Kampf der Karies!

Mai 2009 | Medizin & Trends

Richtig gepflegt ab dem ersten Milchzahn
 
Das Vorsorgebewusstsein in Sachen Zahngesundheit wird zwar immer stärker, und doch hat rund die Hälfte aller Sechsjährigen Karies. Die Ursachen: mangelhafte Hygiene, ungesunde Ernährung und Wissenslücken seitens der Eltern. Was vielen nicht bewusst ist: Die richtige Pflege der Milchzähne ist entscheidend für die Gesundheit des bleibenden Kauwerkzeugs. Für MEDIZIN populär erklärt eine Expertin, was Eltern und Kinder dabei beachten sollten.
 
Von Mag. Alexandra Wimmer

In der freundlich eingerichteten Kinderordination in Salzburg geht es rund: Jetzt am Nachmittag sind es vor allem die Schulkinder, die mit ihren Eltern im Wartezimmer spielen, plaudern oder stolz die jüngst erworbene Zahnlücke präsentieren.
Dass die jungen Patienten sich von Anfang an in der Zahnarztpraxis wohlfühlen, ist dem Team rund um Dr. Verena Bürkle, Zahnärztin und Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (ÖGK), ein großes Anliegen. Um Zahnkaries & Co vorzubeugen, wird Vorsorge großgeschrieben – mit beträchtlichem Erfolg. „Es gibt immer mehr Kinder mit gesunden Zähnen, dafür aber einige Kinder mit sehr schlechten, kariösen Zähnen“, beobachtet Bürkle. Die Ursachen für die Probleme sind: mangelhafte Mundhygiene, ungesunde Ernährung sowie hartnäckige Irrtümer in Sachen Zahngesundheit. Nachfolgende Tipps sollen helfen, dass die elterlichen Wissenslücken nicht vorzeitig zu Zahnlücken führen. Denn, so die Zahnärztin Bürkle, mit den richtigen Maßnahmen ist „Karies zu nahezu 100 Prozent vermeidbar“.

Richtige Mundhygiene

Die Zähne zweimal täglich gründlich zu putzen, ist das A und O einer sorgfältigen Mundhygiene. Auch wenn es der Nachwuchs den Eltern nicht immer leicht macht und man es vielleicht Leid ist, seinem putzunwilligen Kind allabendlich mit der Zahnbürste nachzujagen, ist Konsequenz gefragt. „So wie man einem Kind, das abends nicht ins Bett gehen oder im Winter keine Jacke anziehen will, nicht seinen Willen lässt, sollte man auch beim Zähneputzen konsequent sein“, erklärt Bürkle. Vor dem Schlafengehen sollte besonders gründlich – wenigstens drei Minuten lang – geputzt werden.
Für die richtige Zahnpflege ist nicht nur entscheidend, wie oft und wie lange geputzt wird, sondern auch, wer mit Paste und Bürste hantiert. Viele Eltern glauben, schon Knirpsen im Kleinkindalter die Verantwortung fürs Zähneputzen übertragen zu können – eine grobe Fehleinschätzung, wie die Zahnmedizinerin betont: „Wir empfehlen, dass die Eltern nachputzen, bis die Kinder flüssig schreiben können, das heißt mindestens bis zur zweiten Klasse Volksschule. Erst dann ist die Feinmotorik ausgereift.“ Ist tagsüber einmal keine Zahnbürste zur Hand, kann man sich zusätzlich mit Zahnpflegekaugummis für Kinder behelfen. „Zuckerfreie Kaugummis regen die Speichelproduktion an und der Speichel wiederum reinigt die Zähne“, so die Zahnärztin.

Zahnfreundliche Ernährung

Eine andere Ursache für kariöse, schlechte Zähne: die falsche Ernährung. Auch hier sorgt so manches Missverständnis für ungesunde Folgen. „In der Ordination hören wir von den Eltern immer wieder: ,Wir ernähren uns eh so gesund‘“, berichtet Verena Bürkle. „Dabei bedenken viele nicht, dass das, was für den Körper vielleicht gesund ist, für die Zähne oft nicht gut ist.“ Ein Beispiel? „Bananen zählen zum Obst und gelten als gesund. Dabei wird vergessen, dass sie einen sehr hohen Zuckergehalt haben, dass sie sehr  klebrig sind und sich zwischen den Zähnen festsetzen.“ Auch das Naschen wird von Zahnmedizinern anders beurteilt als etwa von Ernährungsmedizinern. „Aus zahnärztlicher Sicht kann Süßes durchaus konsumiert werden – aber bitte auf einmal“, betont die Ärztin. „Was den Zähnen wirklich schadet ist, wenn man über den ganzen Tag verteilt immer ein bisschen nascht.“ Bürkle empfiehlt deshalb, Abmachungen mit seinem Kind zu treffen, z. B: „Nach dem Mittagessen darfst du die Süßigkeiten für den Tag essen“ oder  „Zur Mahlzeit darfst du jeden Saft trinken, sei er noch so klebrig und süß. Aber zwischen den Mahlzeiten gibt es nur Wasser.“


