Gärtnern ohne Gift

Mai 2013 | Leben & Arbeiten

In 7 Schritten zu schönem & gesundem Grün
 
Jetzt wird in Österreichs Gärten wieder gerupft, gezupft, aber auch gedüngt und gespritzt. Garteln liegt im Trend, der Einsatz von Chemiekeulen leider auch. Dabei werden sehr viele der verwendeten Wirkstoffe als Gefahr für die Umwelt bzw. Gesundheit eingestuft. MEDIZIN populär hat sieben Tipps und Tricks fürs Gärtnern ohne Gift.
 
Von Mag. Alexandra Wimmer

Drei Viertel aller Österreicher beackern ihr eigenes Fleckchen Erde – ob es sich dabei um Topfpflanzen, einen Dach-, einen Zier- oder Nutzgarten handelt. Ihrem grünen Daumen helfen allerdings viele mit dem verstärkten Einsatz von Chemie auf die Sprünge. Ob Dünge- oder Pflanzenschutzmittel: „Wir gehen davon aus, dass auf einen Quadratmeter im Garten wesentlich mehr Chemie zum Einsatz kommt als etwa in der Landwirtschaft“, erklärt der Umweltmediziner Assoz. Prof. DI Dr. Hans-Peter Hutter vom Institut für Umwelthygiene der Medizinischen Universität Wien. „Darunter sind sehr viele umweltgefährdende, gesundheitsschädliche oder reizende Mittel“, ergänzt DI (FH) Harald Brugger MSc, Chemiker von „die umweltberatung“ in Wien. „Außerdem werden in Kleingärten oft verschiedene Mittel bunt durcheinandergemischt: Unkrautvernichtungs-, Schnecken- oder Pilzmittel.“ Bei den Auswirkungen dieser Kombinationen steht man überhaupt noch am Anfang der Forschung.
Es geht auch anders: Experten geben Tipps für prachtvoll gedeihendes Grün ganz ohne Pflanzenschutzmittel.

1. Standortbestimmung: Jedem Platzerl sein Pflanzerl

Naturnahes Gärtnern beginnt mit der Inspektion des Standorts: Wie stark ist die Grünfläche Sonne und Wind ausgesetzt? Ist der Boden sauer oder kalkig, lehmig oder sandig? Ist er eher mager oder nährstoffreich? „Wird dies von vornherein berücksichtigt, können die Pflanzen besser gedeihen. Wenn der Standort hingegen nicht passt, sind die Pflanzen anfälliger für Schädlinge und Krankheiten“, betont die Zoologin und Expertin für naturnahes Gärtnern, Mag. Bernadette Pokorny von „die umweltberatung“. Sie empfiehlt eine Bodenanalyse: „Dazu schickt man Gartenerde an eine Analysestelle wie zum Beispiel die Agentur für Ernährungssicherheit, AGES, wo man sie nach bestimmten Parametern genau untersucht.“

2. Fruchtfolge & Mischkultur: Pflanzerei mit Plan

Häufig zeigt die Analyse, dass der Garten überdüngt ist. „Dann sollte man anfangs Pflanzen setzen, die viele Nährstoffe brauchen“, rät Pokorny. „Zu den Starkzehrern zählen Tomaten, Kürbis, Sellerie, Kohlpflanzen.“ Im Jahr darauf setzt man „Schwachzehrer“ wie Karotten, Rote Rüben, Mangold. „Im dritten Jahr werden optimalerweise Leguminosen wie Buschbohnen oder Erbsen gepflanzt, die den Stickstoff aus der Luft im Boden binden“, erklärt Pokorny. Neben dem Einhalten einer Fruchtfolge gilt eine Mischkultur als sinnvolle Maßnahme. „Durch richtiges Kombinieren schützen sich die Pflanzen gegenseitig“, erklärt Pokorny. „Man erreicht höhere Erträge, eine Aromaverbesserung und Schädlingsabwehr.“ Lavendel mit Rosen (hält Blattläuse fern), Knoblauch bei Erdbeeren (gegen Pilzkrankheiten und Bakterien), Karotten und Zwiebel/Lauch (zur Abwehr von Gemüsefliegen).

3. Pflanzenvielfalt: Bunt ist gesund!

Hecken aus heimischen Gehölzen, Wildblumen und -kräuter: „Das Setzen vieler verschiedener, möglichst heimischer Pflanzen bietet Lebensraum für Nützlinge“, erklärt Bernadette Pokorny. Ob Kräuter wie Salbei oder Thymian, Gartenblumen wie Ringelblume, Sonnenhut, Kamille oder Königskerze: Blühende Wildpflanzen locken scharenweise Insekten – Hummeln und andere Wildbienen, Marienkäfer etc. – an. „Diese bekämpfen Schädlinge und sind wichtige Bestäuber“, sagt Pokorny. Wichtig ist, dass die ganze Gartensaison hindurch Pflanzen blühen, damit die Insekten mit Futter (Pollen, Nektar) versorgt sind. Die Blüten sollten „ungefüllt“ sein, d. h. die wertvollen Staubgefäße wurden nicht, wie bei hoch gezüchteten Pflanzen, durch Blütenblätter ersetzt.

4. Organischer Dünger: (Nähr-)Stoff für Gartenträume

Schöne, blühende Pflanzen lassen sich genauso mit organischem Dünger erreichen“, betont Bernadette Pokorny und verweist auf die üppigen Bauerngärten von früher. Düngemittel sind z. B. Kompost, Hornspäne, Pflanzenjauche. „Organischer Dünger wird nicht so schnell mit dem Regenwasser ausgewaschen wie Kunstdünger, der dann das Grundwasser belastet“, nennt die Expertin einen Vorteil. Nebenbei zählt z. B. Brennesseljauche zu den altbewährten Pflanzenstärkungsmitteln. Doch Achtung: Auch ein Zuviel an organischem Dünger macht Pflanzen anfälliger für Schädlinge und schädigt die Bodenlebewesen.

