Farben, Lacke & Co: Darauf sollen Sie achten

Januar 2009 | Leben & Arbeiten

Worauf es beim Renovieren ankommt
 
Neues Jahr, neuer Anstrich, neuer Boden, neue Möbel? Wer eine Renovierung plant, sollte wissen, dass Husten, Kopfweh, Müdigkeit und andere Beschwerden von chemischen Substanzen kommen können, die aus Farben, Klebern, Lacken, Ölen & Co freigesetzt werden.
 
Von Mag. Sabine Stehrer

„Es liegt was in der Luft“, lautete 1950 der Titel eines Films mit Hans Moser und 2003 die Annahme eines Forscherteams um den Umweltmediziner Dipl. Ing. Dr. Hans-Peter Hutter vom Institut für Umwelthygiene der Medizinischen Universität Wien. Damals wollten Hutter & Co wissen, was in der Luft ganz normaler Wiener Wohnungen liegt, bzw. mit welchen Luftschadstoffen die Innenräume der Wohnungen belastet sind. Nach dem Zufallsprinzip wählten sie 160 Wohnungen in fünf Regionen der Stadt aus, vereinbarten mit den Bewohnern Messtermine und baten sie darum, in den acht Stunden vor dem Termin nicht mehr in der Wohnung zu rauchen, sich ansonsten aber genauso zu verhalten wie immer:

Deo- und Haarspray verwenden, wie gewohnt putzen, eine Duftlampe brennen lassen, ein Kerzerl anzünden, auf der Gasflamme kochen, nach dem Essen lüften… Zu gegebenem Zeitpunkt wurde der Gehalt an Formaldehyd und an flüchtigen organischen Verbindungen gemessen. Das Ergebnis: Im 155 von 160 Wohnungen lag nichts in der Luft, was die Gesundheit der Bewohner beeinträchtigen konnte: Die Luftgüte war zufriedenstellend. Vier Wohnungen wiesen hingegen einzelne erhöhte Werte auf: Weil einige Zeit vor der Messung ausgemalt worden war, ein neuer Boden gelegt worden war, neue Möbelstücke angeschafft worden waren etc. In einer Wohnung war die Schadstoffbelastung sogar gesundheitlich bedenklich. Hutter: „Diese Wohnung war komplett renoviert worden.“

Renovierung als Risiko

Was tun, wenn in den eigenen vier Wänden eine Renovierung ansteht? Wie gefährlich ist es, den alten Teppich im Vorzimmer gegen einen neuen Holzboden auszutauschen, was muss bedacht werden, wenn die Küche neu ausgemalt gehört? Was bei der Anschaffung neuer Bücherregale fürs Wohnzimmer? „Aus Regalen, Wandfarben und Holzböden können chemische Verbindungen freigesetzt werden und so in die Raumluft geraten“, erklärt Hutter. „In hohen Konzentrationen reizen viele der Substanzen die Schleimhäute, andere gelangen auch bis tief in die Lungenwege.“ So könne es wie aus dem Nichts zu akuten Beschwerden kommen. Hutter: „Und die Beschwerden halten an, solange man sich in der Wohnung aufhält.“ Dadurch ergebe sich automatisch, dass kleine Kinder, aber auch Erwachsene, die zuhause arbeiten oder die meiste Zeit des Tages daheim verbringen, am meisten belastet sind.

Husten, Kopfweh, Müdigkeit

Worin können diese akuten Beschwerden bestehen? Der Reiz des Neuen führt am häufigsten zu Kopfschmerzen, Reizungen der Bindehaut und der Atemwege bis hin zu Husten. Aber auch Befindlichkeitsstörungen wie Müdigkeit, Leistungsschwäche und Konzentrationsstörungen sind gängige Symptome eines Aufenthalts in Innenräumen, wenn in der Luft ein Schadstoffcocktail liegt.
Dass sich aus den akuten Beschwerden bleibende chronische Krankheiten entwickeln, oder dass man sich durch die Aufnahme der Substanzen aus Farben, Lacken, Ölen, Klebern & Co schleichend vergiften kann, sei aber unwahrscheinlich, sagt Hutter. Und lüftet man ausreichend, seien die Konzentrationen an Schadstoffen auch nach drei bis vier Wochen nicht mehr wahrzunehmen. „Dann riecht man nichts mehr und es ist aller Wahrscheinlichkeit nach auch nichts mehr von negativen Auswirkungen auf die Gesundheit zu bemerken.“

