Nordic Walking, aber richtig!

April 2007 | Fitness & Entspannung

Die häufigsten Fehler und wie man sie vermeidet
 
Mit rund einer Million Aktiver in Österreich hat sich Nordic Walking innerhalb weniger Jahre zum Trendsport entwickelt. Mit gutem Grund, denn das flotte Gehen mit Stöcken trainiert wie kaum eine andere Sportart Herz und Kreislauf und kräftigt die Arm-, Schulter- sowie Rückenmuskulatur. Vorausgesetzt, man macht es richtig. MEDIZIN populär über die häufigsten Fehler und wie man sie ausmerzen kann.
 
Von Mag. Wolfgang Bauer

Belächelt, ja sogar verspottet wurden die österreichischen Pioniere des Nordic Walking, die man vor wenigen Jahren auf Straßen und Wiesen sichtete. Das Gehen mit zwei Stöcken überzeugte nicht gerade durch Eleganz, galt nicht unbedingt als ernstzunehmender Sport. Diese Einstellung hat sich aber schnell geändert, denn die Liste der gesundheitlichen Vorteile der aus Finnland importierten Sportart kann sich sehen lassen: Sie verbessert die Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislauf-Systems, kräftigt 80 bis 90 Prozent aller Muskeln, verbrennt, je nachdem, wie flott man unterwegs ist, zwischen 400 und 750 Kilokalorien pro Stunde, bringt erhöhte Blutdruck- und Blutzuckerwerte ins Lot, löst Verspannungen im Bereich des Nackens und der Schultern und fördert die Koordinationsfähigkeit. Der Stockeinsatz bewirkt, dass – anders als beim Laufen oder stocklosen Walken – die Hüft-, Knie- und Sprunggelenke geschont werden. Die Stöcke erhöhen außerdem die Sicherheit auf rutschigem Untergrund.

Die häufigsten Fehler
Allerdings stellen sich die positiven Effekte nur dann in vollem Ausmaß ein, wenn man es richtig macht. Und das ist der Haken: Nordic Walking sieht so einfach aus – und doch machen’s viele falsch. Mit hängenden Schultern und müden Schrittes schlendern sie die Straßen entlang, die Stöcke hinter sich herziehend. Andere verfallen in den so genannten Kamelschritt, schwingen also mit dem rechten Arm das rechte Bein, dem linken Arm das linke Bein nach vorne, anstatt sich völlig natürlich im Diagonalschritt (rechter Arm – linkes Bein, linker Arm – rechtes Bein) zu bewegen. Wieder andere beugen den Oberkörper zu weit nach vorne – um nur die augenscheinlichsten Fehler zu erwähnen.

„Nordic Walker, die nicht die richtige Technik für das Gehen mit Stöcken anwenden, kommen leider nicht in den vollen Genuss der positiven Wirkung dieses Sports“, bestätigt Univ. Prof. Dr. Wolfgang Schobersberger von der Privaten Universität für Gesundheitswissenschaften in Hall in Tirol. Wer zum Beispiel die Stöcke falsch einsetzt, verspürt keine Wirkung, manchmal aber sehr wohl eine Nebenwirkung: „Wer die Stöcke mit falscher Technik, aber aus falschem Ehrgeiz zu intensiv einsetzt, kann seine Ellbogen- und Handgelenke überbeanspruchen.“

Die richtige Gangart
Klingt einfach, ist es aber offensichtlich nicht: „Am besten kommt man vorwärts, wenn man all das, was eine effektive Vorwärtsbewegung bremst, vermeidet“, sagt Andreas Tomaselli, geschäftsführender Präsident der „Austrian Nordic Walking Association“. Wer etwa den Stock zu weit vor seinem Körper einsticht, bremst das Vorwärtskommen statt es zu unterstützen. Man ist dann nicht so locker und effektiv unterwegs wie jemand, der den Stock dort einsticht, wo die Ferse des gegenüberliegenden Fußes aufsetzt. Einsteiger, die noch etwas langsamer gehen, setzen den Stock sogar etwas hinter der Ferse ein. Beim Einstich umschließt man den Stock fest mit allen Fingern und öffnet die Hand, wenn der Arm nach hinten schwingt. Wenn der Arm wieder locker nach vorne pendelt, schwingt der Stock durch die Halterung der Schlaufe mit und wird kurz vor dem Einstich wieder von der Faust umschlossen.

Bergauf verkürzt man den Schritt und neigt den Oberkörper etwas mehr nach vorne, durch den Stockeinsatz übernimmt die Muskulatur des Oberkörpers einen Teil der Arbeit der Beinmuskeln.

