Sport trotz Allergie

März 2019 | Fitness & Entspannung

Wer auf Erle, Birke und Gräser allergisch reagiert, muss sich in der Pollensaison nicht zu Hause verstecken.
 
– Von Mag. Wolfgang Bauer

Früher hat man Heuschnupfenpatienten nahe gelegt, in der Pollensaison auf Sport im Freien zu verzichten. Ja, in vielen Fällen wurde auch von Hallensport abgeraten, um den von der Allergie geschwächten Organismus nicht noch zusätzlich zu belasten. Heute wird Sport zunehmend als Gesundbrunnen betrachtet, der dem Körper guttut und ihn stärkt. „Wir wissen, dass Menschen, die regelmäßig sportlich aktiv sind, generell gesünder und widerstandsfähiger sind und weniger Medikamente benötigen als Inaktive“, sagt Dr. Lukas Grafenauer, Facharzt für Lungenheilkunde sowie Sportarzt in Korneuburg. Das gilt auch für Pollenallergiker sowie für Patienten, die unter allergischem Asthma leiden, also unter einer Entzündung der Atemwege. Sie wird durch Blütenstaub ausgelöst und führt zu Symptomen wie Atemnot, Engegefühl in der Brust oder Hustenanfällen. Auch diese Personen sind besser dran, wenn sie Sport betreiben, sie benötigen weniger antiallergische und Asthma-Medikamente.

Risiko abwägen

Freilich gilt: wer Sport betreibt und sich anstrengt, atmet mehr Sauerstoff und dadurch auch mehr Blütenstaub ein als in Ruhe. Wodurch bereits bei mäßiger Pollenbelastung eine starke allergische Reaktion auftreten kann. Auf der anderen Seite bewirkt das verstärkte Atmen bei Anstrengung eine Vergrößerung des Lungenvolumens und eine Erweiterung der Bronchien – ein wichtiger positiver Effekt etwa für Asthmatiker. Sportbegeisterte Allergiker und Asthmatiker sollten daher zusammen mit ihrem behandelnden Arzt genau abwägen, wie sie in der Zeit des Pollenflugs ihre sportlichen Aktivitäten gestalten, um möglichst großen Nutzen daraus zu ziehen, empfiehlt Lukas Grafenauer.

Drei Aspekte sind seiner Ansicht nach besonders wichtig:

1. Sport zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Allergen-Vermeidung lautet die Devise. Das gelingt recht einfach, indem man Sport nach drinnen verlegt, also in ein Fitnessstudio, in ein Hallenbad, eine Tennishalle, auf den Hometrainer etc. Wer Sport trotz Pollenflugs lieber im Freien betreiben möchte, sollte sich für diese Zwecke eine Tageszeit mit geringerer Belastung aussuchen, empfiehlt die Biologin Dr. Katharina Bastl vom Pollenwarndienst der MedUni Wien: „Die Belastung durch Pollen variiert innerhalb eines Tages, und das mitunter sehr stark. Allerdings gibt es keine Faustregel, die den optimalen Zeitpunkt für einen Aufenthalt im Freien angibt. Vielmehr berechnen wir vom Pollenwarndienst täglich neu das Allergierisiko bzw. das Ausmaß der Belastung für jede Region Österreichs“. Die entsprechenden Infos finden Sie im „webtipp“ bzw. „apptipp“ unten.
Eine bewährte Strategie zur Allergen-Vermeidung besteht darin, während der Zeit der Belastung auf Urlaub zu gehen, in Regionen ohne Belastung. Wie es um den aktuellen Pollenflug in den verschiedenen Regionen Europas steht, erfährt man ebenfalls auf der genannten Webseite.

Außerdem empfiehlt Katharina Bastl sportlichen Allergikern:

 

  • Den Blütenstaub von den Schleimhäuten der Augen und der Nase fernhalten. Das gelingt, wenn man während des Sports eine Kopfbedeckung, eine Schutzmaske oder Sonnenbrillen trägt.
  • Vaseline in der Nase verhindert, dass Blütenstaub die Schleimhäute reizt.
  • Grundsätzlich keinen Alkohol trinken, nicht rauchen. Alkohol und Nikotin erweitern die Blutgefäße, Allergene können leichter in Kontakt mit dem Immunsystem treten.
  • Viel Wasser trinken, denn Wasser hält die Schleimhäute feucht. Das macht sie weniger reizbar als im trockenen Zustand.
  • Sportbekleidung nicht im Schlafzimmer ablegen, da Blütenstaub dort verteilt wird.
  • Sportbekleidung, die gewaschen wurde, nicht im Freien trocknen. Pollen lagern sich leicht darauf ab.


