Ab jetzt esse ich gesund!

Januar 2011 | Ernährung & Genuss

Wie die Ernährungsumstellung endlich gelingt
 
Endlich gesund und richtig essen, dabei ein paar Kilos verlieren oder zumindest nicht weiter zunehmen, sich endlich wieder fit und schlicht besser fühlen: Dieser beliebte Vorsatz scheitert meist schon im Ansatz. Wer sich vornimmt, ab sofort Karotten statt Kartoffelchips zu knabbern, wird recht bald dem Heißhunger auf Naschereien erliegen. Und wer sich sein geliebtes Schnitzel radikal verbietet und sich nur mehr die Salatbeilage erlaubt, wird dem Lockruf der erstbesten Friteuse folgen und schon nach kurzer Zeit seine alten Essgewohnheiten wieder aufnehmen. Wie kann dauerhafte Ernährungsumstellung gelingen?
MEDIZIN populär über die fünf wichtigsten Schritte auf dem Weg zum Ziel.
 
Von Mag. Alexandra Wimmer

Karotten statt Kartoffelchips – das könnte schiefgehen. Wer sich bei der Entscheidung „gesund versus ungesund“ nur mit der Wahl „lecker versus langweilig“ konfrontiert sieht, wird womöglich nicht lange durchhalten. „Es ist völlig kontraproduktiv, sich zu quälen“, sagt die Wiener Ernährungswissenschafterin Mag. Karin Lobner. „Denn dann tritt der typische Diäteffekt ein und man bricht vorzeitig ab.“ Das Credo der Expertin: „Das Essen soll schmecken und man muss sich mit der neuen Ernährungsweise gut fühlen.“ Dabei sollte man aufgeschlossen für ungewohnte Genüsse und neue Geschmacksrichtungen sein, um (neue) Vorlieben zu entdecken. „Wenn ich bisher immer Schokocroissant zum Frühstück gegessen habe, muss ich ausprobieren, ob ich vielleicht Müsli oder ein Vollkornbrot mit Schinken mag.“

Die Stolpersteine Stress & Co

Schließlich ist es nicht einfach, sich von alten Gewohnheiten zu verabschieden: „Das Essverhalten ist ein sehr gut erlerntes, automatisiertes Verhalten“, nennt Karin Lobner einen der Hauptgründe, warum dauerhafte Ernährungsumstellung so schwierig ist. „Wie bei allem, was automatisiert abläuft, braucht es für eine Verhaltensänderung Aufmerksamkeit und Energie sowie die bewusste Entscheidung: Ab jetzt mache ich es anders.“ Hinzu komme, dass neue Verhaltensweisen extrem störanfällig sind. Schon ein Streit mit dem Partner oder Stress in der Arbeit kann das Vorhaben zum Scheitern bringen. Der Grund: „Sorgen ziehen Energie ab, sodass man schnell vergisst, dass man sich eigentlich ein neues Verhalten anlernen wollte, und automatisch in die alten Gewohnheiten zurückfällt“, erklärt Lobner. Darum ist es günstig, für das Unterfangen Ernährungsumstellung eine möglichst ruhige Lebensphase zu wählen.
Auch sollte man nicht erwarten, dass das neue Essverhalten von heute auf morgen reibungslos klappt. „Wie bei jeder Verhaltensänderung ist mit Rückschlägen zu rechnen“, betont die Expertin. „Das ist ganz normal und bedeutet nicht, dass das Projekt nicht geglückt ist und man alles über den Haufen wirft. Gerade dann ist es wichtig, weiterzumachen.“