Messung oder Materialprobe

Es sei denn, am neuen Produkt haftet ein Mangel. „Es kommt vor, dass bei der Herstellung von Böden, Farben oder Möbeln oder auch bei den Bauarbeiten bedenkliche Stoffe oder Stoffkombinationen verwendet werden“, sagt Hutter. Sollte ein Produkt trotz Lüftens auch noch sechs Wochen nach der Anschaffung unangenehm riechen und/oder für gesundheitliche Probleme sorgen, rät der Mediziner dazu, in Absprache mit dem behandelnden Hausarzt die Hilfe von Profis, z. B. vom Österreichischen Umweltbundesamt oder vom Institut für Baubiologie in Wien in Anspruch zu nehmen. Sie prüfen, ob gesundheitlich bedenkliche Stoffe in der Luft sind und können eventuell auch ermitteln, woher genau die Belastung stammen kann. Dabei wird wie bei der eingangs erwähnten Messung des Schadstoffgehalts der Innenraumluft in den Wiener Wohnungen zunächst der Gehalt an flüchtigen organischen Verbindungen als Summenparameter gemessen. Erst wenn sich herausstellt, dass dieser erhöht ist, folgen weiterführende Untersuchungen – etwa, indem eine Materialprobe entnommen und in einer speziellen Prüfkammer unter die Lupe genommen wird, wie ein Teil vom Teppichboden.

Wer von Anfang an auf Nummer sicher gehen möchte, dem empfiehlt Umweltmediziner Hutter, schon beim Kauf von Bodenbelägen, Farben, Tapeten oder neuen Möbeln auf die Materialien bzw. auf die Inhaltsstoffe zu achten. Trägt das Produkt das „Österreichische Umweltzeichen“? Wenn ja, könne man davon ausgehen, dass die Neuanschaffung keine Probleme machen wird. „Auf gute Beratung im Fachhandel sollten Sie beim Kauf auf keinen Fall verzichten“, sagt Hutter.

 

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Worauf Sie beim Kauf achten sollten

Boden

  • Teppichböden können z. B. Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln enthalten, die – eingeatmet oder über die Haut aufgenommen – Kopfschmerzen und Übelkeit bescheren. In Teppichklebern können sich flüchtige organische Verbindungen befinden, die oft stechend riechen und manchmal zu Befindlichkeitsstörungen oder zu Reizungen der Atemwege und Augen führen.
  • Aus PVC-Böden können Weichmacher ausgasen, die die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen und die Lungenfunktion beeinflussen können. Ebenfalls problematisch: Das Klebemittel.
  • Klebeparkett kann aus Teilen bestehen, in denen Formaldehyd steckt, das die Atemwege und Augen reizen kann. Vorsicht vor dem Kleber!
  • Vollholzparkett kann mit Naturölen eingelassen sein. Die darin enthaltenen Terpene können die Schleimhäute der Augen und der Atemwege reizen.
  • Fliesen- und Steinböden bleiben häufig unbehandelt und sind daher meistens unbedenklich.

Wand

  • Manche Wandfarben können Lösungsmittel enthalten, die zu Befindlichkeitsstörungen wie Übelkeit und Müdigkeit führen können, aber auch zu Reizungen der Atemwege. Wasserlösliche Wandfarben sind sicherer.
  • Tapeten können bedenkenlos verwendet werden. Auch der Leim, mit dem Tapeten an die Wand geklebt werden, ist unproblematisch.

Möbel

  • Nicht-Vollholz-Möbel: Zu Problemen kann es vor allem dann kommen, wenn sich in einem Raum besonders viele Möbel befinden. So können aufgrund der großen Oberfläche verschiedene Substanzen in beträchtlichen Mengen entweichen, wie Formaldehyd aus Polstermöbeln oder aus Kästen mit Spanplatten. Formaldehyd kann zu Stechen in der Nase und im Rachen führen, auch zu Augenbrennen und Husten.
  • Vollholz-Möbel: Vollholz-Möbel sind nicht automatisch gesund. Sie sind manchmal mit Naturölen eingelassen, die zu Reizungen der Augen und Atemwege führen können. Auch das Holz selbst kann Terpene abgeben.

Infotipps
Österreichisches Umweltzeichen: www.umweltzeichen.at
Österreichisches Umweltbundesamt: www.umweltbundesamt.at
IBO – Österreichisches Institut für Baubiologie: www.ibo.at

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