Das Gehirn

Februar 2017 | Medizin & Trends

Welche Aufgabe hat unser Gehirn? Wie ist es aufgebaut? Woran erkrankt es häufig? Wie können wir es schützen? Darüber informiert die Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN), Prim. Univ. Doz. Dr. Elisabeth Fertl.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

Welche Aufgabe hat unser Gehirn?
Es steuert alle höheren Funktionen, wie zum Beispiel die Sprache, das Gedächtnis und das Verhalten. Außerdem ist das Gehirn zuständig für die Wahrnehmung, die Motorik, Emotionen und vegetative, also unwillkürliche, Funktionen.

Wie ist unser Gehirn aufgebaut?
Unser Gehirn lässt sich in das Großhirn mit seiner linken und rechten Hälfte, die Stammganglien, den Thalamus, das Zwischenhirn, das Kleinhirn und den Hirnstamm unterteilen. Das Gehirngewebe besteht aus Nervenzellen, Nervenwasser, Stützzellen und Gefäßen, die Blut zuführen und wieder abführen. Es hat eine weiche, puddingartige Konsistenz und ist mehrfach geschützt: Durch das Nervenwasser, die drei Hirnhäute und die knöcherne Schädelkapsel. Die Nervenzellen sind elektrisch aktiv und leiten Informationen weiter. Dafür benötigen sie spezielle Verbindungen zu benachbarten und sehr entfernten Nervenzellen, sogenannte Synapsen. Für die Verknüpfung der Nervenbahnen sind leitende Kabel, ‘Axone’, nötig. Rund um sie entstehen Isolierschichten, durch Zellen, die Myolin bilden, eine isolierende Substanz.
Wenn ein Baby auf die Welt kommt, ist das Gehirn noch unreif, die Schädeldecke ist noch weich und verformbar, da das Kind den engen Geburtskanal passieren muss. Von Geburt an reift das Gehirn dann nach und nach durch die Ausbildung von Synapsen und Umhüllungen aus Myelin. Dafür braucht es Substrate in Form von Nährstoffen wie Sauerstoff, Glukose, Vitamine und Fette sowie auch in Form von Reizen über die Sinne: Optische, akustische, taktile, also Reize durch Berührung, sowie Geschmacks- und Geruchsreize. Parallel zur motorischen Entwicklung des Kleinkindes entwickeln sich in individuell unterschiedlicher Geschwindigkeit weitere Hirnfunktionen wie die Sprachfertigkeit. Auch die Persönlichkeit entwickelt sich. Im Volksschulalter entstehen erste Fähigkeiten zur Abstraktion, im Jugendalter bilden sich frontale Fertigkeiten laufend aus, wie etwa das Planen. Die motorische Entwicklung ist im Alter zwischen 18 und 25 Jahren am Höhepunkt. Die Fähigkeiten in den Bereichen Wahrnehmung, Sprache, Kreativität, Gedächtnis, Disziplin und Persönlichkeit werden  auch im späteren Erwachsenenalter weiter ausgebaut. Altersbedingt, durchschnittlich ab dem 50. Lebensjahr, kommt es dann wieder zum Abbau der kognitiven Leistungen, was sich beispielsweise darin äußert, dass Gesichter und Namen verzögert verknüpft werden.

Woran erkrankt unser Gehirn häufig?
Die häufigste akute Erkrankung des Gehirns ist der Schlaganfall: Pro Jahr erkranken rund 25.000 Österreicher daran. Häufig ist auch die Epilepsie. Entzündliche Erkrankungen des Zentralnervensystems durch Infektionen wie Hirnhautentzündungen oder durch Autoimmunprozesse verursachte Entzündungen, die zum Beispiel zu Multipler Sklerose führen, sind ebenfalls verbreitet. Und auch Verletzungen des Gehirns durch Unfälle oder Gewalteinwirkung, wie Gehirnerschütterungen, die bleibende Schäden nach sich ziehen können. Im Alter sind Demenzerkrankungen häufig, die viele verschiedene Ursachen haben können.  

Wie können wir unser Gehirn schützen?

Im Prinzip gilt für die meisten Gehirnerkrankungen dieselbe Grundregel zur Vorsorge: Wir können uns durch gesunden Lebensstil, ausgewogene Ernährung, viel Bewegung, mäßigen Alkoholkonsum, nicht Rauchen und das Vermeiden von Übergewicht schützen. Ein hoher Bildungsgrad, ein dichtes soziales Netz, also viel Kontakt zu anderen Menschen, geistige Beschäftigungen wie Lesen oder Kreuzworträtsel lösen, kreative Aktivitäten, zum Beispiel Malen oder Musizieren, und ausreichend Bewegung verzögern die altersbedingte Leistungsabnahme.
Das Erkennen und die richtige Behandlung der vaskulären Risikofaktoren Bluthochdruck, Zuckerkrankheit, erhöhte Blutfette, Vorhofflimmern, Nikotinkonsum und übermäßiger Alkoholgenuss reduzieren das Risiko für Erkrankungen wie Schlaganfall und Demenz. Vor der entzündlichen Erkrankung Frühsommer-Meningo­enzephalitis, kurz FSME, schützt die Zeckenimpfung. Und Schädel-Hirn-Traumata wie Gehirnerschütterungen wären sehr oft vermeidbar: Durch entsprechende Schutzmaßnahmen im Verkehr, wie dem Angurten im Auto und dem Tragen von Sturzhelmen beim Radfahren, auch durch das Tragen von Helmen bei Sportarten wie dem Paragleiten, Reiten, Skifahren.    

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Fünf Sinne:
Was passiert, wenn wir etwas
sehen, hören, riechen, schmecken, fühlen?

Jeder Eindruck, den wir über die fünf Sinne wahrnehmen, wird zuerst einem Wahrnehmungsfeld zugeleitet, so etwa dem Sehbereich. Die Felder bilden eine Art Nachrichtenzentrale für Sinneseindrücke und den Verlauf von Ereignissen. Deckt sich das Wahrgenommene mit früherer Erfahrung, wird es unter Mitwirkung der Erinnerungsfelder erkannt. Andernfalls muss das Denken eingeschaltet werden, damit die Sinnesempfindungen gedeutet werden können. Die weitere Analyse der Meldungen erfolgt in Assoziationszentren für spezifische Denkvorgänge. Hier werden auch Entscheidungen getroffen, die als Befehle an die motorischen Zentren gehen, die für das bewusste Verhalten wie Sprechen oder Bewegungen verantwortlich sind.

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Zahlen & Fakten  

  • Unser Gehirn wiegt durchschnittlich 1400 Gramm und hat ein Volumen von rund 1200 Kubikzentimetern, womit es etwa dreimal so groß ist wie das Gehirn großer Menschenaffen, also der Gorillas, Orang-Utans und Schimpansen.
  • Das Gehirngewebe enthält 100 Milliarden Nervenzellen, die durch 100 Billionen Synapsen verbunden und 100 Billionen Stützzellen gestützt werden.
  • Die Gehirnsubstanz hat eine grau-weiße Farbe.
  • Das Gehirn macht zwei Prozent der Körpermasse aus, …
  • … benötigt aber 20 Prozent des Sauerstoffs, den wir aufnehmen, und 25 Prozent Glucose, also Traubenzucker. Beides wird dem Gehirn über das Blut zugeführt.

Stand 02/2017

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