Händewaschen, aber richtig!

Oktober 2009 | Medizin & Trends

Mit Hygiene gesund durch die Erkältungszeit
 
Nach dem Toilettengang und vor dem Essen ist es ein Muss, das Händewaschen. Als hochwirksame Hygienemaßnahme bietet es einen hervorragenden Schutz vor verschiedenen Erregern. Auch zur Vorbeugung vor Erkältung und Grippe wird es einhellig empfohlen – vorausgesetzt man macht es richtig und regelmäßig. Lesen Sie, was ein Hygiene-Experte rät.
 
Von Mag. Alexandra Wimmer

Gerade jetzt in der Erkältungs- und Grippezeit ist das Händewaschen ein äußerst wirksames Mittel, um sich vor ansteckenden Keimen zu schützen. Und angesichts der Neuen Grippe, deren weitere Ausbreitung in der kalten Jahreszeit zu befürchten ist, gilt das Händewaschen als die einfachste, hocheffektive Maßnahme zur Vorbeugung. „Sich die Hände zu waschen, ist für den Hausgebrauch generell das Mittel der Wahl, um sie immer wieder auf ein hygienisch vertretbares Maß zu bringen“, betont Dr. Alexander Blacky von der Klinischen Abteilung der Krankenhaushygiene des Klinischen Instituts für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Universität Wien. „Händewaschen reduziert in nennenswerter Weise Anflugkeime.“ Was damit gemeint ist? „Der menschliche Körper ist von Kopf bis Fuß besiedelt mit Bakterien und anderen Mikroben. Sie haben eine ganz wichtige Abwehrfunktion, indem sie jene Erreger verdrängen, die nicht zu uns gehören – nämlich die Anflugkeime, auch transiente Keime genannt“, erläutert der Mediziner. „Der Verdrängungswettbewerb auf der Hautoberfläche findet zum Beispiel in den Schweißdrüsen und den Talgdrüsen statt und benötigt eine bestimmte Zeit.“
Bei mangelnder Hygiene können sich in diesem Zeitraum Anflugkeime auf der Körperoberfläche niederlassen. Stichwort Darmbakterien: Wer nach dem Stuhlgang darauf verzichtet, sich die Hände zu waschen, fördert damit die Verbreitung der Darmerreger. Man hinterlässt einen „Keimabdruck“ auf der Türklinke oder im Erdnussschälchen der Bar – und flugs verbreiten sich die Erreger als unliebsame Gäste bei den Mitmenschen. Damit die transienten Keime erst gar keine Chance auf Besiedlung haben, ist das gründliche Händewaschen oberstes Sauberkeitsgebot.

Regelmässig und gründlich

Doch richtiges Händewaschen ist mehr als einmal kurz abspülen. „Wichtig ist, dass alle Teile der Hand mit Wasser und Seife in Kontakt kommen und auch die mechanische Bewegung sollte alle Bereiche der Hand umfassen“, betont Alexander Blacky. Dabei sollte nicht auf die Fingerzwischenräume, die Handgelenke sowie den Bereich unter den Fingernägeln vergessen werden. „Aus verschiedenen Studien wissen wir, dass sich gerade unter den Nägeln, besonders wenn sie länger sind, eine beträchtliche Anzahl unerwünschter Erreger ansammelt.“ Deshalb sollte man die Fingernägel wenigstens einmal täglich gründlich mit einer Nagelbürste reinigen – und sie eher kurz halten.
Ringe, Schmuck und Armbanduhr werden vor dem Waschen am besten abgenommen. „Man muss damit rechnen, dass sich auch darunter große Mengen an Erregern ansammeln, und zwar wieder nicht nur die eigenen, sondern all jene Anflugkeime, die man im Laufe des Tages etwa über Türgriffe oder die Computertastatur sammelt“, so Blacky.

Wann und wie oft?

Über Häufigkeit und Zeitpunkt gibt es keine generellen Empfehlungen. „In Sachen Hygiene gilt der Hausverstand“, betont der Experte. „Es ist übertrieben, sich ständig die Hände zu waschen, man sollte sich stattdessen überlegen, wann es sinnvoll ist.“ Unerlässlich sei die sorgfältige Reinigung wie schon erwähnt nach dem Toilettengang und vor dem Essen. Extra gründlich sollte man vorgehen, wenn man es mit offenen Wunden wie z. B. Schürfwunden zu tun hat – und natürlich vor der Speisenzubereitung. „Dies gilt einmal mehr, wenn man Gerichte zubereitet, die nicht gekocht werden, etwa Salate oder kalte Platten“, ergänzt Blacky. Ansonsten besteht die Gefahr, dass verschiedene Erreger ins Essen gelangen und man etwa Darmbakterien auf den lecker angerichteten Platten des kalten Buffets verteilt.

Gefährliche Handgriffe

Das Reinheitsgebot gilt vor allem in der kalten Jahreszeit, wenn Grippeviren für erhöhte Erkrankungsgefahr sorgen. „Zu Grippezeiten, wenn es kühler ist, können die Viren besser überleben und auf Gegenständen wie Türschnallen oder Haltegriffen in öffentlichen Verkehrsmitteln eine gewisse Zeit überdauern“, veranschaulicht der Mediziner. Deshalb sollte man seine Hände nicht nur regelmäßig waschen, sondern sich auch seiner „Handgriffe“ bewusst sein. „Andernfalls macht man es den Viren leicht, in die Atemwege zu gelangen und sich zu dort vermehren“, warnt der Hygieniker. „Bevor man sich also in den Mund oder an die Nase fährt oder sich die Augen reibt, sollte man sich überlegen, ob die Hände auch sauber sind.“ Das ist im Alltag oft gar nicht so einfach, weil diese Bewegungen oft reflexartig ablaufen: Die Nase juckt, schon kratzt man sich.
Wer bereits das Grippevirus eingefangen hat, sollte zum Schutz der Mitmenschen u. a. das Händeschütteln vermeiden, sich beim Husten und Niesen die Hand vorhalten und benutzte Taschentücher rasch entsorgen.

