Doktor auf vier Pfoten

November 2016 | Leben & Arbeiten

So gut tun uns unsere Haustiere
 
Wer mit einem Tier lebt, der weiß: Sie bringen Leben in unser Leben, schenken uns ihre Freundschaft, lehren uns Verantwortung. Was sie außerdem machen: Sie verbinden uns mit der Natur. Und auch das wirkt positiv auf unsere Gesundheit. Experten erklären in MEDIZIN populär, was Haustiere für unser Wohlbefinden tun.
 
Von Bettina Benesch

Tiere versetzen uns regelmäßig in Bewegung, sie zeigen uns, was wahre Entspannung ist und machen uns vor, wie es sich ganz leicht im Moment leben lässt, ohne Sorgen über das, was kommen mag. Tiere tun uns einfach gut. Auch deshalb, weil sie Mittler sind zwischen unserem oft durchgeplanten Alltag und der unplanbaren Natürlichkeit in uns.
Wie sich diese Effekte erklären lassen? „Es gibt die sogenannte Biophilie-Hypothese des Soziobiologen Edward O. Wilson“, berichtet Mag. Alexandra Wischall-Wagner, freischaffende Psychologin, ganzheitliche Hundetrainerin und Autorin in Wien. „Wilson stellte 1984 fest, dass es ein Grundbedürfnis des Menschen ist, sich in der Natur aufzuhalten und sich mit Tieren und Pflanzen zu umgeben.“ Das Wort Biophilie setzt sich aus den altgriechischen Wörtern „Bios“ und „philia“ zusammen, und bedeutet so viel wie „Liebe zum Leben“ oder „Liebe zu Lebendigem“. „Wir umgeben uns heute mit viel Technik“, sagt Wischall-Wagner, „Tiere können uns helfen, uns selbst zu finden und unsere ursprünglichen Kräfte zu entdecken.“

Gut für den Körper

Damit verbunden ist oft auch ein wirksamer Heilungsprozess, der in zahlreichen Studien belegt wurde. In den Untersuchungen wurde meist die Wirkung von Hunden erforscht, da sie sich eher führen lassen als etwa Katzen oder Hasen. Es zeigte sich unter anderem, dass Hunde die körperliche Gesundheit positiv beeinflussen. Aus Untersuchungen in Schulen, Gefängnissen und Altersheimen ist bekannt, dass allein die Anwesenheit eines Hundes Stress reduziert. Auch Bluthochdruck und erhöhte Cholesterinwerte werden gesenkt, ebenso der Medikamentenverbrauch bei Menschen im Altersheim. Schmerzen lassen nach und die Genesung bei Krebs wird beschleunigt. Bis ins Alter wird die Autonomie gefördert: Im Altersheim etwa beginnen die Heimbewohnerinnen und Heimbewohner wieder, sich selbst anzukleiden, und sie haben mehr Appetit. Bei Alzheimer-Patienten verbessert sich die Fähigkeit zu denken. Zwei Gründe dafür sind die Fürsorge für das Tier und der Zuspruch, den die Menschen von ihm erhalten. „Die Leute sind nicht mehr isoliert“, erklärt Wischall-Wagner, „sie können mit jemandem reden.“

Gut für Seele und Geist

Haustiere tun auch der Seele gut. Hunde helfen Menschen mit Depression und Angst, ihre Beschwerden zu lindern. Die Patienten erleben sich als selbstwirksam. Das bedeutet: Sie erkennen, dass sie durch ihr Handeln etwas bewirken – etwa den Hund zum Sitzen bringen oder dazu, einen Stock zu apportieren. „Für den Menschen ist das ein riesiger Erfolg“, sagt die Psychologin. Dazu kommt: Der Hund muss raus. Menschen mit Depression oder Angst sind dadurch eher motiviert, vor die Türe zu gehen und sich mit ihrer Umwelt auseinanderzusetzen.
„Tiere, insbesondere Hunde, wecken die Liebe zum Leben“, sagt Wischall-Wagner, die auch Therapiehunde ausbildet: „Wo diese Liebe verloren gegangen ist, etwa nach einem schweren Trauma, ist das Tier oft das einzige Mittel, mit dem der Therapeut noch Zugang zum Klienten findet. Wo sonst keine Therapie mehr wirkt, da dringt der Hund durch.“

Gut für das Miteinander

Tiere sorgen außerdem dafür, dass der soziale Kontakt unter den Menschen (wieder) hergestellt oder gefestigt wird. So untersuchte Wischall-Wagner selbst, wie sich die Arbeit mit Therapiehunden auf das seelische Befinden von Frauen im Gefängnis auswirkt. Es zeigte sich, dass sich die Beziehung zu den Eltern der Frauen nach zehnwöchigem Training verbessert hatte. „Wer mit einem Tier zusammen ist, muss Verantwortung übernehmen und rücksichtsvoll sein. Das macht uns sicher beziehungsfähiger“, resümiert Wischall-Wagner.
Ganz allgemein fördert das Zusammensein mit Tieren und speziell die tiergestützte Therapie den Sozialkontakt und die Kommunikation zwischen Menschen – und die Fähigkeit zur Selbstreflexion. Denn das, was der Mensch tut, hat unmittelbare Wirkung auf das Tier mit dem er gerade zusammen ist – ob in einer Therapiestunde oder im privaten Umfeld.
Pferde beispielsweise sind geschätzte Therapietiere. Sie sind überdurchschnittlich sensibel und reagieren so auf die kleinsten Zeichen des Klienten. Wischall-Wagner: „Das Pferd ist ein Fluchttier und teilt mir mit seinem Verhalten mit: ‚Du Mensch, verhalte dich richtig, sonst bin ich weg‘. Damit es mit einem Pferd gut funktioniert, muss ich also eine ruhige Ausstrahlung haben und Respekt.“ Und beides lässt sich trainieren, falls es nicht vorhanden ist.