Die richtigen Beweggründe

Was beim Weitermachen und Durchhalten unerlässlich ist: Motivation, die von innen kommt. Wer sich nach dem Essen wohl und energiegeladen fühlen möchte, ist motiviert, öfter einmal ein leichtes Gemüsegericht einzuplanen. Genauso wie es zum Fitnesstraining motivieren kann, wenn man sich wünscht, endlich wieder ohne Verschnaufpause seine Wohnung im dritten Stock zu erreichen. Wer sich auf die spürbaren, positiven Effekte der Verhaltensänderung konzentriert, ist auf einem guten Weg, weiß Ernährungswissenschafterin Lobner, die auch Psychotherapeutin ist.  
Wohin der gute Weg gehen soll? Neben der Bestandsaufnahme des persönlichen Essverhaltens braucht es freilich das Wissen von den aktuell wichtigsten Ernährungsrichtlinien. Sie dienen gleichsam als Wegweiser zu einem gesunden Speisplan, den man auf die eigenen Vorlieben abstimmt. Lobner: „Angesichts der Richtlinien sollte man sich fragen: Was ist meins? Was mag ich denn?“

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Gesund essen – fünf Schritte auf dem Weg zum Ziel:

1. Kalorienmenge: Das gesunde Maß finden

Das Ziel
Gesunde Ernährung heißt, ausgewogen und vor allem maßvoll zu essen – ob es sich dabei um bestimmte Lebensmittelgruppen oder um die Gesamtkalorienmenge handelt. „Der größte Ernährungsfehler der Österreicher ist das Ungleichgewicht zwischen Energiezufuhr und Energiebedarf“, betont der Ernährungsmediziner Univ. Prof. Dr. Kurt Widhalm. Die wichtigste Maßnahme gegen das daraus resultierende Übergewicht: Kalorienreduktion. „Die empfohlene Kalorienmenge hängt unter anderem von der Art der Tätigkeit ab: Bei einer Büroarbeit sind rund 2000 Kalorien am Tag ausreichend, bei schwerer körperlicher Arbeit können es 3000 Kalorien oder mehr sein“, erklärt Prim. Univ. Doz. Dr. Raimund Weitgasser, Internist und Ernährungsmediziner in Salzburg. „Wer Gewicht reduzieren möchte, muss eine Zeit lang mindestens ein Drittel davon weniger zuführen.“

Der Weg
„Erstens sollte man möglichst viel Obst, Gemüse, Salate essen, weil diese Lebensmittel sehr viel Wasser enthalten. Dadurch hat man ein relativ großes Volumen im Magen und bei geringer Kalorienmenge eine gewisse Sättigung herbeigeführt“, betont Karin Lobner. „Zweitens sollte man möglichst viel und oft Wasser trinken.“ Damit ersetzt man nebenbei die oft stark gesüßten, kalorienreichen Limonaden und Softdrinks. Und drittens: „In Anbetracht unserer Tendenz aufzuessen, was auf den Teller kommt, sollte man auf die Portionsgröße achten.“ Was hält die Fachfrau vom Kalorienzählen? „Wenn es gleichzeitig um Gewichtsabnahme geht, kann es anfangs hilfreich sein, sie aufzuschreiben und eventuell auch Portionen abzuwiegen, um ein Gefühl zu bekommen. Nach einiger Zeit sollte man das wieder bleiben lassen und mehr auf die inneren Signale

2. Körperliches Training: Mehr Antrieb durch Bewegung

Das Ziel
Sinnvollerweise wird das Ernährungsprogramm mit körperlicher Bewegung verbunden, bei der man Ausdauer- mit Krafttraining kombiniert. „Man sollte sich 150 Minuten pro Woche bewegen und zwar mit ungefähr 70 Prozent der maximalen Leistungsfähigkeit“, betont Raimund Weitgasser. „Untrainierte sowie Menschen, die ihren Gesundheitszustand nicht genau kennen, sollten die maximale Leistungsfähigkeit von einem Internisten oder Sportmediziner testen lassen.“

Der Weg
Indem man sich auf das Wohlgefühl bei bzw. nach dem Training konzentriert, bekommt man den nötigen Motivationsschub. Weitere motivierende Effekte: Durch den Muskelaufbau beim Krafttraining verbraucht der Körper auch im Ruhezustand mehr Energie. Beim Training wird außerdem Stress abgebaut, was den Appetit mindert. „Solange ich in einem Stresszustand bin, wird der Appetit automatisch gesteigert. Denn jede Art von Stress ist für den Körper das Signal, Energie zu horten“, weiß Lobner. Nicht zuletzt verspürt man nach dem Training eher Gusto auf leichte Kost anstatt auf Schweinsbraten & Co. „Ein möglicher Grund: Bei der Bewegung wie beim Essen werden die Hormone Dopamin und Endorphin ausgeschüttet. Diesen Effekt muss man sich dann nicht über das Essen zuführen, sodass der Gusto auf Schokolade und Fett abnimmt.