Desinfektionsmittel

Und in welchen Fällen sollte man zusätzlich zu Wasser und Seife ein Desinfektionsmittel benutzen? „Üblicherweise ist der Einsatz von Desinfektionsmitteln im Haushalt nicht nötig“, so Blacky. „Wenn allerdings in der Familie Brechdurchfall durch Rota- oder Noroviren auftritt, kann es eine sehr wirksame Maßnahme sein, um die anderen Familienmitglieder vor einer Ansteckung zu schützen.“ Beispielsweise, indem man einen Desinfektionsmittelspender zum Desinfizieren der Hände aufs WC stellt und auch die Klobrille regelmäßig mit dem alkoholischen Präparat reinigt.    

Gesunder Dreck

Trotz ihrer Wichtigkeit, sollte man es mit der Hygiene nicht übertreiben, sondern sich um das richtige Maß bemühen, warnt der Hygieniker: So wie zuwenig Sauberkeit Krankheiten fördert, kann auch eine übertriebene Hygiene dem Körper schaden. „Wer sein Immunsystem nicht entsprechend trainiert, der kommt mit gefährlichen Erregern weniger gut zurecht“, betont Alexander Blacky. Auf gewisse Weise nützen die verschiedenen Keime nämlich unserem Organismus. „Damit das Immunsystem gut arbeiten kann, darf es weder über- noch unterfordert sein“, so der Hygieniker. „Dort, wo unser Körper regelmäßig mit Erregern in Kontakt kommt, kann er eine entsprechende Abwehr dagegen entwickeln. Dort, wo man den Körper ständig schont, beispielweise indem man in einem extrem sauberen Zuhause lebt, lernt der Körper weniger Erreger kennen und entwickelt auch entsprechend weniger Abwehrkräfte.“
Wenn ein derart verwöhnter Organismus mit Erregern wie etwa Grippeviren in Kontakt kommt, bringt das die körpereigenen Abwehrkäfte in Handlungsnöte. Aus diesem Grund schade eine gesunde Portion Dreck weder gesunden Erwachsenen noch Kindern. „Kinder stecken sich alles Mögliche in den Mund –  das ist teilweise sogar gut“, berichtet Blacky, der zugleich an den Hausverstand appelliert: „Gegenständen, die auf einer Wiese liegen, können Erreger von Hundekot anhaften. Ein sauberer Garten ist aber im Normalfall unbedenklich.“
Die Stimulation des Immunsystems macht man sich nicht zuletzt bei jeder Impfung zunutze, indem man die unschädlich gemachten Erreger der entsprechenden Krankheiten zuführt: Das Immunsystem lernt – wohldosiert – den Erreger kennen und kann eine entsprechende Abwehr dagegen aufbauen.

Händewaschen: Eine österreichische Erfindung

Es war der österreichische Arzt Ignaz Semmelweis, der in den 1840er Jahren als Erster nachwies, dass durch die Desinfektion der Hände die Übertragung von Krankheiten deutlich reduziert werden kann. Indem der „Retter der Mütter“ von seinen Studenten verlangte, sich vor jeder Untersuchung der Schwangeren die Hände mit Chlorkalk zu desinfizieren, konnte die durch Kindbettfieber bedingte Sterblichkeit von 12,3 auf 1,3 Prozent gesenkt werden.

Meister in Sachen Desinfektion:
Geschirrspüler, Waschmaschine & Co

Neben dem Händewaschen als wichtigster Hygienemaßnahme sind es vor allem drei Haushaltsgeräte, die für die nötige Sauberkeit im Alltag sorgen. Wer regelmäßig Geschirrspüler, Waschmaschine und Bügeleisen verwendet, hat in Sachen Keime wenig zu befürchten, ist der Hygieniker Dr. Alexander Blacky von der Medizinischen Universität Wien überzeugt. „Wenn man sein Geschirr bei rund 65 Grad wäscht, ist es ausreichend desinfiziert“, so Blacky. Übertriebene Hygiene sei auch beim Wäschewaschen nicht angebracht, meint Experte Blacky. Bei Wäschestücken, die direkt mit der nackten Haut bzw. dem Intimbereich in Berührung kommen, sollte man die Temperatur allerdings sorgfältig wählen. „Ich empfehle, Unterwäsche, Bettwäsche, Handtücher und Geschirrtücher für wenigstens 30 Minuten bei 65 Grad oder mehr zu waschen“, so der Mediziner.

Händewaschen kann Leben retten

Einer im Journal „The Lancet“ veröffentlichten Studie zufolge kann das Händewaschen mit Seife die Häufigkeit von Durchfallerkrankungen und Infektionen der unteren Atemwege bei Kindern in Entwicklungsländern halbieren. Auch die Anzahl von Hirnhautentzündungen lasse sich dadurch drastisch senken.
Weiters belegt eine Studie aus den USA, dass Schulkinder, die ihre Hände richtig waschen, im Vergleich zu Gleichaltrigen seltener krank sind und ein Drittel weniger Fehltage aufweisen.

Stand 10/2009

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