Das körpereigene Abwehrsystem schützt uns vor unliebsamen Eindringlingen wie Krankheitserregern oder Schadstoffen. So stärken wir das Immunsystem und kommen gesund durch den Winter.
Von Jacqueline Kacetl
Unser Körper kommt ständig mit Viren, Bakterien, Keimen oder Parasiten in Kontakt. Um diese Angreifer von außen abzuwehren, brauchen wir ein schlagkräftiges Immunsystem. Immunzellen bekämpfen aber nicht nur Krankheitserreger, sie sind auch in anderen wichtigen Bereichen wie der Tumorüberwachung aktiv. Dazu gehört, entartete und geschädigte Zellen rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Allerdings tricksen manche Tumorzellen diese Überwachung aus, indem sie sich als normale Körperzellen tarnen. Neuere immunonkologische Therapien machen sich künstlich geschaffene Antikörper, sogenannte „Checkpoint-Inhibitoren“, zunutze, um das Immunsystem zu stimulieren und Krebszellen zu beseitigen.
Immunzentrale Darm
Der Darm spielt für das Immunsystem eine entscheidende Rolle. Rund siebzig Prozent aller Immunzellen befinden sich dort. In Form eines Immuntrainings wird hier zwischen harmlosen Keimen und Krankheitserregern unterschieden, um schädliche Einflüsse blitzschnell abzuwehren. Im unteren Verdauungstrakt, vor allem im Dickdarm, ist das Mikrobiom angesiedelt, das auch als Darmflora bezeichnet wird. Es setzt sich aus vielen Billionen Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen oder Viren zusammen und ist so individuell wie ein Fingerabdruck. Jeder Mensch hat eine eigene Darmbesiedlung, die das Immunsystem, die Verdauungsfunktion und die psychische Stabilität beeinflusst. Teile des Mikrobioms werden vererbt, wobei es selbst zwischen eineiigen Zwillingen große Unterschiede gibt.
Forschungsgebiet Mikrobiom
Das Mikrobiom ist in den letzten Jahren in den Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses gerückt. Obwohl die Mikrobiom-Forschung ein boomender Forschungsbereich ist, sind viele Bakterienarten und Bakterienstämme noch nicht erforscht. Fest steht, dass eine Vielfalt „guter“ Darmbakterien die Voraussetzung für ein gesundes Leben ist. Wenn dem Mikrobiom bestimmte Bakterienarten fehlen, ist es aus dem Gleichgewicht gekommen. Eine artenarme Darmflora wird mit Allergien, Übergewicht, Depression, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder neurologischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose oder Parkinson in Verbindung gebracht. Dabei ist noch ungeklärt, ob eine gestörte Darmflora Erkrankungen hervorruft oder sie eine Folge dieser ist.
Schädliche Einflüsse
Für die Gesundheit des Mikrobioms und ein starkes Immunsystem ist die Ernährung ein wichtiger Faktor. Studien zufolge wirken sich eine ballaststoffarme, zucker- und fettreiche Ernährung, der Verzehr von tierischem Protein sowie industriell verarbeiteten Lebensmitteln (wie Tiefkühlpizza, Instantsuppen oder Würstel) negativ auf das Darmmikrobiom und das Immunsystem aus. Empfohlen werden eine obst- und gemüsereiche Kost mit Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, Sauerkraut, Joghurt oder Buttermilch. Auch übermäßiger Alkoholkonsum und der Griff zur Zigarette schädigen das Immunsystem. Rauchen schwächt die Abwehrkräfte des Bronchialsystems, wodurch Bakterien und Viren leichter in den Körper eindringen können. Expertinnen und Experten zufolge erhöht sich die Immunabwehr schon ein bis neun Monate nach einem Rauchverzicht. Weiters nehmen Bewegungsmangel und das Schlafverhalten sowie psychische Aspekte wie Stimmung oder Stress Einfluss auf das Immunsystem.
Warnsignale beachten
Im Herbst und Winter zirkulieren viele Viren, die Atemwegsinfektionen wie Erkältungen oder Grippe auslösen und das Wohlbefinden vergällen. „In der Regel muss nicht bei jedem banalen Infekt eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden“, sagt die Allgemeinmedizinerin Dr. Birgit Brandner. „Wenn die Beschwerden aber längere Zeit andauern und sich verstärken, sollte man auf jeden Fall zur Ärztin oder zum Arzt. Das ist der Fall, wenn das Fieber über 39 Grad Celsius steigt und Symptome wie Atemnot, starke Kopfschmerzen oder Sehstörungen dazukommen.“ Hohes Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust seien gefährliche Warnsignale, erklärt Brandner: „Ein geschwächtes Immunsystem kann nicht nur mit einer erhöhten Infektanfälligkeit, sondern auch mit einem größeren Krebsrisiko einhergehen.“
Abwehrkräfte steigern
Um in der kalten Jahreszeit gesund zu bleiben, hat die Allgemeinmedizinerin folgende Tipps parat: „Es ist es ratsam, den ganzen Winter über Mikronährstoffe für das Immunsystem einzunehmen – am besten nach einer vorangegangenen Laboranalyse.“
Was kann man im Krankheitsfall tun? „Beginnende Infekte können mit einer Hochdosis Zink, Vitamin C, Vitamin D sowie der Aminosäure L-Lysin gut abgefangen und die Krankheitsdauer deutlich reduziert werden.“ Laut Ärztin
Brandner ist auch der Bakterienstamm Streptococcus salivarius K12 hilfreich. Das spezielle Bakterium kommt im Mundraum vor, unterstützt die Mund- und Rachenschleimhaut als Barriere gegen unerwünschte Keime und schützt vor Infektionen der oberen Atemwege. Bei wiederkehrenden Infekten eignet sich die Infusionstherapie mit hochkonzentrierten Wirkstoffen als vorbeugende Maßnahme. Auch bei akuten Infekten kann sie eingesetzt werden, sagt sie: „Die Therapie in Form von Infusionen ist noch effektiver und führt dazu, dass sich die Erkrankten rasch wieder besser fühlen.“
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