Mehrmals pro Woche Fisch, möglichst mageres Fleisch, viel Obst und Gemüse, hochwertige Fette und Öle, Vollkornbrot & Co: Das sind laut Experten die Zutaten von gesundem Essen. Doch können wir uns das noch leisten, wenn alles immer teurer und das Haushaltsbudget immer knapper wird? Irrtum, heißt es vom Verband der Ernährungswissenschafter Österreichs: Gesund essen muss nicht teuer sein. Im Gegenteil: Wer sich an die Ernährungsempfehlungen hält, kann sogar Geld sparen.
Von Mag. Karin Kirschbichler
Die Fakten sprechen für sich: Die Zehnerpackung Semmeln vom Diskonter ist wesentlich billiger als ein Kilo Vollkornbrot vom Bäcker des Vertrauens, der magere Lungenbraten erscheint neben dem viel günstigeren Bauchfleisch als unerschwingliche Kostbarkeit, Lachsfilets mit Spargelrisotto reißen ein ungleich größeres Loch ins Haushaltsbudget als Schweinsschnitzel mit Pommes, und der frisch gepresste Orangensaft ist im Vergleich zum Sirup aus dem Supermarkt der reinste Luxus. Gesund essen ist teuer.
„Kann teuer sein“, präzisiert Mag. Eva Unterberger vom Verband der Ernährungswissenschafter Österreichs, „muss aber nicht. Es stimmt schon: Wenn der Herr Sohn täglich mit mehreren Stück Spezialgebäck versorgt werden will, das Töchterchen ganz wild auf Flugmangos ist, die bessere Hälfte jahrein, jahraus Erdbeeren naschen will und die eigene Wenigkeit nur feinste, direkt gepresste Säfte trinkt, dann geht das ins Geld.“ Aber: Nicht alles, was einen hohen Nährwert hat, muss auch einen hohen Preis haben. „Zwischen den genannten elitären Lebensmitteln und den billigen, nährwertarmen Produkten wie Semmeln & Co gibt es ausreichend Platz für eine vielseitige, nährstoffreiche und dennoch preisbewusste Ernährung“, sagt die Ernährungswissenschafterin und beruft sich dabei nicht nur auf eigene Berechnungen (siehe Spar-Speiseplan), sondern auch auf eine Studie, die 2008 an der Justus-Liebig-Universität in Gießen durchgeführt wurde. Die Untersuchung ging der Frage nach, ob gesundes Essen tatsächlich teurer sei als eine in Deutschland übliche Kost. Das überraschende Ergebnis: Wer sich an die Ernährungsempfehlungen hält, gibt für einzelne Lebensmittelgruppen wie Gemüse oder (Vollkorn-) Brot zwar mehr aus, hat am Ende des Monats aber mehr Geld am Konto als die Fleischtiger und Naschkatzen. Wie also lässt sich sparen, wenn man sich den Empfehlungen gemäß ernährt?
Empfehlung 1:
Täglich fünf Handvoll Obst/Gemüse/Salat
Freilich: Auf den ersten Blick überzeugt die Semmel, die man schon ab sechs Cent haben kann, im Vergleich zum Apfel um rund 30 Cent preislich mehr. Wer aber bedenkt, dass kaum jemand eine „nackte“ Semmel isst, sondern sie vielmehr mit Aufstrichen oder Wurstwaren garniert verspeist, wird am Ende dem Apfel mehr abgewinnen können. „Obst und Gemüse sind verhältnismäßig teuer“, räumt Unterberger ein, „aber aus der gesunden Ernährung einfach nicht wegzudenken.“ Geld sparen kann, wer zu heimischem Obst und Gemüse der Saison greift und die weitgereisten teureren Vertreter der Spezies links liegen lässt. Geld sparen kann auch, wer klug plant und verwertet und etwa die Großpackung Erbsen gleich zu mehreren Gerichten verarbeitet statt die Hälfte im Kühlschrank verderben zu lassen. Auch Tiefkühl-Gemüse, das im Nährwertgehalt der frischen Variante in nichts nachsteht, schont die Geldbörse, weil es sich besser portionieren lässt. Nicht zu vergessen auf dem Spar-Speiseplan: die günstigen, ergiebigen und äußerst vielseitig einsetzbaren Kartoffeln, die in fettarm zubereiteter Form wesentlich zum gesunden Essen dazugehören.
