Ganz entspannt abnehmen

April 2013 | Ernährung & Genuss

Warum uns der Stress dick macht
 
Ein Leben unter Hochdruck – viele macht das nicht nur krank, sondern auch dick. Wenn dann die überschüssigen Kilos zur zusätzlichen Belastung werden, muss schnell eine Diät her, um möglichst bald wieder gute Figur zu machen. Verbissenes Fasten und exzessives Sporteln sorgen aber erst recht für Stress, und so dreht sich der Teufelskreis weiter. Wie man heute aber weiß, spielt neben der richtigen Ernährung und Bewegung auch Entspannung eine wesentliche Rolle beim Abnehmen. Für MEDIZIN populär informieren Experten über die vier wichtigsten Stressfallen beim Schlankwerden und -bleiben.
 
Von Mag. Alexandra Wimmer

Essen schmeckt, macht Spaß und gibt uns neue Energie. Essen bedeutet Wohlgefühl, Entspannung, Belohnung: So hat es die Natur eingerichtet, damit wir uns und unsere Art erhalten und nicht den Hungertod sterben. Dieser Überlebensmechanismus wird allerdings oft schon frühzeitig überstrapaziert. Immer dann, wenn ein trauriges, zorniges oder frustriertes (Klein-)Kind mit Süßem getröstet, beruhigt, belohnt wird, lernt es: Essen entspannt und hilft gegen (emotionalen) Schmerz. Später dann, wenn der Stress zunimmt, wird es immer öfter nötig, sich zu trösten, zu belohnen, rasch Energie zu tanken, sich zu entspannen. Der Griff zu süßen Kalorienbomben ist die logische Konsequenz einer früh eingeübten Gewohnheit: Man nascht und snackt – und fühlt sich (kurzfristig) besser. Die Antistressmaßnahme Bewegung rückt hingegen meist schnell in den Hintergrund.
Und so lässt das Stressessen die Speckröllchen wachsen, die uns früher oder später erst recht negativen Stress bereiten. Wir fühlen uns unattraktiv, unwohl, machen uns Sorgen um unsere Gesundheit und wollen die überschüssigen Kilos so rasch wie möglich loswerden: Eine Diät muss her – und die Stressspirale dreht sich weiter. So wie Druck und Überforderung für das Ansammeln zusätzlicher Kilos (mit)verantwortlich sind, so sabotieren sie auch deren Verlust.

Stressfalle 1
Hamstern im Hamsterrad

Wer unter Dauerstress leidet und eine Abnehmkur beginnt, hat eine denkbar schlechte Ausgangsposition. Denn gerade im Hamsterrad spielt das „Hamstern“ von Energie eine große Rolle. Ständige Überforderung führt nämlich zur chronischen Ausschüttung des Stresshormons Cortisol, wodurch sich Mechanismen im Gehirn verändern. „Energiezufuhr!“ lautet dann das Kommando, das das Gehirn dem Organismus erteilt. Und der gehorcht. „Abnehmen wird dann sehr, sehr schwierig“, betont die Wiener Ernährungswissenschafterin Mag. Karin Lobner.
Diese Mechanismen existieren bereits seit Urzeiten, als Stress gleichbedeutend war mit Flucht und körperlicher Anstrengung. Und heute noch werden sie ausgelöst, ob wir nun psychisch oder körperlich unter Druck stehen. Wir müssen nicht einmal akut in einer Stresssituation stecken – es genügt, eine solche zu erwarten: eine Prüfung, ein Gespräch mit dem Chef, die Scheidungsverhandlung. „Das Gehirn sorgt dann dafür, dass unser Appetit angeregt wird, Speisen wirken in diesen Phasen besonders attraktiv“, ergänzt Lobner. Aus der Backstube hat es nie köstlicher geduftet und die Pizza hat noch nie so lecker ausgesehen.

Stressfalle 2
Kontrollwut & Verbissenheit

(Zeit)Druck vereitelt vielfach auch in anderer Hinsicht das Abnehmen: Um ungünstige durch günstigere Verhaltensweisen zu ersetzen (Gemüse statt Burger, Sport statt Couch), braucht das „Gewohnheitstier“ Mensch Zeit. Zeit, die wir nicht haben oder uns nicht nehmen wollen. Die Tatsache etwa, dass wir unserem Körper Enormes abverlangen, wenn wir die Fettpölsterchen, die sich über die Jahre angesammelt haben, binnen kürzester Zeit loswerden wollen, wird oft ignoriert. Doch Ungeduld und unrealistische Ziele sorgen für Frustration, wenn die tatsächliche Gewichtsabnahme hinter den Erwartungen zurückbleibt.

