– Von Mag. Silvia Feffer-Holik
Das Heben eines leichten Sacks Erde verbunden mit einer Drehbewegung hat gereicht. Für einen Bandscheibenvorfall, der so massiv war, dass Dieter M. operiert werden musste. Nach dem Spitalsaufenthalt folgte die ambulante Physiotherapie – auch gegen das Taubheitsgefühl im rechten Oberschenkel und im linken Vorderfuss – und einige Wochen nach der Operation begann das schrittweise Aufbauen der Rückenmuskulatur. „Damit nicht in einem halben Jahr die nächste Bandscheibe dran ist, sollte ich unbedingt gezielte rückenstärkende Bewegung in den Alltag einbauen, abnehmen und mir bewusst werden, wie ich rückenschonender sitze und hebe. Das sind die Hauptgründe, warum mir schon der Arzt im Spital zu einer Reha in einer Klinik geraten hat“, erzählt der 46-jährige Linzer.
Mit Veränderungen umgehen
Nach schweren, oft unfallbedingten Operationen tauchen sehr schnell Zweifel auf: „Wie werde ich es schaffen, wieder auf die Beine zu kommen? Wie soll ich meinen Beruf weiter ausüben?“ Eine mehrwöchige stationäre medizinische Rehabilitation unterstützt dabei, möglichst ohne fremde Hilfe wieder ein eigenständiges Leben zu führen, Funktionsstörungen zu beseitigen bzw. zu verbessern und vor allem auch einem erneuten Notfall (wie etwa einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall) vorzubeugen.
Training während und nach der Reha
„Ein umfangreiches Therapieprogramm, erstellt von Ärzten, Therapeuten und Pflegekräften – das dann auch zu Hause weiter durchgeführt werden – fördert die individuellen Ressourcen des Patienten und verbessert damit seine Lebensqualität massiv“, erklärt dazu OA Dr. Peter Roitner vom Rehabilitationszentrum Austria Bad Schallerbach (OÖ).
In Österreich gibt es laut Hauptverband insgesamt 82 stationäre Rehabilitationseinrichtungen*, die Nachfrage nach medizinischer Rehabilitation steigt: Zwischen 2003 und 2014 haben sich die stationären Aufenthalte von rund 68.000 auf rund 133.000 nahezu verdoppelt.
Einsatzgebiete der Reha bei Erwachsenen sind etwa (Stand 2016):
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Neurologische Erkrankungen
- Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparats, Rheumatologie
- Erkrankungen der Atmungsorgane
- Stoffwechselsystem und Verdauungsapparat
- Krebserkrankungen
- Psychische Erkrankungen
Was bei der Reha passiert
Die Behandlungsmöglichkeiten sind vielfältig und von der Klinik bzw. der persönlichen Situation abhängig, wie auch die folgenden Anwendungsgebiete zeigen:
Reha bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Bei welchen Erkrankungen?
Herzkatheter-Eingriffe, Einsatz eines Stents oder eines Herzschrittmachers, Bypass- bzw. Herzklappen-Operationen, Herzinfarkt, chronische Herzschwäche, Gefäßerkrankungen…
Welche Therapien?
Wichtige „Therapiebausteine“ der Reha sind Herz-Kreislauf-Training (Fahrrad-Ergometertraining, Nordic-Walking, Mobilisationstraining), Krafttraining, Physiotherapie, Physikalische Therapie (wie z. B. Elektrotherapie, Massagen, Fango, Kryotherapie, Vierzellenbäder, Ultraschall, Lymphdrainage etc…).
Wichtig ist auch Gewichtsabnahme. Nach einiger Zeit kann man unter geschulter Anleitung auch mit Krafttraining beginnen.
Reha bei neurologischen Erkrankungen
Bei welchen Erkrankungen?
Schlaganfall, Hirnblutung, Multiple Sklerose, Parkinson, Gehirnoperation, gutartige Tumoren, Schädel-Hirn-Traumen, Bandscheibenvorfall, Entzündung des Rückenmarks, Polyneuropathien…
Welche Therapien?
„Das Gehirn ist nicht fix ‚verdrahtet‘, es bilden sich immer wieder neue Verbindungen zwischen Nervenzellen. Dieses Erlernen ist zentrales Thema der Rehabilitation, auch viele Jahren etwa nach einem Schlaganfall“, erklärt Prim. Dr. Christoph Stepan von der Rehaklinik Wien Baumgarten. Hilfreich ist dabei die motorische Therapie, die Bewegungsabläufe trainiert. Mithilfe der Sprach- und Sprechtherapie wird die Kommunikationsfähigkeit verbessert. Bei der kognitiven Therapie geht es um die Schulung von Aufmerksamkeit und des Gedächtnisses.