Aus rein gesundheitlicher Sicht muss es übrigens nicht unbedingt „bio“ sein. „Primär sind Bioprodukte gut für die Umwelt, in Sachen Vitamingehalt zum Beispiel können ihnen die herkömmlichen Produkte aber durchaus das Wasser reichen“, erklärt Unterberger. „Bei den zellschützenden Antioxidantien hat Bio aber die Nase vorn.“
Empfehlung 2:
Täglich Vollkornbrot/Nudeln oder Reis
Nudeln und Reis sind – richtig zubereitet – günstige und gesunde Sattmacher, während Vollkornbrot einen tieferen Griff in die Tasche verlangt als das aus gesundheitlicher Sicht weniger wertvolle Weiß- oder Mischbrot. Doch wer seinen Haushalt gut organisiert, kann auch hier sparen: Ein Laib Vollkornbrot ist günstiger als vier, fünf Vollkornweckerln, und bei richtiger Lagerung in einer Brotdose bleibt es lange knusprig und saftig. Wer das Brot portioniert und scheibenweise einfriert, hat immer gerade so viel zur Verfügung, wie er braucht, und wirft Reste samt Geld nicht in den Mistkübel.
Als billige und gesunde Ballaststoff- und Eiweißlieferanten drängen sich die Hülsenfrüchte ins Blickfeld der Sparmeister. Bohnen, Erbsen, Linsen strotzen vor gesunden Nährstoffen und sind eine Bereicherung für die vielseitige, preisbewusste Ernährung.
Empfehlung 3:
Täglich Milch oder Milchprodukte
„Wer Osteoporose aufhalten will, braucht ein Leben lang reichlich Calcium. Milchprodukte, so zeigt sich immer wieder, sind die beste Quelle für diesen Mineralstoff“, sagt Unterberger. Die Empfehlung lautet, täglich drei Portionen Milch und Milchprodukte in den Essalltag zu integrieren. Mit einem Glas Milch, einem Becher Joghurt und zwei Scheiben (30 Gramm) Käse nimmt man bereits die für Erwachsene täglich empfohlenen 1000 Milligramm Calcium auf. Käsegenuss kann aber ganz schön ins Geld gehen. Gut gereifter Käse ist in der Herstellung relativ aufwendig, was sich natürlich im Preis niederschlägt. Die empfohlenen 30 Gramm Käse muss man aber nicht in Form von zwei Jahre gereiftem Brie aus Frankreich in den Essalltag einbauen, auch günstigere Käsesorten liefern das wertvolle Calcium. Da Käse schimmelanfällig ist, sollte man eher kleine Portionen anschaffen. Denn es reicht nicht, den Schimmel wegzuschneiden, man muss das ganze Stück wegwerfen.
Empfehlung 4:
Täglich 1,5 bis zwei Liter trinken
Beim Trinken liegt ein enormes Potenzial für Geldbörse und Gesundheit: (Mineral-) Wasser, Kräutertees, verdünnte Fruchtsäfte sind um ein Vielfaches billiger und gesünder als Softdrinks, Energydrinks & Co, die durch Nährstoffarmut und Zuckerreichtum „punkten“ und wesentlich am Entstehen von Übergewicht beteiligt sind. „Die zwei, drei Euro für ein solches Getränk könnte man besser investieren als in Fettpölster und Karies. Damit kann man schon ein gesundes Hauptgericht zubereiten“, sagt Unterberger.
Empfehlung 5:
(Maximal) dreimal pro Woche Fleisch oder Wurst
Fleisch ist teuer, zumal die empfohlenen mageren Teilstücke, wie soll man da sparen? „Was hier das Haushaltsbudget strapaziert, ist nicht so sehr das Fleisch an sich, vielmehr sind es die großen Mengen an Fleisch und vor allem Wurstwaren, die in Österreich gegessen werden. Wer nicht mehr als die empfohlenen Mengen isst, wird merken, dass er am Ende des Monats mehr Geld übrig hat“, weiß die Ernährungswissenschafterin. Die empfohlenen Mengen, das sind dreimal in der Woche 150 Gramm pro Person: So schrumpft das über den Tellerrand hinausragende Rindsschnitzel auf ein handtellergroßes Stück zusammen – und die Differenz bleibt in der Geldbörse. Und was fettärmeres und folglich teureres Fleisch angeht: Huhn und Pute sind empfehlenswerte günstigere Alternativen, und fettreichere, preiswertere Stücke von Schwein, Rind & Co können durch eine fettarme Zubereitung gesundheitlich „aufgefettet“ werden.
