Pilgern ohne Pannen

September 2013 | Medizin & Trends

7 gesunde Tipps für Wallfahrer
 
Pilgern erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Mediziner freuen sich über den Trend, schließlich ist das spirituelle Wandern nicht nur für die Seele gesund, sondern auch für den Körper. Vorausgesetzt, man macht es richtig.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Die einen pilgern, um „mit den Füßen zu beten“ oder zu meditieren, die anderen möchten Schritt für Schritt dem Alltag entfliehen und zu sich selbst finden, wieder andere wollen die Natur mit allen Sinnen erleben oder einfach eine lange Wanderung an ein imposantes Ziel unternehmen: Das sind die Motive der Wallfahrer von heute.
Zur großen Schar der spirituellen Wanderer gehören auch Prim. Dr. Ingrid Heiller, Leiterin der Institute für Physikalische Medizin und Orthopädische Rehabilitation im Orthopädischen Spital Speising sowie im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Wien, und Dr. Johannes Thomas, Internist sowie ärztlicher Leiter vom Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Wien. Jedes Jahr marschieren die beiden Ärzte von Wien aus 120 Kilometer in vier Etappen nach Mariazell. Bei allen positiven Erfahrungen, die man beim Wallfahren sammeln kann: „Pilgern ist kein Spaziergang“, wissen Heiller und Thomas nur zu gut. Für MEDIZIN populär geben sie Rat, wie sich die häufigsten Pannen vermeiden lassen:

1. Vor dem Start trainieren

„Untrainiert an den Start zu gehen, ist der Kardinalfehler vieler Pilger“, sagt Johannes Thomas. „Wer nicht regelmäßig Sport betreibt, sollte spätestens sechs Wochen vor der Wallfahrt mit einem Training beginnen.“ Ideal ist ein Ausdauertraining, etwa in Form von Nordic Walking oder Laufen, das dreimal pro Woche absolviert wird, so der Experte weiter. Ingrid Heiller wiederum rät selbst Menschen mit einer guten Grundlagenausdauer, etwa eine Woche vor der Wallfahrt sozusagen eine Generalprobe zu machen und versuchsweise rund 20 Kilometer zu marschieren. „Wer das problemlos schafft und auch keine Schwierigkeiten beim Bergauf- und Bergabgehen hat, dem gelingt es erfahrungsgemäß, in drei bis vier Tagen rund 100 Kilometer ohne nennenswerte Pannen zu pilgern.“

2. Schuhe und Socken eintragen

Mit nigelnagelneuen Schuhen und Socken den Fußmarsch beginnen – das kann wehtun: „Schuhe und Socken sollten unbedingt eingegangen beziehungsweise mehrfach getragen sein. So verringert man das Risiko für schmerzhafte Blasen oder Reibungsstellen“, so Heiller. Sind die Blasen einmal da, kann man nur noch die Schmerzen lindern. „Das gelingt am besten mit Gel-Blasenpflastern“, empfiehlt die Ärztin.

3. Den Rucksack klein halten

Auch ein zu großer Rucksack kann zu Pannen beim Pilgern führen. „Man sollte seine sieben Sachen in einem Rucksack transportieren, der höchstens den Rücken bedeckt, gepolsterte Schultergurte und einen Hüftgurt hat und am Rücken nicht direkt anliegt“, nennt Heiller die Kriterien. „Solche Rucksäcke belasten die Wirbelsäule und den gesamten Bewegungsapparat weniger und man tut sich beim Gehen leichter.“ Ebenfalls hilfreich können Wanderstöcke sein: Der Stockeinsatz schützt beim Bergabgehen vor dem Ausrutschen, beim Bergaufgehen gibt er Schwung.

4. Richtige Kleidung ins Gepäck

Pilgersmänner und -frauen, die bei Sonnenschein losstarten, vergessen oft auf ausreichenden Regenschutz. „Aber dann schlägt das Wetter um, man ist durchnässt, friert, erkältet sich und muss die Wallfahrt abbrechen“, wie Johannes Thomas auf seinen Pilgerreisen schon mehrfach beobachtet hat. Bei jeder Witterung besser unterwegs ist man zudem mit Kleidung, die die Feuchtigkeit ableitet, daher länger trocken bleibt und einen nicht frieren lässt.  

