Hals, Nase, Ohren & Augen

Wenn sich alles dreht

Schwindel ist ein häufiges Symptom mit vielfältigen Ursachen, das für Betroffene sehr belastend sein kann. Oft sind Hals-Nasen-Ohren-Probleme dafür verantwortlich.

Der Begriff „Schwindel“ drückt sowohl eine Bewegungsillusion in Form eines Dreh-, Schwank- oder Liftgefühls als auch Benommenheit oder Gangunsicherheit aus. „Viele Schwindelerkrankungen sind im Bereich des Gleichgewichtsapparates angesiedelt, weshalb die HNO-Ärztin, der HNO-Arzt oft die erste Anlaufstelle ist“, erklärt Dr. Julian Panholzer, Assistenzarzt an der Abteilung für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten am Klinikum Wels-Grieskirchen.

Dr. Julian Panholzer „Viele Schwindelerkrankungen sind im Bereich des Gleichgewichts- apparates angesiedelt.“

Häufige HNO-bedingte Schwindelarten

Zu den häufigsten Schwindelarten zählt die Neuritis vestibularis – auch Vestibularisanfall genannt –, die sich durch einen heftigen Drehschwindel äußert. „Die genaue Ursache für einen Vestibularisanfall ist noch nicht vollständig geklärt. Vermutet wird, dass ein inaktives Virus, zum Beispiel ein Herpesvirus, durch Stress oder andere Faktoren reaktiviert wird. Dies führt zu einer Entzündung im Gleichgewichtsorgan bzw. des Gleichgewichtsnervs, die zum typischen, über Stunden bis Tage anhaltenden starken Drehschwindel führt“, erläutert Panholzer. „In der Regel klingen die Symptome nach ein bis vier Wochen wieder ab, die Patientin oder der Patient ist danach in den meisten Fällen wieder beschwerdefrei.“ In schweren Fällen ist eine stationäre Behandlung mit Cortison- und Physiotherapie notwendig. „Generell kann gesagt werden, dass Bewegung – sofern möglich, nach initialer Bettruhe – bei Schwindel besser ist, als sich hinzulegen und im Bett zu verweilen. Wenn man auf den Beinen ist, erfolgt die zentrale Kompensation deutlich schneller.“ Auch die chronische Erkrankung Morbus Menière verursacht wiederkehrende Schwindelattacken, Hörminderung und Tinnitus, betont Panholzer: „Die Ursache ist nicht vollständig geklärt, es dürfte sich jedoch um ein Flüssigkeitsungleichgewicht im Innenohr handeln. Die Behandlung zielt darauf ab, die Schwindelepisoden zu verkürzen und die Symptome zu lindern.“

Vitamin-D-Mangel?

Eine weitere häufige und meist harmlose Schwindelart ist der benigne paroxysmale Lagerungsschwindel (BPLS): „Hierbei lösen sich Kristalle, sogenannte Otolithen, im Innenohr und werden in die Bogengänge verschleppt, was zu einem kurzen, anfallsartigen Schwindel bei Lageänderung führt“, so Panholzer. „Mit speziellen Lagerungsübungen kann dieser Schwindel meist innerhalb weniger Tage vollständig behoben werden.“ Die Behandlung erfolgt in der Regel ambulant, wobei die HNO-Ärztin bzw. der HNO-Arzt die betroffenen Bogengänge identifiziert und entsprechende Übungen anleitet. Während eine eindeutige Ursache des BPLS meist ausbleibt, wurde ein Zusammenhang mit Vitamin D nachgewiesen. „Leidet man wiederholt unter Schwindelepisoden, ist es sinnvoll, den Vitamin-D-Spiegel abklären zu lassen und gegebenenfalls zu substituieren.“

Wann ärztliche Abklärung erforderlich ist

„Schwindel ist in den meisten Fällen unangenehm, aber harmlos“, betont Panholzer. „Jüngere, ansonsten gesunde Personen können vorerst Rücksprache mit ihrer Hausärztin, ihrem Hausarzt oder HNO-Fachärztinnen und -ärzten halten. Bei starkem, länger anhaltendem Schwindel oder zusätzlichen Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Gangunsicherheit oder neurologischen Problemen ist eine ärztliche Abklärung durch eine Notfallambulanz wichtig.“ Im Krankenhaus wird in einem ersten Schritt eine neurologische Untersuchung durchgeführt, um akute Risiken wie eine Gehirnblutung oder einen Schlaganfall auszuschließen. Anschließend folgen unter anderem HNO-spezifische Untersuchungen, darunter Anamnese, HNO-Status und gegebenenfalls bildgebende Diagnostik.

„Ein vielversprechendes Forschungsfeld im Bereich der HNO ist die Entwicklung von Vestibular-Implantaten, die ein beeinträchtigtes Gleichgewichtsorgan ersetzen sollen“, berichtet Panholzer. „Diese Technologie könnte in Zukunft vor allem älteren Menschen helfen, die ohne diagnostizierbare Ursache dauerhaft unter Schwindel leiden.“


Schwindel beim Liftfahren

Im Aufzug wird durch das Anfahren die Flüssigkeit in unseren Gleichgewichtsorganen in Bewegung gesetzt. Bleibt der Lift stehen, schwappt diese Flüssigkeit noch weiter. Erst mit einer Verzögerung realisiert der Körper, dass der Lift bereits steht. Somit verspürt man das Gefühl, noch einen kurzen Moment weiterzufahren, um dann plötzlich abzustoppen.

Ohr

Das Gleichgewichtsorgan

Das Gleichgewichtsorgan, ein Teil des Innenohrs, besteht aus den drei Bogengängen, die für die Wahrnehmung von Drehbewegungen verantwortlich sind, und den beiden Makulaorganen, die auf Linearbewegungen reagieren. Diese Organe senden Reize an das Gehirn, die unter Zusammenspiel anderer Sinnesorgane die Bewegungen des Körpers ausbalancieren.

Weitere Ursachen für schwindel

Neben HNO-bedingtem Schwindel gibt es zahlreiche andere Ursachen:

  • Internistisch: Blutdruckschwankungen, zu hoher oder zu niedriger Blutdruck
  • Neurologisch: Schädigungen im Kleinhirn, Schlaganfall oder Polyneuropathien
  • Orthopädisch: Erkrankungen der Wirbelsäule oder Verspannungen im Nacken
  • Psychiatrisch: Phobischer Schwankschwindel bei Angststörungen
  • Medikamentös: Nebenwirkungen von Medikamenten

Fotos: (c) klinikum wels-grieskirchen, istock: ruder design, rabbitteam

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