Gesunde Vagina

September 2017 | Medizin & Trends

So bekommt man Infekte im Intimbereich in den Griff
 
Im Intimbereich brennt und juckt es wie verrückt? Dazu kommt übel riechender Ausfluss? Von einer Vaginalinfektion ist so gut wie jede Frau wenigstens einmal im Leben betroffen. Manche leiden immer wieder darunter, ohne Aussicht auf Besserung – der Leidensdruck ist groß! Weil hinter ähnlichen Symptomen unterschiedliche Erkrankungen stecken können, ist die Diagnose nicht immer einfach. In MEDIZIN populär erklärt ein Experte, wie man vaginale Infekte in den Griff bekommt.
 
Von Mag. Alexandra Wimmer

Die 42-jährige Maria Z. ist verzweifelt: Seit Jahren leidet sie regelmäßig unter Schmerzen und Juckreiz im Scheidenbereich. „Ich hab schon so viel dagegen unternommen“, klagt sie. Ihr wurden Antibiotika verschrieben, danach Pilzmittel. Der Therapieerfolg war jedes Mal nur von kurzer Dauer. „Was soll ich nur tun?“
Anfragen wie die von Maria Z. bekommt Univ. Prof. Dr. Armin Witt viele. „Sie zeigen deutlich, wie ausweglos die Situation rund um eine chronische Vaginalinfektion sein kann“, erklärt der Wiener Gynäkologe, der sich auf die Behandlung von Infekten im Vaginalbereich – sie zählen zu den häufigsten Intimerkrankungen von Frauen im geschlechtsfähigen Alter – spezialisiert hat.
„Die Symptome sind sehr ähnlich und unspezifisch und können doch für ganz unterschiedliche Krankheitsbilder verantwortlich sein“, veranschaulicht der Gynäkologe die besondere Problematik. Speziell, wenn die Beschwerden immer wieder kommen, leidet die Lebensqualität. Von chronischen bzw. wiederkehrenden (rezidivierenden) Vaginalinfekten spricht man, wenn sie wenigstens vier Mal pro Jahr auftreten. Das Liebesleben ist dann deutlich getrübt. „Der physische führt schließlich zu einem psychischen Leidensdruck, da das Sexualleben enorm beeinträchtigt ist“, weiß der Facharzt aus seiner Praxis.

Richtige Diagnose

Obwohl die Symptome unspezifisch sind – die Diagnose muss exakt und spezifisch sein, um das Problem richtig behandeln zu können. Als Auslöser kommen Bakterien, Pilze, Viren und andere Mikroorganismen infrage. Die richtige und rechtzeitige Therapie ist das Um und Auf: „Man kann eine bakterielle Vaginose nicht mit einem Pilzmittel behandeln. Umgekehrt kann man eine Pilzinfektion nicht mit einem Antibiotikum behandeln“, verdeutlicht Witt. Da vaginale Beschwerden immer noch ein Tabuthema sind, behandeln sich viele Betroffene oft lieber selbst. Wird das Problem falsch oder gar nicht behandelt, kann es chronisch werden oder zu Komplikationen führen: „Eine übergangene bakterielle Infektion kann beispielsweise zu Abszessen im Bereich von Eierstöcken und Eileiter führen“, gibt der Gynäkologe ein Beispiel. Wird eine Infektion rechtzeitig und richtig behandelt, sind die Heilungschancen sehr gut. Entsprechend wich­tig ist, dass sich betroffene Frauen an einen auf Infektionen spezialisierten Gynäkologen wenden, der unter anderem einen Vaginalabstrich macht. Meist verrät ein Blick ins Mikroskop, um welche Erkrankung es sich handelt.

