Sport für Kinder

Juli 2019 | Fitness & Entspannung

Wie sich kleine Bewegungsmuffel zum Training animieren lassen
 
– von Mag. Sylvia Neubauer

Mit einem Jahr sind Wirbelwinde in ihrem Aktivitäts- und Entdeckungsdrang noch kaum zu bremsen. Zehn Jahre später beschränkt sich die Neugierde bei vielen auf das Weiterverfolgen der Lieblingsserie – im Sitzen. Während Kinder in den 70er-Jahren im Schnitt noch drei bis vier Stunden pro Tag aktiv waren, so liegt das tägliche Bewegungspensum heutzutage meist unter einer Stunde. „Die Turnstunden in der Schule, die mit zwei Wochenstunden an sich schon minimal ausfallen, machen bei vielen Kindern fast die Hälfe der gesamtwöchentlichen Bewegungszeit aus“, zeigt sich Dr. Förster, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde und Sportmedizin aus Salzburg besorgt. Höchste Zeit also, um mehr Bewegung in den Tag zu packen. Wenn alle mitziehen, werden selbst aus den hartnäckigsten Bewegungsverweigerern begeisterte Sportfreunde.

Gute „Beweg“-Gründe

Für eine optimale körperliche Entwicklung sollten sich Kinder und Jugendliche mindestens eine Stunde pro Tag in moderatem Tempo bewegen. „Moderat heißt, dass die Kinder sich anstrengen, mehr atmen müssen und ins Schwitzen kommen“, erklärt Förster. „Maximalbelastungen sind dabei nicht erforderlich.“ Wie oft und vielseitig sich ein Kind bewegt, beeinflusst die körperliche und geistige Entwicklung nicht nur im Kindesalter. Auch im späteren Leben profitieren Erwachsene vom Bewegungsschatz, den sie sich als Kind zu eigen gemacht haben. Durch Hüpfen, Springen, Klettern und Laufen wird unter anderem Knochendichte aufgebaut, das beugt einer frühzeitigen Osteoporose vor. Bei der Geburt aus Knorpeln bestehend, lagert sich die feste Knochensubstanz erst im Kindes- und Jugendalter im Skelett ein. Obgleich dieser Prozess genetisch gesteuert ist, wird er durch sportliche Betätigung stimuliert. Die Muskulatur kann sich ebenfalls nur durch Bewegung entwickeln. Man denke an Babys, deren zum Drehen und Sitzen benötigte Bauch-, Rücken- und Gesäßmuskeln sich erst mit der Zeit ausbilden. Auch die intellektuelle Entwicklung eines Kindes ist eng an dessen Agilität gebunden. Von Geburt an verfügt der Mensch über einhundert Milliarden Nervenzellen, die erst dann funktionstüchtig sind, wenn sie miteinander verkoppelt werden. In der frühen Kindheit schaffen Sinnestätigkeiten in Form von Bewegung Reize, die zur Synapsenbildung führen.

Aktiver Familienalltag

Kinder lernen durch Beobachten und Nachahmen. Ein Kleinkind, dem man ein Bild von einem Apfel zeigt, wird kaum verstehen, was ein Apfel tatsächlich ist. Erst wenn es das Obst ergreifen, ertasten und riechen kann, verinnerlicht es eine konkrete Vorstellung davon. Ähnlich verhält es sich mit Bewegung. Vor allem die ersten Lebensjahre eines Kindes prägen seine weitere Einstellung zum Sport.
Insofern ist es wichtig, Heranwachsenden von klein auf positive Erfahrungen mit unterschiedlichen Bewegungsformen zu ermöglichen. Bereits kleine Alltagsaktivitäten sind ein guter Ansporn. So können konsequent die Trep­pe statt des Liftes benutzt und Einkäufe zu Fuß oder mit dem Rad statt mit dem Auto erledigt werden. Gut ist es auch, Bewegung innerhalb der Familie zu ritualisieren – beispielsweise in Form von regelmäßigen Spaziergängen, einer gemeinsamen Natureroberung am Wochenende oder fix in den Tagesablauf integrierten Spielzeiten.
Kinder brauchen und suchen zudem Herausforderungen – zum Beispiel beim Klettern auf Bäumen oder beim Überspringen von Steinen im Fluss. Durch liebgemeinte, mitunter jedoch hinderliche Sicherheitsgedanken werden sie in ihrem Tun eingeschränkt.
Besser ist es, auf die Fähigkeiten des Kindes zu vertrauen und ihm beim Bewältigen von Bewegungsaufgaben so wenig Hilfe wie möglich anzubieten.

