Genug Eisen?

August 2019 | Ernährung & Genuss

Sie fühlen sich häufig schlapp, sind bisweilen schwindelig?
 
– Von Mag. Helga Schimmer

Es kann daran liegen, dass Sie zu wenig Eisen aufnehmen. Eisenmangel ist häufig, er macht unterschiedliche Beschwerden. „Ein Eisenmangel kann in allen Altersgruppen, vom Embryo bis zum Greis, vorkommen“, sagt Dr. Susanne Simon-Ecker, Oberärztin an der Wiener Privatklinik Confraternität. „Er äußert sich meist durch uncharakteristische Symptome wie Müdigkeit, Mat­tigkeit, Schwindel, Herzklopfen, Herzrasen und Atemnot.“

Bei Frauen häufiger

Etliche Betroffene ahnen nichts von ihrem Defizit, da es sich oft schleichend einstellt. Sie gewöhnen sich an ihre Energie- und Antriebslosigkeit und „schleppen“ sich förmlich durchs Leben. Frauen trifft es häufiger: Etwa jede fünfte Österreicherin leidet an einem Eisenmangel – meist ohne es zu wissen.

„Durch die Regelblutung verliert jede Frau bis zur Menopause monatlich 50 bis 80 Milliliter Blut. Das entspricht mindestens 25 Milligramm Eisen“, rechnet Simon-Ecker vor. Weil der Tagesbedarf bei zehn bis 15 Milligramm liegt, er sich in der Schwangerschaft sowie Stillzeit merklich erhöht und Frauen zudem eher zu einer fleischarmen bzw. fleischlosen Ernährung tendieren, entleeren sich die Eisenspeicher des weiblichen Organismus leichter bzw. werden nur ungenügend wieder aufgefüllt.
 „Eisen aus tierischen Lebensmitteln wie Fleisch wird viel schneller durch die Darmwand ins Blut aufgenommen als Eisen aus pflanzlichen Nahrungsmitteln“, erklärt die Expertin. Zwar recycelt der Körper in komplexen Kreisläufen täglich zirka fünf Milligramm Eisen aus alten Zellbestandteilen. Aber bei ungenügender Eisenaufnahme durch die Ernährung kann der Verlust bei Weitem nicht wettgemacht werden.
Also jeden Tag ein Steak essen?„Nein, das nicht. Ich rate aber Veganerinnen zu einer er­näh­rungswissenschaftlichen Beratung, insbesondere vor einer geplanten Schwangerschaft. Denn ein Eisenmangel, der in eine Anämie, eine verminderte Konzentration des Blutfarbstoffes Hämoglobin, führt, kann Mutter und Kind schwe­ren Schaden zufügen“, betont die Medizinerin.‘

Spezielle Blutwerte

Eine solche „Blutarmut“ ist freilich nur die Spitze des Eisberges. Viel früher und häufiger stellt sich ein Eisenmangel innerhalb der Zellen ein. Um ihn zu diagnostizieren, reicht ein einfaches Blutbild jedoch nicht aus. „Allein den Eisengehalt im Serum festzustellen, ist ein viel zu unspezifischer Parameter. Wesentlich aussagekräftiger ist der Speichereisenwert, das Ferritin“, weiß Simon-Ecker. Dabei handelt es sich um einen Proteinkomplex, der sich beim Menschen haupt­sächlich in Leber, Milz und Knochenmark findet.
Die Internistin veranschaulicht mit einem Vergleich: „Das Eisen im Serum ist wie das Bargeld in der Brieftasche: Seine Menge schwankt täglich und lässt nicht wirklich Rückschlüsse auf die Finanzen einer Person zu. Viel besser gelingt das mit dem Kontostand auf der Bank, im Fall von Eisen: dem Ferritin.“
Weil im Körper ablaufende Entzündungsprozesse die Eisenwerte verfälschen können, sollte bei der Diagnosestellung immer auch das sogenannte C-reaktive Protein bestimmt werden. „Mithilfe dieses CRP-Wertes erkennt der Arzt, ob eine Entzündung vorliegt. Sie kann einen scheinbar normalen Ferritin-Wert vortäuschen, obwohl die Eisenspeicher leer sind“, erläutert Susanne Simon-Ecker die komplizierten Zusammenhänge. Das Transferrin wiederum ist ein Transportprotein, das das Eisen durch die Blutbahn in die Zellen schleust. Eine zu niedrige Transferrinsättigung zeigt an, dass dem Körper zu wenig Eisen zur Verfügung steht, wobei auch dieser Wert durch die Entzündungswerte beeinflusst wird.