3. Vorsicht bei Kohlenhydraten: Vollkornanteil allmählich erhöhen

Das Ziel
„Jene Kohlenhydrate, die kurz nach der Aufnahme zu einem sehr steilen Anstieg des Blutzuckerspiegels führen, sollte man nach Möglichkeit meiden oder nur in ganz kleinen Mengen zuführen“, erklärt Ernährungsmediziner Weitgasser. „Sie sind unter anderem enthalten in Zucker und in Weißmehlprodukten wie Mehlspeisen und weißem Brot.“

Der Weg
„Obwohl es günstig ist, einen möglichst hohen Vollkornanteil einzubauen, sollten auch individuelle Vorlieben Raum haben“, betont Lobner. „Wenn jemand zum Beispiel gern Vollkornbrot isst und bei den Nudeln zwar Vollkornfleckerln mag, aber bei den Spaghetti nur helle akzeptiert, ist das okay.“ Und sind Süßigkeiten ab sofort verboten? „Ich empfehle, genau das zu naschen, was man wirklich gern mag, dabei aber die Vielfalt zu reduzieren. Je kleiner die Vielfalt, desto eher hat man etwas satt.“ Anstatt zehn unterschiedlicher Naschsachen reicht es, in der Naschlade z. B. seine Lieblingsschokolade aufzubewahren, die man sich bei echtem Schokogusto auch gönnt. „Wenn man sie sich verbietet, kann es sein, dass man statt dessen eine Banane, dann ein paar Vollkornkekse und einen Apfel isst – und danach womöglich erst recht zur Schokolade greift“, erläutert die Expertin. „Das und das schlechte Gewissen kann man sich sparen, wenn man sich gleich erlaubt, was man wirklich will.“

4. Ölwechsel: Mehr Pflanzenöl & Fisch

Das Ziel
Bei den Fetten ist Sparsamkeit angesagt. „Zudem sollten nur zehn Prozent der täglichen Gesamtfettmenge gesättigte Fettsäuren sein, wie sie vorwiegend in tierischen Fetten stecken“, erläutert Ernährungsmediziner Weitgasser. „Vor allem bei Wurst und Fleisch sollte man sich einschränken.“ Günstig sei hingegen die (maßvolle) Zufuhr ungesättigter Fettsäuren in Form von Pflanzenölen. „Empfehlenswert ist Olivenöl, zum Kochen und Braten eignet sich Rapsöl“, so der Mediziner. „Für das Salatdressing empfehlen sich Walnuss-, Kürbiskern-, Lein- und Distelöl.“ Die wertvollen Fettsäuren sind außerdem in Meeresfischen (Makrelen, Sardinen, Lachs), aber auch in heimischen Fischen enthalten.

Der Weg
Für den Ölwechsel ist es einmal mehr wichtig, selbst zu kochen; völlig Unbedarften legt Ernährungsexpertin Lobner einen Kochkurs ans Herz. „Wer kochen kann, kann auch entscheiden, welches und wie viel Fett wozu verwendet wird.“ Auch beim Auswärtsessen fällt die (gesunde) Auswahl leichter, wenn man weiß, wie Speisen zubereitet werden.
„Fleischtiger“ auf Fisch zu polen, sei schwierig, so die Expertin, „schon deshalb, weil wir es nicht gewohnt sind, viel Fisch zu essen.“ Dennoch sei es günstig, öfters Fisch einzuplanen, z. B. Nudeln mit Thunfisch. Den Wurstgusto stillt man besser mit magerem Schinken als mit Salami.

