Problemhaar

Ob blond, braun, schwarz oder rot, ob glatt oder lockig, füllig oder fein: Mutter Natur war äußerst kreativ, als sie den Schopf auf dem Kopf entwarf. Letztendlich aber ähnelt das, was aus der Kopfhaut sprießt, der Haarpracht unserer Vorfahren: „Das Aussehen der Haare ist genetisch bedingt“, weiß Univ. Prof. Dr. Daisy Kopera, Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten an der Medizinischen Universitätsklink in Graz, die sich auf Haargesundheit spezialisiert hat. Meist haben wir eine Mischung aus den Haaren von Mama, Papa, Opa und Oma am Kopf, wobei sich bei der Weitergabe der Merkmale meist dunkle Farben gegenüber hellen durchsetzen und Locken gegenüber glatten Haaren. „Auch wie viele Haare wir haben, wie dick sie sind, wie lang sie wachsen, und wie lange es dauert, bis sie ausfallen, ist genetisch vorbestimmt“, ergänzt Kopera. Bis zu einem gewissen Grad hängt von den Genen schließlich noch ab, ob uns der Schopf, der uns verschönern und vor Witterungseinflüssen schützen soll, Probleme macht. „Vererbt werden auch tendenziell fettige oder trockene und schuppige Kopfhaut sowie Haarausfall“, so die Expertin. Was alle Problemhaare gemeinsam haben: Sie lassen sich mit der richtigen Pflege in Normalhaar verwandeln.

Fettige Haare: Das richtige Shampoo wählen

Wirkt das Haar schon kurze Zeit nach dem Waschen wieder fettig und ungepflegt, ist die vererbte Steuerung der Produktion von Androgenen schuld daran, so Kopera. Die Erklärung: Die männlichen Sexualhormone, die auch der weibliche Körper produziert, regeln, wie viel Talg die Talgdrüsen auf der Kopfhaut erzeugen. Kopera: „Produzieren die Drüsen, die mit den Haarwurzeln verbunden sind, zu viel Talg, entsteht fettiges Haar.“
Schnell fettig werdende Haare sehen nicht nur äußerst unschön aus, sie können uns auch Probleme bereiten: „Hefepilze, die auf jeder Kopfhaut vorkommen, vermehren sich übermäßig, wenn viel Talg vorhanden ist“, erklärt Kopera. „Dies führt zu Irritationen wie Juckreiz, Schuppenbildung oder Rötungen auf der Kopfhaut.“
Was hilft? „Man kann gute Ergebnisse erzielen, wenn man die Haare regelmäßig mit Shampoos gegen fettige Haare wäscht“, so Kopera. Diese Mittel enthalten Substanzen, die die Talgproduktion regulieren, wie Brennnessel-Extrakte, Teebaumöl, Tonerde oder Zinkpyrithion.

Trockene, schuppige Haare: Nicht zu oft waschen

Auch trockenes Haar voller Schuppen geht größtenteils auf die ererbte Beschaffenheit der Kopfhaut zurück, weiß Kopera: „Wenn die Talgdrüsen typbedingt wenig Talg produzieren, trocknet die Kopfhaut leicht aus, spannt und schuppt sich.“ Die Schuppen fallen ab, und die Haare werden trocken und glanzlos, was sie ungepflegt aussehen lässt. Um die Schuppen loszuwerden, waschen viele Betroffene die Haare oft, verstärken damit aber nur das Problem: „Durch häufiges Waschen trocknet die Kopfhaut noch mehr aus, und die Talgdrüsen werden erst recht dazu angeregt, mehr Talg zu produzieren. Dann können sich auch auf der trockenen Kopfhaut vermehrt Pilze bilden, was die Schuppenbildung steigert, zu Rötungen und Juckreiz führt“, warnt die Expertin vor den Folgen. Die Lösung besteht darin, die Haare regelmäßig mit Shampoos zu waschen, die gegen die Schuppenbildung wirken. Kopera: „Das sind Mittel, die zum Beispiel Zinkpyrithion oder auch Antimykotika enthalten.“

