Narben

April 2010 | Kosmetik & Pflege

Wenn Wunden schlecht heilen
 
Verletzungen, Verbrennungen, Operationen – das Leben hinterlässt oft Spuren auf der Haut, die seelische, aber auch körperliche Probleme mit sich bringen können. Vor allem im Gesicht werden Narben als störend empfunden. MEDIZIN populär über moderne Behandlungsmöglichkeiten.
 
Von Mag. Helga Schimmer

Eine Unachtsamkeit mit dem Küchenmesser, ein Abrutschen mit dem Schraubenzieher, ein versehentlicher Griff ans heiße Backbleck – intaktes Hautgewebe ist schnell zerstört. Glücklicherweise besitzt der menschliche Organismus die Fähigkeit zur Regeneration: Wunden heilen. Ob dabei wieder glatte Haut entsteht oder sich ein unschöner Narbenwulst bildet, hängt von verschiedenen Faktoren ab, etwa der Tiefe der Verletzung.
„Narben sind ein Versuch des Körpers, eine Wunde durch Neubildung von Gewebe zu verschließen“, sagt Univ. Prof. Dr. Maria Deutinger, Primaria der Abteilung für Plastische und Wiederherstellungschirurgie an der Wiener Krankenanstalt Rudolfstiftung. Oberflächliche Wunden können oft durch gleichartige Zellen geschlossen und somit völlig wiederhergestellt werden. Werden jedoch auch die tiefer gelegene Lederhaut verletzt und das netzartig aufgebaute Bindegewebe zerstört, ist der Körper lediglich in der Lage, die Wunde durch minderwertiges Ersatzgewebe aufzufüllen. Dieses Regenerationsgewebe ist weniger elastisch, weil die Kollagenfasern darin nicht verflochten, sondern parallel angeordnet sind. Da es außerdem schlechter durchblutet wird, erscheint die Narbe meist weißlich.

Unterschiedliche Narbentypen

Prof. Deutinger: „Aufgrund der geringeren Zugfestigkeit des Ersatzgewebes können sich Narben unterschiedlich breit ausbilden.“ So entstehen je nach Verletzungsursache und Bedingungen bei der Wundheilung unterschiedliche Narbentypen. Von atrophen Narben spricht man, wenn zu wenig Ersatzfasern für das zerstörte Gewebe gebildet werden. Solche Narben liegen tiefer als die umgebende Haut, sind scharfkantig begrenzt und zeigen sich oft bei Akne-Patienten im Gesicht. Entwickelt sich dagegen zu viel Bindegewebe, entstehen hypertrophe Narben, die sich derb wulstig aufwölben – typisch etwa nach schweren Verbrennungen. Bei sogenannten Keloiden wiederum beschränkt sich der Wulst nicht auf das Verletzungsgebiet, sondern bedeckt auch benachbarte Hautareale. Ein Keloid tritt bei gestörtem Heilungsprozess auf und wird als gutartiger Tumor angesehen, der oft stark gerötet ist und juckt oder schmerzt.
Für viele Menschen sind Narben also nicht nur ein ästhetisches, sondern auch ein gesundheitliches Problem. Da die Haut an der ehemaligen Verletzungsstelle sehr dünn ist, wenige Nervenendigungen und gar keine Talgdrüsen, Schweißdrüsen und Haare enthält, ist sie leicht verletzbar. Liegen harte, unelastische Narben über Gelenken, können sie zu Bewegungseinschränkungen oder Muskelverkürzungen führen (sklerotische Narben). „Bei Operationen achtet man deshalb darauf, Schnitte nicht über Gelenken anzubringen“, erläutert Prof. Maria Deutinger. „Oder ein geschickter Chirurg gestaltet die Narbe dehnbar – zum Beispiel bogen- oder zickzackförmig.“ Im günstigsten Fall entwickeln sich physiologische Narben: Sie sind unauffällig und wenig ausgeprägt.

