Schon wieder heiser?

Januar 2020 | Medizin & Trends

Im Hals kratzt es, und die Stimme klingt wie ein Reibeisen? Was gegen Heiserkeit und Halsschmerzen hilft und davor bewahrt.
 
– Von Mag. Sabine Stehrer

Täglich viel trinken, am besten zwei Liter Wasser oder Tee, öfter einmal  Meersalzspray in die Nase und den Rachen sprühen sowie bei Bedarf die Raumluft befeuchten: Das bewahrt vor Heiserkeit und Halsschmerzen jedweder Ursache – allerdings tut es das nur bis zu einem gewissen Grad. Daher sollten je nachdem, welche Auslöser im Spiel sind, weitere Maßnahmen gesetzt werden, um sich bestmöglich vor der Misere der Sprechschwierigkeit oder des Stimmversagens zu schützen. Wann was zusätzlich zu tun ist, und was hilft, wenn es einen dennoch erwischt hat, erklärt a.o. Univ. Prof. Dr. Berit Schneider-Stickler, Fachärztin für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und Phoniatrie an der Medizinischen Universität Wien.

Wenn Erkältungsviren im Spiel sind:
Ausgiebig lüften, öfter Händewaschen, von Erkrankten fernhalten

Sind Erkältungsviren im Spiel, die jetzt in der kalten Jahreszeit Hochsaison haben, „ist man gut damit beraten, zusätzlich öfter am Tag ausgiebig zu lüften, um möglichst viel Luft, die eventuell mit Erkältungsviren durchsetzt ist, gegen frische Luft auszutauschen“, rät Schneider-Stickler. Die Ansteckung erfolgt aber nicht nur durch Einatmen der Viren, sondern auch durch die Übertragung der Viren von den Händen auf die Schleimhäute von Mund und Nase. Daher heißt es, sich mehrmals täglich gründlich mit warmem Wasser und Seife die Hände zu waschen, um Viren, die wiederum beim Griff etwa auf Türklinken, Geländer oder Haltegriffe in öffentlichen Verkehrsmitteln auf die Haut der Hände geraten, wegzuwaschen. Schutz bietet auch, sich von Hustenden und Niesenden fernzuhalten.

Hat es einen trotzdem erwischt, hat also die Stimme Reibeisencharakter angenommen und brennt es im Rachen, rät Schneider-Stickler ­dazu, die Stimme zu schonen, Ruhe zu geben, idealerweise zu Hause zu bleiben, Meersalz­lösungen zu inhalieren, und das Halsweh sowie die oft nachfolgenden Symptome Schnupfen und Husten mit entsprechenden Mitteln von Lutschtabletten über Nasenspray bis hin zum Hustensaft zu lindern. Verschlimmern sich die Beschwerden, und tritt Fieber auf, oder halten die Erkältungssymptome länger als ein, zwei Wochen an, sollte ärztliche Hilfe gesucht werden. Dann könnte das Leiden beispielsweise auf eine zusätzliche Infektion mit Bakterien oder Grippeviren zurückgehen. Nur Medikamente und Bettruhe helfen dann, die Infektion zum Verschwinden zu bringen und neben der Gesundheit insgesamt die Stimme wiederherzustellen.

Wenn Über- und Fehlbelastung dahinterstecken:
Nicht sprechen, eventuell Stimmtrainin
g absolvieren

Klingt die Stimme nach langem lautem Sprechen oder Singen plötzlich rau, steckt meist eine Überbelastung oder Fehlbelastung des Stimmapparats dahinter: Lehrer, Kindergärtnerinnen, Altenpflegerinnen oder andere Menschen, die viel mit Schwerhörigen zu tun haben, Verkäufer und Sänger kennen das. Dann heißt es laut Schneider-Stickler zusätzlich zu den eingangs genannten Maßnahmen – Befeuchten trockener Raumluft und Meersalz in die Atemwege sprühen – den Stimmapparat insofern zu schonen, als dass am besten so wenig wie möglich und leise gesprochen, aber nicht geflüstert wird, denn auch Flüstern kann den Stimmapparat belasten.

Tritt nach langem lautem Sprechen sowie Sprechen oder Singen in zu hoher oder zu tiefer Tonlage immer wieder Heiserkeit auf, empfiehlt die HNO-Ärztin einmal ein Stimmtraining bei einer Logopädin zu absolvieren – um zu erlernen, die Stimme schonend zu nützen.

Wird nichts gegen eine immer wiederkehrende belastungsbedingte Reibeisenstimme unternommen, besteht die Gefahr, dass sich durch die häufige Entzündung des Stimmapparats Knötchen, Polypen, Ödeme oder Zysten an den Stimmlippen und Stimmbändern bilden. Dann hilft nur noch eine phonochirurgische Operation, bei der die Gebilde operativ entfernt werden, um die Stimme wieder frei von Heiserkeit, frei von Stimmausrutschern und frei von Schmerzen gebrauchen zu können.

