Gefahr Grüner Star

Juni 2013 | Medizin & Trends

Wie die Augenkrankheit erkannt und behandelt wird
 
Schon jetzt leiden 80.000 Menschen in Österreich an Grünem Star, und Experten warnen vor einem weiteren Anstieg. Die meisten Betroffenen wissen allerdings nichts von ihrer Augenkrankheit, da sie lange Zeit keine Beschwerden bereitet. Doch wird das gefährliche Leiden nicht rechtzeitig behandelt, kann es zur Erblindung führen.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Der Star mit seinem grün schimmernden Federkleid kann in vielen Teilen der Welt gesichtet werden, und vielleicht ist das mit ein Grund dafür, dass eine der weltweit häufigsten Augenerkrankungen den Namen des Vogels trägt. Gesichert sind andere Gemeinsamkeiten: Manche Erkrankte bekommen im Lauf der Zeit einen star(r)en Blick, und ihre Augen erscheinen grün. Die Verfärbung ist jedenfalls der Grund dafür, warum die Krankheit auch Glaukom genannt wird, was von „glaucos“ kommt, dem griechischen Wort für blaugrün.

40.000 wissen nichts davon

80.000 Österreicherinnen und Österreicher leiden schon jetzt an Grünem Star, und Experten warnen, dass die Zahl der Betroffenen in der nächsten Zeit weiter zunehmen wird. „Die Lebenserwartung steigt, und das Alter ist der Hauptrisikofaktor für die Entstehung des Glaukoms“, begründet
Dr. Anton Hommer, Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie in Wien sowie Vorstandsmitglied der Europäischen Glaukomgesellschaft, diese Annahme. Schon ab dem 40. Lebensjahr erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, zu erkranken, ab dem 50. Lebensjahr verdoppelt sie sich mit jedem Lebensjahrzehnt. Unter den Über-65-Jährigen sind dann schon sechs Prozent betroffen, und unter den Über-85-Jährigen ist es sogar jeder Zehnte.
Mehr als 90 Prozent davon leiden an der schleichenden Variante, dem sogenannten Offenwinkelglaukom, nur maximal zehn Prozent am akut auftretenden Winkelblockglaukom. Hommer: „Das Gefährliche am häufigen Offenwinkelglaukom ist, dass es lange Zeit keine Beschwerden verursacht und die Erkrankten daher nichts davon bemerken.“ Und so schätzen die Experten, dass hierzulande weitere 40.000 Menschen der Gefahr Grüner Star ausgesetzt sind, ohne es zu wissen.

Früherkennung wichtig

Doch unerkannt und unbehandelt führt der Grüne Star zu irreparablen Sehbehinderungen bis hin zur Erblindung. Immerhin 18 Prozent aller Erblindungen gehen laut WHO in Mitteleuropa und so auch in Österreich auf das Glaukom zurück. Damit ist der Grüne Star nach Netzhauterkrankungen die zweithäufigste Ursache dafür, dass jemand zumindest auf einem Auge nichts mehr sieht. 35.000 der diagnostizierten Glaukom-Patienten in Österreich sind bereits durch ein mehr oder weniger stark eingeschränktes Gesichtsfeld in ihrer Lebensqualität beeinträchtigt. „Viele tun sich bei Alltagserledigungen schwer, zum Beispiel, weil sie Gegenstände nicht mehr sofort sehen und finden können“, weiß Hommer. „Viele sollten kein Fahrzeug mehr steuern und müssen gut auf sich aufpassen, wenn sie als Fußgänger unterwegs sind.“ Die übrigen 45.000 Betroffenen hatten das Glück, dass die Krankheit früh diagnostiziert und rechtzeitig mit der Behandlung begonnen wurde. Hommer: „So lässt sich das Fortschreiten des Offenwinkelglaukoms stoppen, noch ehe sich Beschwerden zeigen.“

