Richtig heizen

November 2008 | Leben & Arbeiten

Gesund bleiben und Geld sparen
 
Die Heizsaison verlangt uns einiges ab. Nicht nur, dass wir immer tiefer in die Tasche greifen müssen, wenn wir es wohlig warm haben wollen, die Heizungsluft setzt auch unserem Körper gehörig zu. Wer richtig heizt, schont nicht nur das Geldbörsel und die Umwelt, sondern auch die Gesundheit. Für MEDIZIN populär erklärt Umweltmediziner Dr. Hans-­Peter Hutter, was dabei zu beachten ist.
 
Von Mag. Karin Kirschbichler

Zwei Drittel des Jahres wird in unseren Breiten geheizt, rund 80 Prozent der Energiekosten im Haushalt gehen auf das Konto des Heizens. Das strapaziert nicht nur das Haushaltsbudget, sondern auch Umwelt und Gesundheit: Milben und Schimmelpilze haben Hochsaison, für Allergiker und Asthmatiker brechen schwere Zeiten an, und die durch die Heizungsluft ausgetrockneten Schleimhäute machen auch ansonsten gesunde Menschen anfälliger für Krankheiten. „Die meisten Probleme, die durchs Heizen entstehen, lassen sich mit einfachen Tricks vermeiden“, sagt der Wiener Umweltmediziner Dipl.-Ing. Dr. Hans-Peter Hutter. Der einfachste Trick: Trauen Sie der körpereigenen „Klimaanlage“ mehr zu!

Die „Klimaanlage“ im Körper
Der menschliche Körper hat eine gut funktionierende Wärmeregulation. Mit Hilfe des Blutgefäßsystems kann er die Unterschiede zwischen Außen- und Innentemperatur innerhalb einer gewissen Spannbreite und nach einer kurzen Umstellungsphase ohne Probleme ausgleichen. Dabei dehnen sich bei Wärme die Gefäße und ziehen sich bei Kälte zusammen. Reicht das nicht aus, um den gewünschten Ausgleich zu schaffen, so kühlt sich der Organismus bei Hitze durch Schwitzen zusätzlich ab bzw. sorgt bei Kälte durch Frösteln und Zittern für Bewegung und damit Wärme. „Das klappt wunderbar“, schwärmt Hutter. „Aber leider wird die körpereigene Temperaturregulation von den meisten unterschätzt. Außerdem sind viele Menschen zu bequem und empfindlich geworden, um diesem Mechanismus genug Zeit zu geben, wirksam zu werden.“ Der Trend der Zeit zielt darauf ab, bei temperaturbedingtem Unbehagen die unmittelbare Umgebung und nicht das eigene Verhalten zu ändern. „Und so dreht man im Winter beim leichtesten Frösteln die Heizung auf, statt sich etwa mehr zu bewegen und wärmer anzuziehen. Man will es sich heute im 28 Grad warmen Wohnzimmer in Leiberl, kurzer Hose und mit bloßen Füßen bequem machen.“ Die Bequemlichkeit hat Folgen: Der Energieverbrauch an Heizöl, Holz & Co steigt und damit auch die Belastung der Umwelt (Feinstaub, CO2-Verbrauch etc.) und der Gesundheit.

Die drei Klimafaktoren
Wie heizt man richtig? Indem man für ein richtiges Verhältnis zwischen Temperatur, Feuchte und Luftbewegung sorgt. Die optimale Temperatur: 20 bis 22 Grad, in Schlafräumen 17 bis 18 Grad. Die empfohlene Luftfeuchtigkeit: 40 bis 60 Prozent. Die als angenehm empfundene Luftbewegung: 0,1 Meter pro Sekunde. Das ist gerade so viel, dass man nicht das Gefühl hat, dass die Luft „steht“, reicht aber nicht einmal aus, um ein Blatt Papier zu bewegen, so dass es dabei keinesfalls „zieht“.
Diese drei Parameter im Gleichgewicht zu halten, ist die große Herausforderung beim richtigen und gesunden Heizen. Ist die Temperatur zu hoch, so wird die Luft trocken. Der Körper reagiert darauf mit trockenen Augen, trockenen und krankheitsanfälligen Schleimhäuten, vermehrtem Durstgefühl, Befindlichkeitsstörungen wie Abgeschlagenheit, schnelle Ermüdung, schlechte Konzentration. Ist die Luftfeuchtigkeit zu hoch, so steigt das Risiko für ein gesundheitsschädliches Schimmelpilz- und/oder Milbenproblem. Ist die Luft „unbewegt“, so nimmt man das oft über Gerüche (abgestanden, schal, stickig) wahr, fühlt sich unbehaglich und reagiert mit Abgeschlagenheit und Konzentrationsstörungen.

