Darmkrebs im Vormarsch

Februar 2012 | Medizin & Trends

Warum der tückische Tumor bei uns so häufig ist
 
Jedes Jahr wird bei bis zu 5000 Österreicherinnen und Österreichern ein bösartiger Tumor im Darm festgestellt. Darmkrebs hat sich zum zweithäufigsten Krebs bei Frauen und zum dritthäufigsten bei Männern entwickelt. Während für Österreich eine steigende Zahl an Betroffenen befürchtet wird, ist die Krankheit in anderen Ländern mit anderen (Ess-)Sitten kaum Thema. Lesen Sie, warum der tückische Tumor bei uns so häufig ist.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Was wir essen, schicken wir auf eine Reise durch unseren Körper, die im Dick- bzw. Mastdarm endet. Zwar ist bis dahin aus der Nahrung bereits ein Brei geworden, der an den verschiedenen Stationen unseres Verdauungstrakts mit Säuren und Verdauungsenzymen bearbeitet wurde. Aber bis zur letzten Etappe ist für die Darmgesundheit immens wichtig, was wir gegessen haben und wie dieser Nahrungsbrei zusammengesetzt ist. Haben wir vorwiegend Ballaststoffe und Pflanzenfasern zu uns genommen, also Gemüse, Obst, Salat oder Vollkornprodukte, so hat der Brei bzw. Kot im Dickdarm und Mastdarm viel Volumen und ist an der Oberfläche glatt. Das macht ihn besonders gleitfähig, sodass er den Darm schnell passieren kann. Und schädigende Substanzen haben dann keine Chance, auf die Darmschleimhaut einzuwirken.

Zu viel Fett und Fleisch

Weniger voluminös und darüber hinaus außen zerklüftet gelangt in den Darm, was von rotem Fleisch, Frittiertem, Geräuchertem, Gepökeltem und Paniertem übrig bleibt. Der Weitertransport dieser Art von Nahrungsbrei geht nur langsam voran, und das bedeutet: Gefährliche Substanzen, die in Schnitzeln, Speck, Pommes & Co stecken, haben auf ihrer Reise durch den Darm viel Zeit, die Schleimhaut zu schädigen.
„Eine fett- und fleischreiche Ernährung ist eine der Hauptursachen für
die Entstehung von Darmkrebs“, sagt Dr. Günter Wimberger, Co-Leiter der Darmambulanz des Krankenhauses Göttlicher Heiland in Wien. Vor allem Nitritverbindungen im Pökelsalz, gesättigte Fettsäuren, Cholesterin und auch sogenannte heterozyklische Amine, die entstehen, wenn beim Braten und Grillen etwas anbrennt, können bewirken, dass sich im Darm bösartige Tumore entwickeln. Das weiß man vor allem aus Vergleichen mit anderen Weltregionen wie Afrika oder Asien, wo überwiegend Pflanzliches und weißes Fleisch von Huhn oder Pute gegessen werden: Dort nämlich geht die Zahl der Darmkrebspatienten gegen Null.
Neben fett- und fleischreicher Ernährung gibt es noch einen klassischen Risikofaktor für die Entstehung von Darmkrebs: Polypen, Ausbuchtungen der Dickdarmschleimhaut ins Darminnere. „Polypen können eine Vorstufe von Darmkrebs sein“, sagt Wimberger. Bis sich aus den Ausbuchtungen ein bösartiger Tumor entwickelt hat, vergehen allerdings meist viele Jahre, nicht selten 15 bis 20. So wird verständlich, warum neben der ungünstigen Ernährung auch die steigende Lebenserwartung ein Grund für den Vormarsch von Darmkrebs ist: Wer alt wird, erlebt seinen Darmkrebs sozusagen mit größerer Wahrscheinlichkeit.