Empfehlung 6:
(Mindestens) einmal pro Woche Fisch
Wenn es nach den Empfehlungen der Ernährungsexperten geht, sollte sich niemand die gesunden Auswirkungen der Omega-3-Fettsäuren entgehen lassen. Doch der Verzehr von Fisch ist weder ökologisch noch finanziell jedermanns Sache. Auch hier muss man klug rechnen: Es muss ja nicht unbedingt das teure Lachs-Steak vom Fischhändler sein, die tiefgekühlten Seelachsfilets sind günstiger und genauso gesund. „Außerdem genügen schon kleine Mengen“, erklärt Unterberger. „Die Empfehlung lautet: 200 Gramm Fisch pro Woche. Am besten 100 Gramm Meeresfisch, also Lachs oder Hering, und 100 Gramm Forelle oder Zander aus heimischen Gewässern.“ Da Omega-3-Fettsäuren sehr robust sind, lassen sie sich übrigens auch in Dosen oder Gläsern einfangen: Auch der Thunfisch in der Dose oder der Hering im Glas sind in Sachen Omega-3 empfehlenswert. „Was viele zudem nicht wissen: Auch Süßwasserfische, allen voran die Forelle, versorgen uns mit wertvollen Omega-3-Fettsäuren.“
Empfehlung 7:
Hochwertige (pflanzliche) Fette & Öle
Das teure Pflanzenöl in die Pfanne – der Spargedanke erschließt sich auch hier erst auf den zweiten Blick: „Wenn ich schwimmend herausbacke oder die Fritteuse mit zwei Liter Rapsöl anfülle, kostet das viel Geld. Aber fetttriefende frittierte Speisen stehen ohnehin nicht im Einklang mit den Empfehlungen für gesundes Essen“, rechnet Unterberger vor. Um an die wertvollen Fettsäuren in pflanzlichen Ölen zu kommen, braucht man nur einen Esslöffel pro Person und Tag. Mit der richtigen Pfanne lässt sich auch damit gut kochen.
Wer gesund UND günstig essen will, muss freilich an anderer Stelle investieren: Der Einsatz von Zeit, die oft nicht minder knapp ist als Geld, ist ebenso gefragt wie Planung und Organisation. Die gesundheitlich wertvollen, aber preiswerten Bohnen etwa wollen über Nacht eingeweicht und am nächsten Tag verkocht werden – da ist sowohl im Single- wie im Mehr-Personen-Haushalt exakte Planung vonnöten. Unterberger zu diesem Dilemma: „Erstens dürfen es auch Bohnen, Linsen oder Kichererbsen aus der Dose sein. Zweitens wird es kaum möglich sein, bei jeder einzelnen Mahlzeit Gesundheit und Geldbörse gleichermaßen zu berücksichtigen. Aber unterm Strich haben die bewussten Esser am Monatsende mehr Geld übrig als jene, die oft Fertiggerichte, Unmengen Fleisch, Knabbereien, Softdrinks & Co konsumieren. Und drittens geht es ja nicht darum, jede einzelne Mahlzeit nach den Empfehlungen auszurichten, sondern sich insgesamt bewusst und gesund zu ernähren. Wenn man unter der Woche nicht immer genug Zeit hat, sich und seine Familie mit ausreichend Nährstoffen zu versorgen, so kann man am Wochenende einiges wettmachen.“
Eine Studie der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) ortet bereits einen Trend in die richtige Richtung. Unter dem Spardruck der Wirtschaftskrise investieren die Österreicher mehr Zeit in die Ernährung und setzen gerade in diesem Bereich auf gesundheitlichen Mehrwert: Es wird weniger in Restaurants oder Fast Food-Lokalen gegessen, es werden weniger Fertiggerichte, Mehlspeisen und Süßigkeiten verzehrt – und mehr selbst zubereitete Kartoffel-, Nudel-, Reis-, Gemüse- und Fischgerichte im Kreis der Familie.
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Der Spar-Speiseplan für eine Woche zum Download
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387 Euro im Müll
Ein Wochenspeiseplan hilft bei der klugen Verwertung von Lebensmitteln (auch in günstigeren Großpackungen), Einkaufen mit gut gefülltem Bauch verhindert Impulskäufe in der Knabbereien-, Süßigkeiten- und Snackabteilung, Einkaufen mit Hilfe einer Liste senkt das Risiko, dass man zuviel oder ganz etwas anderes kauft, als man tatsächlich braucht.
166.000 Tonnen zum Teil originalverpackte und oft noch genießbare Lebensmittel landen jährlich in Österreich im Müll. Laut Erhebungen des Instituts für Abfallwirtschaft der Universität für Bodenkultur in Wien werden so pro Haushalt und Jahr bis zu 387 Euro weggeschmissen.