Richtig essen wirkt

Mai 2010 | Ernährung & Genuss

Welche Lebensmittel in welcher Lebenslage helfen können
 
Dass Lebensmittel mehr als nur satt machen, weiß jeder, der schon einmal bei einem Stück Schokolade Trost gesucht hat. Doch nicht nur bei Verstimmungen, auch bei Leistungstiefs, Schlafproblemen & Co kann richtiges Essen helfen. Für MEDIZIN populär gibt Univ. Doz. Dr. Ingrid Kiefer, Leiterin des Kompetenzzentrums für Ernährung und Prävention der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), Tipps für jede Lebenslage.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Nervosität

Nervosität kommt auf, weil im Job eine wichtige Verhandlung ansteht, ein Vorstellungsgespräch bevorsteht oder in der Schule eine entscheidende Prüfung zu absolvieren ist? Univ. Doz. Dr. Ingrid Kiefer: „In diesen Fällen rate ich, beim Frühstück auf die richtige Speisenwahl zu achten. Am besten ist eine Getreidemahlzeit bzw. ein Müsli, kombiniert mit Milch oder einem Milchprodukt wie einem Joghurt.“ Der Grund: Bestimmte Eiweißbausteine, Aminosäuren, fördern die Produktion verschiedener Botenstoffe im Gehirn, der Neurotransmitter Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin, die aufmerksam machen und die Konzentrationsfähigkeit steigern. Wer unmittelbar vor der Prüfung, dem Gespräch oder der Verhandlung kohlenhydratreiche und zugleich proteinarme Mahlzeiten wie etwa eine Banane oder eine Handvoll Datteln oder Feigen isst, sorgt zusätzlich für Beruhigung.

Stress

„Studien geben Hinweise darauf, dass man mit einer kohlenhydratreichen und zugleich proteinarmen Ernährung mittel- und langfristig eine bessere Toleranz gegenüber Stressgefühlen entwickeln kann“, sagt Kiefer. Auf dem Speiseplan von stressanfälligen Personen sollten daher viele Getreide- und Vollkornprodukte stehen wie Hafer, Polenta, Reis, Kartoffeln, aber auch Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte und Nüsse. Wichtige Vitamine für stressige Zeiten sind das Vitamin C, das z. B. in Paprika in hoher Konzentration enthalten ist, aber auch die B-Vitamine 1 und 6, die unter anderem in Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten und Gemüse enthalten sind, sowie Folsäure, die in hoher Konzentration in grünem Blattgemüse vorkommt. Kiefer: „In einer längeren Stressphase ist es wichtig, gut mit den genannten Mineralstoffen und Vitaminen versorgt zu sein, da der Körper bei schlechter Versorgung sensibler auf Stressreize reagiert.“ Eine beruhigende und wohltuende Wirkung haben auch Früchte- und Kräutertees, aber auch magnesiumreiches Mineralwasser.

Stimmungstiefs

Es reicht schon, dass der Himmel nebelverhangen ist, und die Stimmung sinkt in den Keller? Man fühlt sich in seiner Haut nicht wohl und hängt das ganze Wochenende nur auf der Couch herum? Kiefer: „Zur Vorbeugung vor Stimmungstiefs sollte man eine kohlenhydratreiche, protein- und fettarme Kost bevorzugen.“ Eine wissenschaftliche Untersuchung zeigte, dass der Wechsel von täglichen Sandwichs, Pommes frites, Süßigkeiten und Kaffee auf den täglichen Konsum von Obst, Salat, Nüssen, Joghurt und Wasser schon nach kurzer Zeit zu mehr Ausgeglichenheit und Wohlbefinden führt. Ebenfalls gezeigt hat sich, dass auch die Zufuhr von hochqualitativem Fett die Stimmung verbessert – man sollte besonders viele Omega-3-Fettsäuren zu sich nehmen. Reich an Omega-3-Fettsäuren sind etwa Lachs, Thunfisch, Hering, Makrele und heimischer Kaltwasserfisch wie beispielsweise Forelle und Saibling, aber auch Lein-, Raps-, Soja- oder Walnussöl.

Leistungstiefs

Es ist jeden Tag dasselbe: Gegen elf Uhr vormittags und zwischen zwei und drei Uhr nachmittags kommt das große Gähnen? Ein Mittagsschlaf ist nicht möglich oder geht sich nicht aus? „Richtig essen kann das Leistungsvermögen erhöhen und vor Leistungstiefs bewahren“, sagt Kiefer. Ideal wären in diesem Fall mehrere kleine Mahlzeiten, beginnend mit dem Frühstück und einer Jause am Vormittag, dem Mittagessen, einer Jause am Nachmittag und dem Abendessen. Die Mahlzeiten sollten vor allem komplexe Kohlenhydrate enthalten, wie sie im Müsli oder in Vollkornweckerln stecken, aber auch in Gemüse und Obst, weil diese die Konzentrationsfähigkeit erhöhen. Kiefer: „Auch hochwertige Proteine, wie sie in Milch und Milchprodukten, aber auch in Fisch und Fleisch vorkommen, können die Aufmerksamkeit positiv beeinflussen.“ Ebenfalls wichtig, wenn es darum geht, das Leistungsniveau den gesamten Tag über möglichst gleichbleibend hoch zu halten: Viel Wasser, Mineralwasser oder ungesüßten Tee trinken.

