Wenn der Cholesterinspiegel im Blut zu hoch ist, kann das gefährlich werden. Was droht, und wie sich die Werte senken lassen.
Von Mag.a Sabine Stehrer
Wann ist der Cholesterinwert zu hoch? Wenn er über 200 liegt, was bedeutet, dass sich mehr als 200 Milligramm Cholesterin in einem Deziliter Blut befinden. Und das ist der Weltgesundheitsorganisation WHO zufolge bei drei Millionen Österreicherinnen und Österreicher der Fall.
Jeder Dritte hat hierzulande also zu viel Cholesterin im Blut, und auch der durchschnittliche Gesamtcholesterinwert ist bekannt: Der liegt bei 235, und da kann es schon gefährlich werden. Denn lagert sich dann Cholesterin an den Blutgefäßwänden ab, kommt es in der Folge zu Atherosklerose, einer Veränderung der Gefäßwände, die im Volksmund Gefäßverkalkung genannt wird. Und wer sozusagen verkalkte Gefäße hat, dem drohen auch Gefäßverschlüsse und mit ihnen Schlaganfall und Herzinfarkt.
Nur wie kommt es überhaupt dazu, dass sich zu viel Cholesterin im Blut befindet? Und wann ist es ratsam, den Cholesterinspiegel medikamentös zu senken? Diese und weitere Fragen beantwortet im Folgenden Univ.-Prof. Dr. Hermann Toplak, Stoffwechselexperte an der Universitätsklinik für Innere Medizin der Medizinischen Universität Graz.
Warum gelten heute andere Cholesterinwerte als zu hoch als früher?
Noch vor fünfzig Jahren galt ein Gesamtcholesterinwert als zu hoch, wenn er über 260 lag, heute liegt die Grenze zwischen normal und zu hoch schon bei 200. „Wir wissen jetzt, dass die Werte, die früher als normal betrachtet wurden, nicht vorteilhaft für die Gesundheit sind, und dass tiefere Werte tatsächlich Vorteile bringen“, erklärt Hermann Toplak die Veränderung.
Dieses Wissen stammt vorwiegend aus Asien, wo Menschen einiger Länder einen Gesamtcholesterinwert von durchschnittlich 165 und deutlich seltener Atherosklerose haben, die Gefäßverkalkung mit Schlaganfall und Herzinfarkt als mögliche Folgen. Was laut Toplak inzwischen auch erkannt wurde: Menschen mit zu viel Cholesterin im Blut und weiteren Risiken für Gefäßverkalkung sollten einen Wert unter der 200er Grenze anstreben, je nach Anzahl und Art der Risiken auch einen Wert unter 70 bis zu unter 55.
Zu den Risiken zählen Übergewicht, Rauchen, Diabetes mellitus, ein bereits erlittener Schlaganfall oder Herzinfarkt und eine genetisch bedingte Hypercholesterinämie, also die ererbte Neigung zu hohen Cholesterinwerten.
Wieso haben wir Cholesterin im Blut?
Cholesterin, eigentlich kein Fett, sondern ein fettlösliches Molekül, das in Fett-Eiweiß-Partikel eingebunden ist, wird zum Großteil vom Körper produziert, so Toplak: „Zwei Drittel bis zu drei Viertel kommen aus der Leber.“
Cholesterin hat mehrere Funktionen. Es stabilisiert etwa die Körperzellwände. Auch ist es an der Hormonproduktion und der Herstellung von Gallensäure beteiligt, dient also der Fettverdauung, und es ist eine Vorstufe von Vitamin D, das wichtig für die Knochengesundheit ist. Nur ein Drittel bis ein Viertel des Gesamtcholesterins im Blut stammt aus der Nahrung und wird über den Darm aufgenommen.
Wodurch werden zu hohe Cholesterinwerte verursacht?