Das optimale Zusammenspiel
Wie erreicht man ein optimales Zusammenspiel dieser Faktoren? Die optimale Temperatur kann man relativ einfach mit technischen Hilfsmitteln wie einem Thermostat herbeiführen. Viel schwieriger ist es, jenen Teil der Bevölkerung davon zu überzeugen, der sich als besonders kälteempfindlich betrachtet und sich nicht vorstellen kann, sich bei 20 bis 22 Grad Raumtemperatur auch nur annähernd wohlzufühlen. „Diese ,Idealwerte‘ wurden aber hinsichtlich ihrer Behaglichkeit vielfach getestet und gelten als optimal für sitzende, geistige Betätigung. Wer trotzdem friert, sollte sich fragen, warum das so ist. Und gegebenenfalls etwas dagegen tun.“ Die körpereigene Temperaturregulierung kann man nämlich durch Training auf Vordermann bringen. Wenn auch das nicht hilft, so hat man schon mit einer Senkung der Temperatur um nur einen einzigen Grad viel getan. Vor allem fürs Budget: Denn eine Reduktion um einen Grad bringt eine Heizkostenersparnis von bis zu sechs Prozent.
Wenn die Luftfeuchtigkeit im Raum nicht optimal ist, spürt man das meist, oder aber man sieht es etwa an beschlagenen Fensterscheiben oder noch schlimmer: Schimmel in den Ecken. Wer auf Nummer sicher gehen will, schafft sich ein Hygrometer an, um die 40 bis 60 Prozent auch wirklich zu erreichen. Wer auf Staubmilben allergisch ist, wird sich an der unteren Grenze orientieren. Dasselbe gilt für Menschen, die in für Schimmelpilze anfälligen feuchten Wohnungen leben. Eine optimale Luftbewegung schließlich ergibt sich in gut, aber nicht luftdicht isolierten Wohnverhältnissen von selbst.
Ist das Gleichgewicht zwischen Raumtemperatur und Luftfeuchte gestört, so hilft manchmal ein weiterer einfacher Trick, um das Innenraumklima zu verbessern: regelmäßiges kurzes und intensives Lüften.


Die optimalen Werte

Lufttemperatur: zwischen 20 und 22 Grad
(Schlafzimmer: 17 bis 18 Grad)
Luftfeuchtigkeit: zirka 40 bis 60 Prozent
Luftbewegung: um 0,1 Meter pro Sekunde
(Quelle: Medizinische Universität Wien)

 

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Richtig heizen & lüften
Die 5 besten Tipps

Räume nur bei Bedarf heizen
Das heißt: Die Heizung abdrehen, wenn man mehrere Stunden aus dem Haus ist. Übrigens muss auch das Kinderzimmer nicht extrawarm sein, gerade Kindern ist aufgrund ihres natürlichen stärkeren Bewegungsdrangs nicht so schnell kalt.

Jeder Grad zählt
Ein Grad weniger heizen spart umweltschädliches CO2 und bis zu sechs Prozent Heizkosten. Außerdem wird in kühlerer Luft unser Stoffwechsel auf Trab gehalten, das hält fit.

Kurz und gründlich lüften
Mehrmals täglich für zirka fünf Minuten „stoßlüften“, d. h. bei geschlossenen Heizungsventilen Fenster ganz aufreißen und möglichst für Durchzug sorgen. Keine Kipplüftung!

Auf Dämmung achten
Damit die Wärme möglichst dort bleibt, wo man sie braucht: in den ­Innenräumen.

Moderne Technik nutzen
Thermostate einbauen lassen, um die Temperatur gut regulieren zu können, alte Holzöfen durch verbesserte moderne Pelletöfen ersetzen etc.

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Heizen Sie sich ein!
So regulieren Sie die körpereigene Wärmeregulation

Ist Ihnen leicht kalt, tut sich Ihr Körper schwer, sich auf einen Temperaturwechsel einzustellen, so versuchen Sie folgende Maßnahmen, bevor Sie die Heizung mehr aufdrehen:

Wechselduschen
Da die Temperaturregulierung über das Blutgefäßsystem funktioniert, bringt ein Training der Gefäße auch die körpereigene „Klimaanlage“ in Schwung. Gewöhnungsbedürftig, aber höchst wirkungsvoll dafür sind kalte Duschen oder Wechselbäder. Dadurch werden das Immunsystem stimuliert und das Gefäßsystem trainiert, indem sich die Arterien und Venen bei erhöhter Köpertemperatur erweitern, bei Kälte zusammenziehen.

Bewegung
Der Körper produziert Wärme, indem er einerseits zugeführte Energie (Kalorien) verbrennt und indem er andererseits aktiv wird. Bewegung ist eine der effizientesten Trainingsmaßnahmen für die Thermoregulation, womit man sich ganz nebenbei insgesamt gesund hält. Hutter: „Immer wieder einmal vom Schreibtisch aufstehen, abends ein paar Gymnastikübungen machen,
das wärmt und hält fit.“

 
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Bedenklicher Trend zu Holzöfen

Immer mehr Menschen schaffen sich Einzel- bzw. Kaminöfen an. Nicht nur, um sich am idyllisch prasselnden Feuer hinter Glas zu erfreuen, sondern auch um – wie sie glauben – etwas Gutes für die Umwelt zu tun. Schließlich ist Holz eine nachwachsende Ressource und verursacht zum Unterschied von z. B. Heizöl und Erdgas keine nennenswerte CO2-Belastung. „Es stimmt,“, so Umweltmediziner Hutter: „Holzheizungen tragen praktisch keine Schuld am so genannten Treibhauseffekt. Was aber viele nicht wissen: Sie haben einen großen Anteil an der Feinstaubbelastung, die ja nicht nur der Umwelt, sondern auch der Gesundheit schadet. Holzheizungen können nur dann empfohlen werden, wenn sie entsprechend geringe Feinstaubemissionen aufweisen“, sagt Hutter.
Besonders gefährlich, wenn auch noch so romantisch, ist die Belastung bei offenen Kaminen. Denn hier bleibt ein Teil der Schadstoffe, die durch die Verbrennung des Holzes entstehen, im Raum und wirkt so unmittelbar auf den Körper ein. Kohlenmonoxid, Stickoxide, Feinstaub & Co werden ja nur zum Teil über den Kamin ins Freie transportiert.

 

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