Lange Zeit keine Beschwerden

Dabei wird schon jetzt jedes Jahr bei bis zu 5000 Österreicherinnen und Österreichern Darmkrebs diagnostiziert, zirka 3000 sterben daran. Bei Frauen ist Darmkrebs die zweithäufigste Krebserkrankung, bei Männern die dritthäufigste. Das alarmiert Experten wie Wimberger und lässt sie dazu aufrufen, die angebotenen Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch zu nehmen. Denn das Tückische an der Krankheit ist, dass man selber lange Zeit nichts davon bemerkt, weil sie zunächst keine Schmerzen oder andere Beschwerden verursacht. „Ein erstes Frühsymptom für Darmkrebs oder ein Darmkrebsrisiko ist okkultes Blut im Stuhl“, erklärt Wimberger. Wie der Name „okkultes Blut“ schon sagt, bemerkt man auch dieses Symptom selber nicht, da das Blut nicht mit freiem Auge sichtbar, sondern nur im Labor erkennbar ist. Deshalb ist es so wichtig, regelmäßig im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung den entsprechenden Test zu machen: Dazu wird Stuhl von drei aufeinanderfolgenden Tagen auf Teststreifen aufgebracht, die der Arzt untersucht.
Wird okkultes Blut im Stuhl gefunden, oder besteht aus anderen Gründen der Verdacht auf eine Darmerkrankung, ist der nächste Schritt eine Koloskopie. Dabei wird mit einer Art Kamera an einem stabförmigen Gerät, das in den Darm eingeführt wird, die Darmschleimhaut begutachtet – ein Eingriff, den viele aus Angst und Scham scheuen. „Vor einer Koloskopie braucht sich heute aber niemand mehr zu fürchten“, sagt Wimberger. „Man erhält vorher ein leicht betäubendes Mittel und bemerkt gar nichts davon.“ Werden bei der Koloskopie Polypen im Darm entdeckt, was bei 15 bis 20 Prozent der Untersuchten der Fall ist, werden diese gleich alle entfernt und im Labor überprüft. Wie oft man in der Folge den Darm untersuchen lassen muss, hängt vom Ergebnis und dem davon abzuleitenden Krebsrisiko ab. „Das Gewebe der Polypen kann geringgradig, mittelgradig oder schwergradig vom Zustand gesunden Gewebes abweichen“, erklärt Wimberger. Entsprechend ist das Risiko zu bewerten, noch nach diesem Eingriff an Darmkrebs zu erkranken.
Besonders groß ist das Darmkrebsrisiko, wenn Mutter oder Vater, Schwester oder Bruder, auch Tante oder Onkel von diesem Leiden betroffen waren. Bei solcherart erblich Vorbelasteten kann die Erkrankung nicht erst in höherem Lebensalter, sondern bereits früher auftreten. Betroffenen raten Experten wie Wimberger, spätestens ab dem 30. Lebensjahr regelmäßig den Darm auf okkultes Blut untersuchen bzw. eine Koloskopie machen zu lassen.

Schonende Behandlung

Werden bei der Koloskopie nicht nur Abweichungen vom gesunden Zustand entdeckt, sondern echte Krebszellen bzw. ein Tumor gefunden, was bei 15 bis 20 Prozent der Untersuchten der Fall ist, besteht die Therapie in der operativen Entfernung dieses Tumors. „Die meisten Operationen“, verdeutlicht Wimberger, „werden heute mit Hilfe der Laparoskopie, also der Schlüssellochchirurgie durchgeführt, eine für die Patienten besonders schonende Methode.“ Bei Krebs im Mastdarm, dem letzten, 15 Zentimeter langen Stück des vom Mund bis zum After insgesamt neun Meter langen Verdauungstrakts, wird oft anders vorgegangen. Wimberger: „Haben sich dort Tumore gebildet, kann eine Bestrahlung bewirken, dass sie kleiner werden, wodurch die anschließende Operation schonender ist.“
Haben die Krebszellen ausgehend vom Darm bereits umliegendes Gewebe befallen wie z. B. die Lymphknoten im Beckenbereich, so ist laut Wimberger nach der Operation noch eine Chemotherapie notwendig, um eine Heilung zu ermöglichen. Und den gefürchteten bleibenden künstlichen Darmausgang, das sogenannte Stoma, brauchen dank der modernen Behandlungsmethoden heutzutage nur wenige Operierte, beruhigt Wimberger. Der Großteil der Darmkrebspatienten kann den Stuhl auch nach dem Eingriff weiterhin kontrolliert ausscheiden.

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So bleibt der Darm gesund

  • Gesund für den Darm sind Lebensmittel, die viele Faser- und Ballaststoffe und auch Flüssigkeit enthalten, da alles zusammen genommen den Stuhl voluminös, kompakt und zugleich weich, geschmeidig und besonders gleitfähig macht. Dr. Günter Wimberger: „Das sind alle Sorten Obst und Gemüse, Salate, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte.“ Ist der Darm eine derartige Ernährung nicht gewöhnt, kann es durch eine Umstellung auf diese Kost zu Blähungen kommen. Das Problem kann man vermeiden, indem man Kümmel oder Anis zu den Speisen gibt oder die Ernährung langsam und schrittweise umstellt.
  • Darüber hinaus dienen der Darmgesundheit Nahrungsmittel, die viele Milchsäurebakterien enthalten, wie Joghurt, Butter- oder Sauermilch. Sie unterstützen die Arbeit jener Darmbakterien, die für die Verdauung zuständig sind. Auch gut für den Darm: Lebensmittel, die entzündungshemmend wirken, wie Zwiebeln, Knoblauch, Pfefferoni oder Gewürze wie Chili oder Pfeffer.
  • Gegen weißes Fleisch von Huhn oder Pute hat der Darm nichts, denn es enthält nicht so viel Eisen wie das rote Fleisch. Eisen verstärkt im Zusammenspiel mit krebserregenden Substanzen, die bei der Zubereitung von Fleisch entstehen, deren Wirkung.
  • Viel Wasser trinken, unterstützt die Darmgesundheit ebenfalls, denn auch die Flüssigkeit macht den Stuhl gleitfähig.
  • Auch Bewegung fördert die Darmgesundheit, denn sie regt die Darmtätigkeit an.

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