Das ständige Kontrollieren und Messen des Fortschritts mittels der Waage ist erst recht eine nicht versiegende Stressquelle. „Manche wiegen sich sogar mehrmals am Tag und sind extrem fixiert auf das Ergebnis“, beobachtet Dr. Petra Fabritz, Internistin und Ernährungsmedizinerin in Klosterneuburg. Auch die Tendenz, jeden Bissen zu kontrollieren, sich sämtliche „Dickmacher“ zu verbieten, setzt enorm unter Druck. Wer allzu streng mit sich ist, wird sich einen „Umfaller“ schwer verzeihen – der Esstisch wird zum Schlachtfeld zwischen Gut und Böse.
Wird das Programm verbissen durchgedrückt, bleibt außerdem der Genuss auf der Strecke. Und wenn uns das Essen nicht schmeckt, werden wir die Ernährungsumstellung auf Dauer nicht oder nur mühsam durchhalten. „Alles, was negative Emotionen auslöst, ist kontraproduktiv“, betont Karin Lobner.

Stressfalle 3
Hungerkur & Crashdiät

Jene wiederum, die mittels Hungerkur oder Crashdiät rasant Gewicht verlieren, speisen vor allem den Yo-Yo-Effekt: Das Gewicht kommt schneller zurück, als man es abgenommen hat, und geht dann oft sogar über das Ausgangs(über)gewicht hinaus. „Wer danach wieder normale Mengen isst, nimmt sogar mehr als zuvor zu, weil der Stoffwechsel durch das Hungern noch weniger Energie verbrennt“, warnt Petra Fabritz. Diese negativen Folgen einer Radikalkur sind mitunter lange spürbar. Jene, die eine Diät nach der anderen machen, riskieren sogar, dass der Organismus bei diesem fatalen Sparprogramm bleibt. Crashdiäten bedeuten für den Körper nämlich vor allem eins: enormen Stress. „Aufgrund der plötzlich viel zu niedrigen Kalorienzufuhr löst eine Radikalkur im Körper und in den Zellen Stress aus“, erklärt Petra Fabritz. Unser urzeitlich denkender Körper ist durch die Kalorienreduktion alarmiert, interpretiert sie als Hungersnot oder Krankheit – und hortet das Weniger an Energie dafür umso besser.

Stressfalle 4
Exzessives Sporteln

Dauerhaft abspecken lässt sich ohnedies nicht allein über das Reduzieren der Kalorienzufuhr – entscheidend ist, durch Bewegung Fett zu verbrennen. „Wenn man dem Körper lediglich weniger Nahrung zuführt, baut er eher Muskeln als Fett ab, weil er dadurch schneller an Energie kommt“, erklärt Petra Fabritz. „Sinnvoll ist, regenerativ, also in der richtigen Intensität zu sporteln, in der man Fett verbrennt.“ Wird allerdings zu intensiv trainiert, ist das ebenfalls kontraproduktiv. Wer sich körperlich zu sehr verausgabt, löst damit wieder einen „Stressalarm“ aus.
Auf eine große Geduldsprobe werden ausgerechnet jene gestellt, die es richtig machen – sich bewusst ernähren und außerdem moderat bewegen. Sie sehen anfangs kaum Erfolge auf der Waage. „Realistisch ist, dass man in einem Monat zwei Kilo Fett verbrennt. Durch den gleichzeitigen Muskelaufbau zeigt sich aber vielleicht eine Differenz von einem Kilo pro Monat“, sagt Petra Fabritz.

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Ganz entspannt abnehmen: Fünf Tipps


„Neutrale“ Lebensphase abwarten

Stresszeiten sind ebenso wenig geeignet wie eine euphorische Phase, z. B. kurz vor der Hochzeit, um eine Änderung des Lebensstils und damit dauerhaften Gewichtsverlust durchzusetzen. Warten Sie deshalb eine möglichst ruhige, gefühlsmäßig neutrale Lebensphase ab.

