Der Androcheck

November 2011 | Medizin & Trends

Gesundheitstest für Männer, die klug kalkulieren
 
Viele Männer investieren in alles Mögliche, nur nicht in ihre Gesundheit. Dabei könnte der Einsatz von wenigen Minuten pro Jahr einen enormen Gewinn an Lebensqualität und Lebenszeit bringen. Alles über den „AndrocheckTM“ für taktisch kluge Männer.
 
Von Mag. Helga Schimmer

Robert H. ist 58, als die Beschwerden erstmals auftreten: Probleme beim Harnlassen, Schmerzen in der Wirbelsäule und im Becken. Abgesehen von harmlosen Infekten war Herr H. sein Leben lang gesund, dementsprechend selten ging er zum Arzt. Doch jetzt kickt ihn die Diagnose
des Urologen ins K. o.: Prostatakrebs. Weitere Untersuchungen ergeben, dass sich bereits Metastasen in den Knochen gebildet haben. Drei Jahre und fünf Chemotherapien später ist Robert H. tot. Das Schicksal hat auf grausame Weise zugeschlagen.
„Das Prostatakarzinom ist der häufigste bösartige Tumor und die zweithäufigste Krebstodesursache des Mannes“, sagt Dr. Karl Dorfinger, Präsident des Berufsverbandes der Österreichischen Urologen. „Jeder sechste bis achte Mann erkrankt im Laufe seines Lebens an diesem Tumor, jeder 30. stirbt daran.“
Prostatakrebs, der hierzulande jährlich bei rund 6000 Betroffenen diagnostiziert wird, ist nur eine von vielen Erkrankungen des Urogenitalbereiches, die durch Früherkennung besser behandelt werden können. Doch die urologische Vorsorgeuntersuchung für den Mann, der sogenannte „Androcheck“, wird viel zu wenig in Anspruch genommen. „Nur 17 Prozent der österreichischen Männer gehen regelmäßig zum Urologen“, schlägt auch Univ. Doz. Dr. Stephan Madersbacher Alarm. Der stellvertretende Vorstand der Abteilung für Urologie und Andrologie am Wiener Donauspital streicht einen wesentlichen Vorteil der  Vorsorgeuntersuchung heraus: „Breit angelegte wissenschaftliche Studien haben inzwischen mehrfach bewiesen, dass die Prostatakarzinom-Vorsorge das Risiko, an diesem Tumor zu sterben, deutlich senkt.“

Das „Pickerl“ für den Mann

Die meisten Männer bringen zwar ihr Auto pünktlich zum Jahresservice, dem eigenen Körper gegenüber verhalten sie sich jedoch weit weniger gewissenhaft. „Ich lebe ohnehin gesund“ oder „Mir tut ja nichts weh“, lauten gängige Ausreden der Vorsorgemuffel. Eine fatale Einstellung, denn der heimtückische Prostatakrebs verursacht erst im fortgeschrittenen Stadium Beschwerden. Dem Schicksal lässt sich allerdings ein Schnippchen schlagen – mit dem geringen Aufwand von nur wenigen Minuten. Dorfinger: „Nach neuesten Daten sollten Männer zwischen dem 40. und dem 70. Lebensjahr einmal im Jahr neben der allgemeinen Gesundheitsvorsorge auch zum Androcheck beim Urologen.“
Ähnlich wie eine akkreditierte Kfz-Werkstätte die technischen Komponenten eines Fahrzeuges überprüft, nimmt sich der Urologe der Männergesundheit an. Im Zentrum stehen dabei Funktion und Wohlbefinden des Harn- und Geschlechtstraktes, insbesondere der Prostata.
Zunächst werden im Vier-Augen-Gespräch frühere Erkrankungen und aktuelle Beschwerden erörtert. Danach gibt die Abgabe eines Bechers Harn Aufschluss darüber, ob Entzündungen (etwa durch Harnweginfektionen), Nierenkrankheiten, Diabetes und Erkrankungen des Bluts oder der Leber vorliegen. Die Abnahme von wenigen Tropfen Blut bildet die Grundlage für den PSA-Test. „PSA ist die Abkürzung für prostataspezifisches Antigen. Dabei handelt es sich um ein Protein, das von den Prostatazellen gebildet wird, um den Samen flüssig zu halten und damit die Fruchtbarkeit der Spermien sicherzustellen. Geringe Mengen PSA gelangen auch in den Blutkreislauf“, erläutert Madersbacher. Hier setzt der PSA-Test an, denn ein erhöhter Wert kann auf einen Prostatatumor hinweisen.
Die Betonung liegt auf „kann“, denn gutartige Erkrankungen wie eine Prostataentzündung oder -vergrößerung sind weitere mögliche Ursachen für einen erhöhten PSA-Wert. Dessen Interpretation erfordert urologisches Fachwissen und Erfahrung. „Grundsätzlich gilt, dass mit zunehmender Höhe des PSA-Wertes die Wahrscheinlichkeit für Prostatakrebs zunimmt. Doch reicht ein PSA-Test allein niemals aus, um einen Prostatatumor zu diagnostizieren. Der Test ist vielmehr notwendig, um jene Männer zu finden, die weitere Untersuchungen wie etwa eine Prostata-Biopsie – die Entnahme von Gewebeproben aus der Vorsteherdrüse – benötigen“, präzisiert Dorfinger.
Wichtig zu wissen: Drei Tage vor der Blutabnahme im Rahmen des Androchecks sollte eine mechanische Druckbelastung der Prostata vermieden werden. In der Praxis bedeutet das, auf Ejakulationen und längeres Radfahren zu verzichten, weil diese Tätigkeiten den PSA-Wert verfälschen können. Eine Blasen- oder Darmspiegelung sollte man ebenso auf später verschieben.