Strapazierte Haare: Über Nacht verwöhnen

Für strapaziertes Haar, das spröde und stumpf aussieht, können die Vorfahren nichts: „Meistens liegt es daran, dass man über längere Zeit unsanft mit den Haaren umgegangen ist, sie zu häufig gewaschen, sehr heiß geföhnt oder oft gefärbt hat“, sagt Kopera und fügt hinzu: „Strapaziertes Haar führt zwar nicht zu gesundheitlichen Problemen, da Haare Keratinfäden sind, die so wie auch die Finger- und Zehennägel als Hautanhangsgebilde biologisch tot sind, sobald sie aus der Haut herausgewachsen sind.“ Doch gilt sprödes und stumpfes Haar freilich als Schönheitsproblem, das man loswerden möchte.
Wie das geht? „Meist reicht es, strapaziertes Haar regelmäßig mit Spezialshampoos zu waschen und die Haare öfter mit entsprechenden Haarpackungen zu pflegen “, so Kopera. Auch gut: Das Haar immer wieder einmal mit Olivenöl einreiben und das Öl über Nacht einwirken lassen. Kopera: „Wenn es sich schon nicht vermeiden lässt, die Haare zu föhnen, sollte man davor unbedingt einen Conditioner verwenden, der die Haare vor der Hitze schützt.“ Gegebenenfalls gilt es natürlich auch, die Haare seltener zu waschen und nicht mehr so oft zu färben – wobei Bleichen am stärksten belastet. Die Expertin empfiehlt darüber hinaus, spröde Haarenden sowie gespaltene Spitzen regelmäßig vom Friseur abschneiden zu lassen.

Haarausfall: Keine Wunder erwarten

„Haarausfall an sich ist völlig normal, solange nicht mehr als 100 Haare am Tag verlustig gehen“, sagt Kopera. „Das liegt daran, dass sich nicht alle Haare in der gleichen Wachstumsphase befinden, aber jedes Haar am Ende der Wachstumsphase abgestoßen wird.“ Von den 90.000 bis 150.000 Haaren, die wir am Kopf haben, fallen aus diesem Grund etwa 100 am Tag aus, bei der Haarwäsche sogar bis zu 300. Kopera: „Wenn das natürliche Gleichgewicht der Haarwachstumsphasen gestört ist, was meist auf erblich bedingte oder altersbedingte hormonelle Veränderungen zurückgeht, fallen auch ohne Haarwäsche mehr als 100 Haare am Tag aus.“ Die Resultate sind ein immer lichterer Schopf, Geheimratsecken, Stirn – oder eine Vollglatze.
Die Lösung: Bis zu einem gewissen Grad helfen Haarwuchsmittel gegen Haarausfall, weiß die Expertin. „Sie regen die Haarwurzeln dazu an, in eine neue Wachstumsphase einzutreten und neue Haare zu bilden. „Ein Haarwuchsmittel, das wie Dünger bei Pflanzen wirkt, gibt es allerdings noch nicht.“ In manchen Fällen können ärztlich verordnete Medikamente helfen, das Schütter­werden in seinem Fortschritt zu stoppen.

Wissen haargenau

• Wie viele Haare wir am Kopf haben, hängt nicht nur von den genetischen Erbsubstanzen, sondern auch von der Farbe ab: So haben Blonde rund 150.000 Haare, Braunhaarige etwa 110.000, Schwarzhaarige 100.000 und Rothaarige 90.000.

• Mit der Farbe hängt auch der Haardurchmesser zusammen, der von 0,05 bis 0,1 Millimeter reicht: Rote und blonde Haare sind am feinsten, braune und schwarze hingegen dicker.

• Das durchschnittliche Haarwachstum liegt bei 0,3 Millimeter am Tag oder einem Zentimeter im Monat. Haare werden nicht unendlich lang. Bei den meisten Menschen würden sie ohne Kürzung bis zu den Hüften wachsen.

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Bitte zum Arzt, wenn...

• …sich eine dicke Schuppenkruste auf der Kopfhaut gebildet hat: „Je früher man mit medizinischen Mitteln etwas dagegen unternimmt, desto besser“, appelliert die Haarexpertin Univ. Prof. Dr. Daisy Kopera.

• …die Haare nicht am ganzen Kopf oder in einer bestimmten Zone ausfallen, sondern lokal begrenzt und kreisrund. Kopera: „Diese Art von Haarausfall kann ein Hinweis auf eine psychosomatische Störung oder eine andere Krankheit sein.“

Buchtipp:
Lindlbauer, Bauer, Gesund & schön von Kopf bis Fuß. Alles über Haut, Haare, Nägel
ISBN 978-3-902552-15-0, 250 Seiten, € 19,90
Verlagshaus der Ärzte