5. Sanft gegen Schädlinge: Natürlich machen sie sich vom Acker!

Sinnvoller als den Schädlingen mit Gift den Garaus zu machen ist, ihre natürlichen Feinde zu unterstützen. Vorsorglich wirken auch mechanische Methoden. „Wenn man beim Anlegen eines Gemüsebeets einen Schneckenzaun anbringt, können die Schnecken gar nicht erst reinkommen“, gibt Pokorny ein Beispiel. Die beim Anblick angeknabberter Früchte empörten Hobbygärtner sollten außerdem bedenken, dass viele vermeintliche Schädlinge zugleich Nützlinge sind. „Ein Ohrwurm bekämpft Blattläuse und knabbert manchmal Pflanzen an“, so Pokorny. Alternative Schädlingsbekämpfungsmittel sind z. B. Pflanzenjauchen, Schmierseifenlösungen oder aus Mikroorganismen hergestellte Präparate.

6. Nischen für Nützlinge: Ganz schön wild!

Indem man den Garten nicht pico-bello aufräumt, schafft man wertvollen Lebensraum für Lebewesen. Ob ein „wildes Eck“, in dem z. B. Brennnessel und andere Kräuter wachsen dürfen, ein Holzhaufen oder ein Blühstreifen: „Man sollte bei der Gartenpflege auch Rückzugsräume für die Tiere einplanen“, regt Pokorny an. „Wenn man im Herbst  abgeblühte Pflanzenstengel stehen, Laub unter der Hecke liegen lässt, können Insekten darin überwintern.“ Wenn im Frühling dann die ersten Schädlinge auftreten, sind auch die Nützlinge gleich zur Stelle.

7. Torffreie Erde & Wildblumen: Klimaschutz in Zimmer und Balkonien

Auch bei Topfpflanzen, speziell für den Balkon, sollte man der heimischen Vielfalt den Vorzug geben. „Wildblumen oder naturnahe Züchtungen mit ungefüllten Blüten wie Sonnenhut, Lavendel, Ringelblume sind nicht nur hübsch, sondern auch für Insekten wertvoll“, sagt Pokorny, die außerdem blühende Kletterpflanzen wie Kapuzinerkresse, Duftwicke, Wilden Wein oder Efeu empfiehlt. Wer außerdem torffreie Topferde kauft, schützt das Klima. „Torf wird aus Hochmooren gewonnen“, erklärt Pokorny. „Diese seltenen Lebensräume sind in Europa durch den Torfabbau großteils zerstört, dabei wurden große Mengen der Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Lachgas freigesetzt.“    

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Gartenarbeit im (Klima)Wandel
Wie Sie Ihr Grün jetzt optimal beackern 

Ein frühzeitiger Sommerbeginn, Hitzewellen, intensive Regenperioden: Mit dem Klimawandel verändern sich auch die Bedingungen in den Gärten. Expertentipps: „Man sollte Pflanzen oder Gemüsesorten anbauen, die Hitze und Trockenheit besser vertragen“, regt der Umweltmediziner Assoz. Prof. DI Dr. Hans-Peter Hutter an. „Auch könnte man das für Pflanzen wertvolle Regenwasser sammeln“, ergänzt die Zoologin Mag. Bernadette Pokorny. „Günstig ist auch, die Erde regelmäßig gut zu lockern, weil dadurch das Wasser besser in den Boden eindringen kann und dort verfügbar ist.“ Nicht zuletzt ist der Boden durch das Bedecken mit Pflanzenmaterial (=Mulchen) vor zu intensiver Sonneneinstrahlung geschützt.

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Gefahr für Umwelt und Mensch: Gifte im Garten


Von den 40 am häufigsten im Garten verwendeten Wirkstoffen werden 30 als umweltgefährlich und etwa die Hälfte als gesundheitsgefährdend eingestuft, heißt es bei der Umweltschutzorganisation Global 2000. Beispiele? „Das Insektizid Imidacloprid steht in Verdacht, die Entwicklung des Gehirns zu beeinträchtigen“, erklärt der Umweltmediziner Assoz. Prof. Dr. Hans-Peter Hutter. „Und es ist ein Bienengift.“ Das heute weltweit beobachtete Bienensterben wird u. a. auf solche Pestizide zurückgeführt. Sehr giftig für Bienen ist auch das Insektizid Chlorpyrifos, das über die Atemwege oder die Haut auch in den menschlichen Organismus gelangen kann. Es wird seit langem in Außen- und Innenräumen eingesetzt und findet sich daher auch im Hausstaub. Hutter: „Es kann zu Schädigungen des Gehirns während der embryonalen Entwicklung führen, bei chronischer Einwirkung können Symptome wie Müdigkeit, Gedächtnisstörungen oder Reizbarkeit auftreten.“ Auch die steigende Anwendung des Pflanzenschutzmittels Glyphosat, das wir z. B. über die Nahrung zuführen, ist höchst umstritten: „In einigen Studien konnten beispielsweise die Fortpflanzung beeinträchtigende Wirkungen beobachtet werden“, sagt der Umweltmediziner. Das Schneckengift Methiocarb wiederum ist „bienengefährlich und sehr giftig für Wasserorganismen“, heißt es bei Global 2000.  

Webtipp:
Weiterführende Informationen zum naturnahen Gärtnern unter:
www.umweltberatung.at         

Stand 05/2013

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