Intimhygiene, aber richtig

Oktober 2014 | Kosmetik & Pflege

5 Fehler, die sich rächen können
 
Das Bedürfnis, sich gerade in der Intimregion stets frisch zu fühlen, verleitet viele Frauen, aber auch Männer oftmals zu bedenklichen Maßnahmen. Nicht minder fatal wirkt sich mangelnde Hygiene unter der Gürtellinie aus. MEDIZIN populär über die fünf häufigsten Fehler bei der Intimpflege.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Fehler eins: Zu viel

FRAUEN
Täglich mehrmals duschen und die Scheide spülen: Frauen, die sich im Intimbereich zu häufig waschen, können sich Probleme einhandeln. „Die Haut im Genitalbereich von Frauen ist anders gebaut als die sonstige Körperhaut“, warnt die Wiener Frauenärztin Univ. Prof. Dr. Doris Maria Gruber. „Die Haut und vor allem die Schleimhaut an den Schamlippen reagieren sensibler und können durch häufiges Waschen austrocknen.“ Das macht sie anfällig für Trockenheitsekzeme, die unangenehm jucken. Aber nicht nur das: Wenn die Haut trocken ist, steigt die Gefahr für einen Vaginalinfekt, der sich zudem in einem schlecht riechendem Ausfluss äußert und extrem schmerzhaft ist. Wer die Infektion nicht frühzeitig ärztlich behandeln lässt, riskiert darüber hinaus, dass sie auf die Harnwege übergeht. Besonders dringend ist der Handlungsbedarf bei Frauen mit Kinderwunsch: Scheideninfektionen können das Milieu in der Vagina so durcheinanderbringen, dass sich Spermien darin nicht fortbewegen können und eine Schwangerschaft unmöglich wird. Steigen Erreger über die Eileiter bis in die Eierstöcke auf und verursachen eine Eierstockinfektion oder verkleben die Eileiter, kann es sogar zu bleibender Unfruchtbarkeit kommen. Auch Schwangere sollten bei einer Vaginalinfektion gleich zum Arzt – sie könnten das Kind verlieren, so Gruber. „Außerdem besteht die Gefahr, dass sich beim Sex der Partner ansteckt.“

MÄNNER
„Männer, die sich dreimal oder noch öfter am Tag im Genitalbereich waschen, riskieren ebenfalls, dass dort die Haut austrocknet“, schildert der Linzer „Männerarzt“ und Sexualmediziner Dr. Georg Pfau die Folgen von übertriebener Reinlichkeit beim starken Geschlecht. Auch an Penis, Hodensack, der Haut rundherum und im Analbereich des Mannes können sich Trockenheitsekzeme bilden, die jucken und brennen. „Wie bei Frauen steigt dadurch das Risiko für bakterielle und virale Entzündungen sowie Pilzerkrankungen“, so Pfau. Auswirkungen auf die Potenz oder die Fruchtbarkeit sind zwar nicht zu befürchten, doch die Gefahr ist groß, beim Sex die Partnerin zu infizieren. Also heißt es auch für betroffene Männer: Bitte zum Arzt!

Tipp:

Für beide Geschlechter gilt: Es reicht aus, den Genitalbereich ein- bis zweimal täglich zu reinigen.

Fehler zwei: Seife

FRAUEN

Bei der Reinigung kann man einiges falsch machen: „Der pH-Wert der Haut im Scheidenbereich ist niedriger als jener der restlichen Haut am Körper“, informiert Frauenärztin Gruber. „Wer sich im Genitalbereich mit Seife oder anderen Reinigungsmitteln wäscht, riskiert, dass der natürliche Säureschutzmantel außen und in der Vagina durcheinandergebracht wird.“ Wieder können nicht nur Austrocknung bis hin zur Bildung von Trockenheitsekzemen und allergischen Hautreaktionen die Folgen sein, es drohen auch schmerzhafte Infektionen der Vagina, die schlimmstenfalls auf die Harnwege übergehen, unfruchtbar machen oder Fehlgeburten verursachen.

MÄNNER
Auch im männlichen Genitalbereich hat die Haut einen niedrigeren pH-Wert als an anderen Körperstellen und kann daher mit Erkrankungen auf Reinigungsmittel reagieren. Besonders sensibel ist die Eichelhaut unter der Vorhaut. Pfau: „Wer ständig Seife oder Duschgele verwendet, um dort das Smegma, die weißlich-gelbliche Substanz, wegzuwaschen, riskiert Beschwerden.“ Die Palette reicht von Rötungen, Brennen und Juckreiz bis hin zur Bildung kleiner Knötchen – allesamt mögliche Anzeichen für ein Trockenheitsekzem oder eine allergische Reaktion, aber auch für eine Infektion mit Bakterien oder Pilzen. Wieder heißt es, sich behandeln zu lassen, denn solche Infektionen können auch bei Männern auf die Harnwege übergehen. Außerdem besteht die Gefahr, die Partnerin anzustecken.

Tipp:
Was Männer und Frauen wissen sollten: Wer die Intimregion gründlich mit Wasser reinigt, wird sauber genug.

