Aufmarsch der Milben

Oktober 2018 | Leben & Arbeiten

Bis zu zwei Millionen Hausstaubmilben bevölkern eine Matratze. Vor allem im Kot der ungebetenen Gäste sind zahlreiche Allergene enthalten, die manchen Probleme bereiten.
 
– Von Mag. Sylvia Neubauer

Martin klagt seit geraumer Zeit über gerötete Augen und eine verlegte Nase. Die Crux dabei: Der Schnupfen will einfach nicht vergehen. Und damit wird die Schnupfennase auch für den Allergologen interessant. „Zu den typischen Beschwerden einer Hausstaubmilbenallergie gehören eine verstopfte oder rinnende Nase und Niesreiz, insbesondere nachts oder in der Früh beim Aufstehen“, weiß Dr. Fritz Horak, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde mit Schwerpunkt Lungenerkrankungen. Tückisch: Bleibt die allergische Reaktion – als harmlose Verkühlung abgetan – unbehandelt, birgt sie ein hohes Potenzial für Asthma. „Bei Erkältungsbeschwerden, die länger als zwei bis drei Wochen andauern und öfter im Jahr auftreten, unbedingt auch an eine Allergie denken“, so der ärztliche Leiter des Allergiezentrums Wien West und empfiehlt „zur Abklärung zum Arzt zu gehen.“

Schritt 1:
Den Milben auf der Spur

Beim Pricktest wird das Allergen in Form einer Testlösung auf die Haut getropft. Rötet sich die in diesem Bereich angeritzte Stelle und kommt es zur Quaddelbildung, liegt zumindest eine Sensibilisierung vor. „Meist wird zusätzlich oder ergänzend ein Bluttest zum Nachweis spezifischer Antikörper der Gruppe IgE gegen bestimmte Hausstaubmilben-Typen durchgeführt“, meint der Arzt und nennt eine weitere diagnostische Methode, die vor allem bei unklaren Befunden zum Einsatz kommt:
„Zusätzlich kann noch eine Provokationstestung der Nase oder der Augen erfolgen.“ Kleine, direkt auf die Schleimhäute aufgetragene Mengen des Allergens lösen bei einer Allergie entsprechende Reaktionen aus.

Schritt 2:
Hilfe für das Immunsystem

Die Behandlung der Hausstaubmilbenallergie stützt sich im Wesentlichen auf drei Säulen. Sie umfassen:

  • Symptome bekämpfen: Medikamente mit antientzündlichen und antiallergischen Eigenschaften lindern die Beschwerden. Antihistaminika blockieren etwa die Freisetzung des Botenstoffs Histamin, der für die allergische Sofortreaktion verantwortlich ist. Bei stärkeren Beschwerden kommen nasale Steroide (= Kortison) oder lokale Antihistaminika, die direkt in der Nase oder den Augen wirken, zum Einsatz.
  • Ursachen lokalisieren: Die Hyposensibilisierung ist das einzige Therapieverfahren, das direkt an der Ursache ansetzt. Durch regelmäßige Gabe steigender Dosen des Allergens lernt das Immunsystem den „Fremdkörper“ als ungefährlich einzustufen. Neben der „Allergie-Impfung“ unter die Haut ist auch eine „Milben-Tablette“ erhältlich, bei der die Allergene täglich über die Mundschleimhaut aufgenommen werden und beim Immunsystem eine Toleranz erzeugen. „Es gibt Hinweise dafür, dass die Rate von Neusensibilisierungen unter einer spezifischen Immuntherapie niedriger ist und manchmal auch Asthma verhindert oder zumindest verzögert werden kann“, nennt der Facharzt einen positiven Nebeneffekt der Hyposensibilisierung.
  • Allergene verringern: Zu den wichtigsten Behandlungsmaßnahmen zählt jedoch die Reduktion der Milbenanzahl in Matratzen und Teppichen. Dadurch verringert sich naturgemäß auch der Allergenkontakt.
  • „Gerade bei der Milbenallergie sind verschiedene Sanierungsmaßnahmen sinnvoll und zielversprechend“, weiß Allergiespezialist Horak und rät zu einer „Kombination aus mehreren Maßnahmen“:

Schritt 3:
Maßnahmen setzen

  • Im Schlafzimmer liegt die ideale Raumtemperatur bei etwa 18 Grad. Die Schlafräume trocken und kühl halten. Mehrmaliges Stoßlüften reduziert die Luftfeuchtigkeit.
  • Textile Materialien wie Decken und Pölster mit mindestens 60 Grad waschen, wenn möglich in den Wäschetrockner geben.
  • Matratzen und Bettwäsche gut belüften, mit einem Spezialbezug beziehen, der keine Milbenallergene durchlässt. Bei ärztlicher Verordnung übernimmt die Krankenkasse in den meisten Fällen die Kosten für diese Maßnahme.
  • Staubsauger mit einem speziellen Staubfilter (HEPA-Filter) ausstatten.
  • Milbenpartikel lassen sich durch normales Saugen aus Teppichen kaum entfernen. Glatte Böden aus Holz, Fließen oder Linoleum sind die bessere Alternative, diese regelmäßig saugen und feucht wischen.
  • Potenzielle Staubfänger wie Bücher und Vorhänge entfernen.
  • Bei Allergikern: Kuscheltiere mindestens 24 Stunden einfrieren, danach waschen.
  • Manchmal kann die Anwendung von Akariziden, sprich von Mitteln mit milbenabtötender Wirkung sinnvoll sein, wenn ein Textil- oder Möbelstück nicht gewaschen werden kann.


Das Prinzip der Immuntherapie

Die spezifische Immuntherapie unterstützt das Immunsystem, sich gegen das Allergen zu wappnen. „Bei einer spezifischen Immuntherapie (SIT) werden dem Körper und damit dem Immunsystem relativ hohe Dosen eines Allergens über einen längeren Zeitraum zugeführt. Dadurch kommt es über Ausbildung verschiedener Immunantworten zur Toleranzentwicklung“, sagt Horak. Bildhaft gesprochen verliert das Allergen seinen Schrecken. Das Immunsystem fühlt sich nicht mehr gezwungen, dieses zu bekriegen.

Zum Ablauf
Das Allergen wird regelmäßig, über mehrere Wochen hinweg in steigender Dosierung verabreicht. Ist die Maximaldosis erreicht, soll der zu erzielende Gewöhnungseffekt in einer Erhaltungsphase stabilisiert werden. Man unterscheidet zwischen der subkutanen Immuntherapie, bei der das Allergen unter die Haut gespritzt wird und der sublingualen Immuntherapie, bei der die Einnahme in Form von Tabletten oder Tropfen (oral) erfolgt.
Ganz allgemein kann eine Hyposensibilisierung bereits ab dem sechsten Lebensjahr stattfinden. Meist sind erste Effekte einer Hyposensibilisierung nach ein paar Monaten zu merken.


Warum aus einer Allergie Asthma wird

Spielt die Körperabwehr infolge der Hausstaubmilbenallergie erst einmal verrückt, kann es passieren, dass sie auch bei anderen Substanzen sprichwörtlich aus der Mücke einen Elefanten macht und auf neue Allergene wie Blütenpollen oder Tierhaare allergisch reagiert.
Die größere Gefahr liegt jedoch in der Etagen-Erweiterung, also in der Ausweitung der Symptome vom Hals- Nasen- Rachenbereich auf die Bronchien. Als Folge der Allergie entsteht so Asthma.
Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung erhöhen die Chance, beide Risiken zu minimieren.

 

Stand 10/2018

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