Von der Salbe bis zur Operation

Je nach Narbentypus stehen heute zahlreiche Therapieverfahren zur Verfügung. „Grundsätzlich sollte man eine Narbe so wenig wie möglich der Sonne aussetzen und durch Massage mit einer speziellen Narbensalbe pflegen“, rät Deutinger. Mit dieser Behandlung kann begonnen werden, wenn die Wundränder vollständig geschlossen sind bzw. aus einer Operationsnaht die Fäden entfernt worden sind. Die Inhaltsstoffe von Narbensalben oder -gelen mildern Rötungen, lindern Schmerz und Juckreiz, lockern das Narbengewebe auf und verhindern überschießendes Wachstum.
Kosmetische Peelings helfen beim Abtragen von abgestorbenen Hautzellen und Verhärtungen. Als wirksame Behandlung von Aknenarben hat sich die Mikrodermabrasion erwiesen: Dabei werden rundgeschliffene Quarzkristalle mit einem Sandstrahl aufgebracht und im selben Arbeitsgang abgesaugt. Nach zirka fünf Anwendungen im Abstand von ein bis zwei Wochen sollte das Hautbild sichtbar ebenmäßiger sein.
Bei hypertrophen Narben und Keloiden erreicht man mit Kompressionsverbänden zufriedenstellende Ergebnisse. Die Therapiedauer beträgt vier bis acht Monate. Vorteil: Der Druck der Bandagen verringert den Juckreiz. Auch – vergleichsweise teure – Silikonpflaster helfen gegen überschießende Wucherungen. Die „feuchte Kammer“, die sich unter dem Pflaster bildet, bringt die Narbe zwar nicht zum Verschwinden, kann sie aber deutlich abflachen, geschmeidiger machen und aufhellen. Eine andere Möglichkeit, wulstiges Narbengewebe abzuflachen, ist das Einspritzen von Kortison. Um eingesunkene Narben aufzufüllen, injiziert man indessen Kollagen oder Eigenfett.
Wenn alle Methoden der kosmetischen Dermatologie versagen, können verschiedene Operationstechniken zum Einsatz kommen. Bei der Laser-OP wird gebündeltes Licht gezielt in das Narbengewebe geschossen, wodurch Zellen absterben, die Haut sich strafft und die Narbe schrumpft. Kleinere Narben können ausgeschnitten und neu vernäht werden, bei größeren Narben muss der Plastische Chirurg Haut transplantieren. Eine operative Korrektur von Keloiden ist problematisch, da die wuchernden Narben dazu neigen, sich nach ihrer Entfernung erneut zu bilden. Meist schließt sich daher eine Strahlenbehandlung unmittelbar an die OP an. Deutinger: „Die chirurgische Behandlung einer Narbe ist frühestens nach einem Jahr sinnvoll, es sei denn, es ergibt sich eine funktionelle Beeinträchtigung – zum Beispiel die Narbe zieht das Unterlid nach unten.“ In derartigen Fällen übernehmen sehr oft die Krankenkassen die Kosten für den Eingriff. Rein ästhetische Korrekturen müssen jedoch selbst bezahlt werden.

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Vorbeugung:
Richtige Wundbehandlung verhindert Narben

Dr. Elisabeth Lahnsteiner, Allgemeinmedizinerin und Wundspezialistin in Wien, empfiehlt für den Heilungsprozess von Hautverletzungen spezielle Wundverbände: „Sie aktivieren die körpereigenen Stoffwechselprozesse und unterstützen somit einen stabilen Gewebsaufbau.“ Ein besonderer Stellenwert kommt dabei auch dem Wirkstoff Kortison zu. „Steroide unter Okklusivverbänden eigenen sich gut zur Narbenprophylaxe. Sie wirken straffend, gefäßverengend und entzündungshemmend. Außerdem verhindern sie durch einen milden Druck die Bildung von überschießenden Narben oder Keloiden“, verdeutlicht Lahnsteiner. Um die typischen Nebenwirkungen von Kortison wie das Ausdünnen der Haut, Pigmentveränderungen oder die Erweiterung von Kapillargefäßen zu minimieren, sollte man die Anwendung der Präparate auf zwei Wochen begrenzen.
Belegte, aufgeweichte oder zu trockene Wundränder stellen eine Barriere für den Wundverschluss dar, weshalb eine sorgfältige Wundrandpflege wichtig ist. „Dafür stehen zinkoxidhaltige Cremen zur Verfügung, die das zarte Epithelgewebe schützen und die Wundrandkontraktion fördern“, sagt Lahnsteiner. Der Arzt kann zusätzlich physikalische Behandlungen wie Bäder und Massagen verordnen, um die Wundheilung positiv zu beeinflussen.
Wenn später glatte Narben im Gesicht oder Dekolleté-Bereich stören, besteht die Möglichkeit zu einer Camouflage. Lahnsteiner: „Das Wort kommt aus dem Französischen und bedeutet verschleiern. Es handelt sich dabei um eine gezielte Schminktechnik, bei der die Narben mit getönter Creme und Puder abgedeckt werden.“

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Die besten Tipps der Wundspezialistin:

*  Wenden Sie Narbensalben und -pflaster so früh wie möglich an. Schon acht bis zehn Tage nach einer Operation bzw. wenn die Wundränder geschlossen sind, können Sie mit der Behandlung beginnen.

*  Streichen Sie zunächst das noch zarte Narbengewebe nur vorsichtig ein. Wird die Haut an der Verletzungsstelle dann robuster, massieren Sie die Salbe mehrmals täglich fester ein.

*  Die Salbenwirkstoffe (Harnstoff, Heparin, Allantoin) erhöhen die Wasserbindung im Narbengewebe. Wenn Sie die Haut vor dem Auftragen leicht anfeuchten, wird die Aufnahme dieser Substanzen optimiert.

*  Die fetthaltigen Salbengrundlagen machen das Gewebe geschmeidiger, andere Inhaltsstoffe wirken entzündungshemmend und juckreizlindernd. Ferner unterstützt der mechanische Druck beim Einmassieren den Heilungsprozess.

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