Überzahl böser Bakterien:
Bakterielle Vaginose

„Bei der bakteriellen Vaginose besteht ein Missverhältnis von guten und bösen Bakterien“, erklärt der Facharzt. Die guten Laktobazillusbakterien werden durch andere Bakterien verdrängt. In bis zu 70 Prozent der Fälle ist der Erreger Gardnerella vaginalis ursächlich dafür verantwortlich. Als Auslöser kommen unter anderem häufiger Partnerwechsel, hormonelle Veränderungen oder psychischer Stress infrage. Die Verteilung guter und schlechter Bakterien in der Vagina lässt sich meist rasch im Mikroskop erkennen. Therapiert wird das Leiden mit Antibiotika.

Juckreiz durch Pilzsporen:
Pilzinfektion

Ähnlich häufig wie die bakterielle Vaginose sind Pilzinfektionen. „Rund zwei Drittel aller Frauen sind mindestens einmal im Leben von einer Pilzinfektion betroffen“, informiert Witt. Nahezu die Hälfte von ihnen hat wiederholt darunter zu leiden. Neben Juckreiz, Rötung, einem Brennen beim Urinieren zählen auch Schmerzen beim Geschlechtsverkehr zu den Symptomen.
Besonders zu beachten ist eine Pilzinfektion während der Schwangerschaft: „Bei der vaginalen Geburt kommt es in cirka 80 Prozent zu einer Übertragung von Pilzen auf das Kind“, warnt Witt.
Als häufige Ursache gilt eine vorangegangene Therapie mit Antibiotika, daneben kommen viele andere Ursachen infrage. Entgegen der landläufigen Meinung lässt sich ein Scheidenpilz nicht mit zuckerfreier Kost „aushungern“. Behandelt wird die Pilzinfektion mit Antimykotika, Antipilzmittel. Voraussetzung für eine wirksame Therapie ist wieder die richtige Diagnose mittels Mikroskop: Es muss eine bakterielle Vaginose oder ein Laktobazillenmangel ausgeschlossen werden. „Pilzinfektionen, die immer wieder kommen, sollten ausschließlich von Spezialisten therapiert werden”, betont Witt.

Zu wenige Milchsäurebakterien:
Laktobazillenmangel

Pro Quadratmillimeter beherbergt die Vagina zwei Milliarden Bakterien. Die verschiedenen Laktobazillen – es gibt über 200 verschiedene Arten – verhindern, dass schädliche Keime überhandnehmen. Je mehr dieser Milchsäurebakterien die Scheidenflora beherbergt, umso besser. Muss eine Frau Antibiotika nehmen – und dies sogar langfristig oder immer wieder – gerät das gesunde Scheidenmilieu durcheinander: Nicht nur schädliche Erreger, auch die Laktobazillen werden dabei vernichtet. Bestimmte Präparate mit Milchsäurebakterien sollen beim Wiederaufbau der Scheidenflora helfen.

Erreger im Harnleiter:
Harnwegsinfekt

Ein häufiges Leiden ist außerdem der Harnwegsinfekt, die Blasenentzündung. Wieder sind Bakterien dafür verantwortlich, dass die Scheide juckt und es beim Wasserlassen brennt. Viel zu trinken, um die Erreger wieder auszuschwemmen, gilt als wirksames Mittel im Frühstadium. Wenn sich die Beschwerden nicht bessern, werden Antibiotika verabreicht. Wie aktuelle Studien zeigen, muss das nicht (immer) sein. „Eine Blasenentzündung ist oftmals mit einer reinen Schmerztherapie, die für drei bis fünf Tage verabreicht wird, gut heilbar“, informiert Witt. Im Rahmen einer Studie war diese Schmerztherapie sogar besser wirksam war als ein sehr potentes Antibiotikum. „In 80 Prozent der Fälle war die Gruppe der Patientinnen fünf Tage nach der Schmerztherapie beschwerdefrei und nur in 60 Prozent der Fälle in der Gruppe der Patientinnen mit Antibiotikatherapie.“ Schmerzmittel eignen sich allerdings nur für unkomplizierte Harnwegsinfekte. Wenn Fieber und Nierenschmerzen dazu kommen, muss jedenfalls mit Antibiotika behandelt werden.