Tabletten oder Infusionen

So knifflig wie die Diagnose des Eisenmangels ist auch seine Therapie. Zum Auffüllen der leeren Eisenspeicher stehen Tabletten zum Schlu­cken zur Verfügung. Klingt simpel, hat aber einen Haken: Die meisten Menschen vertragen diese Präparate, die auf nüchternen Magen eingenommen werden müssen, schlecht. Übelkeit, Brechreiz, Durchfall, Verstopfung und Zahnverfärbungen sind mögliche Nebenwirkungen. „Als besser verträglich haben sich bestimmte Nahrungsergänzungsmittel erwiesen, die in Apotheken erhältlich sind“, zeigt die Expertin eine Alternative zu herkömmlichen Medikamenten auf.
Eine andere Therapieoption sind Eiseninfusionen. „Sie gehören in die Hände erfahrener Ärzte, da dabei mitunter gefährliche Unverträglichkeitsreaktionen auftreten können“, warnt Simon-Ecker. „In der Vergangenheit ist es dabei gelegentlich zu allergischen Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock gekommen. Schuld daran waren bestimmte, die Eisenteilchen umschließenden Hüllpartikel, die in Österreich aber nicht mehr erhältlich sind und durch besser verträgliche Zuckerverbindungen ersetzt wurden.“ Zur Sicherheit sollten Patienten sich Eiseninfusionen nur unter ärztlicher Aufsicht verabreichen lassen. Um die Depots wieder aufzufüllen, sind ein bis zwei Behandlungen im Abstand von ein bis mehreren Wochen nötig.

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Richtige Ernährung gegen Eisenmangel

Ass. Prof. Dr. Petra Rust, Ernährungswissenschafterin am Department für Ernährungswissenschaften der Universität Wien, im Interview.

MEDIZIN populär
Mit welchen Nahrungsmitteln lässt sich ­einem Eisenmangel ­gezielt vorbeugen?

Ass. Prof. Dr. Petra Rust
Zur Eisenversorgung tragen in erster Linie Fleisch, Innereien, ­Getreideprodukte und Blattgemüse bei. Konkret finden sich hohe Gehalte an Eisen (über 7 mg/100 g) in Schweine-, Rinds- und Kalbsleber, Zartbitterschokolade und Sesamsamen. Mittlere Eisengehalte (unter 7 mg/100 g) weisen gegartes Rindfleisch, Leberwurst, Haferflocken, Nüsse, Vollkornbrot und Feldsalat auf.

Welche anderen Faktoren begünstigen die Eisenaufnahme?
Stoffe wie Vitamin C, Zitronensäure und Proteine aus Fleisch und Fisch fördern die Aufnahme von Eisen. Es ist also eine gute Idee, eine eisenhaltige Mahlzeit mit einem Glas Orangensaft zu kombinieren.

Gibt es auch Nahrungsmittelbestandteile, die die Eisenaufnahme hemmen?
Kleieprodukte, Tannine in schwarzem und grünem Tee oder Chlorogensäure im Kaffee. Auch Kalzium sowie einige in Soja, Milch und Ei enthaltene Proteine und die vielen Fertigprodukten zugesetzten Phosphate drosseln die Aufnahme von Eisen durch die Darmwand.

Wie können Vegetarier und Veganer einen Eisenmangel verhindern?
Vegetarier, ausgenommen Säuglinge, können etwa durch Konsum von Eiern und Hartkäse ihre Eisendepots füllen. Veganern rate ich unter anderem, in Getreideprodukten durch Fermentieren oder langes Wässern das Enzym Phytase zu aktivieren und damit die Verfügbarkeit von Eisen zu verbessern. Blattsalate mit Zitronensaft marinieren und Getreideaufläufe mit Vitamin-C-reichem Gemüse kombinieren.

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Stand 09/2019

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