Gefährlicher Trend: Wasserpfeife

Oktober 2010 | Medizin & Trends

Shishas & Co sind noch schädlicher als Zigaretten
 
Vor allem bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Österreich liegen Wasserpfeifen im Trend. Ein Grund für die zunehmende Beliebtheit ist der fatale Irrglaube, dass das Rauchen von Wasserpfeifen eine harmlose, ungefährliche Alternative zum Zigarettenrauchen sei. Doch das Gegenteil ist der Fall, erklärt Experte Univ. Prof. Dr. Manfred Neuberger, und zählt für MEDIZIN populär die vielen Gefahren durch Shishas, Hookahs & Co auf.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Erfunden wurde sie vor 400 Jahren in der Türkei, von dort aus verbreitete sie sich im gesamten Orient – und jetzt wird sie auch in Österreich immer beliebter: Die Wasserpfeife, die auch Goza, Hookah, Hubble-Bubble, Narghile und Shisha genannt wird. „Vor allem unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen liegt es zunehmend im Trend, Wasserpfeife zu rauchen“, sagt Univ. Prof. Dr. Manfred Neuberger vom Institut für Umwelthygiene der Medizinischen Universität Wien. War das exotische Rauchgerät noch vor 20 Jahren eher selten in den Kreisen von Teens und Twens in Gebrauch, stieg die Zahl der jungen Wasserpfeifen-Benützer in den vergangenen Jahren stetig an. Aus einer Studie der deutschen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ist bekannt, dass heutzutage bereits 38 Prozent aller Zwölf- bis 17-Jährigen das Wasserpfeife-Rauchen probiert haben und 14 Prozent der Jugendlichen aus derselben Altersgruppe ein- bis zweimal pro Monat Wasserpfeife rauchen. Aus einer Befragung von 6671 Raucherinnen und Rauchern in Österreich weiß man, dass das mittlere Alter der Shisha-Anhänger bei 21,4 Jahren liegt – während beispielsweise Zigarettenraucher durchschnittlich 31,7 Jahre alt sind.

In Lokalen leicht zu haben

Neuberger über die Gründe für die steigende Beliebtheit der Wasserpfeife unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen: „Zum einen hat man heute leichter Zugang zu Wasserpfeifen als früher, weil es in Österreich immer mehr Lokale gibt, in denen die Pfeifen angeboten werden.“ Zum anderen werde, so der Experte weiter, das Rauchen von Wasserpfeifen im Vergleich zum Zigarettenrauchen für wenig bis gar nicht gesundheitsschädlich gehalten, weil der Tabakrauch durch Wasser gezogen wird. „Dass der Rauch auf diese Art und Weise von Schadstoffen befreit wird, wie viele meinen, ist aber ein Irrglaube“, sagt Neuberger. Beim Ziehen am Schlauch, der aus der Rauchsäule der oft bunt bemalten Wasserbehälter der Shishas, Hookahs & Co hängt, und bei dem das Wasser im Behälter so schön blubbert, handelt es sich um alles andere als ein harmloses Vergnügen.

Wasserpfeife als Einstiegsdroge

Etliche Studien zeigen: Was die Wasserpfeife besonders gefährlich macht, ist die Tatsache, dass sie für die Mehrheit der Konsumenten die Einstiegsdroge zum späteren und dauerhaften Zigarettenkonsum darstellt – dies aus verschiedenen Gründen. Neuberger: „Der Tabak für die Pfeifen ist mit Aromastoffen versetzt, die man gern riecht und schmeckt, das macht das Rauchen zu einem angenehmen Erlebnis für die Sinne.“ Neben den Apfel-, Honig-, Kirsch-, Melonen- oder Rosenaromastoffen enthalten die meisten Tabake für Shishas außerdem Menthol. „Menthol betäubt die Schleimhäute, wodurch das Inhalieren leicht fällt“, sagt Neuberger. Und schließlich stecke auch in Wasserpfeifentabaken Nikotin, das beim üblichen festen Anziehen am Schlauch der Pfeife und dem nachfolgenden tiefen Inhalieren in besonders hoher Dosis ins Blut und Gehirn gelangt und so besonders rasch in die Nikotinsucht führt. Neuberger: „All diese Faktoren führen dazu, dass aus den meisten Wasserpfeifenrauchern Zigarettenraucher werden.“ Was mit den bekannten hohen Risiken für die Gesundheit verbunden ist.

Mehr Schadstoffe in der Lunge

Aber auch schon die Art und Weise, wie Wasserpfeife geraucht wird, das tiefe Inhalieren des Rauchs, meist in Etappen über eine Stunde lang, ist noch gesundheitsschädlicher als das Rauchen von Zigaretten. „Dadurch, dass man viel Rauch auf einmal einatmet, gelangen abgesehen vom Nikotin auch alle anderen Schadstoffe, die im Tabak stecken, in hoher Konzentration in die Lunge“, sagt Neuberger. Akut kann es durch die hohen Schadstoffdosen, die der Körper während einer Wasserpfeifen-Session aufnehmen muss, zu Kopfweh und Schwindelgefühlen kommen. Neuberger: „Mittel- und langfristig schränken die schädlichen Substanzen, die im Tabak enthalten sind, wie zum Beispiel Teer, die Lungenfunktion ein.“ Nicht nur das: Wie alle bisher weltweit durchgeführten 24 Studien zeigen, haben Wasserpfeifenraucher ein doppelt so hohes Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, wie Zigarettenraucher.

