Wie lernt mein Kind gesund zu essen?

November 2013 | Ernährung & Genuss

Pizza, Burger, Schokoriegel: Viele Kinder ernähren sich höchst einseitig und ungesund. Doch wie kann es gelingen, ihnen richtiges Essen schmackhaft zu machen? Soviel vorweg: Eltern, die Wasser predigen und Limonade trinken, werden es schwer dabei haben.
 
Von Mag. Alexandra Wimmer

Vorbildhafte (Mit)Esser

Es klingt so simpel und gestaltet sich im Alltag doch so schwierig: „Man darf von Kindern nichts verlangen, was man nicht selbst vorlebt“, gibt die Wiener Ernährungswissenschafterin Mag. Rosemarie Zehetgruber einen grundsätzlichen Tipp. Die Sprösslinge registrieren genau, wenn man Wasser predigt und Limonade trinkt. „Kinder nehmen sich ihre Eltern als Vorbilder, daher ist es gerade bei der Kinderernährung von Bedeutung, dass die richtige Lebens- beziehungsweise Ernährungsweise vorgelebt wird“, betont auch der Internist und Ernährungsmediziner Prim. Univ. Prof. Dr. Friedrich Hoppichler, ärztlicher Leiter des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Salzburg. Feststeht: Das, was zu Hause auf den Tisch kommt, hat freilich einen großen Einfluss auf das Essverhalten der Kinder.

Gesundes in Griffweite

Was man möchte, dass der Nachwuchs isst, sollte auch verfügbar sein, lautet die nächste Empfehlung. „Man sollte das entsprechende Angebot schaffen, sowohl zu Hause als auch bei dem, was man in die Schule mitgibt“, betont Rosemarie Zehetgruber. Ob Obst, Gemüse, Fischaufstrich oder Vollkornweckerl: Das, was man an Nahrungsmitteln ständig vorrätig hat, ist den Kindern vertraut, wird quasi als „normal“ erlebt – und damit auch gegessen. Die ansprechend gefüllte Obstschale auf dem Esstisch, der Salat, der zu jedem Abendessen serviert wird – gesunde Ernährung ist (auch) eine Frage der Gewohnheit. Dasselbe gilt für das Schulbuffet: Dominieren Wurstsemmeln oder Vollkornbrote mit Gemüseaufstrichen? „Die Kinder lernen durch das jeweilige Angebot“, betont die Ernährungswissenschafterin.  

Vielfalt am Teller

Was konkret immer greifbar sein sollte: „Für Kinder ist eine abwechslungsreiche optimierte Mischkost, welche alle Nährstoffe abdeckt, empfehlenswert“, so Friedrich Hoppichler. „Die zentralen Komponenten sollten Flüssigkeit, Obst und Gemüse, Getreideprodukte, Milch-, Fleischprodukte sowie wertvolle pflanzliche Öle mit Omega 3-Fettsäuren sein.“ Mit dem vielseitigen Mix unterstützt man nicht nur die kindliche Entwicklung, man beugt zudem einseitigem und damit ungesundem Essverhalten vor: Je mehr verschiedene Lebensmittel ein Kind kennt und mag, desto weniger läuft es Gefahr, sich z. B. ausschließlich von Süßem oder tierischen Fetten zu ernähren und beispielsweise Karies, Diabetes, Übergewicht etc. zu riskieren. „Um das Geschmackspotenzial der Kinder zu erweitern, animiert man sie am besten dazu, Verschiedenes zu kosten und auszuprobieren“, regt Rosemarie Zehetgruber an. „Dadurch werden sie offener für verschiedene Speisen und Nahrungsmittel und gewöhnen sich nicht so sehr an den Einheitsgeschmack industriell gefertigter Produkte.“

Mitbestimmung beim Menü

Um Kindern einen kompetenten Umgang mit Lebensmitteln zu vermitteln, ist es außerdem wichtig, sich Zeit zu nehmen, mit den Kindern gemeinsam einkaufen zu gehen, gemeinsam zu kochen und das Essen zuzubereiten“, betont Friedrich Hoppichler. Nur auf diese Weise können Kinder die entsprechenden Fertigkeiten erlangen. Wer Mama und Papa beim Kochen hilft, sich Wissen über die Nahrung und ihre Zubereitung aneignet, ist später ein kompetenter Konsument. Auch bei der Lunchbox plädieren die Experten für ein „Mitspracherecht“. Tipps zur Zubereitung der Jause? „Schulbrote werden lieber gegessen, wenn sie appetitlich hergerichtet und verpackt sind, Obst und Gemüse werden klein geschnitten oft viel besser akzeptiert als im Ganzen“, sagt Hoppichler, der zudem darauf hinweist, dass gerade Kinder auch „mit den Augen essen“.  

