Aktiv bei Nebel & Kälte

Oktober 2017 | Fitness & Entspannung

Warum in der kalten Jahreszeit Sport im Freien Sinn hat
 
Regelmäßige körperliche Aktivität ist gesund – das ist hinlänglich bekannt. Doch vielen Hobby- und Freizeitsportlern
fällt es in der kalten Jahreszeit schwer, draußen aktiv zu werden. Lesen Sie, warum Outdoor-Sport auch bei Nebel und Kälte sinnvoll ist und wie Sie sich dazu motivieren.
 
Von Mag. Wolfgang Bauer

Sport stärkt das Herz-Kreislauf-System, steigert die Abwehrkräfte, normalisiert erhöhte Blutzucker-, Blutdruck- und Cholesterinwerte, reduziert Übergewicht, macht  die Knochen stark, fördert die Koordination, hebt die Konzentrationsfähigkeit und die Stimmung, senkt den Stresspegel, macht Spaß: Gäbe es ein Medikament, das all diese Eigenschaften in sich vereint, dann würden wir wohl in den Apotheken darum Schlange stehen. Damit sich die genannten Effekte auch tatsächlich einstellen, ist es aber erforderlich, regelmäßig sportlich aktiv zu sein. Das bedeutet: „Mindestens drei Mal pro Woche, und das in jeder Woche des Jahres und ein Leben lang“, so Dr. Thomas Sinnißbichler von der Praxis für Sport, Prävention und Bewegungsheilkunde in Neumarkt am Wallersee. Doch viele können sich in der kalten Jahreszeit nur schwer dazu aufraffen, Sport zu betreiben, legen eine Bewegungspause ein und verzichten damit auf die beschriebenen positiven Eigenschaften. Mit der Begründung: Draußen ist es kalt, feucht, nebelig, frühzeitig dunkel – was als nicht sehr einladend empfunden wird.

Draußen bringt’s
Dabei weist Sport im Freien verschiedene Vorzüge auf, wie eine groß angelegte Studie der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg in Kooperation mit dem Institut für Sportwissenschaften der Universität Innsbruck und dem Österreichischen Alpenverein gezeigt hat. So fühlten sich die Studienteilnehmer, die Bergwanderungen unternahmen, energiegeladener und weniger ängstlich und waren bei besserer Stimmung als jene Teilnehmer, die bei gleicher Belastung auf einem Laufband trainierten – wie MEDIZIN populär in der September-Ausgabe berichtete. Ähnliches ist aus japanischen Studien bekannt, die gezeigt haben, dass körperliche Belastungen draußen im Wald vor allem für die psychische Gesundheit mehr bringen als Sport in Hallen. Die genannten Vorzüge des Sports sind kein Schönwetter-Effekt, sie gelten natürlich auch für die kalte Jahreszeit, wenn Nebel, Nieselregen oder leichter Schneefall das Wetter bestimmen. Der Psychologe Dr. Norman Schmid aus St. Pölten verweist auf psychologische Effekte, die sich einstellen, wenn man im Winterhalbjahr im Freien aktiv wird. „In der frischen Luft kann man jetzt besonders gut abschalten und Energie tanken“, sagt er. Abschalten und auftanken – so lautet nicht nur der Titel eines Buches des Psychologen. Sondern dieses für die Gesundheit so wertvolle Duo gelingt, wenn man jene Umstände, die einen davon abhalten ins Freie zu gehen, anders sieht, sie nicht negativ bewertet. „Zum Beispiel kann der Herbstnebel einen ganz besonderen Reiz ausüben, wenn man sich darin fortbewegt“, so Schmid. Herbst und Winter sind seiner Ansicht nach Jahreszeiten, die die Natur regelrecht verzaubern. Von einer Wanderung zur nächsten oder von einer Laufeinheit zur nächsten verändern sich die Farben, die Gerüche und auch die Lichtstimmungen.

Achtsam sporteln
Um dies intensiv wahrnehmen zu können, empfiehlt Schmid, den Sport in dieser Jahreszeit mit Achtsamkeit zu betreiben. Achtsamkeit – das ist jene Haltung, die die gesamte Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt richtet, ohne Bewertungen und Vorurteile. Eine Haltung, die man sich durch Üben aneignen kann und die nachweislich Ängste, Depressionen und Stress reduziert. „Achtsamkeit lässt sich besonders gut mit Bewegung im Freien kombinieren“, betont Schmid. Zum Beispiel mit Wandern, Laufen oder Nordic Walking. Man konzentriert sich beispielsweise auf die regelmäßige Atmung oder auf die Bewegung, etwa auf das Aufsetzen und Abrollen des Fußes. Das macht den Kopf leer, baut Stress ab und lädt die Akkus wieder auf. „Es gelingt gerade bei Outdoor-Aktivitäten, ganz bei der Sache zu bleiben und alles andere auszublenden“, sagt Schmid. So kann man beim Sport belastende Gedanken auf achtsame Art und Weise loswerden.  
Die Veränderung der Natur im Herbst und Winter, den Wechsel der Farben und Gerüche, könne man sehr gut nachvollziehen, wenn man mehrmals pro Woche auf der Lieblingsstrecke walkt oder läuft. Aber: „Die Achtsamkeit wird mehr gefördert, wenn Sie im wahrsten Sinne des Wortes auch neue Wege beschreiten und dabei Neues entdecken“, ist Schmid überzeugt.

