Morbus Parkinson
Man hielt ihnen einen speziellen Stift unter die Nase, der nach Sardellen roch – doch die Versuchspersonen erschnupperten Brotgeruch. Bananen rochen für sie nach Kokos, Schuhleder- und Kaffee-Duft verwechselten sie mit dem Geruch einer brennenden Kerze. Diese Gemeinsamkeit stellten Innsbrucker und deutsche Forscher in Versuchen bei gesunden Menschen fest, die später an Morbus Parkinson erkrankten. Und diese Erkenntnis wurde erst kürzlich in Experimenten mit 276 Frauen und Männern in ostösterreichischen Arztordinationen bestätigt: Wer Gerüche in der beschriebenen Weise verwechselt, hat ein viermal so hohes Risiko, Morbus Parkinson zu bekommen, wie ein Mensch, der die Gerüche eindeutig zuordnen kann.
Zukunftsmusik: Medikamente zur Vorbeugung
„Das ist die neueste Erkenntnis im Rahmen der Forschungen über Morbus Parkinson“, sagt Prim. Dr. Dieter Volc vom Parkinson-Zentrum in Wien. Eine Erkenntnis, die künftig eventuell dazu dienen könnte, durch die Früherkennung des Risikos das Ausbrechen des Leidens zu verzögern, durch rechtzeitige Behandlung die Beschwerden zu lindern und das Fortschreiten jener Hirnschäden aufzuhalten, die mit Morbus Parkinson einhergehen. Alles das wäre vielleicht möglich, wenn die Risikopatienten vorbeugend mit Medikamenten versorgt würden, die derzeit nur bereits Erkrankte bekommen. Das sind Mittel, die den Morbus Parkinson-typischen Mangel am Nervenbotenstoff Dopamin ausgleichen. Aber all das ist derzeit noch Zukunftsmusik und muss weiter erforscht werden.
Auf der Suche nach den Ursachen
Heilbar sein wird Morbus Parkinson in nächster Zukunft nicht. Volc: „Das wäre nur möglich, wenn man herausfindet, was die Erkrankung verursacht.“ Auch diesbezüglich gibt es derzeit lediglich Vermutungen. „Angenommen wird, dass eine bestimmte Erbanlage das Erkrankungsrisiko erhöht, eventuell kombiniert mit dem Kontakt mit Industriegiften wie etwa Pflanzenschutzmitteln“, sagt Volc. Und: „Anfällig scheinen aus meiner Sicht auch Menschen zu sein, die besonders ehrgeizig und zielstrebig durchs Leben gehen und sich dabei anderen gegenüber eher dominant verhalten.“
Mehr Männer als Frauen betroffen
Morbus Parkinson ist nach der Alzheimer-Demenz die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. In Österreich leiden etwa 20.000 Menschen daran, diagnostiziert wird die Krankheit meist fünf bis zehn Jahre nach dem Auftreten der ersten Beschwerden und um das 63. Lebensjahr. Männer sind häufiger betroffen als Frauen – warum das so ist, weiß man nicht.
So wie die Krankheit bei ihrer Entdeckung durch James Parkinson 1817 als „Schüttellähmung“ bezeichnet wurde, fällt sie auch heute noch als Verursacherin eines ständigen und mehr oder weniger heftigen unwillkürlichen Zitterns sowie von Lähmungserscheinungen auf. Symptome, die vom Essen über das Gehen bis hin zum Zähneputzen vieles erschweren und die Betroffenen noch dazu stigmatisieren. Hinzu kommen oft aber noch andere Symptome, die mit den genannten einhergehen, aber auch für sich genommen auftreten können: immer kleiner werdende Schritte, eine zunehmend eingeschränkte Mimik, Muskelverkrampfungen, Kreislaufstörungen, Sehstörungen, Schlafstörungen, Inkontinenz und Verstopfung, Erektionsstörungen, Depressionen, Persönlichkeitsveränderungen, Halluzinationen.
Vom Arzt erkannt wird die Erkrankung, so Experte Volc, durch eine klinische Untersuchung, die die Befragung der Betroffenen beinhaltet und eine Ultraschall-Untersuchung des Gehirns, in der die für Morbus Parkinson typischen Veränderungen sichtbar gemacht werden können.
Lebenslust als Schutz vermutet
So vielfältig wie die Symptome gestaltet sich auch der Verlauf der Erkrankung. Einige wenige Patienten können mit den Beschwerden auch ohne Behandlung gut leben. Volc: „70 bis 80 Prozent sind mit der Gabe von Medikamenten, die den typischen Dopaminmangel beseitigen bzw. die belastenden Symptome lindern, für lange Zeit nahezu beschwerdefrei.“ Für Patienten, die trotz medikamentöser Therapie stark an Morbus Parkinson leiden, gibt es noch die Möglichkeit, sich einer zusätzlichen Behandlung zu unterziehen. Dabei werden die Beschwerden per Elektrostimulation der Nervenzellen im Gehirn eingedämmt – was zumindest vorübergehend eine starke Erleichterung bringt.
Nur Vermutungen gibt es derzeit auch darüber, wie man der Krankheit vorbeugen könnte. Versuche mit Risikopatienten mit gestörtem Geruchssinn, die man entsprechend medikamentös behandelt, stehen noch aus. Doch Experten wie Volc meinen, dass die Freude an einem entspannten, genussvollen Leben sowie ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung und viel Bewegung einen Schutz bieten könnten.
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