Zu den Hauptursachen für zu hohe Cholesterinwerte zählt Toplak zufolge das Essen von zu viel Fleisch, Wurst, Käse, Butter, Süßigkeiten, Knabbergebäck und Fertigprodukten, in denen viele gesättigte Fettsäuren und Transfettsäuren stecken. „Denn diese Fette regen die Biosynthese von Cholesterin in der Leber an, das heißt, die Leber produziert mehr Cholesterin.“
Bestimmte vererbte Faktoren haben einen ähnlichen Einfluss und können daher selbst bei fettarmer Ernährung zur genetisch bedingten Hypercholesterinämie führen, also zu ererbten hohen Cholesterinwerten. Solche haben nach Schätzungen zwischen 30.000 und 40.000 Österreicherinnen und Österreicher. Weitere Ursachen für einen zu hohen Cholesterinspiegel im Blut sind etwa übermäßiger Alkoholkonsum, Rauchen und Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Schilddrüsenfehlfunktionen.
Was hat es mit dem LDL/HDL-Quotienten auf sich?
„LDL“ steht für „Low-Density-Lipoprotein“ und ist dafür zuständig, Cholesterin von der Leber in die verschiedenen Organe zu transportieren, beziehungsweise in die dortigen Körperzellen. Können die Körperzellen kein Cholesterin mehr aufnehmen, steigt der LDL-Cholesterinspiegel im Blut an, und bleibt er hoch, wächst das Risiko für Atherosklerose, die Gefäßverkalkung mit einem Schlaganfall oder Herzinfarkt als mögliche Folgen.
„HDL“, das „High-Density-Lipoprotein“, transportiert überschüssiges Cholesterin ab. Hat jemand einen Gesamtcholesterinwert von 300 und einen HDL-Cholesterinwert von 75, wodurch sich ein relativ hoher LDL/HDL-Quotient von vier ergibt, bedeutet das aber nicht, dass er vor Gefäßverkalkungen, Schlaganfall und Herzinfarkt geschützt ist, sagt Toplak: „Wir wissen heute, dass das HDL ist nicht so protektiv ist, wie man früher glaubte.“
Auch sind die beispielhaft genannten Werte zwar real, kommen laut Toplak aber selten vor, denn nur wenige Menschen mit einem zu hohen Gesamtcholesterinwert haben hohe HDL-Cholesterinwerte.
Wann sollte der Cholesterinspiegel mit Medikamenten gesenkt werden?
Medikamentös und mit Statinen, die den Cholesterinspiegel senken, indem sie die Biosynthese des Cholesterins in der Leber hemmen, sollte der Cholesterinspiegel gesenkt werden, wenn mehrere Faktoren zusammenspielen, so Toplak: „Das können zum Beispiel ein zu hoher Gesamtcholesterinwert und Schlaganfälle oder Herzinfarkte in der Familie sein, da die familiäre Häufung auf eine genetisch bedingte Hypercholesterinämie hindeutet.“
Weitere Faktoren sind Übergewicht und eine Erkrankung an Diabetes mellitus Typ 2, die ja meist auf schlechte Ernährungsgewohnheiten zurückgehen, auch Rauchen, da es wie zu viel Cholesterin und Zucker im Blut die Gefäßwände schädigt. Für die Einnahme von Cholesterinsenkern sprechen weiters Veränderungen an Gefäßwänden, die durch verschiedene Untersuchungen entdeckt werden können. Dazu zählen eine Ultraschalluntersuchung der Halsschlagader und ein Belastungs-EKG sowie ein spezielles, strahlungsarmes Computertomografie-Verfahren, die Elektronenstrahltomografie.
Sie zeigt den sogenannten Agatston-Score oder Kalzium-Score an und ist Toplak zufolge die aussagekräftigste Untersuchung, da sie anders als das EKG oder der Halsschlagader-Ultraschall Auskunft über Veränderungen an Gefäßwänden im Herzen gibt, die auf Gefäßverkalkung hindeuten. Ist die Verkalkung bereits stärker ausgeprägt, kann es nötig sein, die Therapie mit weiteren Medikamenten zu kombinieren. Wie mit sogenannten PCSK9-Antikörpern, die injiziert werden. Oder auch mit Bempedoinsäure oder Nahrungsergänzungsmitteln, die roten Hefereis enthalten.
Haben die Medikamente Nebenwirkungen?
