Kinderkrankheiten ganz groß

Oktober 2015 | Medizin & Trends

So gefährlich sind Masern, Mumps, Röteln für Erwachsene
 
Kinderkrankheiten sind wieder auf dem Vormarsch – und treffen immer mehr Erwachsene. Ob Masern, Mumps, Röteln, Keuchhusten oder Windpocken: Je älter die Betroffenen sind, desto größer ist das Risiko für schwere Komplikationen. MEDIZIN populär informiert.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Man fiebert, die Nase rinnt, der Hals kratzt: Da bahnt sich eine Erkältung an, möchte man meinen. Aber nicht immer handelt es sich bei diesen Beschwerden um die Anzeichen für die zwar belastende, aber doch harmlose Krankheit. Heiserkeit, Schnupfen und Fieber können zum Beispiel auch Symptome für eine Ansteckung mit Masern oder Röteln sein. Gesellt sich nach etwa vier Tagen ein Ausschlag zu den Beschwerden, hat man sich eventuell eine der einstigen Kinderkrankheiten eingefangen. Denn diese sind auf dem Vormarsch und treffen nicht mehr nur Kinder, sondern zunehmend auch Erwachsene. Ähnliche Entwicklungen sind auch bei Mumps, Röteln und Keuchhusten zu beobachten, warnen Mediziner. Und das, obwohl diese Krankheiten laut Weltgesundheitsorganisation WHO bereits ausgerottet sein könnten, da es teils schon seit Jahrzehnten Schutzimpfungen dagegen gibt. Doch die Impfungen werden immer öfter verweigert, was laut Univ. Prof. Dr. Florian Thalhammer, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Infektionen und Tropenmedizin sowie Facharzt für Innere Medizin, Infektionen und Tropenmedizin an der Medizinischen Universitätsklinik am AKH Wien, „nicht nachvollziehbar“ und „leider“ die Ursache für die neuerliche Ausbreitung dieser Kinderkrankheiten ist. Schon für Kinder stellen Masern, Mumps, Röteln, Keuchhusten und Windpocken eine große Belastung dar und können sogar lebensbedrohlich für sie werden. Doch, so Thalhammer, „je älter die Patienten sind, desto größer ist das Risiko, dass die Krankheiten schwerer verlaufen, häufiger mit gefährlichen Komplikationen einhergehen oder zum Tod führen“.  Der Mediziner über den Grund dafür: „Bei Erwachsenen sind die Abwehrkräfte schwächer, dies besonders, wenn bereits eine andere, chronische Erkrankung besteht.“


Masern:
Gefahr Hirnentzündung

Ein Hautausschlag, Fieber, Schnupfen und Heiserkeit: Während es bei Kindern mit Masern meist bei diesen Symptomen bleibt, gesellt sich bei älteren Masernpatienten zur Virusinfektion oft noch eine bakterielle Infektion dazu. Eine Bindehautentzündung, eine Kehlkopfentzündung oder auch eine Mittelohrentzündung können die Folge sein. Kommen zu diesen Entzündungen weitere bakterielle Infektionen hinzu, wird es richtig gefährlich: „Es kann zu einer Lungenentzündung oder einer sogenannten Masernenzephalitis, einer  Hirnentzündung, kommen“, weiß Thalhammer und ergänzt: „Bei 25 Prozent aller an Masernenzephalitis Erkrankten, also jedem Vierten, zieht diese Enzephalitis bleibende Hirnschäden nach sich, 15 Prozent der Patienten sterben.“
Das Fatale: Masern sind hochansteckend. Wird man von einem Erkrankten angeniest oder angehustet, steckt man sich mit fast hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit mit den Masernviren an. Thalhammer: „Vor einer Infektion gewappnet ist nur, wer bereits eine Erkrankung an Masern durchgemacht hat oder gegen Masern geimpft ist.“ Dann hat das Immunsystem gelernt, das Masernvirus zu erkennen und unschädlich zu machen.


Mumps:
Gefahr Unfruchtbarkeit

Florian Thalhammer: „Mumps kündigt sich sowohl bei Kindern, als auch bei Erwachsenen durch Fieber an, das oft schnell sehr hoch ansteigt.“ Bei fast allen Mumpspatienten schwellen zudem beide Ohrspeicheldrüsen an: Durch die Schwellung stehen die Ohren weit ab – was das typische Mumpsgesicht ausmacht. Während die Krankheit bei Kindern meist nach gut einer Woche ausgestanden ist, wird es im Erwachsenenalter dann erst gefährlich. „Bei einem Viertel der männlichen Patienten tritt in Folge der Erkrankung an Mumps eine Mumpshoden- oder eine Mumpsnebenhodenentzündung auf, die zur Zeugungsunfähigkeit führen kann“, erklärt Thalhammer und ergänzt: „Bei Frauen besteht die Gefahr, eine Brustdrüsenentzündung oder eine Eierstockentzündung zu bekommen, und auch Eierstockentzündungen können unfruchtbar machen.“
Mumps wird durch Viren übertragen, beim Kontakt mit einem Erkrankten ist die Ansteckungsgefahr groß. Thalhammer: „Geschützt ist nur, wer bereits Mumps hatte oder gegen Mumps geimpft ist.“

