Alles neu macht der Mai. Viele nehmen sich jetzt im Wonnemonat vor, von nun an regelmäßig Sport zu betreiben. Doch den gut gemeinten Ambitionen stehen häufig gewisse Widerstände gegenüber: Zu wenig Zeit, zu viel Arbeit, fehlende Sportausrüstung usw. Letztlich siegt dann doch wieder der Sportmuffel in uns. Lesen Sie daher, wie Sie sportliche Ambitionen erfolgreich umsetzen und beibehalten.
Von Mag. Wolfgang Bauer
Lang ist die Liste der positiven Effekte, die sich durch regelmäßig betriebenen Sport für Körper, Seele und Geist ergeben. Sport stärkt das Herz-Kreislauf-System, senkt erhöhte Blutzucker- und Blutdruckwerte, steigert die Lebensfreude, beugt der Demenz vor und macht in Gemeinschaft ungemein Spaß – um einige der Effekte zu nennen.
Doch lang ist auch die Liste der Argumente und Ausreden, die gegen den Sport vorgebracht werden: Man kommt zu spät aus dem Büro, ist nach der Arbeit zu kaputt, möchte sich schließlich auch mit Freunden treffen, außerdem soll die Familie nicht zu kurz kommen, das Fitnesscenter ist zu weit weg, und viele wissen gar nicht, welchen Sport sie überhaupt ausüben sollen.
Große Zahl an Nicht-Sportlern
Kein Wunder also, dass der Anteil der Österreicher, die nie Sport treiben, relativ hoch ist. Rund ein Drittel der Landsleute fällt darunter, wie eine Umfrage des Marktforschungsinstitutes Spectra aus 2015 ergeben hat. 13 Prozent der Befragten haben außerdem angegeben, nur selten Sport zu betreiben. Zusammengefasst heißt das, dass rund die Hälfte der Landsleute selten bis nie Sport macht. Demgegenüber steigt die Zahl jener, die an Zivilisationskrankheiten wie Bluthochdruck oder Diabetes Typ 2 leiden – unter anderem als Folge von Bewegungsmangel, was Experten zunehmend beängstigt.
Vom Wollen zum Tun
Allerdings entschließen sich viele sehr wohl dazu, mit sportlicher Aktivität zu beginnen und einen gesünderen Lebensstil einzuschlagen. Aber: „Wir wissen, dass über 50 Prozent der Sporteinsteiger wieder aufhören“, stellt Univ. Prof. Dr. Martin Kopp fest, er ist Leiter des Institutes für Sportwissenschaft an der Universität Innsbruck. Die Gründe, sich für oder gegen den Sport zu entscheiden, hängen seiner Ansicht nach unter anderem mit der Motivation zusammen. „Vereinfacht gesagt gelingt die Umsetzung der sportlichen Ambitionen dann besser, wenn man aus eigenem Antrieb heraus Sport betreiben will, wenn es ein innerliches Bedürfnis ist“, so Sportpsychologe Kopp. „Wenn man es nur aufgrund eines äußeren Anreizes versuchen möchte, sind die Chancen des Durchhaltens weniger hoch.“
Damit der Drang nach Bewegung geweckt, erfolgreich beibehalten oder gar verinnerlicht wird, sollte man nach Ansicht Martin Kopps auf folgende Faktoren achten:
Realistische Ziele setzen
„Viele gehen zu ambitioniert an die Sache heran“, sagt Kopp. „Sie wollen beim Sport in zu kurzer Zeit zu viel erreichen, oder wollen dort fortsetzen, wo sie vor Jahren aufgehört haben. Dabei kann es leicht vorkommen, dass sie sich übernehmen, sich dann nicht wohlfühlen, und so hören sie nach kurzer Zeit wieder auf.“ Wer sich am Tag nach dem Sport wegen eines starken Muskelkaters kaum bewegen kann oder wem vor Überanstrengung übel wird, der wird die Lust am Sport rasch wieder verlieren.
Daher: „Setzen Sie sich realistische Ziele, die Sie auch gut erreichen können“, so der Experte. Also klein anfangen und die Belastungen Schritt für Schritt steigern. „Vergleichen Sie sich dabei nicht mit anderen, vor allem nicht mit jenen, die bereits seit Jahren diesen Sport betreiben. Diese Sportler werden aufgrund ihrer Fitness und körperlichen Erfahrung aller Wahrscheinlichkeit nach im Vorteil sein, selbst wenn Sie als Einsteiger jünger sind.“
Zu einer realistischen Planung gehört auch eine gute Zeiteinteilung. „Wer zu fixen Zeiten, etwa an zwei Abenden pro Woche, zum Gymnastikkurs oder ins Hallenbad zum Schwimmen geht, hat gute Chancen, dass nach kurzer Zeit diese Termine nicht mehr aus dem Terminplan wegzudenken sind“, sagt Kopp. Auch die Wochenenden kann man fix für sportliche Aktivitäten nutzen, zum Beispiel gemeinsam mit der Familie.