Statine verschreibt Toplak seinen Patient*innen seit 1988. In den 35 Jahren seither hat er die Erfahrung gemacht, dass diese Cholesterinsenker meistens gut vertragen werden, es aber ein paar wenige Patienten gibt, die sie nicht so gut vertragen. „Bei niedriger Dosierung der Statine haben fünf von tausend Patient*innen Beschwerden, bei höheren Dosen fünfzig von tausend“, nennt er die Dimensionen.
Als Nebenwirkungen wahrgenommen werden hauptsächlich Muskelschmerzen, auch Magen-Darm-Probleme und Hautausschläge. Bei einer Therapie mit PCSK9-Antikörpern und der Einnahme von Bempedoinsäure oder cholesterinsenkenden Nahrungsergänzungsmitteln treten die genannten Beschwerden ebenfalls auf, aber noch wesentlich seltener als bei der Behandlung mit Statinen.
Können die Medikamente irgenwann wieder abgesetzt werden?
Wer medikamentöse Cholesterinsenker wie die Statine absetzt oder keine cholesterinsenkenden Nahrungsergänzungsmittel mehr nimmt, wird laut Toplak zwar nicht sofort einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt erleiden. Doch das Risiko dafür wird mit dann wieder steigenden Cholesterinwerten größer.
Was hilft bei hohen Cholesterinwerten sonst noch?
Bei einem Gesamtcholesterinwert, der zwar zu hoch ist, aber noch unter 260 liegt, kann die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit rotem Hefereis, kombiniert mit einer Änderung verschiedener Lebensstilfaktoren ausreichen, um zu guten Werten zu kommen. Und allein der Umstieg auf ein Leben mit mehr Bewegung, ohne Rauchen, mit einem gemäßigten Alkoholkonsum und einer entsprechenden Ernährung, kann Toplak zufolge die Cholesterinwerte auch schon um immerhin fünfzehn Prozent sinken lassen.
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„Äpfel, Schnittlauch, Walnuss und keine harten Getränke“
Was bei zu hohen Cholesterinwerten gegessen und getrunken werden sollte und was nicht, erklärt im Folgenden die Salzburger Diätologin und Gastrosophin Maria Anna Benedikt MSc MAS.
Frau Benedikt, worauf soll man bei zu hohen Cholesterinwerten ernährungstechnisch achten?
In erster Linie einmal darauf, dass man sich ausgewogen, saisonal und regional ernährt, ausreichend Obst und Gemüse isst und sich auch viel bewegt. Eine gute Richtlinie dafür bietet zum Beispiel die Salzburger Ernährungspyramide.
Wie viel Gemüse soll man essen und welches?
Optimalerweise ist immer ungefähr die Hälfte des Tellers mit Gemüse befüllt, und zwar mit saisonalem und regionalem. Das wären jetzt im Juni zum Beispiel Brokkoli und viele andere Kohlarten, aber auch Feldsalat, Gurken oder Rettich. Tiefgekühltes ist aber auch gut. Besonders empfehlenswert sind außerdem Pilze, zum Beispiel Champignons.
Und Avocados?
Die Avocado wird immer gern empfohlen, da sie einen hohen Anteil an mehrfach ungesättigten und einfach ungesättigten Fettsäuren hat. Aus ökologischen Gründen rate ich aber vom Konsum von Avocados ab. Hochwertige Pflanzenöle, Olivenöl, Rapsöl, Walnussöl und Leinöl können sie gut ersetzen. Denn diese Öle enthalten alpha-Linolensäuren, die den Cholesterinspiegel positiv beeinflussen.
Gibt es unter den Obstsorten besonders empfehlenswerte?
Wenn man täglich zwei Äpfel isst, sinken das Gesamtcholesterin und der LDL-Cholesterinspiegel nachweislich. Das wird auf die Ballaststoffe in den Äpfeln zurückgeführt, also auf die unlösliche Zellulose und den löslichen Ballaststoff, das Pektin, und auch auf die Polyphenole, die in den Früchten stecken.
Wie wichtig sind die Ballaststoffe aus Vollkornprodukten?
