Reflux rechtzeitig behandeln

Januar 2010 | Medizin & Trends

Sodbrennen, aber auch Heiserkeit und Husten können Zeichen einer Refluxerkrankung sein. Studien zufolge zeigt jeder fünfte Österreicher mindestens einmal pro Woche behandlungsbedürftige Symptome dieses Leidens. Der moderne Lebensstil wird dafür verantwortlich gemacht, dass Reflux inzwischen die häufigste Magen-Darmerkrankung ist. Wer das Zurückfließen des Magensaftes einfach hinnimmt, riskiert schlimme Folgen. Lesen Sie, was man dagegen tun kann und soll.
 
Von Mag. Alexandra Wimmer

Es brennt im Hals, in der Brust, manchmal im oberen Bauchbereich, dazu gesellt sich oft noch saures Aufstoßen: Sodbrennen, das wichtigste Symptom einer Refluxerkrankung, ist hinlänglich bekannt. Oft wird es sogar als Synonym für Reflux verwendet – den Rückfluss von Magensäure, Gallensäure oder unverdautem Mageninhalt in die Speiseröhre.
Wie kommt es zu Reflux und seinen unangenehmen Begleiterscheinungen? „Eine häufige Ursache dafür ist eine vermehrte Säureproduktion durch falsche Ernährung, Medikamente oder Stress“, berichtet Priv. Doz. Dr. Arnulf Ferlitsch, Gastroenterologe und Hepatologe an der Universitätsklinik für Innere Medizin III in Wien. Wird diese Säure, die im Magen für die Verdauung und Nahrungsaufbereitung benötigt wird, in die Speiseröhre zurückgepresst, spricht man vom gastro­oesophagealen Reflux.

Entzündung an der Speiseröhre

Die Fachleute unterscheiden zwei Refluxformen: Jene, bei der die Speiseröhre nicht entzündet ist (=nicht-erosive Refluxerkrankung) und die erosive Refluxerkrankung, bei der speziell der untere Bereich der Speiseröhre entzündet ist. Diese Entzündung ist zugleich das Hauptproblem von Reflux: Die Schleimhaut der Speiseröhre ist nämlich – im Gegensatz zur Magenschleimhaut – nicht für aggressive Magensäure „gemacht“ und kann bei dauerhaftem Kontakt geschädigt werden. Im schlimmsten Fall kann die Schädigung sogar zu Speiseröhrenkrebs führen.
Ein ungünstiger Lebensstil – ungesunde Ernährung, Übergewicht, Stress – gilt als bedeutsamer Risikofaktor für das Auftreten von Sodbrennen & Co. „Speziell fettreiche Kost sowie Übergewicht können zu Sodbrennen führen“, erklärt Arnulf Ferlitsch. Zusätzliche Risikofaktoren sind der regelmäßige Nikotin- und Alkoholkonsum. „Auch Medikamente, speziell die immer häufiger verwendeten Schmerzmittel, können dafür verantwortlich sein“, ergänzt der Facharzt. Stress kann eine stressbedingte Gastritis und in weiterer Folge Sodbrennen verursachen.
Häufig ist auch eine Druckerhöhung im Bauchraum, sei es aufgrund von Übergewicht oder im Rahmen einer Schwangerschaft, für die Symptome verantwortlich. Der erhöhte Druck kann schließlich zu einem Zwerchfellbruch führen – ein Problem, von dem viele Refluxpatienten betroffen sind. „Beim Zwerchfellbruch ist jene Öffnung im Zwerchfell, durch welche die Speiseröhre in den Magen geht, geweitet. Außerdem wird die Muskulatur rund um den Übergang immer weiter gedehnt, sodass sich eine Aussackung bildet“, weiß der Gastroenterologe Ferlitsch. Da die physiologische Engstelle zwischen Speiseröhre und Magen nicht mehr dicht ist, kann Säure zurückfließen. „Je stärker ein Zwerchfellbruch ausgeprägt ist, desto häufiger tritt Sodbrennen auf.“

Viele mögliche Warnsignale

Reflux muss sich aber nicht immer (nur) in Form von Sodbrennen äußern. „Es gibt Patienten, die kaum oder gar kein Sodbrennen haben, bei denen im Rahmen einer Magenspiegelung aber dennoch Zeichen einer Refluxerkrankung feststellbar sind“, sagt der Facharzt. Umgekehrt kann Sodbrennen, das gehäuft nach dem Essen oder in der Nacht auftritt, auch eine vorübergehende Erscheinung sein. „Es gibt Patienten mit Sodbrennen, bei denen eine Magenspiegelung keinen Nachweis für eine Refluxerkrankung ergibt.“  
Außerdem gibt es weniger eindeutige Symptome, die ebenfalls auf Reflux deuten können, z. B. Heiserkeit, chronischer Husten, Reizhusten. Dauern die Beschwerden an, sollte nicht nur eine Lungenerkrankung wie Asthma in Betracht gezogen werden, sondern auch eine ärztliche Abklärung hinsichtlich Reflux erfolgen. Schluckstörungen und Schmerzen beim Schlucken können ein weiterer Hinweis auf eine Refluxerkrankung sein. Schleim, der aus der Nase oder den Nasennebenhöhlen in den Rachenraum läuft – im Englischen als „postnasal drip“ bezeichnet – ist ein anderes mögliches Warnsignal. Der chronische Rückfluss von Säure kann außerdem zu drückenden Schmerzen im Bauch- und Brustbereich oder sogar zu Herzrhythmusstörungen führen.