Schlafprobleme

Es ist jede Nacht dasselbe: Das Einschlafen macht Probleme, dann schläft man endlich, wacht wieder auf, und schon läutet der Wecker? „Auch bei Schlafproblemen kann das richtige Essen Hilfe leisten“, sagt Kiefer. Zwei Botenstoffe im Gehirn, Melatonin und Serotonin sorgen unter anderem dafür, dass man gut schlafen kann. Sie werden aus dem Eiweißbaustein Trypthophan und aus Kohlenhydraten gebildet. Kiefer: „Daher eignen sich für einen guten Schlaf Gerichte, die komplexe Kohlenhydrate und kleine Portionen Eiweiß enthalten.“ Beispiele sind Reis-, Nudel-, und Weizengerichte, kombiniert mit kleinen Mengen Käse oder kleinen Fisch- und Fleischportionen. Alte Hausmittel wie warme Milch mit Honig haben auch eine beruhigende Wirkung. Die Milch enthält Tryptophan, Honig Kohlenhydrate, die das Tryptophan in Melatonin und Serotonin umbauen. „Wer Schlafprobleme hat, sollte außerdem darauf achten, abends nicht zu viel und nicht zu kurz vor dem Schlafengehen zu essen“, sagt Kiefer.

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Falsch essen wirkt auch

„Durch einseitige Ernährung bzw. viel Fett und Zucker können nicht nur viele Erkrankungen, sondern auch Leistungs- und Stimmungstiefs mit verursacht werden“, weiß Univ. Doz. Dr. Ingrid Kiefer. Denn schnell verfügbare Kohlenhydrate, wie sie vor allem in Zucker und stark zuckerhaltigen Mehlspeisen und Süßigkeiten enthalten sind, versorgen den Körper zwar sehr schnell mit Energie, doch der rasch angestiegene Blutzucker sinkt auch genauso schnell wieder, wodurch das Leistungsvermögen abnimmt und die Konzentrationsfähigkeit sinkt. In der Folge kann es dann zu Verstimmungen kommen. Energielosigkeit riskiere zudem, wer auf das Frühstück bzw. die Vormittagsjause verzichtet oder sich den gesamten Tag über nicht ausreichend Flüssigkeit zuführt. Kiefer: „Flüssigkeitsmangel kann nicht nur am Tag selber die Leistungsfähigkeit einschränken, sondern auch noch am nächsten Tag.“

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Futter für die Seele

Die Allgemein- und Ernährungsmedizinerin Dr. Sonja Schwinger über Ernährung und psychische Gesundheit.

„Über die Ernährung kann man die psychische Gesundheit verbessern“, sagt Dr. Sonja Schwinger, Allgemein- und Ernährungsmedizinerin, die in Wien eine Ordination für Ganzheitsmedizin führt. Wissenschaftliche Studien, die mit Patientinnen und Patienten in der Psychiatrie und auch mit Bewohnern von Altersheimen gemacht wurden, belegen das.
Sollten Menschen, die an ausgeprägten Schlafproblemen, Stimmungstiefs, Leistungstiefs, chronischem Stress oder nervösen Zuständen leiden, Schwingers Hilfe suchen, arbeitet sie auf mehreren Ebenen mit ihnen. „Zuerst versuche ich abzuklären, wo die Ursachen für die Probleme liegen.“ Über eine spezielle Blutuntersuchung und ein biologisches Muskel-Testverfahren, genannt Applied Kinesiology, wird sichtbar, ob eine einseitige oder falsche Ernährung die Probleme mit ausgelöst hat. Schwinger: „Wenn das der Fall ist, gebe ich eine individuelle Empfehlung für eine spezielle Ernährungsumstellung ab, vorausgesetzt, es gibt keine Allergien, Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder bestehende, bis dahin unerkannte Enzymmängel.“
Mit einem Erfolg sei bei Einhaltung der Regeln meist schon nach einigen Tagen oder Wochen zu rechnen. Sind die Probleme stark ausgeprägt, und ist medikamentöse Unterstützung zielführend, überlegt Schwinger gemeinsam mit den Betroffenen eine Behandlung durch einen Facharzt oder eine Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie.

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