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Krabbeln, Fußball, Tanzen – Sport je nach Alter

Papa Hans schwingt leidenschaftlich gerne Hanteln. Sein zehnjähriger Sohn Philipp möchte es ihm gleichtun. Hans hat Bedenken, ob Krafttraining für seinen Spross überhaupt in Frage kommt. Worauf gilt es unter Berücksichtigung unterschiedlicher Entwicklungs- und Wachstumsphasen zu achten?

0-3

Säuglinge und Kleinkinder (0-3 Jahre) entdecken die Welt mit allen Sinnen und erlernen erste Formen selbstständiger Fortbewegung.
Tipps zur Bewegungsförderung: Für die Motorik ist es wichtig, möglichst unterschiedliche Bewegungsreize zu setzen und ein entsprechendes Umfeld zu schaffen. Idealen Raum dafür bietet die freie Natur. „Parkgelände mit Schaukeln und Klettergerüsten sind gut. Noch besser sind Aktivitäten im Wald und auf der Wiese“, bestärkt Förster Aufsichtspersonen, Kids über Steine balancieren und über Wurzeln klettern zu lassen. „Kinder sollen dabei Erfahrungen sammeln, auch in Hinblick auf die Koordination.“

3-6

Kindergartenalter (3-6 Jahre): „In diesem Alter werden durch geeignete Sportarten vor allem die Koordination und Gelenkigkeit angesprochen“, sagt der Kinderarzt. „Es geht darum, dass Kinder herausfinden, was sie können.“
Tipps zur Bewegungsförderung: Fang- und Reaktionsspiele, welche die Fantasie der Kinder anregen, knüpfen an diese Neugierde an. „Bis fünf Jahre sollte jedes Kind schwimmen können“, so Förster. Radfahren schult den Gleichgewichtssinn. Überhaupt sollten alle Aktivitäten möglichst spaßbetont sein. „In Vereinen können Tätigkeiten wie Tanzen, Reiten oder auch Sportakrobatik erprobt werden“, so der Arzt.

6-10

Volksschulalter (6-10 Jahre): Im frühen Schulkindalter setzen erste Wettbewerbsgedanken ein. Die Kinder beginnen damit, ihre eigenen Leistungen mit denen anderer zu vergleichen. Um mit Bewegungsarten vertraut zu werden, gilt es unterschiedliche Sportarten auszuprobieren. Da neue Bewegungsabläufe nicht sofort beibehalten werden, sind Wiederholungen und Kontinuität erforderlich.
Tipps zur Bewegungsförderung: Spielsportarten wie Basketball oder Handball motivieren insofern, als dass Bewegungstechniken spielerisch erlernt werden.
„Klettern ist eine ausgezeichnete Methode, um obere und untere Extremitäten und die Rumpfmuskulatur zu stärken“, ermutigt der Mediziner. „Auch Judo und Karate schulen den gesamten Körper und rücken gleichzeitig das Miteinander in den Vordergrund, also Respekt vor dem Anderen, Regeln einhalten – allesamt Werte, die im Volksschulalter wichtige Informationen für die Kinder darstellen.“