5. Trinken, trinken, trinken

Viele nehmen im Alltagsleben zu wenig Flüssigkeit zu sich und vergessen auch während des Wanderns auf das Trinken. „Auch wenn man es nicht gewohnt ist, sollte man auf der Wallfahrt unbedingt zwei bis drei Liter Flüssigkeit am Tag trinken, am besten Wasser“, appelliert Thomas. „An heißen Tagen braucht man sogar noch deutlich mehr.“ Ansonsten kann der Körper seine Temperatur nicht regulieren – Kopfschmerzen, Schwindelgefühle, Schwächegefühle bis hin zum Kreislaufkollaps drohen.

6. Pausieren und Energie tanken

Nicht minder ungefährlich ist es, Pausen und Mahlzeiten auszulassen, nur weil man eine Tagesetappe unbedingt schaffen will. „Regelmäßig pausieren und essen sollte aber zum Pilgern dazugehören“, raten die Ärzte. Denn ansonsten kann es wiederum sein, dass der Kreislauf nicht mehr mitspielt. „Viele Kohlenhydrate und viel Eiweiß sind auf Wanderschaft ideal, denn das gibt Ausdauer und Kraft“, raten die Ärzte. Als Pilgermenüs empfehlen sich somit Nudeln mit Parmesan oder Huhn mit Kartoffeln. Den Hunger zwischendurch stillt man am besten mit einer Banane, die neben Kohlenhydraten auch viel Magnesium enthält. So ist man vor Muskelkrämpfen geschützt. Die Alternative: Müsliriegel mit denselben Inhaltsstoffen.

7. Vorsicht bei Schmerzen

Falscher Ehrgeiz kann aber noch viel schwerwiegendere Folgen zeitigen: Der Wunsch, das Ziel zu erreichen, verleitet nicht wenige Pilger dazu, trotz Schmerzen im Bewegungsapparat weiterzumarschieren. „Meist sind es die Knie, die aufgrund der ungewohnten Belastung weh tun“, weiß Heiller. Bei leichten Beschwerden empfiehlt die Ärztin, schmerzstillende Gels aufzutragen, die Kniegelenke abends zu kühlen und tagsüber beim Gehen mit einer stützenden Bandage zu stabilisieren. „Bei starken Schmerzen, vor allem, wenn diese akut auftreten und das Knie geschwollen und übererwärmt ist, sollte die Wanderung abgebrochen und ein Arzt aufgesucht werden“, mahnt die Fachärztin.

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Das muss ins Gepäck

Trinkflasche, die möglichst groß, leicht und wiederbefüllbar ist
Zwei Paar eingegangene Schuhe, zwei Paar getragene Socken
Atmungsaktive Kleidung für jede Witterung
Pelerine oder atmungsaktiver Regenschutz
Sonnenschutz
Eventuell Wanderstöcke
Gel-Blasenpflaster
Müsliriegel
Medikamente, die täglich genommen werden müssen

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Weniger Kilos, bessere Werte:
So gesund ist Pilgern

Selbst wenn sie bei ihren Ernährungsgewohnheiten bleiben, kehren viele Pilger zumindest nach langen Märschen erschlankt zurück. Das ist nicht nur eine Beobachtung, sondern nun sogar wissenschaftlich dokumentiert. Forscher der Universität in Utrecht haben vor kurzem 29 Männer und Frauen auf einer 280 Kilometer langen Pilgerstrecke nach Santiago de Compostela begleitet und festgestellt, dass die Versuchspersonen dabei kontinuierlich Gewicht verloren hatten. Gleichzeitig verbesserten sich ihre Blutfett- und Cholesterinwerte, ihr Blutdruck sank. Damit hatten sie nach der Pilgerreise ein geringeres Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen als davor.
Vor allem jenen Menschen, die im Alltag Bewegungsmuffel sind, bringen die Pilgermärsche noch weitere positive Wirkungen: Die Bein- und Rumpfmuskulatur wird gekräftigt, auch die Lungenfunktion verbessert sich.

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