Volksleiden Fettleber: Wie man sich schützen kann

März 2015 | Medizin & Trends

Unter Medizinern gilt sie bereits als Volkskrankheit des 21. Jahrhunderts: die Fettleber – eine weitere Folge des heutigen Lebensstils. Bereits jeder dritte über 40-Jährige und zunehmend mehr junge Menschen sind davon betroffen. Wie es dazu kommt und wer besonders auf der Hut sein sollte.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Sie tut nicht weh und macht sich auch sonst kaum bemerkbar. „Außer durch anhaltende Müdigkeit“, nennt Priv. Doz. Dr. Andreas Maieron, Internist am Krankenhaus der Elisabethinen in Linz, das oft einzige Anzeichen für eine Erkrankung an Fettleber, das Betroffene selbst wahrnehmen können. Da Müdigkeit aber auf vieles andere zurückgeführt werden kann, ist sie so gut wie nie Anlass für einen Arztbesuch. „Darum wird die Fettleber oft lange Zeit nicht entdeckt“, bringt der Spezialist für Leberkrankheiten das Problem auf den Punkt.
Bleibt die Erkrankung unentdeckt und damit unbehandelt, kann sich daraus eine Fettleberentzündung entwickeln, die ebenfalls oftmals jahrelang nicht bemerkt wird. Dadurch stirbt nach und nach Lebergewebe ab; es kommt zu einer Leberzirrhose, also zu einer Verhärtung des Organs, das so mehr und mehr seine Funktion verliert. Je weiter die Verhärtung fortgeschritten ist, desto größer wird die Gefahr für ein Leberversagen. Und das wiederum endet in vorübergehenden Hirnfunktionsstörungen und einem lebensbedrohlichen Koma – oder es führt zu einer Erkrankung an Leberkrebs mit oftmals tödlichem Ausgang.
Angesichts dieser Kaskade an schweren Folgen erscheint besonders bedenklich, dass Mediziner die Fettleber bereits unter die Volkskrankheiten des 21. Jahrhunderts reihen: Sie schätzen, dass bereits jeder dritte über 40-Jährige daran leidet und befürchten, dass sich mit dem Anstieg der Lebenserwartung die Zahl der Betroffenen weiter erhöhen wird. Aber auch immer mehr Jüngere werden wegen einer Leberverfettung und nachfolgenden Erkrankungen Probleme bekommen, sieht Experte Maieron voraus: „In zwei bis drei Jahrzehnten wird die Fettleber bei vielen nicht erst nach dem 40. Geburtstag auftreten, sondern schon bei den unter 30-Jährigen verbreitet sein.“

Zu viele Schnitzel im Blut

Als Grund für die schlechte Prognose nennt Maieron den heutigen Lebensstil mit seinen gewichtigen Folgen, die sich längst in den Statistiken manifestieren: So bringt in Österreich derzeit jeder zweite Mann, jede dritte Frau und jedes vierte Kind zu viele Kilos auf die Waage – mit weiter steigender Tendenz. Die Ursachen – zu wenig Bewegung und zu viel vom falschen Essen – sind ebenso bekannt wie fatal, denn: Fett und Zucker aus Burger, Pommes, Schnitzel und Sachertorte legen sich bei den Couch-Potatos nicht nur auf den Rippen an, sondern kursieren auch im Blut und gelangen in die Leber.
Die Entgiftungszentrale des Menschen mit Sitz im rechten Oberbauch schafft zwar viel, aber nicht alles: Wird immer wieder zu fettreich gegessen, aber kein Fett abgebaut, kann die Leber mit den schädlichen Substanzen aus Käsekrainer, Leberkäse und Schlagobers nicht mehr wie vorgesehen fertig werden. Also lagert sie LDL-Cholesterin und Triglyceride in die Leberzellen ein. So nimmt die Fettleber ihren Anfang, und das oft schon in jungen Jahren: „Ein Kind, das jetzt zehn Jahre alt und übergewichtig ist und die nächsten 20 Jahre nicht abnimmt, ist dann, also mit 30, durchaus bereits ein Kandidat für eine Fettleber-Erkrankung“, warnt Andreas Maieron.

