Kalt oder warm: Was lindert welches Leiden?

Februar 2007 | Medizin & Trends

Wann Eisbeutel oder Thermophor zum Einsatz kommen sollten
 
Die kühlen Essigpatscherln gegen hohes Fieber, der heiße Thermophor gegen Bauchweh und den verbrannten Finger schnell unter fließend kaltem Wasser gelöscht: Das sind die Klassiker der heilsamen Anwendung von Wärme oder Kälte. Doch die beiden Reize können noch viel mehr.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Wie wirkt Kälte?
Führt man dem Körper von außen Kälte zu, ziehen sich die Blutgefäße zusammen und das Blut zieht sich zurück. So werden akute Entzündungsreaktionen gebremst, Schwellungen schwellen ab, Schmerzen lassen nach. Wird der Kältereiz gestoppt, tritt der gegenteilige Effekt ein: Das Blut strömt wieder schneller durch die Gefäße, der Körper wird erwärmt.
Die Wirkungsweise der kühlen Essigpatscherln gegen hohes Fieber beruht auf einem anderen Prinzip: Sie entziehen dem Körper durch den Temperaturunterschied zwischen Haut und Wickel und die Verdunstung über die Füße Wärme.

Ein weiterer Sonderfall ist die Anwendung von fließendem kaltem Wasser bei Verbrühungen oder Verbrennungen ersten und zweiten Grades, wobei der erste Grad mit einer Rötung verbunden ist, der zweite Grad mit einer Blasenbildung: Durch das Wasser wird der Wunde die schädigende Hitze so schnell entzogen, wie es durch keine andere Notfall-Maßnahme möglich wäre.
„Abgesehen vom fließenden kalten Wasser oder den Patscherln können heilsame Kältereize durch aufgelegte Eiswürfel, kühlende Salben, Kältesprays oder Wickel gesetzt werden“, sagt Dr. Wolfgang Kernbauer, Allgemeinmediziner und Spezialist für naturheilkundliche Medizin in Wien. „Die Wirkung bleibt vom Prinzip her gleich, und oft genügen schon wenige Minuten, bis sie eintritt.“

Wann wirkt Kälte?
Im Allgemeinen sind Kälteanwendungen eher bei akuten Schmerzen heilsam, unmittelbar nach der Entstehung von lokalen Entzündung oder Verletzungen und zur Fiebersenkung. Aber auch bei Ausschlägen, Juckreiz, oder Hauterkrankungen wie Gürtelrose, Sonnenbrand, Nasenbluten, plötzlichen Migräneattacken oder Schlafstörungen, die auf Nervosität beruhen, können kalte Wickel helfen.
Eine kalte Dusche oder Kneippsche Bäder sind aber auch für Gesunde empfehlenswert. „Das sind einfache und gute Mittel, um regelmäßig etwas für die Verbesserung der Durchblutung und damit die Stärkung des Immunsystems zu tun“, sagt Dr. Kernbauer.

 

Wie wirkt Wärme?
Wird dem Körper von außen Wärme zugeführt, erweitern sich im Bereich der erwärmten Fläche die Blutgefäße, die Durchblutung verbessert sich. So wird der Stoffwechsel angeregt, die Bildung von Abwehrzellen angekurbelt, das Immunsystem gestärkt, die Hormonproduktion angeregt. Muskeln und Sehnen entspannen sich, die Empfindsamkeit der Nerven wird herabgesetzt, was Schmerzen lindert und oft auch gänzlich beseitigt.
Diese Wirkungsweise ist laut Dr. Kernbauer, der auch Spezialist für Traditionelle Chinesische Medizin ist, „grundsätzlich bei allen Wärmeanwendungen gleich“. Ob man also zum Thermophor oder zum warmen Wickel greift, sich mit Rotlicht bestrahlen lässt, die Füße in warmes Wasser taucht oder gleich ein heißes Vollbad nimmt, lässt sich darauf abstimmen, wo es weh tut, was gerade am praktikabelsten ist, oder welche persönliche Vorlieben man hat.

Wann wirkt Wärme?
Im Allgemeinen gilt: eher bei chronischen Schmerzen. Zu den gängigsten Beschwerden, die mit Wärme gelindert und geheilt werden können, zählen Halsschmerzen, Husten, Bronchitis, anhaltendes Kopfweh, Bauchweh, Menstruationsbeschwerden, Blasen- und Nierenerkrankungen, kalte Füße, Verspannungen im Nacken-, Schulter-, und Rückenbereich, Muskelkater, aber auch Erkrankungen des Bewegungsapparats wie Rheuma, Hexenschuss oder Ischias. „Auch lokale Verletzungen wie zum Beispiel eine Prellung, eine Zerrung, die Schwellung nach einem Insektenstich oder einer Zahnextraktion sollten nach einer kurzen Kühlung eher warm gehalten werden“, sagt Dr. Kernbauer und erklärt, warum das so ist: „Durch die Kühlung bremst man die Durchblutung. So bekämpft man die Entzündung, die Schwellung und damit den Schmerz. Weil eine Entzündungsreaktion aber immer auch der erste Schritt zur Heilung ist, sollte man ihr nicht dauerhaft entgegenwirken.“
Wärmeanwendungen können freilich auch Gesunden gut tun. Wer sich etwa nach einem anstrengenden Arbeitstag ein warmes Bad gönnt, ein Fußbad nimmt oder einfach eine Wärmeflasche zu Füßen legt, steigert neben dem körperlichen auch das seelische Wohlbefinden und beugt eventuell sich anbahnenden Erkältungen vor.

