Mehr Brot!

September 2009 | Ernährung & Genuss

Warum Sie öfter ins Körberl greifen sollten
 
Immer noch gilt Brot als das „laibhaftige“ Böse, wenn es um die schlanke Linie geht. Doch Ärzte und Ernährungsexperten sagen, dass die Österreicherinnen und Österreicher viel zu wenig davon essen und öfter ins Körberl greifen sollten. Lesen Sie, warum Brot eine Grundlage der gesunden Ernährung ist, warum überschüssige Kilos meist nicht vom Brot kommen, sondern von dem, was man dazu isst bzw. drauf legt, warum es ab und zu auch Weissbrot sein darf, man auf Vollkornprodukte aber keinesfalls verzichten sollte.
 
Von Dr. Karin Gruber

Nach wie vor gilt Brot als eines der größten Hindernisse auf dem Weg zur Bikinifigur. Dass das nicht ganz stimmen kann, zeigt allein schon der Blick zurück: Vor 60 Jahren wurde im Schnitt zweimal so viel Brot gegessen wie heute, von Übergewicht war damals aber kaum die Rede. Ganz anders heute. Wir essen viel weniger Brot, werden aber immer dicker. Auch wenn man die Zunahme von Übergewicht und Adipositas mit all den Zivilisationskrankheiten im Schlepptau nicht allein mit dem Rückgang des Brotkonsums erklären kann, so sticht diese Tatsache doch ins Auge. Ebenso der Umstand, dass der gesundheitliche Wert von Brot & Gebäck heute weit unterschätzt wird: „Brot ist eine Grundlage der gesunden Ernährung, wobei es freilich auf die Menge und die Brotsorte ankommt“, fasst der Salzburger Stoffwechselexperte Univ. Doz. Dr. Raimund Weitgasser zusammen.

Wenn es um die Menge geht, heißt es heute: Es darf deutlich mehr sein! Laut Ernährungsbericht 2008 essen die Österreicherinnen und Österreicher im Durchschnitt 120 Gramm Brot pro Tag. „Das ist viel zu wenig“, sagen Ärzte und Ernährungsexperten. Es sollten täglich 200 bis 300 Gramm sein, das entspricht vier bis sechs Scheiben Brot bzw. Stück Gebäck. Mindestens zur Hälfte sollten es Vollkornprodukte sein, denn: „Es gibt Hinweise, dass sich Produkte aus Vollkorn günstig auf das Herz-Kreislaufsystem und die Vorbeugung vor Krebserkrankungen wie Darm- oder Brustkrebs auswirken. Diese positiven Wirkungen stehen aber immer auch in Verbindung mit der Vermeidung von Übergewicht und ausreichend Bewegung.“ Was Experten besonders empfehlen: Vollkornprodukte vom Bäcker Ihres Vertrauens. Diese sind zwar etwas teurer, sie sind aber auch mehr wert – gesünder, sättigender und würziger.

Weißbrot: Ja, aber …

Die Nachteile von Striezel, Semmel & Co erklärt der Leiter des Diabetes-Schwerpunkts an der Universitätsklinik für Innere Medizin in Salzburg so: Die Stärke in Weißbrot wird schnell abgebaut, und es kommt zu einem raschen und hohen Anstieg des Blutzuckerspiegels sowie der Blutfette (Triglyceride). Der Anstieg ist zwar nicht so dramatisch wie bei Süßigkeiten, aber dennoch beachtlich. Der Körper reagiert blitzartig mit der Ausschüttung großer Mengen von Insulin, worauf der Blutzuckerspiegel rasant wieder sinkt. Das führt nicht nur dazu, dass man bald wieder Hunger oder sogar Heißhunger hat, sondern auf lange Sicht auch dazu, dass die Regulationsmechanismen des Körpers ermüden. Die Folgen: Stoffwechselstörungen wie Diabetes und Fettstoffwechselprobleme. Bei dunklem Brot und vor allem Vollkornbrot hingegen bleibt der Blutzuckerspiegel eher konstant.  ‘

Eine wesentliche Rolle für Figur und Gesundheit spielt darüber hinaus, was auf das Brot gelegt oder gestrichen wird. Und das, was dazu gegessen wird. Weitgasser: „Die klassische mediterrane Kost ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich auch größere Mengen Weißbrot nicht negativ auswirken, wenn sie mit viel Obst und Gemüse und wenig tierischen Fetten kombiniert werden.“ Wer aber zu Übergewicht neigt, Diabetes oder erhöhte Lipidwerte hat, der tut gut daran, bei Weißbrot vorsichtig zu sein.

Die Vorteile von Vollkorn

Was Vollkornprodukte so gesund macht, ist ihr Plus an wertvollen Inhaltsstoffen. „Da Vollkornmehl durch Vermahlen des gesamten Getreidekorns inklusive Schale und Keimling hergestellt wird, enthält es wesentlich mehr Ballaststoffe, Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe und ist damit ernährungsphysiologisch um einiges wertvoller als ,normales‘ Mehl“, sagt die Wiener Ernährungswissenschafterin Mag. Angela Mörixbauer und erläutert die drei Pluspunkte von Vollkornmehl:

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+ Mehr Ballaststoffe
Laut Ernährungsbericht nehmen die Österreicher statt der empfohlenen 30 Gramm nur 20 Gramm Ballaststoffe pro Tag auf. Ballaststoffreiche Lebensmittel wie Vollkornprodukte sättigen besser und anhaltender, was in der Prävention und Behandlung von Übergewicht wesentlich ist. Sie regen zum längeren Kauen an, das fördert den Speichelfluss und verbessert die Verdaulichkeit.
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+ Mehr Eiweiss
(Vollkorn-) Brot und Gebäck werden als Eiweißlieferanten oft unterschätzt. Getreideprodukte und Erdäpfel sind nach Fleisch die wichtigsten Eiweißlieferanten in der österreichischen Kost. Je nach Getreideart sind acht bis 15 Prozent Eiweiß enthalten, wobei das Eiweiß in der Aleuronschicht (das ist jene Schicht, die das Innere des Korns, den Mehlkern, umgibt) und im Keimling – also in Vollkornprodukten – besonders wertvoll ist.
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+ Mehr Vitamine und Mineralstoffe
Diese Stoffe befinden sich im Getreide vor allem in den Randschichten, in der Aleuronschicht sowie im Keimling. Vollkornprodukte sind daher besonders gute Quellen für B-Vitamine, Vitamin E, Magnesium, Kalium, Eisen und Zink. Speziell die Eisenversorgung könnte durch Vollkornprodukte wesentlich verbessert werden. „Das möchte ich besonders Frauen im gebärfähigen Alter ans Herz legen, deren Eisenaufnahme häufig zu wünschen übrig lässt“, so Mörixbauer. Hirse, Hafer, Roggen sowie Quinoa und Amaranth liefern ebenfalls viel Eisen. ‘
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Brot & Gebäck:
Die wichtigsten Sorten

Grundsätzlich besteht Brot aus Mehl, Salz, Wasser und Sauerteig/Hefe. Durch Zusatz von Schrot, verschiedensten anderen Getreidesorten, Gewürzen, Molke, Keimlingen, Erdäpfeln und anderen Zutaten sowie verschiedene Zubereitungstechniken entsteht die Vielfalt von rund 150 Sorten Brot und Gebäck
in Österreich.

Weizenbrot/Roggenbrot:
Weizen- bzw. Roggenmehl mit bis zu 10 Prozent des jeweils anderen Getreides.
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Mischbrot:
Roggenmischbrot enthält zwischen 10 und 50 Prozent Weizen, bei Weizenmischbrot verhält es sich umgekehrt.
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Weißbrot:
Feines Weizenmehl mit bis zu 10 Prozent Roggenvorschussmehl.
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Vorschussbrot:
aus feinstem und hellem Roggenmehl, kann bis zu 10 Prozent Weizenmehl enthalten.
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Vollkornbrot:
Vollkornmehl mit maximal 10 Prozent anderen Mehltypen.
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Sandwichwecken, Toastbrot:
Wie Weißbrot, aber ohne Roggenmehl.
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Semmeln, Weckerln, Salzstangerln, Kipferln:
Semmelmehl – ein besonders feines Weizenmehl.
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Mürbgebäck wie Brioche:
Feines Weizenmehl mit Zusatz von Fett, Ei, Zucker und meist auch Milch.
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3 Antworten vom Bäckermeister

Als Bäcker mit Leib und Seele ist Franz Erlacher aus Herzogenburg (NÖ) ständig mit der Entwicklung neuer Sorten befasst, bei denen die Gesundheit im Mittelpunkt steht. MEDIZIN populär gibt der Brotexperte Antwort auf drei
Fragen.

? Wie erkennt man Vollkornbrot, wenn’s nicht draufsteht?

Das Brot ist schwerer, es lässt sich nicht so leicht eindrücken, ist weniger flaumig. Die dunklere Farbe spielt eine gewisse Rolle, ist aber nicht ausschlaggebend. Brot und Gebäck aus normalem Mehl wird nicht selten mit Melasse, einem dunkelbraunen Zuckersirup und Nebenprodukt der Zuckerproduktion, dunkel gefärbt. Vollkornmehl ergibt einen eher gräulichen Farbton, der wird im Idealfall durch gerösteten Roggen ins Braune verschoben.

? Was heißt eigentlich Schwarzbrot?

Die Bezeichnung hat historische Wurzeln. Bis vor rund 100 Jahren wurden Roggen- und Weizenmehl von verschiedenen Bäckern verarbeitet, nämlich den Schwarzbäckern und den Weißbäckern. Heute ist Schwarzbrot eher eine Farbbezeichnung. Schließlich ist das so genannte Vorschussbrot ja sehr hell, stammt aber aus dem sehr feinen Vorschussmehl aus Roggen.

? Was hat es mit dem Sauerteig auf sich?

Damit Roggenmehl quillt, Wasser aufnimmt und schließlich verkleistert, muss es gesäuert werden. Erst dadurch wird es backfähig. Sauerteig enthält neben Hefe- auch Bakterienkulturen, die eine ganz bestimmte Mischung von Milch- und Essigsäure bilden. Die Hefe sorgt für die Gasbildung und macht den Teig locker. Die Führung eines Sauerteigs ist eine sehr heikle Sache, erfordert Können und Talent und ist heute die größte Handwerkskunst des Bäckers. In der industriellen Fertigung hingegen wird zur Säuerung häufig Zitronensäure verwendet. Natursauerteig hat aber den großen Vorteil, dass das Brot saftiger wird und länger frisch bleibt.

Tipps & Tricks

Wenn Schimmel auftaucht, das ganze Brot wegwerfen, da sich der Pilz innen schon ausgebreitet hat. Schimmel enthält krebserregende und leberschädigende Stoffe.

Brot braucht Luft. Am besten in einem Behälter aus Holz oder Keramik aufbewahren, keinesfalls in Plastiksackerln oder im Kühlschrank – dort wird es schnell altbacken und verliert das Aroma. Zum Einfrieren eignet sich Brot aber ausgezeichnet.

 

 

 

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