Tendenz steigend

Aufgrund der ungesunden Lebensweise leiden immer mehr Menschen an Reflux: Die Refluxerkrankung ist mittlerweile die häufigste Magen-Darmerkrankung. „Von 100 Österreichern klagen 25 bis 40 mindestens einmal im Monat über Sodbrennen“, berichtet Arnulf Ferlitsch. „Würde man bei diesen 25 bis 40 Prozent eine Magenspiegelung durchführen, so könnte man bei zehn Prozent eine Refluxerkrankung mit Anzeichen einer Speiseröhrenentzündung feststellen.“ Wiederum zehn Prozent von den an Reflux Erkrankten haben das sogenannte Barrett-Syndrom (=Barrett-Ösophagus), eine Vorstufe von Speiseröhrenkrebs. Davon erkranken wiederum zehn Prozent an Speiseröhrenkrebs. „Demnach sind rund 300 Personen in Österreich jährlich von einem derartigen Karzinom betroffen.“

Hilfreiche Maßnahmen

Mit einem ausgewogenen Lebensstil – gesunde Ernährung, normales Körpergewicht, ausreichend Erholung und Bewegung – lässt sich dem Reflux entgegenwirken. Was tun, wenn man bereits unter Sodbrennen oder anderen Symptomen leidet? „Übergewichtige sollten versuchen, ihr Körpergewicht zu reduzieren. Außerdem ist es empfehlenswert, die täglichen Mahlzeiten auf mehrere kleine Portionen aufzuteilen“, rät der Facharzt. „Da Sodbrennen häufig in der Nacht auftritt, sollte man außerdem nicht zu spät essen und beim Schlafen Kopf und Oberkörper hoch lagern.“ Der Konsum von „Säurelockern“ wie Kaffee, Tee, Schokolade und Alkohol sollte eingeschränkt werden, da sie die Produktion der Magensäure ankurbeln und außerdem die Spannung des Zwerchfellschließmuskels reduzieren.
„Bei starken Beschwerden führen diese Maßnahmen allerdings nur kurzfristig und in geringem Ausmaß zum Erfolg“, so Arnulf Ferlitsch. Medikamente und (viel seltener) operative Eingriffe sind dann wirksame Therapieoptionen.

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Fatale „Muskelschwäche“:
Wie Reflux entsteht

Die Speiseröhre ist ein muskulöser Schlauch und verbindet die Mundhöhle mit dem Magen. Zwischen Speiseröhre und Mageneingang befindet sich ein ringförmiger Schließmuskel, der Ösophagus Sphinkter. Im Normalfall verhindert er, dass aggressive Verdauungssäfte in die Speiseröhre gelangen. Ist dieser Ringmuskel – z. B. nach einem Zwerchfellbruch – zu schwach, kommt es zum Rückfluss sauren Mageninhalts in die Speiseröhre, dem Reflux.

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Medikamente, Operationen: Die Refluxtherapien

Seit Jahrhunderten werden Sodbrennen & Co mit verschiedenen Medikamenten, aber auch mit (Haus-) Mitteln wie Milch behandelt. Schon vor 2000 Jahren verabreichte man bei Magenproblemen säurebindende Substanzen wie Knochenmehl, Tonerde oder geriebene Korallen. Heutzutage sind drei Medikamentengruppen in der Refluxtherapie maßgeblich:

Antazida wirken symptomatisch, indem sie die Magensäure neutralisieren. Sie sorgen binnen Minuten für Linderung, die Wirkdauer beschränkt sich allerdings meist nur auf wenige Stunden.

H2-Blocker (=H2-Rezeptorantagonisten) zählen zu den ursächlich wirkenden Medikamenten, da sie die Bildung von Magensäure direkt an der säureproduzierenden Zelle blockieren.

Protonenpumpenhemmer (=Protonenpumpeninhibitoren, PPI) blockieren ebenfalls die Produktion von Magensäure und gelten als besonders effektive Refluxmedikamente. „Mit ihnen finden viele Refluxpatienten ihr Auslangen“, betont der Gastroenterologe Priv. Doz. Dr. Arnulf Ferlitsch.

Operationen: Bei einem ausgeprägten Zwerchfellbruch kann eine Operation nötig werden, indem man z. B. aus dem oberen Magenabschnitt einen neuen Muskelring schafft, um die Schließfunktion zu verbessern. „Eine weitere Möglichkeit ist, die Muskulatur rund um den Speiseröhreneingang zu raffen“, so Ferlitsch. „Speziell bei Patienten mit wenigen Symptomen und einem geringen Verbrauch an Protonenpumpenhemmern wirkt eine Operation sehr gut.“ Ist die Schleimhaut stark angegriffen, lässt sich mit einer chirurgischen Methode das Abheilen der Entzündungen unterstützen: Indem man einen Teil des Magens um die untere Speiseröhre wickelt, unterbindet man den Rückfluss von Magensäure.

Buchtipp:
Gruber, Gschwantler, Weiss, Schluss mit Sodbrennen.
Reflux, Gastritis, Magengeschwüre und Reizmagen
ISBN 978-3-902552-35-8, 128 Seiten, € 14,90
Verlagshaus der Ärzte

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