Wenn Husten der Auslöser ist: 
Allergie behandeln lassen, mit dem Rauchen aufhören 

Sind Allergien auf Pollen, Hausstaub & Co oder Rauchen die Ursache für Heiserkeit und Halsschmerzen, was immer öfter der Fall ist, da immer mehr Menschen allergisch auf die genannten oder andere Substanzen in der Luft reagieren und die Zahl der Frauen, die rauchen, steigt, heißt es zusätzlich zu den eingangs genannten drei Schritten die Allergie ärztlich behandeln zu lassen und am besten mit dem Rauchen aufzuhören. Ob Raucherhusten oder allergischer Husten – jeder Huster belastet laut Schneider-Stickler den Stimmapparat. Und häufiges Husten sowie Räuspern kann dementsprechend zur Entzündung der Stimmlippen und Stimmbänder führen – und dazu, dass irgendwann nur noch heiser oder eine Zeit lang gar nicht gesprochen werden kann.

Wird nichts gegen andauernden Husten unternommen, besteht die Gefahr, dass durch die häufige mechanische Belastung des Stimmapparats die Heiserkeit dauerhaft bestehen bleibt.

Wenn HPV-Viren die Ursache sind:
Gegebenenfalls impfen lassen, an Operation denken

Auch eine Infektion mit humanen Papillomviren (HPV) kann hinter Heiserkeit und Stimmversagen stecken. Schneider-Stickler: „Solche Infektionen haben wir in den vergangenen Jahren immer öfter festgestellt.“
Übertragen werden HPV-Viren durch Hautkontakt, beim Küssen, hauptsächlich aber beim Geschlechtsverkehr. Schutz vor den Viren bietet lediglich die HPV-Impfung.

Hat es einen erwischt, kann man mit den eingangs erwähnten Maßnahmen nicht viel ausrichten. Da eine HPV-Infektion wie an den weiblichen und männlichen Geschlechtsorganen zu gutartigen Wucherungen mit Tendenz zu bös­artiger Entartung führen kann, müssen die Schleim­hautveränderungen operativ, laserchirurgisch, entfernt werden. Nur dann können die Heiserkeit und andere Beschwerden beim Sprechen schwinden, auf dass die Stimme wieder wie gewohnt klingt.

Wenn Übergewicht dahintersteckt:
Nicht zu spät essen, abspecken

Übergewicht grassiert in den westlichen Industrieländern, so auch hierzulande – und kann ebenfalls Heiserkeit, Halsschmerzen & Co verursachen. Denn Übergewicht geht oft mit Reflux einher, dem Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre, da bei Übergewichtigen oft der Magen überdehnt und daher der Schließmuskel zwischen Magen und Speiseröhre gelockert ist. Die zurückfließende Magensäure reizt aber nicht nur die Schleimhäute der Speiseröhre und kann dabei zu Sodbrennen führen, sondern auch jene des Stimmapparats. Außerdem verursacht Reflux oft Husten, was die Stimme noch einmal mehr belastet.

Zusätzlich zur Befeuchtung der Raumluft, dem Salzsprühen und dem vielen Trinken empfiehlt HNO-Ärztin Schneider-Stickler in diesem Fall, generell nicht üppig zu essen, vor allem abends nicht, und abends außerdem nicht zu spät zu essen, da spätes Essen oft zu nächtlichem Reflux führt. Bei starker Ausprägung des Reflux gilt es, diesen vom Arzt behandeln zu lassen sowie abzuspecken.

Wenn Stress im Spiel ist:
Ausreichend schlafen, eventuell Entspannungstechniken erlernen

Auch Stress, woran verschiedenen Umfragen zufolge immer mehr Menschen leiden, kann die Stimme in eine Reibeisenstimme verwandeln oder dazu führen, dass sie ganz versagt.
Das ist beides auf diverse stressbedingte psychoemotionale und psychosomatische Mechanismen zurückzuführen. Dann ist es laut Schneider-Stickler hilfreich, zusätzlich zu den bereits beschriebenen Maßnahmen Stress zu reduzieren und am besten durch Ausdauersport abzubauen sowie nachts ausreichend zu schlafen, also mindestens sechs Stunden.

Kehrt stressbedingtes Stimmversagen immer wieder, sollten zusätzlich ganzheitliche Entspannungstechniken wie autogenes Training oder progressive Muskelentspannung nach Jacobson erlernt werden, die bei Bedarf angewandt werden.

 

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Wie entsteht eine raue Stimme?

Beim Sprechen schwingen die Stimmlippen mit den Stimmbändern im Ausatemstrom und erzeugen eine Schallwelle: Die Stimmlippen sind Teil des Kehlkopfes, der sich am oberen Ende der Luftröhre befindet. Sind sie etwa durch eine Infektion oder psychosomatische Mechanismen beeinträchtigt, schwingen sie nicht so, wie sie schwingen sollten, und die Stimme klingt rau und heiser – oder sie erklingt gar nicht.

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Seltenheitsfall Kehlkopfkrebs

Mehr als 300 Österreicher erkranken jedes Jahr neu an Kehlkopfkrebs, wobei oft eine Infektion mit HPV-Viren, Rauchen und überhöhter Alkoholkonsum die Auslöser sind. Ein Frühsymptom ist die Heiserkeit – dauert sie länger als zwei, drei Wochen an, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Je früher die Diagnose erstellt wird, desto besser sind die Heilungschancen.


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Sonderfall Verletzung

Manchmal ziehen Schilddrüsen-, Lungen-, oder Herzoperationen Verletzungen von Kehlkopfnerven nach sich, die wiederum zu Lähmungen der Stimmlippen mit den Stimmbändern und nachfolgender Heiserkeit führen. Häufig gehen diese Lähmungen aber von selbst vorbei. Wenn nicht, helfen gezielte Therapien und spezielle Operationen.

 

Stand 1/2020

 

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