5. Ballaststoffplus: Mit Hülsenfrüchten experimentieren

Das Ziel
Verstärkt auf den Speisezettel sollten Ballaststoffe, die reichlich in Obst, Gemüse, geschrotetem Getreide und in Hülsenfrüchten stecken. „Ballaststoffe machen satt und regen die Verdauung an“, sagt Weitgasser. Wegen des enthaltenen Eiweißes sind Hülsenfrüchte wie Linsen, Bohnen, Erbsen besonders wertvoll.

Der Weg
Die Ernährungswissenschafterin rät zu Experimentierfreude – denn: „Wir haben es verlernt, Hülsenfrüchte zuzubereiten. An den wenigen bekannten Gerichten – eingebrannte Linsen, Bohnensalate, eventuell noch Chili con carne – hat man sich schnell satt gegessen.“ Wem das Einweichen am Vorabend zu mühsam ist, der kann z. B. rote Linsen verwenden. „Sie eignen sich püriert auch sehr gut für Gemüsesuppen.“

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Von Körndlbrot bis Fisch:
Was tun, wenn „Gesundes“ nicht schmeckt?

Ich mag kein Körndlbrot!
Vollkorn heißt nicht, dass man das Korn zwischen den Zähnen spüren muss – die Auswahl ist groß. „Man kann mit Grahamweckerln einsteigen“, rät Ernährungswissenschafterin Mag. Karin Lobner. „Das helle Mehl ist quasi die Lightversion in Sachen Vollkorn.“ Oder man greift zu Brot bzw. Gebäck aus fein vermahlenem Vollkornmehl.

Ich bin ein Gemüsemuffel!
Tipps, die womöglich sogar eingeschworene Pommes frites-Fans umstimmen: „Man könnte frische Kartoffeln in der Schale im Backrohr braten“, sagt Lobner. „Und mit dem Pürierstab lässt sich Gemüse in Suppen und Saucen unterschummeln.“

Fisch schmeckt mir nicht!
„Am besten ist, verschiedene Zubereitungsarten auszuprobieren und die Vielfalt des Fischangebots durchzuprobieren – möglicherweise schmeckt er dann doch, der Fisch“, so Karin Lobner. Die gesunden Omega 3-Fettsäuren sind außerdem in Pflanzenölen und Nüssen enthalten.
 
Wasser ist mir zu fad!
Wer Geschmack im Getränk braucht, kann (kalte) Tees ­probieren. „Oder man würfelt eine Bio-Zitrone oder Bio-Orange grob und gibt sie in einen Krug, den man mit Wasser aufgießt und für einige Zeit in den Kühlschrank stellt“, so die Expertin. „Damit erhält man ein Getränk mit feinem Zitrusaroma.“  

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Von Apfelstrudel bis Wiener Schnitzel:
Wie man die Lieblingsspeisen „gesünder“ zubereiten kann

Pizza
Weißes Mehl wird am besten nach und nach durch Vollkornmehl ersetzt. „Beim Belag empfehle ich, die Salami gegen Schinken auszutauschen und eine magere Käsesorte wie Bierkäse draufzugeben“, so die Ernährungswissenschafterin Mag. Karin Lobner.

Schinkenfleckerln
Wenn man sie selbst zubereitet, ist einiges an Mehrwert drin: „Günstig ist, sehr mageren Schinken zu nehmen, ganz wenig Öl zum Anrösten und für die Fleckerln Vollkornnudeln zu verwenden.“

Wiener Schnitzel
lassen sich in Richtung „gesünder“ modifizieren, indem man statt der Pommes frites Salzkartoffeln als Beilage wählt, viel Salat dazu isst und eine kleine Fleischportion nimmt.

Kaiserschmarren
lässt sich gesundheitlich aufwerten, indem man dazu Kompott oder Zwetschkenröster – möglichst ungesüßt – isst.

Apfel- oder Topfenstrudel
aus Strudelteig enthalten weniger Fett als jene aus Blätterteig.  

Kuchen
„Ich empfehle Biskuit- oder Germteigkuchen aus Vollkornmehl, die man großzügig mit Obst belegt und mit einer mit Magermilch zubereiteten Puddingmasse füllen kann“, so die Expertin.

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