Schmackhafte Schulprojekte

Pizza, Burger, Schokoriegel: Die Allgegenwart von Junkfood & Co macht es nötig, dass Kinder auch gesund mit weniger Gesundem umgehen lernen. Rigide Verbote sind nicht zielführend. „Günstiger ist, diese Produkte nicht ständig verfügbar zu machen und andere Nahrungsmittel in den Vordergrund zu rücken“, erklärt Zehetgruber und ergänzt: „Kompetenzen hinsichtlich Geschmack, Zubereitung, Produktauswahl lassen sich nur praktisch und nicht theoretisch entwickeln.“ Unterstützung bieten dabei viele verschiedene Projekte an Schulen, wie sie etwa auch die Ernährungswissenschafterin Zehetgruber mit ihrem Unternehmen „gutessen consulting“ durchführt (z. B. die „Wiener Jause“). Auch Friedrich Hoppichler hat als Vorstand von SIPCAN – Initiative für ein gesundes Leben – viele solcher Programme initiiert, wie z. B. den „Trink- und Jausenführerschein“: „Dadurch können Kinder den Umgang mit Lebensmitteln und Getränken spielerisch erlernen“, erklärt der Facharzt.

Süße Schatzkiste

Aufgrund der kindlichen Vorliebe für Süßes, ist mitunter ein „Naschmanagement“ nötig: „Eine Möglichkeit, wie Kinder den Umgang mit Süßigkeiten erlernen können, wäre zum Beispiel eine „Schatzkiste“, in der sie den Vorrat an Süßigkeiten für eine Woche vorfinden, welchen sie sich dann selber einteilen können“, rät Friedrich Hoppichler. Dann sind die Kinder gefordert, sich zu überlegen: Will ich die ganze Schokolade wirklich schon heute essen? „Wenn das Naschkisterl außerdem nicht in Sichtweite ist, nimmt man sich nicht einfach im Vorbeigehen ein Stück  Keks“, ergänzt Zehetgruber. Weitere Tipps: „Süßhunger wird reduziert, wenn die Kinder regelmäßig Kohlenhydrate und ausreichend Obst und Gemüse essen“, so die Ernährungsexpertin. Wenn Eltern bemerken, dass ihr Kind bei Langeweile Süßhunger entwickelt, sollte man sich Alternativen überlegen und „beispielsweise gemeinsam etwas spielen oder lesen“, regt Zehetgruber an.

Gemeinsame Mahlzeiten

Damit die Kinder vom elterlichen Vorbild optimal profitieren – und nicht nur deshalb –, sollte die Familie regelmäßig zum Speisen zusammenkommen. „Es ist zu empfehlen, dass man sich zumindest auf eine Mahlzeit am Tag einigt, an der alle Familienangehörigen teilnehmen können, wie zum Beispiel das Frühstück oder das Abendessen“, erklärt Friedrich Hoppichler. Wie verschiedene Studien zeigen, beeinflussen gemeinsam eingenommene Mahlzeiten das Essverhalten der Kinder höchst positiv; wer regelmäßig im Kreis seiner Familie speist, kann das Essen mehr genießen und ist weniger gefährdet, eine Essstörung oder Übergewicht zu entwickeln. „Wenn man bewusster isst, isst man langsamer und automatisch weniger“, nennt Zehetgruber einen möglichen Grund. „Auch bietet das gemeinsame Essen mit den Eltern den Kindern eine positiv besetzte Zeit – Familienzeit.“ Geregelte Mahlzeiten strukturieren auch den Alltag. „Speziell für Kinder und Jugendliche lohnt es sich, feste Mahlzeiten einzuhalten und nach Möglichkeit unkontrolliertes Zwischendurch-Essen zu vermeiden“, betont Hoppichler.

Angenehmes Ambiente

Die Bekömmlichkeit einer Mahlzeit hängt auch von dem Ambiente ab, in dem man sie einnimmt. „Essen schmeckt einfach besser, wenn man an einem schön gedeckten Tisch sitzt, es Rituale gibt, etwa, dass man sich eine gute Mahlzeit wünscht“, sagt Zehetgruber. Auch sollte man für jede Mahlzeit, angefangen beim Frühstück, ausreichend Zeit einplanen, um sie in Ruhe genießen zu können. „Eine ruhige Atmosphäre bei Tisch ist hilfreich, um keine Ablenkung und Unruhe durch gleichzeitiges Fernsehen oder wiederholtes Aufstehen vom Tisch entstehen zu lassen“, sagt Hoppichler. Auch Konflikte oder problematische Themen – die missglückte Deutschschularbeit, der Streit mit einer Schulfreundin – bespricht man besser zu einem anderen Zeitpunkt.

Webtipp:

Weitere Informationen über gesunde Ernährung erhalten Sie z.B. auf der Homepage von SIPCAN-Initiative für ein gesundes Leben: www.sipcan.at

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