Sauerkraut, Salzgurken & Co

Juni 2016 | Ernährung & Genuss

So gesund ist vergorenes Gemüse
 
Ob Sauerkraut, saure Bohnen, saure Rüben, Salzgurken oder anderes vergorenes Gemüse: Für MEDIZIN populär erklärt die Wiener Ernährungswissenschafterin Dr. Claudia Nichterl, warum wir uns im Sinn unserer Gesundheit öfter Saures wie dieses geben sollten.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Sauer – das ist ein Geschmack, gegen den wir Menschen am Anfang unseres Lebens eine Abneigung haben. Das hat evolutionstechnische Gründe: Was sauer schmeckt, könnte unreif oder giftig sein und nicht vertragen werden. Gut nur, dass die Aversion gegenüber Saurem meist auf das Kindesalter beschränkt bleibt und uns Saures mit den Jahren immer lieber wird. Denn unter den vielen sauer schmeckenden Nahrungsmitteln sollten wir uns im Sinn unserer Gesundheit vor allem eine Kategorie öfter geben, „das Sauergemüse“, rät die Wiener Ernährungswissenschafterin Dr. Claudia Nichterl und ergänzt: „Dazu zählen neben Sauerkraut zum Beispiel auch saure Bohnen, saure Rüben, Salzgurken und anderes vergorenes beziehungsweise fermentiertes Gemüse.“

Gut für die Verdauung und gut für das Immunsystem

Die Fermentierung bzw. das Vergären, eine Methode der Haltbarmachung von Nahrungsmitteln, die bereits die alten Römer praktizierten, ist es auch, was Sauergemüse so gesund macht – gesünder noch, als rohes und unbearbeitetes Gemüse. Nichterl erklärt, warum das so ist: „Böse Bakterien auf dem Gemüse, die unserer Gesundheit schaden könnten, überleben die Fermentierung nicht, sterben ab, dafür wandeln die guten, für uns nützlichen Bakterien während der Fermentierung Stärke und Zucker im Gemüse in Milchsäure um und vermehren sich.“
So nimmt, wer fermentiertes Gemüse isst, laut Nichterl „lebendige Nahrung“ zu sich bzw. eine Extraportion guter Milchsäurebakterien, die äußerst gesund für die Darmflora sind: Sie wirken dort probiotisch, erhöhen also den Anteil der guten Bakterien gegenüber den schlechten. Und das fördert nicht nur die Darmtätigkeit und damit die Verdauung, sondern stärkt auch das Immunsystem. Denn ist die Darmflora intakt, haben Krankheitserreger, wie etwa schädliche Bakterien, Viren oder Pilze weniger Chancen, über die Darmwand in das Blut zu gelangen und uns krank zu machen.

Vitamine bleiben erhalten und werden besser aufgenommen

Wenn wir uns Saures geben, bereiten wir uns aber noch aus einem weiteren Grund anders als die Redensart meint, keine Schwierigkeiten, sondern tun viel für unsere Gesundheit. „Bei der Fermentierung von Gemüse werden die Zellwände der Pflanzen aufgespalten“, weiß Nichterl. „Dadurch können Vitamine, Spurenelemente, natürliche Enzyme und andere wertvolle Nährstoffe, die sich in den Zellwänden befinden, vom Körper besser aufgenommen werden.“ Fermentiertes Sauerkraut, mit dem sich die Seeleute ab dem 18. Jahrhundert nach einer entsprechenden Entdeckung durch Kapitän James Cook auf ihren Fahrten vor der Mangelkrankheit Skorbut, der Mundfäule, schützten, enthält etwa besonders viel Vitamin C. Das steigert die Abwehrkräfte. In Sauerkraut steckt aber als Abfallprodukt der Bakterien auch Vitamin B12. Dieses Vitamin kommt sonst nur in Fleisch, Fisch, Milch und Eiern vor, verstärkt die Eisenaufnahme und ist daher gut für das Blut. Auch grüne Bohnen, rote Rüben und Gurken enthalten und behalten durch die Fermentierung B-Vitamine und Vitamin C. Darüber hinaus liefern sie Kalium, Magnesium, Zink und Eisen, alles Spurenelemente, die gut für die Funktion der Muskeln, Nerven, das Blut und das Immunsystem sind.

