Gut geschlafen?

April 2016 | Medizin & Trends

Das hilft, wenn der Schlaf gestört ist
 
Chronische Schmerzen, Übergewicht, unruhige Beine: Wenn sich mit den Jahren die gesundheitlichen Beschwerden häufen, stört dies oft auch die Nachtruhe. Eine Expertin über die häufigsten Schlafräuber im Alter – und wie man sie in die Flucht schlagen kann.
 
Von Mag. Alexandra Wimmer

Es ist meist kurz nach vier Uhr früh, wenn in der Wohnung von Eva S. das Licht angeht. „Ich bin dann putzmunter“, erklärt die 75-jährige, die nicht ganz glücklich mit der Situation ist. „Als ich noch berufstätig war, hab ich mir sehr gewünscht, morgens ausschlafen zu können – und jetzt?“ Die Pensionistin befürchtet, an einer Schlafstörung zu leiden. Mit ihrer Sorge ist sie nicht allein: Für viele ältere Menschen ist Schlaf nicht nur eine Quelle der Erholung, sondern auch des Kummers.
Das ist etwa dann der Fall, wenn sich wie bei Frau S. das Schlafverhalten verändert. Dahinter muss nicht gleich eine schwerwiegende Schlafstörung stecken, beruhigt Univ. Prof. Dr. Gerda Saletu-Zyhlarz, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie und Leiterin der Schlafambulanz der Universitätsklinik für Psychiatrie in Wien.

Neuer Schlaf-Wach-Rhythmus

Tatsächlich sei es normal, dass sich im Herbst des Lebens der Schlaf-Wach-Rhythmus verändert. „Grund dafür sind degenerative, also alterungsbedingte Veränderungen im Gehirn“, präzisiert die Medizinerin. Diese führen zu Veränderungen im „cirkadianen Schrittmacherzentrum“ – einem Bereich im Zentralnervensystem, der den Schlaf-Wach-Rhythmus kontrolliert. Eine Abnahme von Melatonin sowie komplexe Veränderungen der Neurotransmitter (=biochemische Botenstoffe) führen dazu, dass die Senioren öfter aufwachen. Ihr Schlaf ist leichter, die Tiefschlafstadien nehmen ab.

Soziale Veränderungen

Neben Veränderungen im Schrittmacherzentrum spielen auch die sozialen Bedingungen eine Rolle. Oft kann sich erst mit dem Ende der Berufstätigkeit der ureigene Schlafrhythmus zeigen: Wenn nicht mehr der Wecker den Takt vorgibt, ist die innere Uhr am Zug.
Umgekehrt nimmt mit den Jahren häufig der Anreiz, lange wach zu bleiben, ab: Wenn im Seniorenheim um fünf Uhr nachmittags das Abendessen serviert wird und es danach kein Abendprogramm mehr gibt, geht man früh schlafen und ist am nächsten Tag entsprechend früh auf den Beinen. Das führt mitunter dazu, dass man tagsüber müde wird – und sich öfter hinlegt. „Die Bettzeiten nehmen mit dem Alter zu“, betont Saletu-Zyhlarz. Man liegt dann vielleicht zehn Stunden am Tag im Bett, davon schläft man sieben Stunden. Verändert ist demnach häufig der Schlafrhythmus, weniger die Gesamtschlafzeit der Senioren. „Auch der Schlafbedarf nimmt nicht ab“, erklärt Saletu-Zyhlarz.

Schlafbezogene Atmungsstörung

Unabhängig von den natürlichen Veränderungen im Schlaf-Wach-Rhythmus, nehmen Schlafstörungen im Alter tatsächlich zu: In Österreich sind 42 Prozent der Über-50-Jährigen davon betroffen – Frauen etwas häufiger als Männer. Das Schlafdefizit hat viele ungünstige Folgen: Man ist tagsüber müde, gereizt, unkonzentriert. Langfristig schwächt es das Immunsystem, sodass man anfälliger für Krankheiten wird.
Zu den häufigsten Schlafstörungen zählen die schlafbezogenen Atmungsstörungen, deren bekannteste die Schlafapnoe ist. Sie betrifft jeden zweiten Über-60-Jährigen. „Mit steigendem Alter lässt der Muskeltonus im Rachenbereich, der die oberen Atemwege offen hält, nach“, erklärt die Schlafmedizinerin. Die schwache Schlundmuskulatur und ein schlaffes Gaumensegel verursachen Störungen der Atmung, Alkoholkonsum oder Übergewicht verschlimmern das Problem zusätzlich. Eine deutlich hörbare Folge der Schlafapnoe ist das Schnarchen. „Besonders dramatisch ist allerdings, wenn es zu Atemaussetzern oder Sauerstoffabfällen kommt“, warnt Saletu-Zyhlarz. Bluthochdruck ist ein sehr häufiges, begleitendes Symptom bei schlafbezogenen Atmungsstörungen – mit gefährlichen Folgen: Mit einer Schlafapnoe steigt das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Vor allem spezielle Atemmasken (CPAP-Behandlung) oder „Schnarchschienen“ reduzieren die Atemaussetzer. Außerdem sollte Übergewicht abgebaut und Alkohol vermieden werden.