2. Sport mit Hilfe von Medikamenten

„Die Beschwerden eines Heuschnupfens wie gerötete Augen, eine rinnende Nase oder Gaumenjucken kann man sehr gut mit Antihistaminika in den Griff bekommen. Diese Medikamente sind gut verträglich, machen nicht so müde wie die Arzneien vor Jahrzehnten und sind auch für Sportler gut geeignet“, sagt Lungenfacharzt Lukas Grafenauer. Medikamentös kann man auch direkt am Ort der Beschwerden eingreifen, etwa mit Hilfe von Nasensprays, Nasensalben oder Augentropfen. Antiallergische Arzneien werden im Allgemeinen von Heuschnupfenpatienten über mehrere Tage oder Wochen hindurch als Basistherapie eingenommen. Sie müssen vor einer Radtour oder einem Dauerlauf nicht zusätzlich verabreicht werden.
Allerdings können Patienten mit allergischem Asthma davon profitieren, wenn sie vor Beginn ihres Trainings ihren vertrauten Asthmaspray verwenden. Was immer mit dem behandelnden Hausarzt oder Lungenfacharzt abgesprochen werden sollte. „Es macht manchmal auch Sinn, dass während der Zeit der Pollenbelastung die Basistherapie für Asthmapatienten etwas hochgefahren wird, damit sie diese Zeit gut bewältigen und auch ihren sportlichen Aktivitäten optimal nachgehen können“, sagt Grafenauer. Was vor wenigen Jahrzehnten noch undenkbar schien, ist heute durchaus möglich: Patienten können in der Zeit der Pollenbelastung ihren Sport in vollen Zügen genießen, müssen sich nicht zurücknehmen, können sogar einen Marathon laufen. „Natürlich müssen sie gut trainiert und von ihrem Arzt medikamentös gut eingestellt sein“, so der Sportarzt.
Übrigens gibt es auf der Webseite des Pollenwarndienstes (siehe „web­tipp“ unten) eine eigene Prognose, was die Pollenbelastung am Tag des Vienna City Marathons betrifft, der am  7. April 2019 stattfinden wird.    ‘

3. Sport nach Beseitigung der Ursache

Die einzige Behandlung, die die Ursachen eines Heuschnupfens bekämpft, stellt die Immuntherapie dar. Vereinfacht gesagt geht es darum, dass derjenige Stoff, auf den der Organismus allergisch reagiert, über spezielle Tests ermittelt, danach über einen längeren Zeitraum in steigender Dosis verabreicht wird, bis dass sich der Patient daran gewöhnt hat. Das geschieht entweder in Form von Tabletten oder Tropfen bzw. einer Injektion unter die Haut des Oberarmes. Damit bekämpft man nicht nur die Ursache der Allergie, sondern man verhindert auch, dass die allergischen Reaktionen eine Etage tiefer gehen – in die Lunge. „Unbehandelter oder nicht ausreichend behandelter Heuschnupfen hat leider die Tendenz, auf die Lunge überzugehen und allergisches Asthma auszulösen. Das kann man mit der Immuntherapie verhindern. Sie ist deshalb für alle Allergiker wichtig, ob sie Sport betreiben oder nicht“, so Lungenfacharzt Lukas Grafenauer.

Wann ist Sport problematisch?

Von sportlichen Aktivitäten ist abzuraten, wenn Patienten mit allergischem Asthma einen Asthmaanfall (auch Asthmaepisode genannt) erlitten haben. Bis diese Entgleisung bzw. akute Verschlechterung der Beschwerden abgeklungen und der Patient wieder stabilisiert und gut eingestellt ist, können bis zu zwei Wochen vergehen. In dieser Zeit ist Schonung angesagt.


Was ist eine Pollenallergie?

Unter einer Pollenallergie versteht man eine überschießende Reaktion des Immunsystems auf die Eiweiße einer oder mehrerer Pollentypen (z. B. der Birke oder der Gräser). Der Körper reagiert auf die an und für sich harmlosen Stoffe mit einer Ausschüttung von Histamin. Dieses körpereigene Hormon führt im Überschuss zu einer Reizung der Augen, der Nasenschleimhaut und zu anderen Symptomen.

Apptipp:

IOS, Android
Pollen
Die App für Allergiker
Die Gratis-App des Pollenwarndienstes der MedUni Wien

 

Webtipp:
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www.pollenwarndienst.at

Aktuelle Werte zur Pollenbelastung in Ihrer Wohnumgebung

 

Stand 03/2019

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