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Minus 100 Grad
Was bringt die Kältekammer?

Seit den 1980er Jahren machen sich die Europäer den extremen Kältereiz in Kältekammern zunutze. In Österreich sind die Kammern mittlerweile in etlichen Kurzentren zu finden, wie zum Beispiel in Bad Häring in Tirol. Fast, aber nicht ganz nackt setzt man sich den rund 100 Minusgraden Celsius aus: In Badekleidung, mit Kopfbedeckung, Mundschutz, Handschuhen und Schuhen, hält man sich bis zu drei Minuten in der Kammer auf, wobei man nicht wie in der Sauna sitzt oder liegt, sondern herumgeht.
Der Aufenthalt in der Kältekammer wird als Heilmittel bei rheumatischen Erkrankungen, Morbus Bechterew, Fibromyalgie, aber auch Psoriasis, Migräne und Depressionen empfohlen – ideal sind 20 bis 40 Sitzungen innerhalb von drei Wochen. Dr. Leonore Jonas, ärztliche Leiterin des Kurzentrums Bad Häring, dazu: „Die schmerzstillende Wirkung kann aber schon nach einem einzigen Besuch zu spüren sein.“ Menschen mit zu hohem Blutdruck, nach einem Herzinfarkt oder mit bestimmten Bluterkrankungen dürfen nicht in die Kältekammer. Es gilt also: „Sicherheitshalber vor dem ersten Besuch die Hausärztin oder den Hausarzt fragen.“

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Plus 100 Grad
Was bringt die Sauna?

Der extreme Hitzereiz bei Temperaturen um die 100 Plusgrade Celsius, wie sie in der Sauna herrschen, verbessert bei regelmäßiger und richtiger Anwendung die Durchblutung, stärkt das Immunsystem, trainiert das Herz- und Kreislaufsystem, entspannt die Nerven und beugt grippalen Infekten vor. Durch die Saunawirkung wird nachweislich die Arterienverkalkung verzögert und
die Gefahr, an Thrombosen zu erkranken, sinkt. Außerdem haben saunagewohnte Schwangere
weniger Komplikationen bei der Geburt zu befürchten.
Die ideale Vorgangsweise beim Saunieren: Auf acht bis zwölf Minuten Hitze folgen eine Kühlungs- und eine Ruhephase. Der Vorgang kann bis zu dreimal wiederholt werden. Ein oder zwei Saunabesuche pro Woche werden empfohlen, um die geschilderten positiven Effekte zu erleben.
„Am besten fragt man vor dem ersten Saunabesuch die Hausärztin oder den Hausarzt, ob irgendetwas gegen den Hitzereiz spricht“, sagt Dr. Leonore Jonas. Die wichtigsten Kontraindikationen: „Extrem hoher Blutdruck und Krampfadern.“

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Wickel mit Füllung

  • Ingwerkompressen helfen bei Schnupfen oder Nasennebenhöhlenentzündung: Dafür ein daumengroßes Stück frischen Ingwer in kleine Stücke schneiden und mit der Knoblauchpresse zerdrücken, den Saft und die Fasern in einer kleinen Schale zusammenrühren, im Wasserbad wärmen, in ein dünnes Tuch einschlagen und warm auf das Gesicht auflegen. Zehn bis 30 Minuten einwirken lassen.

  • Bei einem verspannten Nacken tut ein warmer Kartoffelwickel deshalb besonders gut, weil die Frucht die Wärme besser speichert, als der bloße Stoff. Denselben Effekt haben Packungen mit Heilerde und Heilmoor oder das zusätzliche Einreiben mit Franzbranntwein, Melissengeist oder Propolissalbe.
  • Wer die Socken oder Wickel für die kühlenden Patscherln gegen Fieber in Obstessig taucht, lindert etwaigen Juckreiz und stabilisert nebenbei den Säureschutzmantel der Haut.
  • Warme Umschläge mit Zwiebelschalen wirken besonders durchblutungsfördernd, desinfizierend und schmerzlindernd.
  • Die inneren Blätter von Kohl verstärken die Wirkung kühler Wickel bei Ausschlägen und Hauterkrankungen, weil sie keimtötend und reinigend sind.
  • In der ersten Phase einer Entzündung oder Verletzung (Prellung, Zerrung, Zahnextraktion, Insektenstich, Gelenksentzündung) ist ein Topfenwickel besonders heilsam, weil er intensiv Wärme entzieht: Kühlen oder zimmerwarmen Topfen messerrückendick auf ein Tuch streichen und auf die schmerzhafte Region auflegen. Eine Stunde einwirken lassen.

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