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Prostatakrebs: Womit Männer jetzt rechnen müssen

Fast 5000 Mal im Jahr und damit etwa 13 Mal pro Tag wird in Österreich die Diagnose Prostatakrebs gestellt. Der Tumor kann heute gut behandelt werden. Und doch quält die Betroffenen die Angst vor der Therapie und dem Leben danach. Womit Männer jetzt rechnen müssen – und dürfen.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Sie haben Prostatakrebs“: Mit dieser Diagnose müssen hierzulande jedes Jahr etwa 5000 Männer und damit zirka 13 am Tag fertig werden. Wie groß der Schock für die Betroffenen ist, weiß Prim. Univ. Prof. Dr. Stephan Madersbacher, Leiter der Abteilung für Urologie und Andrologie am Kaiser-Franz-Josef-Spital in Wien, nur zu gut. Und er weiß: „Vielen hilft es, zu erfahren, dass die häufigste Krebserkrankung der Männer heute gut behandelbar ist, und dass sich in den vergangenen fünf Jahren auch für Patienten mit einer fortgeschrittenen Erkrankung viel zum Besseren verändert hat.“

Beobachten statt behandeln?

An sich beginnen die Verbesserungen bereits bei der Diagnose: Zwar werden nach wie vor mehr als 90 Prozent der Krebserkrankungen allein durch PSA-Tests festgestellt, durch Blutproben also, bei denen der Anteil an Prostata­spezifischem Antigen (PSA) gemessen wird. Bei der Diagnose und nachfolgenden Kontrollen gewinnt jedoch laut Madersbacher ein bildgebendes Verfahren immer mehr an Bedeutung, die sogenannte Multiparameter-Magnetresonanztomografie.
„Wird der Krebs in einem sehr frühen Stadium entdeckt, kann es sein, dass man anders als früher zunächst auf eine Behandlung verzichtet und lediglich den Tumor beobachtet“, berichtet Stephan Madersbacher über eine weitere Neuerung, die auf der Erfahrung basiert, dass die Erkrankung lange Zeit stabil bleiben kann.

Operation, aber welche?

Treten die Krebszellen bereits gehäuft, aber nur in der Prostata auf, wird das Organ in den meisten Fällen operativ entfernt. Madersbacher: „Zur Wahl stehen heute vier Operationsmethoden.“ Bei der einen wird der Schnitt für die Entfernung im Bereich des Unterbauchs gesetzt, bei der anderen im Bereich des Damms, bei der dritten wird per Schlüssellochchirurgie gearbeitet, bei der vierten ein Roboter zu Hilfe genommen. Welche Methode gewählt wird, hängt im Wesentlichen davon ab, ob während der OP auch gleich die Lymphknoten auf Tumorzellen untersucht werden bzw. ob ein Roboter vorhanden ist. „Die Erfolgsquote der vier Methoden ist vergleichbar, sowohl was die Heilung, als auch was die Nebenwirkungen anbelangt“, erläutert Experte Madersbacher.

Und danach?

Harninkontinenz und Potenzstörungen – damit müssen leider nahezu alle Betroffenen in der Zeit nach der Operation rechnen. Beides dauert bei dem einen kürzer, bei dem anderen länger an. Dank der verbesserten Operationstechniken leiden mittlerweile aber deutlich weniger Männer über einen längeren Zeitraum als früher: So kann heute ein Jahr nach der Operation die große Mehrheit der Betroffenen den Harn wieder halten – wobei ein gezieltes Beckenbodentraining dabei hilft, schneller wieder dicht zu werden. Hält die Inkontinenz an und ist der Leidensdruck groß, helfen verschiedene operative Eingriffe. „Und Potenzstörungen lassen sich mit neuen Medikamenten sehr gut lindern“, macht Madersbacher Betroffenen Mut, sich ärztliche Hilfe zu holen.

Strahlentherapie als Alternative?

Eine Alternative zur Prostatakrebs-Operation sind verschiedene Techniken der Strahlentherapie, die vielen Patienten schonender erscheinen mögen. Doch auch diese Methoden können Inkontinenz und Potenzstörungen nach sich ziehen sowie verschiedene Blasen- und Darmerkrankungen als Nachwirkung haben. „Betroffene sollten sich ausführlich von ihrem Arzt beraten lassen. Sie haben viele Wochen Zeit, sich zu überlegen, welche Behandlung sie beanspruchen“, betont Madersbacher. Ob Strahlentherapie oder Operation: „Die ideale Behandlungsform ist die, die zum Patienten passt und auf seine Begleiterkrankungen und seine Lebensumstände abgestimmt ist.“

Was tun bei Metastasen?

Haben sich zum Zeitpunkt der Krebsdiagnose bereits Metastasen außerhalb der Prostata gebildet, was bei zehn bis 15 Prozent der Patienten der Fall ist, ist eine Heilung zwar nicht mehr möglich. Doch dank der seit vielen Jahrzehnten bewährten Hormontherapie, bei der dem Körper mit Medikamenten das männliche Sexualhormon Testosteron entzogen wird, kann die Erkrankung laut Madersbacher meist mehrere Jahre gut in Schach gehalten werden. Spricht ein Mann nicht auf die Hormontherapie an, bietet sich seit kurzem nicht mehr nur die Chemotherapie als letzte Option im Kampf gegen den Krebstod an. Madersbacher: „Für diese Patienten gibt es eine neue Behandlung in Form von Tabletten, die sehr gut verträglich sind und das Leben verlängern.“


Webtipp:

Selbsthilfe Prostatakrebs: www.prostatakrebse.at

Buchtipp:
Ponholzer, Madersbacher, Thalmann, Oelke, Wagenlehner
Prostata
ISBN 978-3-99052-016-1
124 Seiten, € 14,90
Verlagshaus der Ärzte 2012

Stand 3/2015

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