Kur oder GVA: Wer bekommt was?

Oktober 2018 | Medizin & Trends

Derzeit beantragen rund 300.000 Österreicher im Jahr ein Heilverfahren bei der PVA. Wer die Maßnahmen genehmigt bekommt und wann ein Antrag abgelehnt wird.
 
– Von Mag. Sabine Stehrer

Der klassische Österreicher und die klassische Österreicherin, die derzeit ein Vorsorgeprogramm in Anspruch nehmen, haben chronische Probleme mit dem Stütz- und Bewegungsapparat: Meist plagen sie Rückenschmerzen und/ oder Schmerzen in den Knie- oder Hüftgelenken. „97 Prozent aller Gesundheitsvorsorgemaßnahmen beziehen sich auf Beschwerden in diesem Bereich“, weiß Dr. Ursula Graninger, stellvertretende Chefärztin der Pensionsversicherungsanstalt (PVA), bei der 85 Prozent der hierzulande Sozialversicherten versichert sind.

Kur oder GVA?
Bei Problemen mit dem Stütz- und Bewegungsapparat wird 2019 die klassische Kur als Heilverfahren bei PVA-Versicherten flächendeckend durch die Gesundheitsvorsorge aktiv (GVA) ersetzt. Dies vorrangig mit dem Ziel, durch die Schwerpunktsetzung auf Bewegung und mentale Gesundheit eine langfristige Lebensstiländerung zu erreichen – und letztlich die Zahl der gesunden Lebensjahre zu erhöhen.
Bei Versicherten aller anderen Sozialversicherungsträger sowie bei den restlichen drei Prozent der Erkrankungen bleibt es bei der Kur.

Auf Kur gehen weiterhin Patienten, die Probleme mit

  • der Lunge,
  • dem Stoffwechsel,
  • den Gefäßen und
  • der Haut haben.


Bewilligung der GVA

Ob jemand eine GVA oder eine Kur bewilligt bekommt, hängt von den medizinischen Gründen beziehungsweise dem Ausmaß der gesundheitlichen Einschränkungen ab. Graninger: „Sind die Einschränkungen zu gering, wird die GVA nicht bewilligt, sind sie zu groß, wird dem Versicherten vorgeschlagen, stattdessen eine Rehabilitation in Anspruch zu nehmen.“   
Auch ist die Zahl möglicher Kuren/ GVA’s wegen derselben Beschwerden auf zwei binnen fünf Jahren beschränkt. Stellt jemand in diesem Zeitraum einen dritten Antrag, wird überprüft, ob die bereits absolvierten Heilverfahren vielleicht nicht ausreichend gewirkt haben und eventuell eine Rehabilitation angemessener ist. Wurde ein Antrag abgelehnt, kann frühestens ein Jahr nach der Ablehnung neuerlich eine Kur/GVA beantragt werden.

Rund 145.000 Anträge
Von den rund 145.000 Anträgen auf eine Kur beziehungsweise eine GVA, die 2017 bei der PVA gestellt wurden, sind 58 Prozent bewilligt worden, knapp mehr als 18 Prozent wurden abgelehnt. Die restlichen Anträge wurden zurückgezogen, oder die Aufenthalte haben aus anderen Gründen nicht stattgefunden. Etwa, weil die Antragsteller eine akute Erkrankung erlitten haben, wie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall, die statt dem Antritt einer Kur/GVA eine Rehabilitation nötig machten. Eine stationäre oder ambulante Reha bekamen von der PVA im Vorjahr zirka 135.400 Österreicherinnen und Österreicher bewilligt.

Was ist die GVA?
Die GVA, Gesundheitsvorsorge aktiv, kann folgendermaßen in Anspruch genommen werden:

  • während eines 22-tägigen stationären Aufenthalts geblockt oder
  • verteilt auf zwei Wochen plus eine Woche

Seit drei Jahren im Pilotbetrieb, seit Anfang dieses Jahres teilweise im Regelbetrieb und ab 2019 flächendeckend angeboten, besteht die GVA aus mehreren Modulen, grob eingeteilt aus einem Basismodul und auswählbaren Aufbaumodulen:

Das Basismodul
Es ist für alle Teilnehmer gedacht und beinhaltet

  • ein Kraft- und Ausdauertraining,
  • ein Entspannungstraining und
  • bei Bedarf eine Raucherberatung.