Kleiner Einsatz – großer Gewinn

Routinemäßig erfolgt beim Androcheck zudem eine Abtastung von Hoden und Prostata, die in der Regel nicht schmerzhaft, möglicherweise aber etwas unangenehm ist. Dank einer kleinen Überwindung gewinnt der Patient aus dieser Untersuchung wertvolle Erkenntnisse über seinen Gesundheitszustand: Fühlt sich die Prostata beispielsweise hart an oder ist sie vergrößert, liegt gleichfalls ein Hinweis auf eine krankhafte Entwicklung vor.
Zu guter Letzt rundet die völlig schmerzfreie Ultraschalluntersuchung der Nieren, der Harnblase und der Prostata den Androcheck ab. Dabei überprüft der Urologe die Lage, die Form, etwaige Veränderungen und manchmal auch die Funktion der genannten Organe und entscheidet im Anschluss, ob weitere bildgebende Verfahren eingesetzt werden müssen.
Um nochmals auf den eingangs erwähnten Robert H. zurückzukommen: Sein Leid und sein früher Tod hätten mit dem rechtzeitig und regelmäßig durchgeführten Androcheck vielleicht verhindert werden können. Doch abgesehen von der Früherkennung des Prostatakrebses und anderer Erkrankungen bringt die jährliche urologische Vorsorgeuntersuchung einen beträchtlichen Gewinn an Lebensqualität. Madersbacher: „Eine funktionierende Sexualität bis ins hohe Alter, die mit guter Gesundheit einhergeht, ist für die meisten Menschen erstrebenswert. Viele Männer haben jedoch alles andere als ein erfülltes Liebesleben. Seriösen Schätzungen zufolge dürften etwa 730.000 Österreicher von erektiler Dysfunktion betroffen sein.“ Beim Androcheck wird daher auch über das Thema Sexualität gesprochen. Denn Potenzstörungen beeinträchtigen nicht nur das Wohlgefühl, sondern sind häufig Anzeichen für organische Erkrankungen. So leiden mehr als die Hälfte der Männer mit erektiler Dysfunktion zusätzlich an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, ohne es zu ahnen.

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Der Androcheck auf einen Blick

  • Arzt-Patienten-Gespräch: Klärung der Vorgeschichte und der derzeitigen Beschwerden.
  • Harnbefund: Erkennung von Infektionen, Diabetes mellitus, Nieren-, Blut- und Lebererkrankungen.
  • Blutabnahme für den PSA-Test: Ein erhöhter Gehalt an prostataspezifischem Antigen im Blut weist auf Prostatavergrößerung, -entzündung oder -krebs hin.
  • Tastuntersuchung von Hoden und Prostata: Liefert weitere Erkenntnisse zum Gesundheitszustand.
  • Ultraschalluntersuchung: Beurteilung von Lage, Form und Funktion von Nieren, Harnblase und Prostata.

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Vorsorge-Tipps: Schau auf dich, Mann!

  • Hoden. Tasten Sie einmal pro Monat Ihre Hoden zwischen Daumen, Zeige- und Mittelfinger von oben nach unten ab. Unregelmäßige Form, Knotenbildung, Vergrößerungen, Verhärtungen, Ziehen oder Schmerzen können Krankheitssymptome sein, die Sie beim Arzt abklären lassen sollten.
  • Haut. Untersuchen Sie Ihre gesamte Körperoberfläche zweimal jährlich bei gutem Licht mit einem Ganzkörper- und einem Handspiegel. Bemerken Sie Veränderungen wie beispielsweise größer gewordene oder unregelmäßig wachsende Muttermale, suchen Sie den Arzt auf.
  • Stuhl. Lassen Sie ab dem 40. Lebensjahr einmal jährlich Ihren Stuhl auf verborgenes (okkultes) Blut kontrollieren. Ein regelmäßig durchgeführter Test kann das Risiko, an Darmkrebs zu sterben, deutlich senken.
  • Darm. Ab dem 50. Lebensjahr sollten Sie alle fünf bis sieben Jahre eine Darmspiegelung durchführen lassen. Die Untersuchung dient der Darmkrebs-Früherkennung und ist heute dank entsprechender Medikamente nicht mehr schmerzhaft.
  • Vorsorgeuntersuchungen. Planen Sie Ihren jährlichen Gesundheitscheck beim Allgemeinmediziner sowie ab einem Alter von 40 bzw. 45 den jährlichen Androcheck beim Urologen ein.

Webtipp:
Nähere Informationen und eine Urologin/einen Urologen in Ihrer Nähe finden Sie auf www.urologisch.at

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