Und noch etwas ist wichtig: Wer sich nicht sicher ist, die nötigen gesundheitlichen Voraussetzungen für den Sport mitzubringen, sollte einen Sportmediziner kontaktieren. Von ihm kann man auch erfahren, wie es um den Grad der Fitness bestellt ist, oder wie man die Belastung sinnvoll steigert.
Mit Spaß zum Wohlgefühl
Besonders wichtig ist laut Martin Kopp, dass man eine Sportart ausübt, die einem auch wirklich Spaß macht. „Warum soll jemand laufen oder schwimmen gehen, wenn diese Person lieber tanzen würde? Es gibt so viele Möglichkeiten sich zu bewegen, man muss nur die richtige für sich finden.“ Daher: Wenn man sich nicht sicher ist, welchen Sport man ausüben soll – einfach mehrere Sportarten ausprobieren. Ganz entscheidend ist, auf den Wohlfühlfaktor zu achten. Er kann ein guter Motivator sein. Wenn man sich nach einem entspannenden Läufchen oder nach einem Work-out auf dem Hometrainer wohlfühlt bzw. wohler fühlt als vor der Aktivität, hat man aller Wahrscheinlichkeit nach die optimale Dosis gewählt und sich für das Schwitzen sozusagen selbst belohnt.
Abwechslungsreich trainieren
Wer abwechslungsreich trainiert, steigert zumeist ebenfalls die Motivation. Also nicht immer die gleiche Runde joggen oder walken, sondern die Trainingsstrecken variieren, Steigungen mitnehmen oder abschnittsweise das Tempo steigern. Abwechslungsreich ist auch, wenn man mehrere Sportarten ausübt. „Es ist immer wieder spannend, wenn man zum Beispiel nach einer Skisaison im Frühling wieder die ersten Ausflüge mit dem Fahrrad macht oder die ersten Bergwanderungen unternimmt“, so Kopp.
Zusammen mit anderen
Sich im Morgengrauen die Laufschuhe zu schnüren, oder sich am Abend nach der Arbeit zum Krafttraining zu begeben, mag für viele die einfachste und realistischste Möglichkeit sein, Sport auszuüben. Doch viele Sportambitionierte wollen dies nicht alleine tun. Darum sind nach Ansicht von Martin Kopp Sportvereine so wichtig. In diesen Einrichtungen könne man mit Gleichgesinnten Volleyball spielen oder Gymnastik machen. „Sportvereine bieten aber mehr, etwas, das über den Sport weit hinausgeht: eine soziale Bindung an die Gruppe. Nach dem Training sitzt man noch zusammen,
isst und trinkt etwas und hat jede Menge Spaß“, so der Sportpsychologe. Außerdem: Wenn jemand einen Kurs gebucht oder eine Jahreskarte gelöst hat, dann geht man eher regelmäßig zum Training als ohne diese Bindung.
Regeneration einplanen
Auf körperliche Belastung sollte eine Phase der Erholung und Entspannung folgen. Vor allem, wenn man etwas intensiver trainiert hat. Also immer auch Tage ohne Sport einlegen. Sie dienen nicht nur der Regeneration, sie fördern auch die Vorfreude auf die nächste Aktivität.
In der Psychologie unterscheidet man zwei Arten von Motivation:
- Intrinsische Motivation: Sie liegt vor, wenn man aus eigenem Antrieb, von innen heraus, an die Sache herangeht. Zum Beispiel, weil es einfach Spaß macht, mit einem Wohlgefühl verbunden oder herausfordernd ist. Mit dieser Art der Motivation im Background ist Sportausübung eher von Erfolg gekrönt.
- Extrinsisch motiviert ist jemand, der zum Beispiel vom Arzt den Vorschlag bekommt, es doch einmal mit Sport zu versuchen, um ein paar Kilos loszuwerden. Für den Betroffenen ist Sport jedoch immer ein rotes Tuch gewesen. Die Erfolgsaussichten sind in diesem Fall weniger hoch.
Eine extrinsische Motivation ist nicht von vornherein der intrinsischen unterlegen. So kann zum Beispiel jemand durch die Aussicht auf mehr Gehalt (extrinsisch) dazu motiviert werden, sich beruflich entsprechend fortzubilden und dadurch die Karriereleiter erfolgreich emporzusteigen. Und auch ein Patient kann angesichts schlechter Laborbefunde, die ihm der Arzt präsentiert, den entsprechenden Ruck verspüren und nachhaltig zu einem gesünderen Lebensstil motiviert werden. Somit kann man auch über externe Anreize zur intrinsischen Motivation gelangen.
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So viel Sport ist gesund
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, dass sich Erwachsene mindestens 150 Minuten (= 2,5 Stunden) pro Woche mit mittlerer Intensität körperlich bewegen sollten, um die Gesundheit zu fördern oder zu erhalten. Wenn man sich intensiver bewegt, genügt die Hälfte. Optimal ergänzt wären derartige Ausdauereinheiten durch Kräftigungs- und Koordinationsübungen. Die sportliche Aktivität sollte mindestens zehn Minuten am Stück dauern.
Stand 05/2016