Fehler drei: Intimdeos

FRAUEN

Da in der Scheide ein saures Milieu herrscht, riecht der natürliche Ausfluss immer etwas säuerlich. Genau wie die Schweißdrüsen in den Achseln sondern die Drüsen an den Schamlippen Schweiß ab, der stark riecht. Und schließlich bildet sich wie bei Männern auch bei Frauen geruchsintensives Smegma, in ihrem Fall um die Klitoris. Um diese Gerüche zu überdecken, setzen viele Frauen auf Intimdeodorants. Das sei aber laut Frauenärztin Gruber in dreifacher Hinsicht kontraproduktiv: „Männer empfinden den Geruch der weiblichen Intimregion ja meist als angenehm und erotisierend“, weiß sie. „Außerdem können die künstlichen Duftstoffe mit den Absonderungen aus den Schweißdrüsen so reagieren, dass erst recht ein wirklich unangenehmer Geruch entsteht.“ Dem nicht genug reizen Duftstoffe und Alkohol in den Produkten oft die Haut – und können so Ekzeme im Anal- und Scheidenbereich hervorrufen. Letzteres gilt übrigens auch für parfümierte Cremen, Lotionen, Puder und feuchte Toilettentücher.

MÄNNER
Auch Männer haben Drüsen im Schritt, die geruchsintensiven Schweiß absondern. Unangenehm riecht bei ihnen aber vor allem das Smegma, so Georg Pfau. Für die Anwendung von Intimdeos gilt für Männer dennoch wie für Frauen: Sie ist nicht nur unnötig, sondern kann in Reaktion mit Schweiß sehr schlechte Gerüche entstehen lassen und außerdem zu Hautschäden führen.

Tipp:
Das Reinheitsgebot für beide Geschlechter: Auf Duftspender und parfümierte Reinigungs- und Pflegemittel verzichten!

Fehler vier: Unten ohne

FRAUEN
„Intimfrisuren sind ein Modetrend, der in zweifacher Hinsicht unverständlich ist“, meint Frauenärztin Gruber. „Erstens ist das Schamhaar wie das Haupthaar ein Schmuck, und zweitens bringt die Entfernung oft Probleme mit sich.“ Dennoch sind Intimfrisuren bei Frauen schon seit geraumer Zeit en vogue. War es zunächst in, die Schamhaare so weit zu eliminieren, dass ein Landing-Strip übrigblieb, ging der Trend zuletzt zum Brazilian-Waxing mit dem Ergebnis: radikal kahl. Manche meinen, „unten ohne“ hätte abgesehen davon, einem Schönheitsideal zu entsprechen, hygienische Vorteile – schließlich sind die Haare weg, an denen sich Bakterien sammeln. Doch Gruber sieht das anders: „Allein die Entfernung belastet die Haut, außerdem wird diese ohne den Schutz durch die Haare ständig stärker gereizt.“ So steigt zusätzlich die Gefahr für Hautschäden und Vaginalinfektionen.

MÄNNER
Auch bei Männern liegt es im Trend, unten haarlos zu sein. Was der Männerarzt davon hält? „Die Natur hat sich bei der Anlage der Schamhaare etwas gedacht; sie befinden sich überall dort, wo Haut auf Haut trifft, um vor Schäden zu schützen“, sagt Pfau. Bei Männern wird der Kahlschlag häufig an der Innenseite der Oberschenkel zum Problem, wo der Hodensack auf die Schenkelhaut trifft: Es kann zum Hautwolf kommen, der sich in schmerzenden Rötungen sowie Juckreiz bis hin zur Entwicklung von Krusten äußert.

Tipp:
Die ärztliche Empfehlung für Männer und Frauen: Schamhaar dort lassen, wo es ist, und höchstens trimmen.

Fehler fünf: Zu wenig

FRAUEN
Die Anatomie im Genitalbereich begünstigt Ansammlungen von Keimen. Allein aufgrund der Nähe zum Darm sammeln sich im Bereich der Scheide viele Bakterien, die sich in den Falten der Schamlippen gut halten. Frauen, die es mit der Hygiene nicht so genau nehmen, sich also nach dem Toilettengang nicht ordentlich säubern und nicht täglich waschen, bekommen leicht Probleme. „Sie sind besonders gefährdet, an einer Vaginalinfektion oder einer Harnwegsinfektion zu erkranken“, weiß Frauenärztin Gruber.

MÄNNER

„Männer, die sich nicht täglich im Intimbereich waschen und nicht die Vorhaut zurückziehen und das Smegma entfernen, schaffen ein ideales Mikroklima für Bakterien“, skizziert Pfau die Folge von zu wenig Hygiene beim starken Geschlecht. Diese Bakterien verursachen nicht nur einen üblen Geruch, sie können auch auf die Harnwege übergehen und eine Harnwegsinfektion verursachen. Und es kann noch schlimmer kommen: „Männer, die das Smegma nur selten wegwaschen, erkranken häufiger an Peniskrebs“, warnt Pfau.

Tipp:
Für beide Geschlechter gilt: Ein- bis zweimal täglich gründlich mit Wasser und den Händen im Intimbereich waschen. Für Männer: Vorhaut zurückschieben und Smegma entfernen. Für Frauen: Gründlich die Falten im Schambereich abspülen, Vagina nur im Eingangsbereich waschen.

Auf alle Fälle:
Einmal- oder Extra-Handtücher verwenden, Stoffhandtücher alle zwei bis drei Tage tauschen, Unterwäsche täglich wechseln – auch das gehört zur richtigen Intimhygiene.

Stand 10/2014

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