Röteln:
Gefahr Missbildungen

Fieber, Kopfschmerzen, Husten, Schnupfen und eine Augenentzündung: „Das können erste Anzeichen für eine Erkrankung an Röteln sein“, informiert Thalhammer und ergänzt: „Typisch für Röteln ist, wenn etwa zeitgleich und hinter den Ohren beginnend ein hellroter Hautausschlag auftritt, der sich binnen 24 Stunden über den ganzen Körper zieht.“ Zudem schwellen oft die Lymphknoten am Hals an. Während es bei Kindern meist bei diesen Symptomen bleibt und diese nach etwa einer Woche abklingen, können Röteln für Schwangere und ihr ungeborenes Kind gefährlich werden. Thalhammer: „Während der gesamten Schwangerschaft kann es zu einer Infektion des Embryos kommen, die immer zu schweren Missbildungen führt.“ Meist entwickeln sich das Herz, die Augen und das Gehör nicht richtig.
„Vor einer Ansteckung mit den Rötelnviren ist nur geschützt, wer bereits eine Erkrankung an Röteln durchgemacht hat oder geimpft ist“, so Thalhammer.


Keuchhusten:
Gefahr Lungenentzündung

Ein anfallsartiger Husten, der – wie sein Name schon sagt – mit einem Keuchen verbunden ist: So äußert sich Keuchhusten. Die Krankheit ist auch schon für Säuglinge und Kinder sehr belastend, die mit dem Husten oft noch Schleim hervorwürgen, und kann lebensbedrohlich werden, wenn der Husten einen Atemstillstand nach sich zieht. „Bis die Symptome abklingen, vergehen sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen bis zu siebzig Tage, also mehr als zwei Monate“, weiß Thalhammer. Dabei sind Erwachsene anfälliger für Komplikationen. Bedingt durch die schweren Hustenanfälle kann es zum Beispiel zu Einblutungen in die Augen oder auch Rippen- oder Leistenbrüchen kommen. Mitunter zieht die Erkrankung an Keuchhusten auch Mittelohrentzündungen und Lungenentzündungen nach sich.  
Keuchhusten wird durch Bakterien übertragen – wer von einem Erkrankten angehustet oder angeniest wird oder mit ihm spricht, steckt sich leicht an. „Auch wer schon einmal Keuchhusten hatte, ist nicht immun“, warnt Thalhammer. „Keuchhusten kann man immer wieder bekommen.“ Die einzig mögliche Schutzmaßnahme ist die Schutzimpfung, doch auch diese schützt nicht lebenslang. Nach der Impfung im Kleinkindalter muss sie immer wieder aufgefrischt werden.

Windpocken:
Gefahr Herzmuskelentzündung

Ein stark juckender Hautausschlag, der sich über den gesamten Körper zieht und Fieber: Das sind bei Kindern die Symptome für eine Erkrankung an Windpocken. Nach sieben bis zehn Tagen ist die Krankheit bei ihnen oft auch schon wieder vorbei – und haben sie nicht zu viel an den Bläschen herumgekratzt, sind diese dann auch schon abgeheilt, ohne Narben zu hinterlassen. Nicht immer so unkompliziert verläuft die Erkrankung bei Jugendlichen oder Erwachsenen, weiß Thalhammer: „Bei Älteren können bei einer Infektion mit Windpocken Augenentzündungen, eine Lungenentzündung sowie eine lebensbedrohliche Herzmuskelentzündung auftreten.“
Zehn bis zwanzig Prozent aller Menschen, die in der Kindheit an Windpocken erkrankt sind, erkranken als Erwachsene an Gürtelrose, bei der sich ebenfalls stark juckende Bläschen auf der Haut bilden. Sowohl die Gürtelrose als auch die Windpocken werden durch Tröpfchen- und Schmierinfektion mit Viren aus der Herpes-Familie übertragen. Zwar können laut Thalhammer beide Erkrankungen „mit speziellen Medikamenten, Virustatika, sehr gut behandelt werden“. Doch auch vor den Windpocken und der Gürtelrose kann man sich mit Impfungen schützen.

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Die Impfungen

  • Schutzimpfung gegen Masern-Mumps-Röteln: Dreifachkombinationsimpfung, die für das Ende des 1. Lebensjahrs empfohlen wird. Sie besteht aus zwei Teilimpfungen, die im Abstand von mindestens vier Wochen gegeben werden, kann in jedem Lebensalter nachgeholt werden.
  • Schutzimpfung gegen Keuchhusten: Sollte im Säuglingsalter bis zum 18. Lebensmonat erfolgen. Sie muss zwischen dem 7. und 9. Lebensjahr aufgefrischt werden, danach alle zehn Jahre, ab 60 alle fünf.
  • Schutzimpfung gegen Windpocken: Ab dem 11. Lebensmonat empfohlen, wie lang der Schutz anhält, weiß man nicht.
  • Impfung gegen Gürtelrose (Herpes Zoster): Für über 50-Jährige empfohlen.

Webtipp:
Informationen über Schutzimpfungen und Impfaktionen auf www.aerztekammer.at/impfen

Stand 10/2015

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