Fördert Vertrauen und Achtsamkeit

Egal ob Pferd, Hund, Meerschweinchen – oder Mensch: Es geht um das Einlassen auf das Gegenüber. Denn die Basis für Beziehung ist bei Mensch und Tier dieselbe: Vertrauen. Und da zeigen Tiere uns meist deutlich, wie das funktioniert, jemandem zu vertrauen. Hunde sind ihrem Menschen treu ergeben und würden alles für ihn oder sie tun. Sie vertrauen uns. Daraus entsteht eine große Verantwortung dem Tier gegenüber. Denn es geht darum, achtsam zu sein. Hunde etwa können ins Burnout rutschen, wenn sie überfordert werden und wir ihnen nicht genug Pausen gönnen. Und so lernen wir noch etwas von den Tieren: Maß halten. Auch darin sind Tiere gute Lehrmeister, wenn wir sie lassen. Pausen und aktive Phasen wechseln sich ab. Das geschieht ganz natürlich, ohne das Bello oder Miez darüber nachdenken müsste.

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Wie der Herr so’s G’scherr?
Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Mensch und Haustier

Im Volksmund heißt es oft, Hundehalter und Hund würden sich ähneln; im Aussehen, aber auch im Verhalten. Worin gleichen sich Mensch und Hund tatsächlich – und wo unterscheiden sie sich gehörig voneinander?

Gemeinsamkeiten

  • Das Gehirn von Mensch und Hund funktioniert ähnlich, wenn es um Sprache geht. Sprache ist für Menschen der wichtigste Kommunikationskanal und auch Hunde reagieren sehr auf Sprache.
  • Sie verstehen zwar die Worte nicht (zumindest nicht alle), erkennen aber das Gefühl, das mit dem Gesagten transportiert wird.
  • Hunde fühlen ebenso wie Menschen Freude, Leid oder Trauer. Hunde (und Tiere generell) empfinden auch körperlichen Schmerz. Was heute als selbstverständliches Wissen gilt, hielt man noch vor ein paar Jahrzehnten für ausgeschlossen, weshalb Tiere früher auch ohne Narkose operiert wurden.

Unterschiede

  • Der wichtigste Kommunikationskanal des Menschen ist die Sprache – der des Hundes ist die Körpersprache. Da kommt es immer wieder mal zu Missverständnissen: Das, was wir sagen passt nicht immer zu dem, wie wir unseren Körper bewegen oder halten. Wer mit einem Hund lebt, muss lernen, auch mit dem Körper zu sprechen.
  • Riechen ist für Hunde wichtiger als für Menschen. Der Hund riecht bipolar, das heißt, er kann mit jedem Nasenloch einen anderen Geruch wahrnehmen.
  • Tiere leben im Hier und Jetzt. Wir Menschen sind mit unseren Gedanken oft in der Vergangenheit oder der Zukunft. Tiere speichern vergangene Erfahrungen zwar. Was aber für sie wirklich zählt, ist der jeweilige Moment.

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Die Schattenseiten von Bello & Co:
Tierhaarallergien sind weit verbreitet

Kein Licht ohne Schatten – das gilt auch für das Leben mit Tieren. Denn neben der Freude bringen sie manchen Menschen auch jede Menge Unwohlsein. Tierhaarallergien gehören zu den häufigsten Allergien in Österreich. Die meisten Probleme entstehen mit Katzenhaaren: Rund 90 Prozent aller Tierhaarallergiker reagieren auf Katzen, bei Hunden sind es 50 Prozent.
„Felltiere sind besonders problematisch, da sie die Allergene durch den Speichel auf das Fell bringen. Mit den Haaren werden sie schließlich in der Luft verteilt“, erklärt Prim. Priv. Doz. Dr. Fritz Horak, Leiter des Allergiezentrums Wien West. Grundsätzlich kann jedoch jedes Tier Allergien auslösen, ebenso das Futter oder die Einstreu. Die Symptome der Tierhaarallergie reichen von Niesreiz und allergischem Schnupfen bis hin zu Asthma. Beim Streicheln des Tieres kommt es häufig auch zu Juckreiz, Hautrötung oder -ausschlag.
Stellt sich nach dem Allergietest heraus, dass tatsächlich das Tier der Auslöser ist, gibt es nur eine Behandlungsmöglichkeit: Es muss ausziehen. „Wenn das nicht geht, kann man die Symptome mit Medikamenten behandeln“, sagt Fritz Horak, „doch die können das Fortschreiten der Allergie nicht verhindern.“ Am Ende steht dann womöglich allergisches Asthma.
Für Tierärzte oder Pfleger, die engen Kontakt mit Tieren haben und den Beruf nicht wechseln können, gibt es die Möglichkeit der allergenspezifischen Immuntherapie – die „Allergie-Impfung“. Wirksamkeit und Verträglichkeit sind aber noch nicht genau untersucht, daher wird eine breite Anwendung vorerst nicht empfohlen.

Buchtipp:

Wischall-Wagner, Hasmann
Gesund mit Hund.
Fitness- und Seelenschmeichler für Mensch und Tier
ISBN 978-3-903090-23-1
ISBN E-Book 978-3-903090-24-8
ca. 220 Seiten, € 16,95
Goldegg Verlag GmbH, Juni 2016

Stand 11/2016

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