Zeit einplanen
Ist der richtige Moment gekommen, sollte man für das Unterfangen ausreichend Zeit einplanen. So wie es Monate oder Jahre gebraucht hat, um die Kilos anzusammeln, verliert man selbige auch nicht von heute auf morgen. Nimmt man sich die nötige Zeit, steigt auch die Chance, dass man sich die Kilos dauerhaft vom Leib hält.

Mit Genuss essen
Nicht das Hungern, nicht die permanente Kontrolle von Kalorien und Kilos, noch der verbissene Verzehr fader Gerichte sind sonderlich motivierend, um sich endgültig von ungesunden (Ess-)Gewohnheiten zu verabschieden. Deshalb: Die Mahlzeiten sollten ein Genuss sein – und schmecken! Dann wird man schließlich sogar gern bei der neuen Ernährungsweise bleiben.  

Moderat sporteln
So wie beim Essen sind auch beim Sport Extreme wenig zielführend. Anstatt sich mit zu intensivem Training zu stressen, braucht es das richtige Maß: Die Bewegung soll Spaß machen und „nebenbei“ die Fettverbrennung fördern. Die richtige Trainingsintensität lässt man am besten sportmedizinisch bestimmen.

Sich belohnen
Damit die Motivation erhalten und auch die Glücksmomente nicht zu kurz kommen, sollte man sich für kleine und große Erfolge auch – richtig – belohnen: mit einem bunten Blumenstrauß fürs Wohnzimmer, dem neuesten Krimi, einer Massage…  

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Heißhunger durch Stress
Naschlade statt Gemüsefach

Je mehr wir unter Druck stehen, umso eher greifen wir in die Naschlade statt ins Gemüsefach. Denn je stressiger unser Leben ist, umso mehr verlangen wir nach schnell verfügbaren Quellen der Entspannung – die Versuchung zu naschen steigt. „Je hochkalorischer, je fetter und zuckerhaltiger ein Lebensmittel ist, umso eher löst es ein entspanntes, positives Gefühl aus“, gibt die Wiener Ernährungswissenschafterin Mag. Karin Lobner zu bedenken. Lassen nun Antrieb und Wohlbefinden nach, essen wir Süßes – nicht nur, weil es gut schmeckt, sondern auch weil über die süßen Speisen die Produktion von Antistresshormonen wie Dopamin und Serotonin gefördert wird. „Bei einem erniedrigten Serotoninspiegel wählt man besonders gerne süße Nahrungsmittel, weil das enthaltene Tryptophan, das in Serotonin umgewandelt wird, besonders gut aufgenommen werden kann“, weiß der Internist Univ. Prof. Dr. Hermann Toplak von der Medizinischen Universität Graz. Die stressbedingte Fehlernährung bleibt nicht ohne Folgen: Ständiges Naschen führt zu regelmäßigen Spitzen des Blutzuckerspiegels, die Heißhunger nach sich ziehen und den „Naschkreislauf“ in Gang halten.

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Stressbauch
Gefahr aus der Leibesmitte

Ein Übermaß an Schokolade & Co hat zur Folge, dass das Zuviel an Energie mithilfe von Insulin rasch in Fett eingebaut wird. „Alle Produkte, die viel Zucker enthalten, tragen zur Entwicklung eines Bauchs bei“, betont der Grazer Experte Univ. Prof. Dr. Hermann Toplak. „Insulin sorgt dafür, dass besonders viel um die Körpermitte gespeichert wird – und zwar in Form von viszeralem Fett, das ein schneller Speicher ist.“
Die stetig wachsenden Speckrollen um die Leibesmitte werden durch die vermehrte Cortisolausschüttung aufgrund von Stress noch zusätzlich gefördert. „Cortisol regt die Fettzellen des viszeralen Fettes an, vermehrt Energie freizusetzen“, so Toplak. Das Problem dabei: „Das innere Bauchfett ist besonders stoffwechselaktiv und damit gefährlich für die Gesundheit“, erklärt die Ernährungsmedizinerin Dr. Petra Fabritz. Hier wird die Bildung von Hormonen sowie von Substanzen angeregt, die z. B. zu Bluthochdruck führen. „Damit es nicht zu diesen problematischen Folgen kommt, sollte der Bauchumfang bei Männern maximal 102 und idealerweise nicht mehr als 94 Zentimeter betragen. Der Bauchumfang von Frauen sollte unter 88, am besten unter 80 Zentimetern liegen“, betont Hermann Toplak.

Stand 04/2013

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