Gesunde Getränke

Denn auch das zahngesunde Trinken will gelernt sein. Die größte Gefahr stellen die abendlichen Milchfläschchen für die Kleinen dar. „Während tagsüber die Zähne von Natur aus durch den Speichel gereinigt werden, wird in der Nacht praktisch kein Speichel gebildet“, verdeutlicht Bürkle die Problematik. „Wenn man den Kindern ein Fläschchen zum Einschlafen gibt, dann haben sie über Stunden eine Zuckerlösung im Mund – und das macht auf Dauer die Zähne kaputt.“ Auch die Trinkgewohnheiten tagsüber sollte man überprüfen. „Viele Eltern wissen, dass Kinder-Granulattees sehr viel Zucker enthalten und weichen auf Fruchtsäfte wie etwa Apfelsaft aus“, berichtet Bürkle. „Dieser enthält aber – obwohl vielleicht ohne Zuckerzusatz – reichlich Fruchtzucker und Fruchtsäure. Und Säure kombiniert mit Zucker ist besonders schlecht für die Zähne.“ Das beste Getränk für die Zähne? Wasser.

Karies ist ansteckend

Dass sie die Zahngesundheit ihrer Sprösslinge trotz Mundhygiene und guter Ernährung nicht in den Griff bekommen, davon sind einige Eltern überzeugt. „Bei uns liegen Karies und schlechte Zähne leider in der Familie“, jammern sie. Ein Irrtum, wie die Zahnärztin betont. Denn Karies, also Zahnfäule, ist nicht vererbbar, dafür aber ansteckend. „Über 90 Prozent der Kinder mit Karies werden von ihren Eltern mit den Kariesbakterien infiziert – sie werden über Speichelkontakt übertragen“, erklärt Bürkle. Auch wenn sich der Speichelkontakt nicht zu 100 Prozent vermeiden lässt, das Abschlecken von Schnuller oder Löffel sollte man tunlichst vermeiden – und es mit der eigenen Zahnpflege sehr genau nehmen. „Studien zeigten, dass sich die Zahngesundheit der Kinder verbesserte, wenn die Mütter auf eine gute Mundhygiene achteten.“


Fissuren versiegeln

In einigen Fällen bietet das Versiegeln von Grübchen und Furchen auf den Kauflächen der Backenzähne, die Fissurenversiegelung, einen zusätzlichen Kariesschutz. Besonders wenn die Fissuren sehr tief und die Zähne dadurch schlecht zu reinigen sind, kann die Versiegelung mit einem speziellen Kunststofflack die Entstehung von Karies verhindern. „Die Fissurenversiegelung empfehlen wir außerdem, wenn ein Kind schon ein kariöses Milchgebiss hatte“, so Bürkle. „Denn kariöse Milchzähne können auch die bleibenden Backenzähne mit Karies anstecken. Diese sind in den ersten paar Jahren nach Durchbruch besonders kariesanfällig, weil der Schmelz noch nicht fertig ausgereift ist.“ Fazit: Gesunde Milchzähne sind die Basis und zudem wichtige Platzhalter für gesunde zweite Zähne. Verena Bürkle: „Müssen kariöse oder kaputte Milchzähne zu früh gezogen werden, kann es später zu schiefen Zähnen und damit zu einer jahrelangen kieferorthopädischen Behandlung kommen.“

Umfrage an 500 Eltern:
Große Wissenslücken in Sachen Zahngesundheit

Wie eine Umfrage des Linzer market instituts ergab, gibt es in Sachen Kinderzahnpflege erhebliche Wissenslücken. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der Eltern weiß nicht, dass ein Kind erst rund um das zehnte Lebensjahr seine Zähne selbstständig putzen kann und dass bis dahin elterliches Nachputzen gefragt ist. Nahezu die Hälfte der Eltern (45 Prozent) geht davon aus, dass sich bereits ein vierjähriges Kind selbstständig Zähne putzen kann.
„Milchzähne fallen ohnehin aus und sind daher nicht wichtig“, lautet ein weiterer Irrtum. Nahezu ein Viertel der Eltern (24 Prozent) ist demnach der Meinung, dass es nicht nötig sei, kariöse Milchzähne zahnärztlich behandeln zu lassen. Entsprechend spät beginnen manche Eltern mit der Zahnpflege ihrer Sprösslinge.
21 Prozent warten damit bis zum vollständigen Milchgebiss, drei Prozent sogar, bis der erste bleibende Zahn durchgebrochen ist.
Immerhin drei Viertel (74 Prozent) der Eltern wissen, dass bereits der erste Milchzahn gereinigt werden muss.

Quelle: Repräsentative Umfrage des market institutes an 500 österreichischen Eltern von Kindern im Alter bis zu 14 Jahren.

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