Neustart nach Beziehungsaus

Juli 2018 | Partnerschaft & Sexualität

So kommen Sie gut durch die 4 Trennungsphasen

Es ist aus, und Sie wollen es nicht wahrhaben?
Was beim Neustart hilft.

– Von Mag. Sabine Stehrer

Phase 1 – Phase des Nicht-Wahrhaben-Wollens

„Das kann doch nicht wahr sein!“

„Was, du willst die Trennung? Das sagst du doch jetzt nur so, das kann doch nicht wahr sein!“ Sätze wie diese kennzeichnen klassischerweise Trennungssituationen. Damit beginnt auch die erste Trennungsphase, weiß die Wiener Lebens- und Sozialberaterin Mag. Gabriela Fischer, die auch als psychosoziale Expertin der Barbara Karlich-Show im ORF tätig ist. Auch wenn eine Trennung meist nicht aus heiterem Himmel kommt, sondern oft schon länger Probleme bestehen, wollen vor allem die Verlassenen die Entscheidung der Partner nicht gelten lassen. Fischer: „Das liegt daran, dass sie unter Schock stehen und hochgradig verzweifelt sind.“ Beim Partner mit dem Trennungswillen erzeugt die Aussprache zwar meist ein gewisses Gefühl der Befreiung. Aber auch ein schlechtes Gewissen, gepaart mit Mitleid und dem Bedürfnis, dem „Ex“ helfen zu wollen.

Was hilft?
Sich dessen bewusst werden, dass dies die erste Phase der Trennung ist, und es noch dauern wird, bis beim Verlassenen Schock und Verzweiflung sowie  beim Trennungswilligen schlechtes Gewissen und Mitleid abklingen. Möglichst rasch die räumliche Trennung vollziehen und den Kontakt zu der oder dem Ex so gut das geht meiden. Wenn bei anstehenden Erledigungen, wie beispielsweise dem Suchen einer neuen Wohnmöglichkeit oder der Ordnung finanzieller Angelegenheiten Hilfe benötigt wird, sollten die oder der Ex laut Fischer keinesfalls darum gebeten werden – am besten ist es, Profis zur Unterstützung heranzuziehen.

Phase 2 – Phase der aufbrechenden Gefühle

„Ich hasse dich und liebe dich.“

„Oft habe ich so eine Wut auf sie, und dann wieder bekomme ich wieder so eine Sehnsucht nach ihr.“ Solche Aussagen gegenüber Freunden und Verwandten sind typisch für die zweite Phase der Trennung – die Phase der aufbrechenden Gefühle, wie sie Fischer nennt. „Der Grund für das Wechselbad der Gefühle ist, dass in dieser Phase oft bekannt wird, wieso die Partnerin oder der Partner die Beziehung beendet hat“, erklärt sie.

Was hilft?
Der Partner, der das Beziehungsaus wollte, sollte die Gefühlsaufbrüche des Verlassenen ignorieren, da er andernfalls den Verlassenen in der Meinung bestärkt, dass noch Chancen auf einen Neuanfang bestehen – was die zweite Trennungsphase und den Trennungsschmerz unnötig verlängert. Tauchen beim Verlassenen Sehnsucht oder Hass auf, heißt es laut Fischer statt den oder die Ex damit zu konfrontieren, besser Freunde oder professionelle Berater um ein Gespräch zu bitten.

Phase 3 – Phase der Neuorientierung

„Ich denke mit Wehmut zurück, aber auch wieder nach vorn.“

„Ich habe immer noch eine Wut auf ihn, dann wieder Sehnsucht nach ihm, aber meine Gefühle sind nicht mehr so intensiv.“ Solche Sätze fallen häufig im Gespräch mit Verlassenen, die sich in der dritten Trennungsphase befinden, weiß Fischer. „Sie beginnen zu überlegen, was sie unternehmen könnten, ob es etwas Neues gibt, das ihnen Spaß machen könnte.“ Von diesen Gedanken ermutigt, setzen etliche auch gleich zumindest einen Teil des Plans um, fallen aber häufig wieder in die Verzweiflung zurück, da sie überall nur händchenhaltende Pärchen sehen.

Was hilft?
Gedanken an den Ex-Partner aktiv zu stoppen. Sich immer wieder vergegenwärtigen, dass das Leben vor ihm oder ihr auch nicht schlecht war, und dass es bald wieder wie früher sein wird. Ansonsten hilft laut Fischer abwarten, etwa so lang, bis die beste Freundin Zeit für einen gemeinsamen Wellnesstag hat oder der beste Freund für eine Bergtour. In solcher Zweisamkeit bleibt wenig Raum für den Rückblick in Wehmut und Unternehmungen ohne den oder die Ex werden sozusagen geübt.

Phase 4 – Phase des Neustarts

„Mir geht es wieder gut, und ich hätte gern einen neuen Partner.“

„Weißt du, ich fühle mich wieder richtig wohl in meiner Haut, eigentlich hätte ich auch gern wieder einen neuen Partner.“ Wenn Verlassene so etwas sagen und ihr Interesse am anderen Geschlecht wieder erwacht, hat die Phase des Neustarts angefangen, so Gabriela Fischer.

Was hilft?
Sich zu Beginn der Partnersuche überlegen, was einem wichtig ist: Wo möchte ich wohnen, was macht mir Spaß, will ich überhaupt eine Familie? Die oder der Gesuchte sollte laut Fischer die gleichen Lebensziele und ähnliche Bedürfnisse haben. Je ähnlicher der Partner ist – was die Attraktivität, den Bildungsgrad und die Art betrifft, wie er aufgewachsen ist, desto größer sind die Chancen auf eine dauerhafte, glückliche neue Beziehung.