Zufriedenheit steigt
Bewegung führt auch zu einem Gefühl, das die Psychologie als Selbstwirksamkeit bezeichnet und darauf zurückgeht, dass man es aus eigener Motivation heraus geschafft hat, zum Beispiel eine Stunde zu laufen. Vielleicht mit etwas Überwindung, aber ohne Aufforderung von außen. Dieses Gefühl kann durch die herbstlichen oder winterlichen Bedingungen noch gesteigert werden, da man ja zum Beispiel trotz Nebels oder trotz leichten Schneefalls laufen geht.

Herbstblues schwindet
Vor diesem Hintergrund wird auch verständlich, warum man mit regelmäßiger Bewegung die gedrückte Stimmung der kalten Jahreszeit quasi wegtrainieren, zum Verschwinden bringen kann. Dieses Stimmungstief wird als saisonal abhängige Depression, kurz SAD, oder einfach nur als Herbst- oder Winterblues bezeichnet. Zu den positiven Effekten der Bewegung kommt nämlich noch ein wesentlicher Faktor für das psychische Wohlbefinden dazu: Tageslicht. Experten vermuten hinter den typischen SAD-Symptomen wie gedrückte Stimmung, Antriebs- oder Energielosigkeit einen Mangel an Tageslicht. Durch diesen Mangel kommt es zu einer verringerten Bildung des Glückshormons Serotonin, auf der anderen Seite produziert die Zirbeldrüse verstärkt das Schlafhormon Melatonin, was ein erhöhtes Ruhebedürfnis bewirkt. „Im Freien hat man eine viel höhere Lichtausbeute als selbst im hellsten Innenraum. Das gilt auch bei Nebel. Wer sich im Freien bewegt, setzt daher Endorphine frei“, sagt Schmid.

Gang zurückschalten
Aus medizinischer Sicht ist es – wie eingangs erwähnt – wichtig, dass man das ganze Jahr hindurch sportlich aktiv ist. Also auch dann, wenn es trüb und kalt ist. An kalten Tagen ist es allerdings sinnvoll, weniger intensiv zu sporteln, so Sinnißbichler. Denn: „Je intensiver man trainiert, desto tiefer muss man einatmen und umso mehr kalte Luft kommt in die Atemwege, was für die Atemwege ein Problem darstellen kann.“ Daher ist Hobbysportlern in der kalten Jahreszeit zu empfehlen, einen Gang zurückzuschalten, sich nicht auszupowern, sondern langsamer zu laufen, zu walken etc. Mit geringerer Intensität schafft man es möglicherweise, durch die Nase zu atmen anstatt durch den Mund. Das hat den Vorteil, dass die Luft erwärmt und gereinigt wird – die Schleimhaut der Nase ist eine Barriere für Viren und Bakterien. Wer sich bei kalten Temperaturen mit hoher Geschwindigkeit bewegt, wie sportliche Radfahrer oder Skifahrer, ist dem Windchill-Effekt durch den Fahrtwind ausgesetzt. Was bedeutet, dass sich bei einem Tempo von 30 km/h eine Temperatur von minus zehn Grad so anfühlt als hätte es etwa minus 20 Grad. Bei solchen Bedingungen drohen der Haut an ungeschützten Stellen Erfrierungen: Ein entsprechender Hautschutz, etwa mit Kälteschutzcremes, hilft. Die Haut sollte man aber nicht nur vor Kälte, sondern besonders bei Outdoor-Aktivitäten im Gebirge auch vor Sonneneinstrahlung schützen. „Ob beim Skifahren, einer Skitour, beim Skilanglaufen oder Schneeschuhwanderung – je höher Sie sich nach oben bewegen, desto besseren Sonnenschutz sollten Sie verwenden“, rät Sinnißbichler. Funktionelle Sportbekleidung für den Winter empfiehlt sich ebenfalls: Sie besteht aus mehreren Schichten, wobei die unterste den Schweiß aufsaugen und nach außen abgeben sollte. Wichtig ist auch, eine Mütze zu tragen, denn über den Kopf geht viel Körperwärme verloren.


Training: So machen Sie alles richtig

  • Ausdauertraining als Intervalltraining betreiben – so ist es effizienter.
  • Die Belastung beim Training, bei großer Kälte zwar niedriger, aber nicht zu niedrig ansetzen, damit das Training wirkt.
  • Vor dem Training nur eine kleine Mahlzeit zu sich nehmen, wichtiger ist das Essen danach.
  • Ausreichend trinken und gleich nach dem Training zum Beispiel eine Bananenmilch oder einen Kakao konsumieren – diese Getränke liefern den Muskeln Protein und Glukose, die sie zur Regeneration und zum Aufbau brauchen.
  • Zusätzlich zum Ausdauertraining empfiehlt sich ein Krafttraining an Geräten, mit Hanteln, Bändern oder mit dem eigenen Körpergewicht. Zwischen den Krafttrainingseinheiten gilt es, mindestens einen Tag Pause einzulegen – Muskeln wachsen nur in Erholungsphasen.


Buchtipp:

Schmid
Abschalten & Auftanken.
52 Übungen für Achtsamkeit & Co.

ISBN 978-3-99002-003-6
128 Seiten, € 16,90
Verlag Maudrich

Stand 10/2017

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