Einmal jährlich zum Glaukom-Check

Das Glück der Früherkennung gehört den Sorgsamen, die ein Auge auf ihre Augengesundheit haben. „Das Glaukom lässt sich nur bei einer Untersuchung durch einen Augenarzt frühzeitig erkennen“, so Hommer. „Ab dem Alter von 40 Jahren sollte deswegen jeder einmal im Jahr zur Augenuntersuchung gehen, bei der auch auf Glaukom gecheckt wird.“ Besonders wichtig ist das für jene, die über 40 und zudem aus anderen Gründen besonders gefährdet sind: Ein 30-fach erhöhtes Glaukom-Risiko haben Menschen, deren Mütter, Väter oder Geschwister betroffen sind oder waren. Risikopatienten sind auch Menschen, die chronische Leiden wie Herz- und Kreislauferkrankungen oder Diabetes haben, die so wie alle Gefäße auch jene in den Augen schädigen. Auch wer häufig Augenentzündungen hat, kurzsichtig ist oder raucht, ist den Erfahrungen der Experten nach besonders gefährdet.
So wie die gesamte Augenuntersuchung nicht weh tut, verursacht auch der Glaukom-Check keine Schmerzen, „er ist höchstens etwas unangenehm. Der Check besteht im Wesentlichen aus einer Begutachtung der Nervenfasern auf der Netzhaut und der Sehnerven“, erklärt Hommer. „Besonders wichtig ist die Messung des Augeninnendrucks mit Berührung und blauem Licht, der sogenannten Applanationstonometrie; Messungen ohne Kontakt und zum Beispiel mit einem Luftstoß sind zu ungenau“, präzisiert der Experte. Zeigen sich erhöhte Werte, wird der Augenarzt weitere Untersuchungen durchführen, wie eine ebenfalls schmerzfreie Gesichtsfeldmessung. Denn so wie erhöhten Augeninnendruck bemerken Betroffene auch erste Einschränkungen des Gesichtsfeldes nicht selbst. „Darum ist diese Messung notwendig“, begründet Hommer die Maßnahme. Mit noch neuen bildgebenden Verfahren kann man zusätzlich Schäden am Sehnerv sichtbar machen und sich so Gewissheit verschaffen, ob ein Glaukom besteht, bzw. kann man so sehen, wie fortgeschritten die Krankheit ist.

Tropfen und Operationen helfen

Das Ergebnis ist wichtig für die Wahl der richtigen Therapie. „Im Frühstadium der Erkrankung reicht es manchmal, die Augen einmal am Tag mit Tropfen zu behandeln, die den Augeninnendruck senken“, sagt Hommer. Die neuen Mittel sind frei von Konservierungsstoffen und daher auch nebenwirkungsarm und gut verträglich. Das macht es leicht, der Therapie treu zu bleiben, auch wenn man sich lebenslang selbst behandeln muss, um eine Schädigung der Sehnerven zu verhindern. Wird dieses Ziel mit einem Mittel nicht erreicht, muss man oft verschiedene Präparate mehrmals täglich nehmen, so Hommer.
Als Alternative zu Tropfen bieten sich chirurgische Eingriffe an. „Man kann mit verschiedenen Methoden den Abfluss für das sogenannte Kammerwasser verbessern, wodurch der Augeninnendruck sinkt. So etwa mit der Trabekulektomie, bei der ein Stück der Augenwand herausgeschnitten wird“, erläutert Hommer. Die Steigerung: Man setzt ein Drainagesystem aus Kunststoff ins Auge, durch das mehr Kammerwasser abgeleitet wird. So wird der Augendruck erheblich niedriger, und mit ihm sinkt die Gefahr für eine (weitere) Sehnervschädigung. „Die Eingriffe sind risikoarm“, erklärt Hommer. „Nur leider führen sie nicht immer zum erhofften Erfolg.“ Jeder Zweite braucht eine zweite Operation, manche benötigen sogar eine dritte.
Egal, um welche Therapie es sich handelt: Was kaputt ist, ist kaputt. Hommer: „Ein bereits eingetretener Schaden kann nicht mehr repariert werden.“ Bis es eine bessere Therapie bei Grünem Star geben wird, werden seine Namensgeber, die Vögel, jedenfalls noch oft zwischen ihren Winter- und Sommerquartieren hin- und hergeflogen sein. Denn den Sehnerv, dessen Schädigung die Wurzel des Übels für das Glaukom ist, wird man noch lange nicht ersetzen können, meint Hommer.

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Selten, aber gefährlich: Das akute Glaukom

Bei 90 Prozent der Betroffenen entwickelt sich das Glaukom schleichend (Offenwinkelglaukom), bei etwa zehn Prozent tritt es plötzlich auf (Winkelblockglaukom): „Ursachen dafür, dass sich der Augeninnendruck schlagartig erhöht und den Sehnerv schädigt, ist eine akute Blockade im sogenannten Kammerwinkel. Das ist jener Teil des Auges, in dem normalerweise das Kammerwasser abfließt“, erläutert Augenarzt Dr. Anton Hommer. Manchmal bleibt das akute Glaukom symptomlos, meist aber äußert es sich durch ein Druckgefühl im Auge, verschwommenes Sehen, Kopfschmerzen, auch Übelkeit und Erbrechen. Wird der Akutfall nicht rasch genug behandelt, führt er genauso wie das sich schleichend entwickelnde Glaukom zum Verlust des Sehvermögens.

Buchtipp:

Faschinger, Schmut, Grüner Star & Grauer Star
ISBN 978-3-99052-018-5
128 Seiten, € 14,90
Verlagshaus der Ärzte 2012

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