Zahlen & Fakten

*   44 Ehen werden in Österreich pro Tag geschieden, ausgehend von 15.919 Scheidungen im Jahr, so die jüngsten Daten der Statistik Austria aus 2016.
*   In der Zeit zwischen dem fünften und achten Beziehungsjahr trennen sich die meisten Paare.
*   Das Jahr über betrachtet, kommt es nach dem gemeinsamen Sommerurlaub, in der Vorweihnachtszeit, nach Weihnachten und nach Ostern zu den meisten Trennungen.
*   52 Prozent der Scheidungen werden von Frauen eingereicht, 48 Prozent von Männern.
*   Häufige Trennungsgründe sind ein Seitensprung des Partners, die Tatsache, dass eigene Bedürfnisse nicht erfüllt werden, Konflikte wegen des Geldes oder der Kinder, Desinteresse eines oder beider Partner.

Interview
Krank nach dem Beziehungsaus:
„Am häufigsten sind Depressionen“

Univ. Prof. Dr. Stephan Doering, Leiter der Universitätsklinik für Psychoanlayse und Psychotherapie am Wiener AKH, im Interview mit MEDIZIN populär über die Fragen, zu welchen Krankheiten ein Beziehungsaus häufig führt und was hilft.

MEDIZIN populär
Herr Professor Döring, wie viele Menschen leiden nach einem Beziehungsaus so sehr, dass sie ärztliche Hilfe suchen?

Univ. Prof. Dr. Stephan Doering
Ich denke, nach einem Beziehungsaus leidet so gut wie jeder, und derjenige, der verlassen wird, wohl mehr als derjenige, der die Trennung wollte. Wie viele aber so sehr leiden, dass sie deswegen einen Arzt brauchen: Dazu gibt es wohl keine seriösen Daten. Aber ich kann sagen, dass viele der Patienten, die bei uns an der Universitätsklinik für Psychoanalyse und Psychotherapie am Wiener AKH Hilfe suchen, nach einer Trennung zu uns kommen.

Wie helfen Sie?
Vielen ist schon geholfen, wenn ihnen gesagt wird, dass eine Trennung immer ein großer Stressfaktor und ein belastendes Lebensereignis ist. Dass es normal und ein Zeichen von Gesundheit ist, Liebeskummer zu haben. Dass sie sich darauf einlassen sollen, und dass es eine Zeit lang dauern wird, bis diese Mischung aus Schmerz und Trauer verarbeitet ist und vergeht.

Aber das hilft nicht allen?
Nein. Menschen, die als Kind die Trennung der Eltern miterlebt haben, leiden zum Beispiel besonders stark, wenn eine Beziehung zu Ende gegangen ist. Auch Menschen, die andere Verlusterfahrungen hinter sich haben wie den Tod Nahestehender, leiden sehr. Außerdem sind Menschen mit einer Anlage für eine Erkrankung an einer Depression gefährdet: Trauer und Schmerz nach einer Trennung gehen bei ihnen oft in eine Depression über. Wobei Depressionen generell die häufigste krankhafte Folge einer Trennung sind.

Woran ist erkennbar, ob es sich bei Trauer und Schmerz nach einer Trennung nicht mehr um normalen – und wie Sie sagen an sich gesunden – Liebeskummer handelt, sondern bereits um eine Depression, die ärztlich behandelt gehört?
Wenn jemand beispielsweise merkt, dass sein Selbstwertgefühl gestört ist, er sich nur noch durch die Tage quält, gedrückter Stimmung ist, alles schwarz sieht, keine Perspektive mehr für sich hat oder der Gedanke aufgetaucht ist, sich das Leben zu nehmen, ist die Trauer sehr wahrscheinlich in eine Depression übergegangen. Diese wird mit einer Psychotherapie in Form von Gesprächen und in schwereren Fällen zusätzlich mit Medikamenten, Antidepressiva, behandelt.

Kann eine Trennung auch andere psychische Erkrankungen auslösen?
Da eine Trennung ein großer Stressfaktor ist, kann fast jede psychische Erkrankung dadurch ausgelöst werden, von einer Angsterkrankung bis hin zur Schizophrenie, wenn die Anlage dafür vorhanden ist. Ist jemand bereits erkrankt, steigt bei einer Trennung das Risiko für eine Verschlimmerung oder einen Krankheitsschub.

Wie verhält es sich mit körperlichen Krankheiten?
Genauso. Leidet jemand bereits an einer chronischen Erkrankung, insbesondere an einer, an der das Immunsystem beteiligt ist, wie beispielsweise Asthma oder Neurodermitis, verschlimmert sich diese durch den Stress bei einer Trennung meist. Hat jemand die Anlage für eine solche Krankheit, tritt sie in der Trennungssituation häufig erstmals auf. Und ist ein Mensch besonders anfällig für andere körperliche Krankheiten wie Magen-Darm-Probleme, Kreuzschmerzen, Kopfschmerzen, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass durch die Trennung psychosomatisch bedingt genau diese Beschwerden ausgelöst werden.

Eine Schmerztablette zu nehmen reicht dann aber nicht?
Bei psychosomatischen Beschwerden ist neben der Behandlung der Grunderkrankung immer auch eine Psychotherapie nötig.

Buch
TIPP

Friehs

Aus. Vorbei. Was nun?
Bewältigungsstrategien bei Trennung
ISBN 978-3-99052-110-6
148 Seiten, € 14,90
Verlagshaus der Ärzte 2015

©iStock/Prostock-Studio

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