Übel riechender Ausfluss:
Trichomonadeninfektion

Charakteristisch für die Infektion durch den Parasiten Trichimonas vaginalis ist ein dünnflüssiger, gelb- bis grünlicher, übel riechender Ausfluss. Als Auslöser der Krankheit gilt u.a. hohe sexuelle Aktivität mit verschiedenen Sexualpartnern. Der Parasit kann außerdem in Bädern oder Toiletten übertragen werden. Wieder gibt dem Spezialisten ein Blick in das Mikroskop Aufschluss über den Verursacher. Behandelt wird die Infektion mit speziellen Antibiotika.

Gefahr durch Antibiotika?

So wichtig die Möglichkeit der Behandlung durch Antibiotika ist: Aus seiner langjährigen Erfahrung weiß der Arzt, dass am Anfang wiederkehrender Infektionen im Vaginalbereich oft eben genau eine Antibiotika-Therapie steht – sei es gegen Blasenentzündungen, gegen Zahnfleischprobleme oder Nasen-Nebenhöhlen-Entzündungen. „Diese Behandlung stellt oft den Beginn einer kompletten Schädigung der Scheidenflora dar, was wiederum eine Infektion auslösen kann“, informiert der Arzt. Entsprechend wichtig ist, die Scheidenflora nach der Behandlung mit entsprechenden Präparaten wieder aufzubauen.

Gene und Psyche

Neben Antibiotika spielen auch die Gene eine Rolle bei der Entstehung von Vaginalinfekten. Weiters gelten auch psychische Faktoren wie Stress als (Mit)-­ Auslöser. Entspannungstechniken wie Meditation können dabei helfen, Stress zu reduzieren. Auch ein geschwächtes Immunsystem gilt als Risikofaktor, weil in der Folge der Organismus weniger gut vor Erregern geschützt ist. Die Abwehr stärkt man am besten mit einem gesunden Lebensstil: Mit viel Bewegung an frischer Luft, ausreichend Ruhe, guter Ernährung. „Und im Erkrankungsfall wird das Immunsystem am besten durch eine adäquate Therapie unterstützt“, ergänzt Witt.   

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Achten Sie auf die richtige Pflege!
So bleibt die Vagina gesund

Weil es im Scheidenbereich warm und feucht ist, siedeln sich Pilze oder Bakterien hier besonders gerne an. So schützen Sie den Vaginalbereich vor diversen Erregern:

  • Bevorzugen Sie Unterwäsche aus Baumwolle.  
  • Verwenden Sie bei trockener Scheide Binden statt Tampons.
  • Wenn Sie Tampons verwenden, wechseln Sie diese alle zwei bis drei Stunden.
  • Übertreiben Sie es nicht mit der Intimhygiene, verzichten Sie auf Intimdeos und Feuchttücher!

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Früher gefürchtet, heute unterschätzt:
Tripper & Syphilis

Die Geschlechtskrankheiten Gonorrhoe (Tripper) und Lues (Syphilis) werden durch Bakterien verursacht und bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr übertragen. Die Erkrankungen wurden in den vergangenen Jahren seltener und sind deshalb in unseren Breiten zunehmend aus dem Bewusstsein gerückt. Jetzt sind diese allerdings wieder auf dem Vormarsch.
78 Millionen Menschen erkranken weltweit jedes Jahr  an Gonorrhoe. Zuletzt warnte die WHO sogar vor „Gonorrhoe-Superkeimen“: Diese sind gegen jedes Antibiotikum resistent.

Buchtipp:

Witt
Intim. Endlich fit im Schritt – der moderne Ratgeber für die moderne Frau bei Vaginalinfektionen
ISBN 978-3-85093-371-1
188 Seiten, € 17,50
Verlag Berenkamp

Stand 09/2017

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