Elektrotherapie kann zur Verbesserung der Muskelfunktion, zur Schmerzbehandlung bzw. zur Aktivierung des zentralen Nervensystems eingesetzt werden.
Reha für den Bewegungsapparat/Rheuma
Bei welchen Erkrankungen?
Chronische Polyarthritis, Psoriasis Arthritis, Morbus Bechterew, Kollagenosen, schwere Arthrosen, Spondylosen, Osteoporose, Weichteilrheumatismus, Verletzungen wie Brüche im Bereich der Wirbelsäule und Becken, orthopädische Eingriffe (künstliche Gelenke)…
Welche Therapien?
Primäre Ziele sind die Wiederherstellung der Bewegungsfähigkeit bzw. die Linderung von Schmerzen.
Unterstützend wirken Massagetechniken und physikalische Maßnahmen wie Thermotherapie, Schwefelbad, Kälte-Wärmeanwendungen, Elektrotherapie, Hydrotherapie. Für den Bewegungsapparat sind u.a. Ganganalyse, Osteopathie, Chirotherapie und das Erlernen von hilfreichen Bewegungsabläufen für den Alltag hilfreich.
Reha bei Lungenerkrankungen
Bei welchen Erkrankungen?
Chronische Bronchitis, COPD, Emphysem, chronisches Asthma, Lungengerüst-Erkrankungen wie Lungenfibrose, Lungenhochdruck, verschiedene Operationen im Bereich des Brustkorbes und der Lunge, Mukoviszidose, Lungentransplantationen, Lungenembolie…
Welche Therapien?
Diese Reha findet oft auch ambulant statt, ein wesentlicher Teil ist das Bewegungstraining. „Leider ist die Annahme, dass Patienten mit Atemnot Anstrengung vermeiden sollten, immer noch weit verbreitet“, betont Dr. Ralf Harun Zwick, Ärztlicher Leiter der ambulanten pneumologischen Rehabilitation, Therme Wien Med. „Auch bei lungenkranken Menschen hat eine Kombination aus Ausdauer- und Krafttraining die meisten Effekte.“ Es wird dreimal wöchentlich die Ausdauer trainiert (20 bis 30 Minuten lang pro Einheit). Gut geeignet ist Gehen am Laufband. Mithilfe von Spezialgeräten lässt sich die Kraft der Lungenmuskulatur verbessern.
Reha bei Stoffwechselerkrankungen
Bei welchen Erkrankungen?
Chronische Magen-, Darm,- Leber- und Bauchspeicheldrüsenerkrankungen, Stoffwechselstörungen aufgrund von chronischer Fettleibigkeit (Adipositas), Diabetes…
Welche Therapien?
Therapieziele der Reha sind „eine Umstellung des Lebensstils, gesunde Ernährung, vermehrte körperliche Aktivität und Gewichtsreduktion – in Verbindung mit einer bedarfsgerechten Diabetes-spezifischen Therapie“, erklärt Prim. Priv. Doz. Dr. Andreas Tomaschitz, Ärztlicher Direktor des Klinikums Bad Gleichenberg (Stmk). Intensive Schulungen zeigen auch den richtigen Umgang mit Messgeräten (z.B. Blutzucker, Blutdruck).
Reha bei Krebserkrankungen
Bei welchen Erkrankungen?
Tumoroperationen bzw. nach Chemo-/ Radiotherapie, Metastasenbildung…
Welche Therapien?
„Ziel der Reha ist es u.a. Symptome, die mit der Erkrankung oder Therapie zusammenhängen wie Lymphödeme, Schmerzen, Erschöpfung und/oder Einschränkung der Leistungsfähigkeit, Ess- und Schluckstörungen oder auch depressive bzw. Angstsymptome mithilfe psychischer Unterstützung zu mindern“, erklärt Prim. Dr. Bruno Mähr, Therapiezentrum Rosalienhof, Bad Tatzmannsdorf (Bgld).
Reha bei psychiatrischen Erkrankungen
Bei welchen Erkrankungen?