11-14

Spätes Schulkindalter (11-14 Jahre): In diesem Alter erwacht das Interesse für Gruppen­aktivitäten. Gleichzeitig wachsen Mut und Risikobereitschaft. Durch verschiedene Bewegungselemente lässt sich das Bewegungsrepertoire erweitern und die motorische Entwicklung fördern. So können etwa Ballsportarten, welche das Reaktionsvermögen trainieren, mit Leichtathletik, welche Gleichgewicht und Körperbeherrschung anspricht, kombiniert werden.
Doch Vorsicht! In dieser Phase wird oft leistungsfixiert trainiert, wodurch Wachstumsprozesse unterbunden werden. „Eine Überlastung kann sich psychisch in Form von Leistungsabfall in der Schule oder körperlich durch Herzbelastungen und orthopädische Probleme zeigen“, appelliert Förster, im Leistungssport aktive Kinder medizinisch zu begleiten.
Tipps zur Bewegungsförderung: „Es gilt herauszufinden: Bin ich mehr der Ballfreund? Bin ich ein Lauftyp? In welche Richtung geht mein Bewegungsverhalten?“, empfiehlt der Kinderarzt Schnupperstunden in Sportvereinen entsprechend zu nutzen.
Hat man die richtige Sportart erst einmal für sich entdeckt, sollte man sie „wirklich konsequent und nicht nur gelegentlich ausüben – sprich ein ganzes Semester lang. Um zu schauen, wie sich das Erlernte anfühlt“, so Sportmediziner Förster.

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„Mama, ich will mich nicht bewegen!“

Motivationstipps von Uschi Gatol, Kinderfitnesstrainerin und Begründerin sowie Ausbildungsleiterin von Kid-Fit-Fun.

Was tun, wenn …

… das Kind einfach keine Lust hat, aktiv zu sein?

Kinder lassen sich am besten auf spielerische Weise in der Gruppe – also im Beisein ihrer Freunde zu mehr Bewegung animieren. Auch Musik und Kinderturngeräte in den Grundfarben, die Kinder ansprechen, wirken motivierend. Gut ist es zudem, auf die Wünsche des Kindes einzugehen und mit Bewegungsideen zu verknüpfen. So können beispielsweise gemeinsam mit dem Kind Fitnessparcours errichtet und absolviert werden.
 
… das Kind lieber vor dem Fernseher sitzt, anstatt Sport zu treiben?

Beziehen Sie aus Serien bekannte Kinderlieder in das Training mit ein. Kleinere Kinder kennen die Bewegungen ihrer Zeichentrickidole und lieben es, sie nachzumachen. Für ältere Kinder bieten Tanzvideos zum Mitmachen oder Bewegungsspiele fu?r die Spielkonsolen ideale Anreize für mehr Bewegungsfreude.

… das Kind wenig Selbstbewusstsein hat und sich nichts zutraut?

Kinder, die erst in den Kindergarten gekommen sind, sind manchmal überfordert, wenn sie beim Kinderturnen wieder auf neue Menschen treffen. Geben Sie dem Kind Zeit und lassen sie es beim Training zunächst einmal nur zuschauen. Das Kind wird sich von Mal zu Mal mehr zutrauen und durch die sport­liche Aktivität Selbstbewusstsein gewinnen.  

… das Kind das Wetter zum Anlass nimmt, um keinen Sport zu machen?

Gummistiefel und trendige Allwetterkleidung wirken oft Wunder, um schlechtem Wetter zu trotzen. Indoor wecken der Jahreszeit entsprechende Themenstunden die Freude an der Bewegung. Zu Ostern können beispielsweise Plastikostereier mit dem Löffel transportiert werden, zu Weihnachten Nüsse. Oder man stellt im Raum Hindernisse auf, über die man hüpfen, durchkrabbeln oder durchschlüpfen kann.

… das Kind nicht am Training im Sportverein etc. teilnehmen möchte?

Ich empfehle immer ein zweites oder drittes Kind aus dem Kindergarten mitzunehmen. Die Lust auf das Training stellt sich nicht immer sofort, sondern oft erst während des Trainings ein. Da kann es schon ein Ansporn sein, wenn der beste Freund oder das Nachbarskind mitkommt. Klagt das Kind dauerhaft über mangelnden Spaß am Training, hat es vielleicht noch nicht die zu ihm passende Sportart gefunden.

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