Die Aufbaumodule
Zum Basismodul kommen drei auswählbare Aufbaumodule zur individuellen Optimierung der Therapie:

1)  Das Modul Bewegungsoptimierung: Es ist für jene gedacht, die bereits Sport betreiben.
2)  Das Modul Bewegungsmotivation: Hier geht es in erster Linie darum, auch „Trainingsmuffeln“ Spaß an gezielter Bewegung zu vermitteln.
3)  Das Modul mentale Gesundheit:
      Es bietet jenen Unterstützung, die psychisch belastet sind bzw. sich gestresst fühlen.

Außerdem werden noch Ergänzungsmodule angeboten, etwa zu gesunder Ernährung speziell für Berufstätige und Pensionisten. Auch die Anwendung beziehungsweise Verwendung von natürlichen Heilmitteln wird in einem eigenen Modul vermittelt.

Warum wird eine Vorsorgemaßnahme nötig?

Die häufigsten Beschwerden verursacht das Kreuz. Die restlichen drei Prozent werden etwa wegen Problemen mit der Lunge oder den Gefäßen benötigt.
*   97% Probleme mit Stütz- und Bewegungsapparat
*   3% andere Erkrankungen

 

Kur oder GVA – Fragen & Antworten

Habe ich das Recht auf eine Kur/GVA?
Eine Kur/GVA beantragen können alle Österreicher, die sozialversichert sind. Rechtsanspruch auf eine Kur/GVA besteht keiner: Das Heilverfahren ist eine freiwillige Leistung der Sozialversicherungsträger.

Wie stelle ich den Antrag?
Der Hausarzt oder Facharzt stellt eine Diagnose, die die medizinische Notwendigkeit für eine Kur/GVA begründet. Er kann beim Ausfüllen des Antrags auf Kur/GVA behilflich sein und den Antrag an den zuständigen Versicherungsträger senden.
Oder der Antragsteller erledigt dies selbst. Das Antragsformular ist beim Arzt erhältlich, kann vom Versicherungsträger angefordert oder über die Homepage der Pensionsversicherungsanstalt (siehe Webtipp unten) ausgedruckt werden.

Kann ich mir aussuchen, wo ich die Kur/GVA machen möchte?

Diesbezügliche Wünsche werden berücksichtigt, soweit das möglich ist.
So muss der Versicherungsträger mit einer Einrichtung im Wunschort ein Vertragsverhältnis haben, und die Einrichtung muss die passenden Therapien anbieten (siehe dazu Kasten „welche Kur/GVA gibt es wo?“ auf Seite 33).

Kann ich den Termin bestimmen?
In Absprache mit der Einrichtung können Terminwünsche berücksichtigt werden.

Wann wird mein Antrag bewilligt?

Wenn der Sozialversicherungsträger eine Kur/GVA zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit beziehungsweise Vermeidung von Pflegebedürftigkeit für nötig hält.

Wie oft kann ich zur Kur/GVA?

Innerhalb von fünf Jahren kann zweimal ein Antrag gestellt werden.

Was kostet eine Kur/GVA?
Die Versicherungsträger übernehmen den Großteil der Kosten, der Patient zahlt einen Selbstbehalt, dessen Höhe vom Einkommen abhängt.

Muss ich für die Kur/GVA Urlaub nehmen?

Nein, denn eine Kur/GVA wird als Arbeitsunfähigkeit nach einer Krankheit gewertet. Deswegen besteht auch Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber beziehungsweise die Krankenversicherung.
Die GVA kann auf zwei plus eine Woche aufgeteilt, die dritte Woche binnen sechs Monaten ab Beginn in Anspruch genommen werden.

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Gesund leben lernen

Der Präsident des Verbands Österreichischer Kurärztinnen und Kurärzte Dr. Wolfgang Foisner über den Wandel von der klassischen Kur zur Gesundheitsvorsorge aktiv (GVA).