Auch beim Bergabgehen macht man kürzere Schritte. Der Körperschwerpunkt wird etwas nach hinten verlagert, die Beine werden mit gebeugtem Knie aufgesetzt – im Verbund mit dem Stockeinsatz kann das erhöhte Landegewicht weich abgefedert werden. „Wer die Stöcke gekonnt diagonal zu seinen Schritten einsetzt, trainiert auch beim Bergabgehen die Ausdauer“, sagt Prof. Schobersberger mit Blick auf einen weiteren häufigen Fehler: Beim Bergabgehen werden die Stöcke oft nachgezogen oder lediglich zum Ausbalancieren eingesetzt.

Nordic Walking will also gelernt und geübt werden, am besten in einem Kurs. In ganz Österreich gibt es inzwischen eine Vielzahl ausgebildeter Nordic Walking-Trainer, allein für die Sportorganisation ASKÖ sind rund 800 Instruktoren und Guides tätig.

 

Die richtigen Stöcke
Nordic Walking-Experte Andreas Tomaselli empfiehlt Stöcke in fixer Länge. „Sie sind leichter und elastischer als die längenverstellbaren Teleskopstöcke.“ Weil sie „mitwachsen“ können, eignen sich verstellbare Stöcke vor allem für Kinder. Sie sind aber auch dann sinnvoll, wenn mehrere Personen unterschiedlicher Körpergröße das selbe Paar Stöcke benutzen.
Für die richtige Länge gilt die Formel: Körpergröße in Zentimetern x 0,7. Ein Beispiel: eine 1,75 Meter große Person nimmt am besten 120 Zentimeter lange Stöcke (175 x 0,7 = 122,5). Da es die Stöcke in fixen Längen nur in Abstufungen von fünf Zentimetern gibt, entscheidet man sich vor allem als Anfänger besser für die jeweils kürzere Variante. Ein anderes Kriterium für die optimale Länge: Wenn beim Einsetzen des Stocks vor dem Körper Unterarm und Oberarm einen rechten Winkel bilden, liegt man richtig.
Tipp: In einem Nordic Walking-Kurs können Sie Stöcke in verschiedenen Längen ausleihen und so ausprobieren bzw. vom Kursleiter erfragen, was für Sie passt.
Zum Gehen im Gelände empfiehlt es sich, Metallspitzen auf die Stöcke zu geben, auf Asphalt bewegt man sich besser mit einem Gummiaufsatz – beide Aufsätze sollten wechselweise auf das Stockende geschraubt werden können.

 

Die optimale Dosis
Nicht nur auf die richtige Technik, auch auf die Dosis kommt es an. Dr. Schobersberger: „Wer mit Nordic Walking wirklich fit werden oder Gewicht verlieren will, sollte schon drei bis fünf Mal pro Woche jeweils 45 bis 60 Minuten unterwegs sein. Wer nach jahrelanger Abstinenz mit Hilfe dieser Sportart wieder aktiv werden möchte, dem empfehle ich eine sportmedizinische Untersuchung. Dabei wird die optimale Belastung eruiert, dazu gibt es wertvolle Trainingstipps mit realistischen Zielvorgaben.“

 

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Neuer Trend Gymstick – Nordic Walking
Das Frühjahr hat für Nordic Walking-Fans einen neuen Trend parat: „Gymstick Nordic Walking“. Das seit Jahren bewährte Gymstick-Training mit einem Fiberglasstab und zwei Gummibändern zur Kräftigung der Muskulatur kann ab jetzt auch mit speziell entwickelten Nordic Walking-Stöcken durchgeführt werden.
Im Schaft dieser Stöcke finden sich Übungsbänder aus Gummi, die mit einem Handgriff herausgezogen werden können. Die beiden Stöcke werden zu einem Stab fixiert – und fertig ist das Sportgerät.
Weil „Gymstick Nordic Walking“ Ausdauer und Kraft gleichermaßen trainiert, stellt dieser neue Trendsport ein perfektes Ganzkörpertraining dar. Auch für diesen Sport gilt: Die richtige Handhabung der Stöcke lernt man am besten in einem Kurs.

Geschichte des Nordic Walking
Bereits in den 1930er Jahren trainierten skandinavische Langläufer während der Sommermonate mit Stöcken. Das schnelle Gehen durch die Wälder und Moore des hohen Nordens sollte ihre Kondition verbessern. Diese Bewegungsform wurde in den 1980er Jahren in den USA aufgegriffen, konnte dort aber zunächst nicht die breite Masse begeistern. 1997 brachte eine Diplomarbeit des finnischen Sportstudenten Marko Kantaneva über das Gehen mit Stöcken den Stein ins Rollen: Der Sport wurde immer populärer, die Sportindustrie entwickelte eigene Stöcke, die ersten Trainer für die neue Sportart wurden ausgebildet. Wenig später konnte man in Österreich die ersten Nordic Walker beobachten.

Informationen
www.askoe.at Arbeitsgemeinschaft für Sport und Körperkultur in Österreich
www.anwa.at Austrian Nordic Walking Association
www.nwo.at Nordic Walking Organisation

 

 

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