Unruhige Beine und Wechselbeschwerden

Unruhige Beine (=Restless Legs) zählen ebenfalls zu den häufig auftretenden  Schlafräubern. „Frauen sind deutlich öfter betroffen als Männer“, sagt Saletu-Zyhlarz. Das gilt im Alter mehr denn je: Über 40 Prozent der Seniorinnen leiden unter den rhythmisch wiederkehrenden, unwillkürlichen Bewegungen von Armen und Beinen. Diese gehen mit Missempfindungen in den Beinen wie einem Kribbeln, Brennen, Ziehen, Hitze- oder Kältegefühl einher. Die gute Nachricht: Nächtliche Bewegungsstörungen lassen sich meist gut behandeln – etwa mit Dopaminagonisten, dopaminähnlichen Wirkstoffen, oder bei schweren Symptomen auch mit Opioiden.
Weiters können die hormonellen Umstellungen während der Wechseljahre – wenn die Produktion von Östrogenen deutlich gedrosselt wird – Schlafprobleme nach sich ziehen.

Harndrang und Schmerzen

Nächtlicher Harndrang, die Nykturie, führt ebenfalls oft zu unliebsamen Unterbrechungen des Schlafs. „Die Nykturie ist bei älteren Männern stärker ausgeprägt als bei Frauen“, erklärt die Medizinerin. Schuld daran ist die zunehmende Vergrößerung der Prostata. Andere Ursachen sind harntreibende Medikamente, geschwollene Beine, Herzschwäche, Niereninsuffizienz, Diabetes.
Was im Alter ebenfalls den nächtlichen Schlummer sabotieren kann, sind chronische Schmerzen, an denen 80 Prozent der älteren Menschen leiden.  

Depression und Demenz

Die wichtigsten nicht-organischen Schlafstörungen? Dazu zählen psychische Leiden wie Depressionen, Angst- und Anpassungsstörungen, die im Alter zunehmen. Man verliert den Ehepartner oder muss in ein Seniorenheim ziehen: Einschneidende Lebensereignisse belasten die Psyche und beeinträchtigen oft auch den Schlaf. Bei psychischen Störungen ist eine Kombination aus Medikamenten (z. B. Antidepressiva) und Psychotherapie wirksam.
Neben den psychischen nehmen im Alter neurologische Erkrankungen wie Schlaganfall, Morbus Parkinson oder Demenz zu. Wenn im Zuge einer Demenzerkrankung Hirnzellen zugrunde gehen, verändert dies den Schlafrhythmus gravierend – mit Tagesschläfrigkeit und Tagesmüdigkeit als häufige Folgen. Was immer den Schlaf verleidet:?Besteht ein Schlafproblem länger als vier Wochen, sollte man einen Arzt aufsuchen. Chronische Schlafstörungen müssen ärztlich abgeklärt und behandelt werden!

Frage des Lebensstils

„Erholsamer Schlaf ist eine wichtige Voraussetzung, um gesund zu altern“, betont die Expertin. Die wohlige Nachtruhe wird durch einen gesunden Lebensstil gefördert. Das beginnt bei einer ausgewogenen Ernährung. „Auch sollte man im Alter noch mehr darauf achten, am Abend keine schweren Mahlzeiten zu sich zu nehmen“, sagt Saletu-Zyhlarz. Abends üppig zu essen, kann Völlegefühl oder Sodbrennen verursachen – beides keine Ruhekissen. Und Alkohol ist alles andere als ein Schlummertrunk und wirkt sich im Alter besonders ungünstig aus.
Wichtig ist weiters ein geregelter Tagesrhythmus. Auch sollte man möglichst täglich an die frische Luft gehen und Tageslicht tanken: „Durch Sonnenlicht und Bewegung im Freien wird der Schlaf-Wach-Rhythmus gefestigt“, erklärt Saletu-Zyhlarz. Ist man tagsüber ausreichend aktiv, schläft man nachts automatisch besser – und fühlt sich rundum wohler.

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Dann gute Nacht!
Tipps für einen erholsamen Schlaf

•    Achten Sie auf einen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus!
•    Decken Sie Ihren täglichen Schlafbedarf!
•    Sorgen Sie für angenehme Schlafbedingungen!
•    Bauen Sie Übergewicht ab!
•    Konsumieren Sie keine anregenden Substanzen vor dem Schlafengehen!
•    Vermeiden Sie anstrengende Tätigkeiten oder schweißtreibendes Sporteln vor dem Zu-Bett-Gehen!
•    Vermeiden Sie Stress!
•    Bleiben Sie tagsüber wach und aktiv!

Stand 03/2016

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