MEDIZIN populär
Herr Dr. Foisner, Sie sind nicht nur Präsident des Kurärzteverbands, sondern auch ärztlicher Leiter des Kur- und Rehabilitationszentrums Bad Hofgastein im Gasteinertal, wo schon seit dem Mittelalter gekurt wird. Wie beurteilen Sie die Umwandlung der klassischen Kur zur GVA?


Dr. Wolfgang Foisner

Positiv! Wir im Gasteinertal waren ja auch Pilotregion für die GVA und haben den Wandel von Beginn an mitgetragen. Außerdem bieten wir unseren Kurgästen schon seit vielen Jahren an, was sie nun im Rahmen der GVA auch in anderen Kurorten bekommen. Nämlich die Möglichkeit, zu lernen und zu erleben, wie sie gesund leben.

Was genau lernt jemand, der die GVA in Anspruch nimmt?
Unsere Patienten kommen wegen Problemen mit dem Stütz- und Bewegungsapparat zu uns. Sie wissen zwar, dass
es ihnen helfen würde, sich regelmäßig ausreichend zu bewegen und Gymnastik zu machen. Auch, sich anders zu ernähren, um Übergewicht abzubauen. Aber die meisten wissen nicht, wie sie das machen sollen. Das wird ihnen während der GVA – angepasst an ihre persönlichen Voraussetzungen – in Vorträgen, Workshops, Therapiestunden und Sporteinheiten vermittelt.

Wie wird das angenommen?
Generell gut, weil wir unsere Gäste auch darüber informieren, warum dies und jenes das Beste für sie ist, wieso die eine oder andere Maßnahme wirkt und wann sie beginnt, zu wirken. Natürlich gibt es auch einige, die das Programm anfangs für anstrengend halten. Sie finden die Aktivitäten schon während des Aufenthaltes für zu mühsam, um sie durchzuführen, geschweige denn sie dann zuhause weiterzuführen. Da muss man besonders geschickt motivieren.

Wie motivieren Sie?
Vielen hilft, wenn man ihnen eine andere Einstellung zum gesunden Leben vermittelt. Ihnen beispielsweise erklärt, dass Gymnastik nun einmal leider ein bisschen mühsam sein muss, um zu wirken. Dass die Übungen notwendig sind wie  körperhygienische Maßnahmen, das Duschen, das Zähneputzen. Übergewichtigen hilft oft, wenn man ihnen klarmacht, dass sie zwar weniger Kilokalorien zu sich nehmen müssen, um Übergewicht abzubauen, aber nicht auf Genuss verzichten zu brauchen. Jenen, die erschöpft sind, kann wiederum eine Anleitung helfen, wie sie besser mit ihren Ressourcen umgehen und sich nach anstrengenden Tagen entspannen.

Reichen für die Vermittlung und das Erleben dieser Dinge drei Wochen aus?
Bei den meisten, ja. Immerhin geht es darum, nicht zum Pflegefall zu werden, den Beruf weiter ausüben zu können, schmerzfreier zu leben. Wichtig ist und wäre aber eine entsprechende Nachbetreuung, die nur leider nicht ohne Versorgungslücken organisiert ist.

Welche Kur/GVA gibt es wo?
Welche Orte Therapien bei welchen Erkrankungen anbieten, ist zum Beispiel auf der Homepage der Pensionsversicherung (PVA) zu sehen (siehe Webtipp). Überall dort befinden sich Einrichtungen, die Vertragspartner der PVA sind, also von Versicherten der PVA genützt werden können, aber auch Einrichtungen anderer Sozialversicherungsträger.

 


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Webtipp

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www.pensionsversicherung.at

  • Antragsformular für eine Kur/GVA: unter dem Menüpunkt „Service“ – „Anträge und Formulare“
  • Wo wird bei welcher Erkrankung eine Kur/GVA angeboten? unter „Vorsorge“ – „Gesundheitseinrichtungen“
  • Überblick über Standorte und Leistungen der PVA und anderer SV-Träger bietet auch die Broschüre „medinfo“:         unter „Informationsmaterial“ – „Download“ – „Medizin“

 

Stand 11/2018

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