Die stationäre psychiatrische Rehabilitation dauert wenigstens sechs Wochen und umfasst ein breites Krankheitsspektrum: Affektive Störungen wie Depressionen, Angsterkrankungen, Panikstörungen, Zwangserkrankungen, Persönlichkeitsstörungen, Schizophrenien in stabilem Zustand. Essstörungen sowie Suchterkrankungen wie Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit. „Wir behandeln außerdem Burnout- und Erschöpfungssyndrome sowie somatoforme Störungen“, ergänzt Prim. Dr. Hanspeter Stilling, medizinischer Leiter des Bereichs psychosoziale Rehabilitation im Gesundheitsresort Königsberg in Bad Schönau (NÖ).
Welche Therapien?
Ziel der psychiatrischen Rehabilitation ist die Wiederherstellung der psychischen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit. „Das geht oft mit einer Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit einher“, weiß Stilling. Zuweisen können niedergelassene Fachärzte wie Psychiater, Neurologen und Internisten mit Zusatzdiplom für psychosoziale oder psychosomatische Medizin, weiters Allgemeinmediziner und Spitalsärzte.
Das Gros der Patienten komme bereits mit einer vom Facharzt verschriebene Medikation. „Viele haben psychotherapeutische Begleitung in die Wege geleitet“, ergänzt Stilling.
Fragen & Antworten zur medizinischen Rehabilitation
Wie ist der Ablauf?
Die Rehabilitation trägt entscheidend zum Behandlungserfolg nach Operationen bei. Mit der Mobilisierung wird schon nach dem Eingriff begonnen, die Behandlungen in einer stationären Reha-Klinik können direkt an den Spitalsaufenthalt anschließen. Oft ist das aber nicht möglich, da der Betroffene so knapp nach einer Operation noch nicht belastbar ist und das Trainingsanbot in einer RehaKlinik nicht wirklich nützen kann. Eine gewisse Erholungsphase zu Hause z. B. zur Heilung von Narben und Knochen mit Unterstützung von ambulanter Physiotherapie macht vor einem mehrwöchigen Reha-Aufenthalt daher durchaus Sinn.
Wo kann man die Reha einreichen?
Maßnahmen der Rehabilitation werden nur aufgrund eines Antrages erbracht. Sobald der behandelnde Arzt im Spital oder der Fach- bzw. Hausarzt nach der Spitalsentlassung die nötigen medizinischen Maßnahmen verordnet und auf dem Antrag bestätigt hat, kann der Patient das Formular entweder beim Unfallversicherungsträger (z.B. AUVA), bei der Pensionsanstalt (z.B. PVA) oder bei seiner Krankenversicherung einreichen. Oder fallweise – wenn die stationäre Reha unmittelbar aufgrund der Schwere der Erkrankung nach dem Spitalsaufenthalt beginnt – übernimmt das auch das Krankenhaus.
Was kostet ein Reha-Aufenthalt?
Bei stationären Rehabilitationsaufenthalten ist pro Aufenthaltstag (maximal für 28 Tage) eine Zuzahlung zu leisten. Sie richtet sich nach dem monatlichen Bruttoeinkommen bzw. nach der Bruttopension (derzeit zwischen € 8,– bis maximal zirka € 20,– pro Tag). Keine Kosten entstehen bei Einkommen/Pensionen unter derzeit € 909,– brutto.
Welche Arten von Rehabilitation gibt es noch?
Während die medizinische Rehabilitation zum Ziel hat, nach Unfall oder Krankheit die körperliche oder psychische Leistungsfähigkeit wiederherzustellen, steht bei der beruflichen Reha die Förderung der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt im Vordergrund – sei es, dass der aktuelle Arbeitsplatz an die neue Situation angepasst wird oder eine Umschulung nötig ist.
Zu den Maßnahmen der sozialen Reha gehört auch die regelmäßige Betreuung infolge eines Unfalls oder Zuschüsse zur Adaptierung einer Wohnung (z.B. Einbau eines Aufzugs).
Webtipps
Welche Rehaklinik bei welcher Erkrankung? Einen guten Überblick liefert der Österreichische Rehabilitationskompass:www.rehakompass.at
(unter Rehaeinrichtungen)
Hilfe bei der Entwicklung beruflicher Perspektiven sowie Informationen über Förderungen und Kostenträger:www.fit2work.at
Broschüre
„Rat und Hilfe nach Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten“:www.auva.at
(unter Leistungen – Rehabilitation)
Stand 11/2018