Gemüse wird bekömmlicher und macht Fettreiches leichter verdaulich

Geben wir uns Gemüse nicht roh und unbearbeitet, sondern roh und fermentiert, hat dies aber noch einen weiteren Vorteil, so Nichterl: „Durch das Aufspalten der Zellwände bei der Fermentierung wird das Gemüse bekömmlicher, also für Magen und Darm leichter zu verarbeiten, verträglicher.“ Essen wir Sauerkraut, saure Bohnen, Rüben, Salzgurken & Co zum Beispiel als Beilage zu Bratwurst, Geselchtem oder anderem Fettreichen, bewirkt das noch dazu, dass auch die fetten Speisen nicht lang im Magen liegen, und Verdauungsprobleme wie saures Aufstoßen, Sodbrennen, ein Völlegefühl oder Blähungen ausbleiben.

Saures steigert das Wohlgefühl und macht so vielleicht wirklich lustig

Da fühlen wir uns dann gleich auch wohler – ob daher der Sager „Sauer macht lustig“ rührt? Nichterl, die auch Ernährungsberaterin nach den Kriterien der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ist, meint, dies ist durchaus eine mögliche Erklärung. Doch sie hat auch noch eine andere parat: „Nach der TCM hilft Saures, wenn die Leber beleidigt ist, etwa durch fettes Essen und übermäßigen Alkoholkonsum, oder auch Stress und andere psychische Belastungen, Überforderungen.“ Und geht es der Leber aufgrund des Sauren wieder besser, steigert das unser Wohlgefühl, hebt unsere Laune, und lässt uns so vielleicht wirklich lustig werden.

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Welches Gemüse lässt sich vergären?

Grundsätzlich jedes, so Dr. Claudia Nichterl. Am beliebtesten: Weißkraut oder Weißkohl, das/der durch die Fermentierung zu Sauerkraut wird, Bohnen, Rüben, Gurken, Rettich, Sellerie, Karotten, Spargel, Rotkraut, Chinakohl.

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Was ist Vergären bzw. Fermentieren?

Vergären bzw. Fermentieren von Lebensmitteln ist eine jahrtausendealte Technik zur Haltbarmachung beispielsweise von Gemüse. Der Vorteil des Fermentierens von Gemüse gegenüber anderen Methoden der Haltbarmachung (Pasteurisieren, Eindosen, Tiefkühlen) besteht im Wesentlichen darin, dass die wertvollen Inhaltsstoffe stabiler erhalten bleiben.

Vorsicht, bei …
… Histaminunverträglichkeit. Wer an Histaminunverträglichkeit leidet, sollte beim Genuss von rohem, fermentierten Gemüse vorsichtig sein, denn die Fermentierung lässt den Histamingehalt in Sauerkraut, grünen Bohnen, roten Rüben, Salzgurken & Co stark ansteigen.

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REZEPT
Chinakohl vergären
(fermentieren)

Zutaten
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2 Köpfe Chinakohl
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Meersalz oder „normales“ Salz
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koreanisches oder „normales“ Chilipulver
oder getrocknete Chili oder 1 frische Chili
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eventuell 1 EL Fischsauce
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Zubereitung
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Die Chinakohl-Köpfe waschen und in kleinere (1 cm) Stücke schneiden, diese in die Salatschüssel geben, ein bis zwei Esslöffel Meersalz und einen Esslöffel Chilipulver oder getrocknete Chili oder eine frische Chili dazu geben, alles mit den Händen vermischen. Ein Geschirrtuch über die Schüssel legen, 24 Stunden bis zwei Tage bei Zimmertemperatur stehen lassen, dazwischen alle zwölf Stunden durchmischen. Die Flüssigkeit setzt sich ab, Gemisch ohne die Flüssigkeit am besten in Rexgläser mit Bügelverschluss füllen, im Kühlschrank lagern. Die wertvollen Inhaltsstoffe des Gemüses bleiben so mindestens zwei Monate lang erhalten.

Tipp: Wenn es dazu passt, dem Essen zwei Esslöffel des Gemisches beilegen.

Stand 05/2016

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