Ballaststoffe sollten nie fehlen und Vollkornprodukte als Beilagen immer bevorzugt werden. Beta-Glucan, von dem zum Beispiel in Hafer und Gerste viel steckt, unterstützt die Senkung des LDL-Cholesterins. Genauso wie Pektin, das eben Äpfel oder auch Karotten reichlich enthalten. Guar in Guarkernmehl und Psyllium in der Flohsamenschale haben ebenfalls LDL-senkende Wirkung.
Wie sieht es mit tierischen Produkten aus?
Was Fleisch und Wurst anbelangt, sollte man magere Produkte aus der Region konsumieren, und das am besten nur zweimal pro Woche. Wegen der Nachhaltigkeit heißt es beim Fisch zu heimischem Fisch zu greifen. Und als Alternative zu tierischen Produkten eignen sich Hülsenfrüchte. Auch sie sind eine gute Eiweißquelle, schützen das Herz-Kreislauf-System und senken darüber hinaus noch das Gesamtcholesterin und die Triglyceride.
Welche Naschereien sind erlaubt?
Nüsse, insbesondere die Walnuss. Denn die hat einen besonders hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren, die den Cholesterinwert positiv beeinflussen.
Können das auch bestimmte Gewürze?
Schnittlauch und mediterrane Gewürze wie zum Beispiel Rosmarin können unterstützend gegen erhöhte Blutfettwerte wirken. Aber auch regelmäßiger Knoblauchkonsum vermindert hohe Gesamtcholesterin- und LDL-Werte, senkt auch die Triglyceride. Das liegt an dem schwefelhaltigen Pflanzenwirkstoff Allicin in Knoblauch. Allerdings ist bekannt, dass man durch die Einnahme von Knoblauchöl oder Knoblauchpulver als Nahrungsergänzung bessere Ergebnisse erzielt.
Roter Reis wird auch immer genannt?
Als Beilage oder für ein Reisgericht kann man roten Reis gut verwenden. Dieser Reis wird in der Camargue in Frankreich und in Italien angebaut, hat seine Farbe vom dort tonhaltigen Boden und ist sehr ballaststoff-, mineralstoff- und vitaminreich. Er hat aber nichts mit dem Rotschimmelreis zu tun, den man als Nahrungsergänzungsmittel kennt. Dieser Reis senkt Cholesterin, denn das darin enthaltene Monacolin K ist dem Wirkstoff gleichzusetzen, der sich in medikamentösen Cholesterinsenkern befindet.
Die Einnahme von Rotschimmelpilz kann aber die Wirkung von anderen Arzneimitteln beeinflussen. Ehe dieses Nahrungsergänzungsmittel genommen wird, sollte man daher unbedingt mit dem behandelnden Arzt darüber sprechen.
Was sollte man bei erhöhten Cholesterinwerten keinesfalls zu sich nehmen?
Alkohol hat eine sehr hohe Energiedichte und erhöht die Blutfettwerte. Daher heißt es: Keine harten Getränke! Was sonstigen Alkohol anbelangt, sollte man sich auf zehn bis zwölf Gramm pro Tag beschränken. Das entspricht in etwa der Menge von einem Achtel Wein oder einem Seidel Bier.
Wie lange dauert es, bis sich eine Ernährungsumstellung positiv auf die Cholesterinwerte auswirkt?
Das hängt von vielen Faktoren ab. Wie von der Art der Fettstoffwechselerkrankung und davon, ob jemand mit einem erhöhten LDL-Wert wirklich die Fettzufuhr modifiziert und mehrfach ungesättigte Fettsäuren zu sich nimmt. Oder davon, ob jemand bei einem niedrigen HDL-Wert sich, wie das dann empfohlen wird, auch mehr bewegt und gegebenenfalls auf Nikotin verzichtet.
Weitere Faktoren sind, ob jemand übergewichtig oder normalgewichtig ist, ob er oder sie Begleiterkrankungen hat, immer im Stress ist, und wie sein oder ihr Essverhalten aussieht. Da würde es sich übrigens günstig auswirken, regelmäßig drei Mahlzeiten am Tag zu sich zu nehmen.
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