Höheres Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt

Andere Untersuchungen ergaben, dass nach dem Konsum einer Wasserpfeife fast zehnmal mehr Kohlenmonoxid im Blut der Raucher ist als nach dem Konsum einer Zigarette. „Kohlenmonoxid ist ein Giftgas, das sich an die roten Blutkörperchen bindet und den Sauerstofftransport im Blut behindert“, sagt Neuberger und erklärt, was das bedeutet: „Zum eingeschränkten Sauerstofftransport im Blut gesellt sich eine Zunahme der Blutgerinnung und eine Verengung der Blutgefäße durch feine Rauchpartikel, die über die Lunge ins Blut eindringen. Dadurch erhöht sich das Risiko, dass man einen Schlaganfall oder Herzinfarkt erleidet.“

Bluthochdruck, vermindertes Denkvermögen, Krebs

Im Wasserpfeifentabak, der im Kopf der Pfeife unter schwelenden Kohlestückchen erhitzt wird, steckt aber auch noch eine andere gefährliche Substanz: Blei. „Wer besonders viel Blei zu sich nimmt, steigert seinen Blutdruck und schädigt die Gehirnfunktion derart, dass es zu einem verminderten Denkvermögen kommt“, sagt Neuberger. Weitere giftige Substanzen, die sich in Shisha-Tabaken finden, sind Beryllium, Chrom, Kobalt und Nickel. Neuberger: „Auch die Belastung durch diese Substanzen, die die Entstehung vieler Krebserkrankungen fördern, ist beim Wasserpfeifenrauchen höher als beim Zigarettenrauchen.“  

Pilzinfektionen, Herpes, Hepatitis, Tuberkulose

Ein weiteres Gesundheitsrisiko bringt die Tatsache mit sich, dass Wasserpfeifen meistens nicht allein, sondern in Gesellschaft geraucht werden. Neuberger: „Am Schlauch ist ein Mundstück befestigt, das jeder Raucher in den Mund nimmt, wodurch sich dort die verschiedensten Krankheitserreger sammeln können.“ Wer sich die Pfeife mit Infizierten teilt, liefert sich deswegen z. B. der Gefahr aus, eine Pilzinfektion zu bekommen, die zu lästigen Hauterkrankungen führen kann. Auch Lippenherpes, bei der sich auf den Lippen unangenehme und unschöne Bläschen bilden, kann über solche Mundstücke übertragen werden. „Ebenfalls möglich sind Infektionen mit der Lebererkrankung Hepatitis oder der Lungenkrankheit Tuberkulose“, sagt Neuberger. Beides Erkrankungen, die schlimmstenfalls zum Tod führen.

Auch für Passivraucher gefährlich

Wer Wasserpfeife raucht, gefährdet damit aber nicht nur sich selbst, sondern auch die Menschen in seinem Umfeld: Das zeigen Messungen, die 2005 im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation WHO durchgeführt wurden und ergaben, dass beim Konsum von nur einer Wasserpfeife genauso viel Rauch entsteht, wie beim Konsum von 100 bis 200 Zigaretten. Die Folge: Die Rauchkonzentration in der Luft von Räumen, in denen Shishas geraucht werden, ist meist höher als in Räumen, in denen Zigaretten geraucht werden. Das zeigten auch Messungen, die das deutsche Krebsforschungszentrum 2006 in Shisha-Lokalen, Diskotheken, Bars und Restaurants durchführen ließ, um die Tabakrauchbelastung zu ermitteln: Die Feinstaubbelastung in Shisha-Lokalen war dreimal so hoch wie in Restaurants, in denen Zigaretten geraucht wurden.    

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Fataler Irrglaube in Zahlen

Für die Studie „Vorsicht Wasserpfeife“ wurden 2006 und 2007 in Berlin 1147 Jugendliche im Alter von 16 bis 25 Jahren befragt. Dabei wurde die Frage, ob das Rauchen von Wasserpfeifen ähnlich gesundheitsschädlich ist wie das Rauchen von Zigaretten, von 78 Prozent der Betroffenen verneint. Weitere 78 Prozent waren der Meinung, dass Shisha-Rauchen nicht zur Erkrankung an Lungenkrebs führen kann. 83 Prozent waren davon überzeugt, dass Shisha-Rauchen keinesfalls die Ursache für einen Schlaganfall oder Herzinfarkt sein kann.

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Nichtraucherschutzgesetz gilt auch für Wasserpfeifen

Für das Wasserpfeifenrauchen gelten dieselben Gesetze wie für das Rauchen von Zigaretten. Nach dem österreichischen Jugendschutzgesetz ist der Konsum für Jugendliche unter 16 Jahren verboten. In den Sisha-Lokalen gilt wie in allen anderen Lokalen auch das österreichische Nichtraucherschutzgesetz, das grundsätzlich ein Rauchverbot darstellt, aber Ausnahmen vorsieht: So darf nach wie vor in Lokalen geraucht werden, die als Raucherlokal deklariert sind und bis 50 Quadratmeter groß sind, bzw. in abgetrennten Raucherbereichen und -zimmern von Lokalen.

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