien. „Das tut der Gesundheit der Gelenke gut“, sagt Fritz und ergänzt: „Da die Gelenke durch den Auftrieb des Wassers vom Körpergewicht entlastet beziehungsweise vor Überbelastungen geschützt sind, ist das Schwimmen auch ein idealer Sport für Menschen, die etwas zu viel auf die Waage bringen.“ Wer abnehmen will, sei mit dem Schwimmen ebenfalls gut beraten, denn die intensive Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining lasse die Kilos schneller purzeln als so manche andere Sportart.
Was Wasserratten vorweg wissen sollten: All die Vorteile für Gesundheit und Figur bringt der Sport nur dann mit sich, wenn man ihn richtig ausübt: „Man muss schon schwimmen und nicht baden“, bringt es Fritz auf den Punkt. Ein Kurs ist eine gute Idee, um die korrekte Technik zu lernen. Welcher Schwimmstil für wen geeignet ist und für wen nicht, erfahren Sie hier:
Brustschwimmen
Dass Brustschwimmen unter den Techniken am meisten verbreitet und am beliebtesten ist, hat einen einfachen Grund: „Es bietet den Vorteil, dass man nach vorne schauen kann“, so Fritz. So fällt die Orientierung leicht; und man kann selbst dann seine Längen schwimmen, ohne Zusammenstöße zu riskieren, wenn die Bahn mit anderen Wasserratten geteilt werden muss. Aus gesundheitlicher Sicht hat Brustschwimmen einiges zu bieten, denn: „Sehr intensiv trainiert man damit die obere Rückenmuskulatur“, erläutert Fritz. Das helfe gegen schmerzhafte Verspannungen in diesem Bereich. Zudem werden durch die Lage im Wasser und die Bewegung die Bauch- und Gesäßmuskeln trainiert, was die Körpermitte stärkt und eine gesunde Haltung fördert, und auch die Arm- und Beinmuskeln profitieren von der Technik. Fritz: „Je schneller man schwimmt, desto mehr bringt das Brustschwimmen außerdem für die Ausdauer.“
Nicht geeignet ist Brustschwimmen aufgrund der Bein- und Kopfbewegungen für Menschen mit Knieschäden oder Nackenproblemen.
Kraulschwimmen
Da man beim Kraulschwimmen Arme und Beine kräftig gegen den Wasserwiderstand bewegt, dabei relativ rasch vorankommt und das Tempo nach einiger Übung vergleichsweise lange halten kann, ist diese Technik unter den Schwimmsportarten für Fritz „der beste Mix aus Ausdauer- und Krafttraining“. Wer krault, verbessert seine Kondition am schnellsten, trainiert die Rumpf-, Arm- und Beinmuskeln und vor allem die Schultermuskulatur. „Das stabilisiert die Schultergelenke und hilft gegen die verbreiteten Verspannungen und Schmerzen im Bereich der Schulterblätter“, weiß Fritz. „Im Gegensatz zum Brustschwimmen eignet sich das Kraulen auch bei Nacken- und Kniegelenksproblemen.“ Denn der Nacken bleibt stabil, und die Knie werden geschont, da die Beinbewegungen aus der Hüfte kommen. Robert Fritz: „Die Hüftgelenke werden deswegen aber ebenfalls nicht belastet, da der Bogen, der beim Beinschlag ausgeführt wird, sehr klein ist.“
Nicht geeignet ist das Kraulschwimmen für Menschen, die akute Verletzungen an den Schultergelenken oder andere Probleme mit den Schultern haben.
Rückenschwimmen
Rückenschwimmen hat ebenfalls einen Vorteil gegenüber allen anderen Schwimmtechniken, so Fritz: „Da man dabei mit dem Gesicht über Wasser ist, kann man frei ein- und ausatmen und auf eine Schwimmbrille verzichten, was viele angenehm finden.“ Zudem liegt die Körpermitte extrem flach im Wasser. Das kräftigt die Bauch- und die Gesäßmuskulatur sowie die untere Rückenmuskulatur und beugt Schmerzen durch Fehlhaltungen vor. Fritz: „Wie beim Kraulen werden auch beim Rückenschwimmen die Schultermuskulatur, die Arme und Beine trainiert, während die Knie- und Hüftgelenke geschont werden.“ So können sich selbst Menschen mit Knie- und Hüftproblemen unbesorgt durch Rückenschwimmen ertüchtigen.
Nicht geeignet ist das Rückenschwimmen, wenn man bereits Schulterprobleme hat – und natürlich immer dann, wenn keine freie Bahn zur Verfügung steht: Da man nicht in die Schwimmrichtung blickt, ist das Risiko für einen Zusammenstoß groß.
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Schwimmen, aber wie?
Fragen an den Sportarzt
Kann jeder mit dem Schwimmsport beginnen?
Prinzipiell kann jeder jeden Alters mit dem Schwimmsport beginnen. Die einzige Voraussetzung: Man muss es aushalten, den Kopf unter Wasser zu haben, und man muss unter Wasser ausatmen können. Beides lässt sich daheim in der Badewanne trainieren. Wer vorbelastet ist, etwa einen Herzinfarkt hinter sich hat oder Probleme mit Gelenken, Muskeln, Bändern oder Sehnen hat, sollte vor dem Start aber besser seinen Arzt fragen, ob das Schwimmen für ihn geeignet ist. Die korrekte Ausführung der Schwimmtechnik lässt man sich am besten in einem Schwimmkurs zeigen, der von einem Schwimmtrainer geleitet wird. Oft reichen schon wenige Stunden, um zum Beispiel das Kraulen zu erlernen.
Muss ich mich auf das Schwimmen vorbereiten, um Verletzungen oder Überlastungen des Herz-Kreislaufsystems vorzubeugen?
Das Schwimmen selbst ist eine gute Sportart, um die Ausdauer zu verbessern und Verletzungen sowie Überlastungen des Herz-Kreislaufsystems vorzubeugen. Unmittelbar vor dem Schwimmen genügt es, sich außerhalb des Beckens mit lockerem Armkreisen aufzuwärmen und sich dann langsam einzuschwimmen, damit der Bewegungsapparat nicht überlastet wird. Nach dem Schwimmen kann man Dehnübungen machen, um die Muskeln zu entspannen.
Wie lange und wie oft muss man schwimmen, damit der Sport wirklich gegen Schmerzen und Verspannungen hilft und einen Zugewinn an Ausdauer und Kraft bringt?
Wer zweimal in der Woche eine Stunde schwimmt, hat schon viel für seine Gesundheit getan. Dabei braucht man nicht einmal eine Stunde am Stück schwimmen, sondern kann einen Badetag im Sommer zum Beispiel so nützen, dass man im Lauf des Tages sechsmal zehn Minuten zügig schwimmt und sich dazwischen ausruht. Ein ausgezeichnetes Kraft- und Ausdauertraining wäre übrigens Delfin, die Exotin unter den Schwimmtechniken. Allerdings halten die wenigsten das Training längere Zeit durch, weil dieser Schwimmstil extrem anstrengend ist.
Stand 06/2014