Diabetes und Alkohol

Übergewicht geht auch oft mit Typ-II-Diabetes einher, der Zuckerkrankheit, die ebenfalls immer mehr Jüngere trifft und oft viele Jahre nicht erkannt wird. Das Problem: Bei erhöhten Blutzuckerwerten bzw. unbehandeltem Diabetes gerät mit dem Blut zu viel Zucker in die Leber, was das Organ so beeinträchtigt, dass weniger Fett abgebaut werden kann. „So kann Diabetes die Fettleber verschlimmern, in vergleichsweise seltenen Fällen aber auch für sich genommen eine nicht-alkoholische Fettleber auslösen“, informiert Maieron.
Alkohol, die Volksdroge Nummer eins in Österreich, ist die Ursache für die sogenannte alkoholische Fettleber. Das tägliche Seidel Bier, Glaserl Wein oder Stamperl Schnaps setzt der größten Drüse des Menschen besonders zu, denn: „Alkohol hemmt den natürlichen Fettabbau“, betont Hepatologe Maieron. Bekommt die Leber ständig Nachschub an Alkohol, werden durch den verminderten Fettabbau vermehrt Triglyceride in die Leberzellen eingebaut, erklärt der Arzt den klassischen Weg zur Fettleber.

Frühe Therapie, gute Chancen

Ob Übergewicht, Diabetes oder Alkoholmissbrauch dahinterstecken: Wird die Fettleber-Erkrankung in einem frühen Stadium erkannt und werden die Ursachen rasch beseitigt bzw. behandelt, kann sich die Leber außerordentlich gut regenerieren. Sogar wenn bereits eine Gewebeveränderung in Form einer Entzündung aufgetreten ist oder schon Vorstufen einer Zirrhose bestehen, kann eine Therapie oft noch viel bringen: „Dann stehen zumindest die Chancen gut, keine lebensgefährdenden Komplikationen zu erleben, also von Leberversagen oder Leberkrebs verschont zu bleiben“, sagt Experte Maieron. Zwar können Leberleiden mit Medikamenten und auch mit pflanzlichen Mitteln gelindert werden. Doch der Behandlungserfolg hängt laut Maieron ganz entschieden davon ab, „ob die Patienten selbst in die richtige Richtung gehen, sich also mehr bewegen, weniger Fett und Zucker essen und ihren Alkoholkonsum reduzieren“.

Jährlicher Blut-Check

Die Krux an der Geschichte: Da Erkrankungen der Leber lange Zeit keine Beschwerden verursachen, werden sie in den meisten Fällen erst durch Zufall erkannt, „zum Beispiel, wenn jemand im Zuge der Vorsorgeuntersuchung oder der Vorbereitung auf eine Operation eine Blutuntersuchung macht“, so Maieron. Dabei werden bestimmte Werte erhoben, an denen ein Mediziner zumindest das Risiko für eine Fettleber-Erkrankung erkennen kann. Der Leber-Spezialist rät daher Menschen, die den Risikogruppen angehören, also Diabetikern, Übergewichtigen und Männern und Frauen, die viel Alkohol trinken, sich am besten jedes Jahr einer Blutuntersuchung zu unterziehen.
Wirklich feststellbar sei eine Fettleber durch diesen Bluttest allein aber nicht. Maieron: „Sind die Anteile an schlechtem Cholesterin LDL und Triglyzeriden im Blut sowie gewisse Leberwerte erhöht, werden weitere Untersuchungen nötig, um festzustellen, ob eine Fettleber besteht oder nicht.“ Dazu zählen zusätzliche Bluttests, bildgebende Verfahren und gegebenenfalls eine Biopsie, bei der unter lokaler Betäubung Lebergewebe entnommen und im Labor auf Veränderungen untersucht wird.
Stellt der Arzt fest, dass sich bereits eine stärker ausgeprägte Zirrhose entwickelt oder gar ein Tumor gebildet hat, „kann nur noch mit einer Operation geholfen werden, bei der Gewebe entfernt wird“, so Maieron. Vorausgesetzt, die Patienten führen nach dem Eingriff ein leberfreundliches Leben, wächst das Organ nach und wird wieder funktionstüchtig. In sehr schweren Fällen steht zwar noch ein Mittel zur Verfügung, informiert Maieron: „Das ist die Entfernung der Leber samt Transplantation einer Spenderleber.“ Doch da zu wenige Spenderorgane zur Verfügung stehen, werde der aufwändige Eingriff nur selten durchgeführt.  

Fettleber verhindern:
5 Tipps vom Experten

  • Zurückhaltung bei fett- und zuckerreichen Lebensmitteln, vor allem bei Fast-Food, Fertigprodukten und Limonaden.
  • Bei Übergewicht: Weniger Hochkalorisches essen und mehr Bewegung ins Leben bringen.
  • Übermäßigen Alkoholkonsum reduzieren.
  • Öfter einmal Artischocken und Mariendistelfrüchte essen oder Mariendisteltee trinken: Die Substanzen darin schützen nachweislich die Leber.
  • Sich gegen Hepatitis A und B impfen lassen.

Buchtipp:
Müller, Baumgart
Beleidigte Leber
Hepatitis, Zirrhose, Leberkarzinom & Co.

ISBN 978-3-99052-59-4
148 Seiten, € 14,90
Verlagshaus der Ärzte

Stand 03/2015

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